Amicisten
,
Studentenorden, s. Universitäten.
Amicisten
63 Wörter, 491 Zeichen
Im Meyers Konversations-Lexikon, 1888
Amicisten,
Studentenorden, s. Universitäten.
Im Brockhaus` Konversationslexikon, 1902-1910
Amicisten,
der bedeutendste der ehemaligen Studentenorden (s. Landsmannschaften), 1746 als
Moselbund in Jena
[* 3] gegründet, nannte sich seit 1771 Amicisten
orden und verbreitete sich schnell nach den meisten deutschen
Universitäten.
Mit dem Verfall des Ordenswesens verschwand er, als 1798 die letzten 12 A. aus Jena relegiert waren.
Seines Übergewichtes über die übrigen Studentenorden wegen nannte man wohl auch jeden Ordensstudenten Amicist.
(lat., »Gesamtheiten«, d. h. wissenschaftliche Hochschulen), diejenigen öffentlichen Anstalten, auf denen die Wissenschaften vollständig und in systematischer Ordnung gelehrt, auch die höchsten wissenschaftlichen (akademischen) Würden (Grade) erteilt werden. Der lateinische Name Universitas bezeichnete ursprünglich nur die mit gewissen Rechten ausgestattete Körperschaft der Lehrer und Schüler (universitäten magistrorum et scholarium); erst allmählich wurden auch die Lehranstalten als solche (sonst: studium, studium generale) Universitäten genannt und nachträglich dieser Name auf den die Gesamtheit der Wissenschaften umfassenden Lehrplan der Hochschulen gedeutet.
Die abendländischen Universitäten sind Erzeugnisse des spätern Mittelalters, doch haben ältere Vorbilder auf ihre Entstehung mehr oder weniger eingewirkt. Als solche sind zunächst die großen Lehranstalten des spätern Altertums zu nennen: das von Ptolemäos Philadelphos um 280 v. Chr. gegründete Museion zu Alexandria, die Philosophenschule zu Athen, [* 6] anstaltlich verfaßt namentlich durch Kaiser Hadrian und Herodes Attikus (130 n. Chr.), und die nach diesen Mustern gebildeten Athenäen zu Rom [* 7] (135), Lugdunum (Lyon), [* 8] Nemausus (Nîmes), Konstantinopel [* 9] (424). Ferner kommen in Betracht die arabischen Medressen (s. d.), unter denen im frühern Mittelalter die zu Cordova, Toledo, [* 10] Syrakus, [* 11] Bagdad, Damaskus hohen Ruf genossen.
Unmittelbarer schlossen die ersten Universitäten sich an die alten Kloster- und Domschulen an, unter denen schon seit dem 8. und 9. Jahrh. einzelne, wie z. B. Tours, [* 12] St. Gallen, Fulda, [* 13] Lüttich, [* 14] Paris, [* 15] als scholae publicae von auswärts zahlreiche Schüler an sich gezogen hatten. Demgemäß erscheinen die Universitäten bis ins 15. Jahrh. ausschließlich als kirchliche Anstalten, die sich an ein Domkapitel, Kollegiatstift u. dgl. anzuschließen und auf Ausstattung mit kirchlichen Pfründen zu stützen pflegen.
Die ersten Universitäten, welche nach heutigem Sprachgebrauch jedoch nur einzelne Fakultäten waren, finden wir im 11. Jahrh. in Italien; [* 16] es waren die Rechtsschulen zu Ravenna, Bologna (Bononia) und Padua [* 17] und die medizinische Schule zu Salerno. Festere korporative Verfassung als Hochschule, obwohl immer noch klerikaler Art, errang zuerst die Universität zu Paris, die seit dem 12. Jahrh. die Führung auf dem Gebiet der Theologie und Philosophie übernahm und als die eigentliche Heimat der Scholastik bezeichnet werden muß.
