Titel
Amerika
[* ] (hierzu vier Karten: Fluß- und Gebirgssysteme und Staatenkarte von Nord- u. Südamerika).
Inhaltsübersicht. | |
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Lage, Größe, Gestalt | S. 457 |
Inseln | S. 458 |
Bodengestaltung | S. 459 |
Bewässerung | S. 461 |
Geologische Übersicht | S. 463 |
Nutzbare Mineralien | S. 467 |
Klima | S. 468 |
Pflanzenwelt | S. 470 |
Tierwelt | S. 472 |
Bevölkerung | S. 474 |
Staatliche Einteilung | S. 477 |
Entdeckungsgeschichte | S. 478 |
Amerika, das Festland der westlichen Hemisphäre, die sogen. Neue Welt, ist nach Flächeninhalt der zweite, hinsichtlich der meridionalen Längenausdehnung der erste Erdteil und wurde nach dem Florentiner Amerigo Vespucci (s. d.) benannt, der einige der Expeditionen der Spanier und Portugiesen nach Amerika begleitet hatte und dadurch bekannt geworden war, daß in einer der ersten Sammlungen von Entdeckungsreisen nach der Neuen Welt seine Reiseerlebnisse besonders ausführlich mitgeteilt waren.
Lage, Größe und Gestalt.
Amerika reicht von der nördlichen kalten Zone durch die nördliche gemäßigte und die heiße Zone bis über die Mitte der südlichen gemäßigten Zone hinaus und nähert sich im N. wie im S. den Polen mehr als die andern Kontinente. Durch diese große Erstreckung in meridionaler Richtung, durch den Umstand, daß es allen Zonen, mit Ausnahme der südlichen kalten, angehört, zeichnet sich Amerika vor allen übrigen Erdteilen aus. Die Entfernung des nördlichsten bekannten Punktes, Roddbai auf der Halbinsel Boothia Felix, unter 73° 54' nördl. Br. und 91° 10' westl. L. v. Gr., von dem südlichsten, dem Kap Froward, unter 53° 54' südl. Br. und 71° 18' westl. L., beträgt ungefähr 14,850 km. Einige Teile des Arktischen Archipels, der sich dem Nordpol weit mehr nähert als das Feuerland dem Südpol (Kap Horn, 56° südl. Br.), hat man bis über 83° nördl. Br. verfolgt.
Der östlichste Punkt des Festlands ist Kap Branco in Brasilien, unter 7° 8' südl. Br. und 34° 48' westl. L.; der westlichste Kap Prince of Wales, 150° 20' westl. L. und 65° 33' nördl. Br. Im O. wird Amerika durch den Atlantischen Ozean von Europa und Afrika, im W. durch den Stillen Ozean von Asien und Australien geschieden. Dem östlichen Kontinent nähert es sich am meisten nördlich vom Äquator zwischen 62° und 69° nördl. Br., wo die Küsten von Grönland und von Norwegen nur etwa 1500 km voneinander entfernt sind; etwa das Doppelte beträgt die Entfernung zwischen Kap San Roque und der afrikanischen Küste von Sierra Leone unter 5° südl. Br. und nur wenig mehr die zwischen der Küste von Labrador und dem westlichsten Vorgebirge von Irland unter 52° nördl. Br. Auf der Westseite tritt Amerika näher an die Alte Welt heran als auf der Ostseite, da, wo zwischen Kap Prince of Wales und dem Ostkap von Asien die Beringsstraße nur 96 km breit ist. Südlicher gehen dagegen die Küsten der Alten und der Neuen Welt immer weiter auseinander. Der Flächeninhalt des Erdteils beziffert sich mit Einschluß des Arktischen Archipels und Grönlands auf 41,944,000 qkm (760,000 QM.) mit ca. 101 Mill. Einw. (vgl. die Tabelle, S. 478). Somit ist Amerika seiner Größe nach der zweite, seiner Bevölkerung nach aber erst der vierte unter den Erdteilen.
