[* 2] (spr. amiäng),Hauptstadt des franz.
DepartementsSomme, 36 m ü. M., 133 km nördlich von
Paris,
[* 3] an der schiffbaren,
mehrfach geteilten
Somme, welche hier die
Celle
[* 4] aufnimmt, und an der
Französischen Nordbahn gelegen, hat eine von
Heinrich IV.
herrührende
Citadelle, gerade, breite und wohlgepflasterte
Straßen und mehrere große
Plätze. Die alten
Wälle sind in schöne
Boulevards umgewandelt worden. Unter den Gebäuden sind als die hervorragendsten zu nennen die 1220-88
erbaute
Kathedrale mit zwei unvollendeten
Türmen, prachtvoller
Fassade und grandiosem
Schiff
[* 5] und
Chor, ein Meisterstück gotischer
Baukunst;
[* 6] ferner die
KirchenSt.-Germain und
St.-Remy (aus dem 15. Jahrh.), das Stadthaus, wo 1802 der
Friede
(s. unten) geschlossen wurde, der Justizpalast und das
Museum.
Inseln zugesichert. Da die getroffenen Bestimmungen jedoch den englischen Stolz verletzten, so lehnte sich die öffentliche
Meinung in England entschieden dagegen auf, und letzteres erklärte von neuem den Krieg. Bei Amiens gewann General v.
Manteuffel mit dem 8. und 1. Korps, welch letzteres bei Villers-Bretonneux einen schweren Kampf zu bestehen
hatte, einen entscheidenden Sieg über die etwa 30,000 Mann starke französische Nordarmee. Die Franzosen verloren 1500 Mann
an Toten und Verwundeten, 800 Gefangene, 9 Geschütze
[* 18] und 2 Fahnen, die Deutschen 74 Offiziere und 1300 Mann. Tags darauf wurde
vom General v. Goeben die Stadt ohne Kampf besetzt und viel Proviant erbeutet; am 30. Nov. ergab sich nach kurzem
Gefecht auch die Citadelle mit 400 Mann und 30 Geschützen.
2) Amiens (Ambianum), Hauptstadt des franz. Depart.
Somme und ArrondissementsAmiens sowie der ehemaligen Picardie, liegt in fruchtbarer Ebene an der hier vielfach geteilten
Somme, welche die Celle aufnimmt, am Sommekanal, und an den Linien Estrées-St.Denis-Amiens (58 km),
Amiens-Frévent (62 km), Amiens-Arras-Calais (327 km), Tergnier-Amiens-Rouen (197 km) und Paris-Beauvais-Amiens (148 km) der Franz. Nordbahn.
Amiens ist Sitz eines Bischofs, eines Appellhofs, eines Handelsgerichts, des Kommandos vom 2. Armeekorps, des Stabes der 3. Infanteriedivision
und hat (1891) 70 892, als Gemeinde 83 654 E., in Garnison das 72. Infanterieregiment, 2. Traineskadron, 2. Gendarmerielegion
und das 8. BataillonJäger zu Fuß.
Die Stadt, regelmäßig und gut gebaut, hat breite und vortrefflich gepflasterte Straßen, nur der untere, enge, der Industrie
gewidmete und von Arbeitern bewohnte, von 11 Kanälen durchzogene Teil ist schlecht gebaut. Die alten Wälle sind in schöne
Boulevards verwandelt, die die ganze Stadt umgeben und im Norden
[* 19] am Sommekanal sich hinziehen; außerdem
trägt die Promenade La Hautoie mit ihren Lindenalleen und ihrem Bassin von 150 m Durchmesser zur Verschönerung der Stadt
bei. Amiens besitzt an höhern Lehranstalten ein Lyceum und ein theol.
Seminar, ein großes 1871-76 erbautes Justizgebäude, mehrere gelehrte Gesellschaften, ein Archiv, eine
Bibliothek (75000 Bände und 800 Handschriften) und einen botan. Garten. Die berühmte, 1220-38 von den Baumeistern Robert deLuzarches,Thomas de Cormont und dessen Sohn Renaud erbaute got. Kathedrale (s. Tafel: Französische Kunst 1,
[* 2]
Fig. 1 und 3), 143 m
lang, im Kreuzschiff 65 m breit, mit 110 m hohem Hauptturm und zwei 55 und 64 m hohen unvollendeten Nebentürmen,
hat eine reich mit Skulpturen und Statuen geschmückte Vorderseite, prächtige Seitenportale, Gewölbe
[* 20] von 43 m Höhe, die durch 126 Pfeiler
getragen werden, und vor allem 110 höchst wertvolle, prachtvoll geschnitzte, 1508-22 durch verschiedene Künstler des
Landes ausgeführte Chorstühle mit 3650
[* 2]
Figuren.