Die Universität zu Paris wurde Ausgangspunkt und Muster für fast alle abendländischen Universitäten, besonders die englischen, unter denen Oxford [* 18] durch eine Auswanderung aus Paris unter der Königin Blanka von Kastilien (1226-36) mindestens erst zu höherer Bedeutung gelangte, und die deutschen. Eine mit besondern staatlichen und kirchlichen Privilegien ausgestattete Körperschaft bildeten freilich schon früher die Juristen in Bologna. Als die Bedeutung derartiger gelehrter Körperschaften für das geistige Leben der Völker wuchs, nahmen die Päpste die Schutzherrschaft über die neuen Anstalten in Anspruch und dehnten den besondern Gerichtsstand, welchen die Kirche für ihre Angehörigen besaß, auch auf die weltlichen Universitätsgenossen aus. - Die innere Organisation der Universitäten war auf die Verschiedenheit der Nationalitäten gegründet, wobei sich die kleinern an eine der größern anschlossen. So entstand in Paris die Einteilung in vier Nationen: Gallikaner (zu denen sich auch Italiener, Spanier, Griechen und Morgenländer hielten), Picarden, Normannen und Engländer (welche auch die Deutschen und übrigen Nordländer zu sich zählten).
Diese Einteilung wird jedoch erst 1249 erwähnt. Zu den Nationen gehörten sowohl Schüler als Lehrer. Jede hatte ihre besondern Statuten, besondere Beamten und einen Vorsteher (Prokurator). Die Prokuratoren wählten den Rektor der Universität. Papst Honorius verordnete 1219, daß nur diejenigen Gelehrten zu Lehrern wählbar wären, welche vom Bischof oder vom Scholastikus des zuständigen Stifts die Lizenz dazu erhalten hätten. Allmählich entstanden jedoch zunftartige Verbände unter den Lehrern (magistri, Meistern) der Theologie, der Jurisprudenz und der Medizin, die als geschlossene Kollegien zuerst 1231 von Gregor IX. in Paris anerkannt und ordines oder facultates, Fakultäten, genannt wurden.
Gegen die Einteilung in Fakultäten trat allmählich die ältere in Nationen zurück. Etwas später nahm auch das Kollegium der Artisten, d. h. der Lehrer der sieben »freien Künste«, die Verfassung einer vierten Fakultät an. Die Aufgabe dieser Fakultät, der jetzigen philosophischen, bestand jedoch bis tief in die neuere Zeit hinein nur in der Vorbildung für das Studium in einer der höhern Fachwissenschaften. Ihre Lehrer waren nicht selten Scholaren in einer der obern Fakultäten. - Vorrecht der Fakultäten ward bald die Verleihung akademischer Grade. In Paris waren drei Hauptgrade, die der Bakkalarien (Bakkalaureen), Lizentiaten und Magister (Meister).
Die Bakkalarien wurden von den einzelnen Magistern ernannt; der Grad eines Lizentiaten wurde nach einer Prüfung durch die Fakultätsmeister von seiten der Kanzler oder Bischöfe erteilt, die aber zuletzt bloß ihre Bestätigung gaben. Nur die Magister hatten das uneingeschränkte Recht, als Lehrer ihrer Fakultät aufzutreten. Sie hießen auch oft Doktoren. In Deutschland [* 19] ernannten (promovierten, krëierten) die drei alten oder obern Fakultäten Doktoren, die der freien Künste Magister. Die Promotionen fanden meistens unter festlichem Gepränge statt; als Zeichen der Würde wurde dem Promotus der Doktorhut überreicht. - Ein drittes für die mittelalterliche Verfassung der Universitäten wichtiges Institut waren die ¶
Kollegien oder Kollegiaturen, ursprünglich kirchliche Anstalten, in welchen Studierende freien Unterhalt, Lehre [* 21] und Beaufsichtigung fanden. Eins der ersten Universitätskollegien war die berühmte Pariser Sorbonne (s. d.), gegründet um 1250 von Robert de Sorbon, Kaplan Ludwigs IX. Den öffentlichen Kollegien traten, wo sie dem Bedürfnis nicht genügten, auch private Unternehmen ähnlicher Art zur Seite, die auf Beiträge der Insassen begründet und von einzelnen Universitätslehrern geleitet waren. Solche Bursen (bursae, davon Burschen) waren vorzugsweise in Deutschland verbreitet. Das Kollegienwesen entwickelte sich am reichsten in Frankreich und England, wo auch der Unterricht zumeist in die Kollegien sich zurückzog. Gegenwärtig bezeichnet man an deutschen Universitäten die Vorlesungen der Lehrer als Kollegien, ohne dabei an die geschichtliche Herkunft dieser Bezeichnung zu denken. - Neben dem festern Kern jener Bursen und Kollegien bevölkerten die Universitäten des Mittelalters die sogen. fahrenden Schüler, eine bunt gemischte, wandernde Gesellschaft, in welcher die verschiedensten Alters- und Bildungsstufen zusammentrafen (s. Vaganten). In ihrem Schoß bildeten sich zuerst in rohen Umrissen die Anfänge der studentischen Sitten heraus, die sich teilweise bis heute erhalten haben; so die Gewalt der ältern Studenten (Bacchanten) über die jüngern (Schützen, Füchse).