Ein mittelländisches Meer teilt in zwei Teile, Nord- und Südamerika, die nur durch eine schmale Landenge miteinander zusammenhängen und in ihren horizontalen Dimensionen viel Gleichförmiges zeigen. Beide haben Dreiecksform mit gegen S. gerichteter Spitze. Die Größe Nordamerikas kann auf 22,962,000 qkm (417,000 QM.) angenommen werden, wonach, wenn man 3,579,000 qkm (65,000 QM.) für die dazu gehörigen Inseln abrechnet, bei einer Küstenlänge von 45,265 km auf fast 430 qkm Fläche 1 km Küstenlänge käme.
Die größte Ausdehnung von N. nach S. hat Nordamerika zwischen dem Morro de Puercos am Stillen Ozean unter 7° nördl. Br. und dem Kap Prince of Wales, welche beiden Punkte 8900 km voneinander entfernt liegen. Die Entfernung zwischen Kap Charles an der Küste von Labrador und Kap Prince of Wales beträgt ungefähr 6700 km. Mehr noch als Nordamerika nähert sich Südamerika der [* 1] Figur eines rechtwinkeligen Dreiecks. Der nördlichste Punkt ist Punta Gallinas am Antillenmeer, unter 12° 2' nördl. Br. und 71° 46' westl. L. Bei einem Flächeninhalt von 17,841,000 qkm oder 324,000 QM. (ohne das Inselareal von etwa 165,000 qkm oder 3000 QM.) kommt hier erst auf etwa
Maßstab 1:37.600000
Höhen- und Tiefenschichten in Metern.
Maßstab=1:37.000000
Höhen- und Tiefenschichten in Metern.
Maßstab 1:30.000000
Süddeutschland im Maßstab der Hauptkarte.
Maßstab 1:35.000000
Süddeutschland im Maßstab der Hauptkarte.
Zum Artikel »Amerika«.
1. Alëute.
2. Kolosche.
3, 4. Eskimo (Frau und Mann).
5. Kowitschin (Vancouver).
6. Krähenindianer.
7. Blackfeed-Indianer.
8. Odschibwä.
9, 10. Pah Utha (Mann und Frau).
11. Schoschone.
12. Dakota.
13. Pahni.
14. Mandaner.
15. Apatsche.
16. Pueblo.
17. Mexikanischer Indianer.
18. Maypure vom Orinoko.
19. Omagua aus Westbrasilien.
20, 21. Botokuden (Mann und Frau).
22, 23. Tikuna (Mann und Frau).
24. Miranha (Frau).
25. Peruaner vom Cerro de Pasco.
26. Peruanischer Kreole von Chiloe.
27. Quichua.
28. Abiponer.
29. Moxos-Indianer aus Bolivia.
30. Pehueltsche.
31. Patagonier.
32. Araukaner.
33. Feuerländer (Peschäräh).
Zum Artikel »Amerika«.
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710 qkm Fläche 1 km Küste. Die Küste Nordamerikas ist demnach weit mehr gegliedert als die Südamerikas, namentlich an der Europa zugewendeten Seite. Hier liegen von N. nach S. die großen Halbinseln Boothia Felix, Melville, Labrador, Neuschottland, Maryland-Delaware, Florida und Yucatan. An der Westküste liegen die Halbinsel Alaska, die der Tschugatschen, die Halbinsel zwischen dem Stillen Ozean und dem Admiralitätskanal und Kalifornien. Südamerika hat nur in seinem unwirtlichen Süden einige ganz unbedeutende Halbinseln, so daß es an Geschlossenheit mit Afrika zu vergleichen ist.
Nordamerika bietet auch eine weit größere Zahl von Küsteneinschnitten, Meerbusen und Meerengen als Südamerika, von denen freilich viele für den Weltverkehr ohne Bedeutung sind. Die wichtigsten sind: im N. der große Boothiagolf mit der Committeebai, die große Hudsonsbai;
an der Ostküste der 820 km lange St. Lorenzbusen, die durch die Halbinsel Neuschottland gebildete Fundybai, die Massachusettsbai, der Long Island-Sund, die Delaware- und Chesapeakebai, der Albemarlesund, der Pamlicosund mit der Raleighbai.