Vor derKathedrale steht das BronzestandbildPeters von Amiens. Außerdem sind bemerkenswert das Rathaus, das sog. Wasserschloß (zur
Wasserversorgung der Stadt), das 1864 beendete Museum, eins der größten in Frankreich, mit etwa 200 Gemälden franz. Meister
der neuern Zeit und Altertümern der Picardie. Amiens ist eine der bedeutendsten Fabrik- und Handelsstädte
Frankreichs. Schon im Mittelalter hatte sie als solche einen Ruf. 1492 führten Arbeiter aus Tournai die Tuchfabrikation daselbst
ein, und Colbert brachte die
Textilindustrie zu großer Berühmtheit, indem er 1666 holländ. Fabrikanten dahin kommen
ließ. Im 15. Jahrh. fertigte man daselbst auch Waffen
[* 21] und Kanonen. Jetzt ist sie besonders wichtig durch
Wollspinnereien und Färbereien, Fabriken für Baumwollstoffe, Sammet, Piques.
Unter dem Namen Samarobriva war Amiens als die Hauptstadt der Ambiani (daher der Name in Gallia belgica schon zu CäsarsZeiten wichtig.
Sie erlangte infolge ihrer Lage am Vereinigungspunkte mehrerer Straßen bald große Bedeutung, wurde besonders
durch Marc Aurel verschönert und fiel im 5. Jahrh. in die Gewalt der Franken. Nach mehrmaliger Verwüstung durch die Normannen
wurde sie abwechselnd von Grafen und Bischöfen regiert, kam dann mit der Grafschaft (Amienois) an den Grafen Philipp von Flandern,
der sie 1185 an den König Philipp August von Frankreich abtrat.
In neuester Zeit wurde die Stadt denkwürdig durch den entscheidenden Sieg, den hier ein Teil der deutschen Ersten
Armee unter Manteuffel über die etwa 30000 Mann starke franz. Nordarmee
erfocht. Letztere hatte die Aufgabe, sich unter dem Oberbefehle des Generals Farre gegen Paris zu wenden, um dort im Verein mit
der franz. Loire-Armee die Aufhebung der Belagerung herbeizuführen. Bereits 23. Nov. war die Avantgarde der 3. preuß. Kavalleriedivision
bei Le
[* 22] Quesnel auf die Vortruppen der Nordarmee gestoßen und hatte diese gegen Amiens zurückgeworfen.
Dasselbe geschah 24. Nov. bei Mézières mit 6 franz. Bataillonen, die mit Artillerie von Amiens aus vorgegangen waren. Endlich stellte
sich 27. Nov. den Preußen
[* 23] im Südosten der Stadt die Nordarmee entgegen. Die preuß. Macht bestand aus
dem 8. preuß. Armeekorps und Teilen des 1. preuß. Armeekorps, ersteres den linken, letztere den rechten Flügel bildend. Das
Centrum der preuß. Stellung war zu Moreuil, einer kleinen Stadt an der Straße von Amiens nach Compiègne, 15 Km südlich von
der Somme. Im Centrum der Franzosen befand sich deren stark befestigtes Lager. Ihr linker Flügel lehnte
sich an die Eisenbahn in der Richtung nach Villers-Bretonneux, ihr
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mehr
rechter Flügel stand zwischen Boves und Dury. Der linke preuß. Flügel (8. Armeekorps) begann am Morgen den Angriff in nördl.
Richtung und warf den Feind, der hauptsächlich mit Infanterie auftrat, von Abschnitt zu Abschnitt. Der rechte preuß. Flügel
sollte die Höhen von Gentelles und Villers-Bretonneux nehmen und wurde selbst von einem feindlichen Korps
angegriffen, das zur Deckung von Corbie aufgestellt war. Die Franzosen leisteten energischen Widerstand, und die Preußen konnten
nur langsam Terrain gewinnen.
Die Erstürmung einer starken Schanze bei Villers-Bretonneux durch das 44. Infanterieregiment brachte hier den Kampf zur
Entscheidung. Nach zehnstündigem Kampfe sahen sich die Franzosen auf Amiens zurückgeworfen, das sie noch
in der Nacht räumten; sie verloren 1800 Mann an Toten und Verwundeten und 800 Gefangene. Am 28. Nov. besetzte General von Goeben
die Stadt ohne Kampf, und 30. Nov. ergab sich nach kurzem Gefecht die Citadelle mit 11 Offizieren, 400 Mann und 30 Geschützen.
Die Preußen hatten an Toten und Verwundeten 74 Offiziere und 1300 Mann verloren.