Nach Deutschland übertrug das Universitätswesen Karl IV. durch die Gründung der Universität Prag [* 22] 1348 (vier Nationen: Böhmen, [* 23] Polen, Bayern, [* 24] Sachsen). [* 25] Bis zum Anfang der Reformation folgten mit päpstlicher und kaiserlicher Genehmigung: Wien [* 26] (1365), Heidelberg [* 27] (1386), Köln [* 28] (1388), Erfurt [* 29] (1392), Leipzig [* 30] (1409), Rostock [* 31] (1419, 1432), Löwen [* 32] (1426), Greifswald [* 33] (1456), Freiburg [* 34] i. Br. (1456), Basel [* 35] (1456), Ingolstadt [* 36] (1472), Trier [* 37] (1473), Mainz [* 38] (1476), Tübingen [* 39] (1477), Wittenberg [* 40] (1502) und Frankfurt [* 41] a. O. (1506). Die kräftigere Entwickelung des Landesfürstentums im 15. Jahrh. und die humanistische Bewegung halfen die Bande lockern, durch welche die Hochschulen an die kirchlichen Autoritäten geknüpft waren.
Das Reformationsjahrhundert brachte eine Reihe neuer Universitäten, welche bestimmungsgemäß evangelischen (lutherischen oder calvinischen) Charakter hatten, so: Marburg [* 42] (1527), Königsberg [* 43] (1544), Jena (1558), Helmstädt (1575), Gießen [* 44] (1607), Rinteln (1619), Straßburg [* 45] (1621). Eine eigentümliche Mittelform zwischen Universitäten und sogen. lateinischen Schulen (Gymnasien) bildeten in jener Zeit die akademischen Gymnasien oder gymnasia illustria, die von Freien Städten (Straßburg 1537, Hamburg [* 46] 1610, Altdorf-Nürnberg 1578) und kleinern Landesfürsten (Herborn 1584 etc.) begründet wurden, um dem Auswandern der Landeskinder vorzubeugen.
Mehrere dieser akademischen Gymnasien, wie Straßburg (1621), Altdorf (1623), Herborn (1654), entwickelten sich später zu wirklichen Hochschulen. Während im protestantischen Norden [* 47] die Universitäten im allmählichen Übergang Staatsanstalten mit einer gewissen korporativen Selbständigkeit wurden, blieben die neuen jesuitischen Universitäten, wie Würzburg [* 48] (1582), Graz [* 49] (1586), Salzburg [* 50] (1623), Bamberg [* 51] (1648), Innsbruck [* 52] (1672), Breslau [* 53] (1702), nach deren Muster auch mehrere der schon bestehenden katholischen Universitäten umgestaltet wurden, dem ältern Typus im wesentlichen treu. - Auf den protestantischen Universitäten beginnt in dieser Periode die eigentliche Geschichte des deutschen Burschentums.
Thätige Teilnahme der Studierenden an der Verwaltung der Universitäten fand nicht mehr statt; die Wahl junger studierender Fürsten zu Rektoren war bloße Form, da die wirklichen Geschäfte von Prorektoren, die aus der Zahl der Professoren erwählt waren, geführt wurden. Statt dessen bildete die Studentenschaft für sich eine Art von Verfassung heraus, die ihre Grundzüge teils aus dem mittelalterlichen Herkommen, teils aus den öffentlichen Zuständen der Zeit entnahm. Das Landsknechtwesen, die fortwährenden Feldzüge, namentlich der Dreißigjährige Krieg, nährten auf den Hochschulen einen Geist der Ungebundenheit, welcher das in seinen letzten Ausläufern noch an die Gegenwart heranreichende Unwesen des Pennalismus (s. d.) erzeugte.
Auch kam damals an den deutschen Universitäten das Duell auf, indem die Studierenden sich mehr und mehr als geschlossener Stand fühlten, in dem der Begriff der Standesehre Geltung gewann. Auf manchen Universitäten gab es daneben noch Nationalkollegia als eine von den akademischen Behörden angeordnete oder geduldete Einteilung der Studentenschaft. Zum Teil in Verbindung hiermit, zum Teil aber auch selbständig entwickelten sich nun die Landsmannschaften, welche zu Ende des 17. und das ganze 18. Jahrh. hindurch das studentische Leben der deutschen Universitäten beherrschten.
Als förmliche Verbindungen mit besondern Statuten, Vorstehern (Senioren) und Kassen erlangten sie bald das Übergewicht über die keiner Verbindung angehörigen Studierenden (Finken, Kamele, [* 54] Wilde, Obskuranten etc.), maßten sich die öffentliche Vertretung der Studierenden und damit zugleich eine gewisse Gerichtsbarkeit über dieselben an. Über die Ehrensachen wie über die studentischen Gelage etc. wurden feste Regeln aufgestellt, welche man unter dem Namen Komment zusammenfaßte.
Der Druck, den die Landsmannschaften auf die Nichtverbindungsstudenten ausübten, war oft sehr hart. Viele der Wilden schlossen sich den Verbindungen als sogen. Renoncen (Konkneipanten) an, welche sich bloß unter den Schutz der Verbindung stellten, eine Abgabe zahlten und den Komment anerkannten. Die höchste Instanz für jede Universität bildete der Seniorenkonvent, der namentlich den Verruf gegen Philister, d. h. Bürger, oder auch gegen Studenten auszusprechen und das öffentliche Auftreten der Studentenschaft zu ordnen hatte. - Ebenso fällt in diese Zeit (von 1500 bis 1650) die Entwickelung des akademischen Lehrkörpers zu der im wesentlichen noch heute geltenden Verfassung.
Danach bilden die ordentlichen Professoren (professores publici ordinarii) als vollberechtigte Mitglieder der vier Fakultäten den akademischen (großen) Senat. Aus ihrer Mitte wählen im jährlichen Wechsel die ordentlichen Professoren der einzelnen Fakultäten (ordines) die vier Dekane und sämtliche ordentliche Professoren den Rector magnificus, der an einigen Universitäten auch Prorektor heißt, indem der Landesherr oder ein andrer Fürst als Rector magnificentissimus gilt.
Außerhalb des Senats stehen die außerordentlichen Professoren (professores publici extraordinarii), welche meist kleinere Gehalte vom Staat beziehen, und die Privatdozenten (privatim docentes), welche nur die Erlaubnis (veniam docendi), nicht aber die amtliche Pflicht, zu lehren, haben. Der Senat, dem der Staat einen ständigen juristischen Beamten als Universitätsrichter (Universitätsrat) oder Syndikus beigibt, ist Verwaltungs- und Disziplinarbehörde der Universität und übt seine Rechte, abgesehen von den Plenarsitzungen, entweder durch den Rektor und die Dekane oder auch durch einzelne Ausschüsse aus. Der Rektor und die Dekane bilden, meist mit einigen gewählten Beisitzern, den engern oder kleinern Senat. ¶
Ehedem hatten die Universitäten auch durchweg eignen Gerichtsstand; die darauf begründeten besondern Universitätsgerichte sind völlig erst durch die neue Gerichtsverfassung von 1879 im Gebiet des Deutschen Reichs verschwunden. - Von der allgemeinen Erschlaffung des geistigen Lebens, welche in Deutschland nach dem frischen Aufschwung des Humanismus und der Reformation eintrat, namentlich aber durch die Leiden [* 56] des Dreißigjährigen Kriegs befördert wurde, blieben auch die Universitäten nicht verschont.
Sie machte sich in ihnen durch die Herrschaft einer geistlosen Pedanterie und starren Gelehrsamkeit neben großer Roheit der Lebensformen und leidenschaftlicher Rechthaberei namentlich in den theologischen Fakultäten geltend (rabies theologorum, Melanchthon). Unter den Männern, die gegen Ende des 17. Jahrh. diesen Übelstand zu bekämpfen suchten, sind namentlich Erhard Weigel in Jena, G. W. Leibniz und vor allen andern Chr. Thomasius (s. d.) hervorzuheben.
Durch Thomasius ward Halle [* 57] (1694) gleich von der Gründung an die Heimat der akademischen Neuerer, wo, wenigstens im Gegensatz gegen die starre Orthodoxie und Gelehrsamkeit der ältern Universitäten, die Pietisten der theologischen Fakultät mit ihm zusammentrafen. Hier wurden von Thomasius zuerst Vorlesungen in deutscher Sprache [* 58] gehalten, auch erschien unter seiner Leitung in Halle die erste kritische akademische Zeitschrift. Unter den ältern Universitäten hatte sich Helmstädt am freiesten von den Gebrechen der Zeit erhalten, dem aber im folgenden Jahrhundert in der Universität Göttingen [* 59] (1734 gegründet, 1737 eingeweiht) eine siegreiche Nebenbuhlerin erwuchs.
Göttingen schwang sich durch reiche Ausstattung und verständige, zeitgemäße Einrichtung bald zur ersten Stelle unter den deutschen Universitäten auf; hier wurde zuerst eine Akademie (Societät) der Wissenschaften, wie sie nach Leibniz Angaben bereits in Berlin [* 60] (1700) gegründet worden, mit der Universität verbunden (1752 durch den verdienten Stifter der Universität Göttingen, Gerlach Adolf v. Münchhausen, und Albrecht v. Haller). Diesem Zeitraum verdanken ferner noch Herborn (1654), Duisburg [* 61] (1655), Kiel [* 62] (1665) und Erlangen [* 63] (1743) ihre Gründung.
Unter den Studenten entstanden im Lauf des vorigen Jahrhunderts neben den Landsmannschaften andere Verbindungen, sogen. Orden, [* 64] welche sich im philanthropischen Geschmack der Zeit auf die Freundschaft gründeten und die Beglückung der Menschheit als ihr Ziel aufstellten. Da sie von den Freimaurern und andern damals emporblühenden geheimen Gesellschaften allerlei heimliche Symbolik entlehnten und im Geist Rousseaus für die Freiheit schwärmten, erschienen sie bald der Staatsgewalt gefährlich.
Besonders ist hier der 1746 in Jena begründete Moselbund zu nennen, der sich 1771 mit der Landsmannschaft der Oberrheiner zum
Amicisten
orden verschmolz. Die strengen Verbote, die zumal infolge des Rechtsgutachtens von 1793, das der Reichstag zu Regensburg
[* 65] erließ, die Orden trafen, bewirkten deren allmähliche Vereinigung mit den Landsmannschaften, bei denen
nach und nach der landsmannschaftliche Charakter hinter dem einer auf Freundschaft und Gemeinsamkeit der Grundsätze begründeten
Gesellschaft zurücktrat.
Die Stürme der Napoleonischen Kriege und die Zeit der Wiedergeburt brachten mannigfache Veränderungen im Bestand der deutschen Universitäten. Die Universität zu Ingolstadt siedelte 1802 nach Landshut [* 66] über, um 1826 nach München [* 67] verlegt und mit der dort seit 1759 bestehenden Akademie der Wissenschaften vereinigt zu werden; die Universitäten zu Mainz (1798), Bonn [* 68] (Köln, verlegt 1777, aufgehoben 1801), Duisburg (1802), Bamberg (1804), Rinteln und Helmstädt (1809), Salzburg (1810), Erfurt (1816), Herborn (1817) gingen ein; Altdorf ward mit Erlangen (1807), Frankfurt a. O. mit Breslau (1809), Wittenberg mit Halle (1815) vereinigt. Dagegen traten neu die bedeutenden Universitäten zu Berlin (1810) und Bonn (1818) ins Leben. - Das Menschenalter von 1815 bis 1848 war für die deutschen Universitäten kein günstiges, indem sie bald nach der Befreiung des Vaterlandes, für welche Lehrer und Schüler namentlich der preußischen Universitäten die hingebendste Begeisterung gezeigt hatten, bei den Regierungen in den Geruch des Liberalismus kamen und unter diesem Mißtrauen sehr zu leiden hatten. Den Anstoß dazu gaben die von F. L. Jahn angeregte Gründung der deutschen Burschenschaft (s. d.) und besonders die bekannte Wartburgfeier der Burschenschaft sowie die der letztern zur Last gelegte Ermordung Kotzebues durch Sand, auf welche die unter Metternichs Leitung stehenden deutschen Regierungen durch die Karlsbader Beschlüsse über die in Ansehung der Universitäten zu ergreifenden Maßregeln antworteten.
Zwar löste sich die deutsche Burschenschaft förmlich auf; sie bestand aber im stillen fort und trat in verschiedenen Gestalten (z. B. als Allgemeinheit in Erlangen etc.) immer wieder hervor, bis sie sich 1830 in die beiden Richtungen der harmlosern, idealistischen Arminen und der revolutionär-patriotischen Germanen spaltete. Dem entsprechend, blieb auch das Mißtrauen der Regierungen gegen den Stand der Universitätslehrer ein dauerndes, und gerade solche Männer, deren Namen eng und ehrenvoll mit der Geschichte der Befreiung des Vaterlandes verknüpft waren, wie namentlich E. M. Arndt in Bonn, hatten kränkende Zurücksetzung und Verfolgung aller Art zu erleiden.
Jede Universität wurde von einem besondern Regierungsbevollmächtigten in politischer Hinsicht überwacht. Wenn das unruhige Jahr 1830 vorübergehend die Fesseln lockerte, so hatten die Ausschreitungen, mit denen der verhaltene Groll sich Luft machte (Göttinger Revolution und Stuttgarter Burschentag 1831, Hambacher Fest 1832, Frankfurter Attentat 1833), nur um so strengere Beschlüsse gegen die Universitäten beim Bundestag und auf den Ministerkonferenzen in Wien 1833 bis 1834 zur Folge.
Großes Aufsehen erregte 1837 die Entlassung und Vertreibung von sieben der bedeutendsten Professoren der stets für konservativ und aristokratisch angesehenen Universität Göttingen (s. d.). Unter der Ungunst der Zeit zerfiel nach und nach die Burschenschaft in einzelne Verbindungen, welche sich der ursprünglichen Gestalt derselben mehr oder weniger annäherten. Unter diesen traten in den 40er Jahren vorzüglich die sogen. Progreßverbindungen hervor, welche Modernisierung der akademischen Einrichtungen und Sitten, Abschaffung oder doch Beschränkung der Zweikämpfe, der akademischen Gerichtsbarkeit etc. erstrebten.
Als besondere Abart entstanden auch in jener Zeit eigne »christliche« Burschenschaften, wie der Wingolf in Erlangen (1836) und Halle (1844). Den Progressisten standen am schroffsten gegenüber die aus den Landsmannschaften durch genauere Ausbildung des Komments, festern Zusammenschluß nach innen und aristokratische Abschließung nach außen sich entwickelnden Corps, welche durch ihren Seniorenkonvent (»S. C.«) an der einzelnen Universität, durch Kartellverhältnisse und später durch den im Bad [* 69] Kösen und auf der Rudelsburg tagenden Seniorenkongreß in ganz ¶