Das zwischen dem Südkap und der Halbinsel Florida und dem Kap Paria in Südamerika sich öffnende amerikanische Mittelmeer besteht aus zwei Teilen, von denen der nördliche der Golf von Mexiko, der zweite zwischen den Großen Antillen und dem Kontinent von Südamerika das Antillenmeer (oder das Karibische Meer) heißt. Untergeordnete Glieder des Golfs von Mexiko sind die Appalacheebai an der Küste von Florida und die Campechebai. Durch den Floridakanal, zwischen Florida, Cuba und den Bahamainseln, gelangt man aus dem Golf von Mexiko in den Atlantischen Ozean, während durch den Kanal von Yucatan, zwischen der Halbinsel Yucatan und Cuba, der Golf von Mexiko mit dem Karibischen Meer in Verbindung steht, das im W. mit der Hondurasbai endet.
Untergeordnete Teile des Antillenmeers sind der Golf von Darien oder Uraba, der Golf und die Laguna de Maracaybo und der zwischen der Insel Trinidad und dem Festland liegende Golf von Paria. In Südamerika, zwischen dessen Südspitze und dem Feuerland die Magelhaensstraße in den Stillen Ozean führt, finden sich bedeutende Küsteneinschnitte sonst nur an den wie beim Amazonenstrom und La Plata trichterförmig erweiterten Flußmündungen und an den zerrissenen Fjordküsten Patagoniens und Südchiles.
Nahe dem Äquator öffnet sich auf der Südhemisphäre die Bucht von Guayaquil, im N. der Golf von Panama, dem sich zwischen Niederkalifornien und dem Festland der tief eingeschnittene Golf von Kalifornien (Mar Vermejo, Rotes oder Purpurmeer) anschließt. Während dann die Westküste der Vereinigten Staaten außer der Bai von San Francisco keine ausgedehntern Buchten aufzuweisen hat, beginnt bei Kap Flattery und der Juan de Fuca-Straße die außerordentlich zerrissene und vielfach gegliederte Fjordküste Nordwestamerikas, die sich bis nach Alaska und zum Beringsmeer hin erstreckt.
Die Fjordbildungen sind auf scharf begrenzte Räume eingeschränkt. Der Schauplatz der nordwestlichen Durchfahrt besteht fast nur aus Straßen, Meerengen, Sunden und Fjorden; auch Labrador fehlen an der Nordküste die Fjorde nicht, wenn es auch, verglichen mit dem gegenüberliegenden Grönland, arm daran ist. An den atlantischen Küsten treffen wir scharf gezeichnete Zerklüftungen in Neufundland, schwächer angedeutet bei Neuschottland, bis die letzten Bildungen an der Küste des Staats Maine endigen.
Weit reicher an derartigen Erscheinungen sind am Westrand Nordamerikas die britischen und vormals russischen Küsten. Von der Vancouverinsel gegen S. aber bespült das Stille Meer sowohl in Nord- als in Südamerika festgeschlossene und unbenagte Küsten, bis wir uns Patagonien nähern, wo die Zerklüftung der Küsten in zahllose Straßen, Engen, Sunde, Schluchten, in Inseln, Felsenzungen, Hörner, Klippen und Schären wieder hervortritt (Peschel, »Neue Probleme«). Wie überall, so ist also auch in Amerika das Auftreten dieser »Meeresschluchten« an höhere Breiten, jenseit des 40. Parallelkreises, gebunden; ihr Vorkommen fällt in das Gebiet der Regen zu allen Jahreszeiten bei niedrigen Temperaturen, Verhältnisse, welche für die Bildung der Fjorde von fundamentalem Einfluß sind.
Inseln. Die Inseln des Erdteils zerfallen ihrer Lage nach in sechs Gruppen.
1) Der Arktische Archipel repräsentiert eine umfangreiche Gruppe zahlreicher Inseln, von denen Baffinsland, Cumberland, Prince William-Land, Cockburninsel etc., Norddevon, die Parryinseln, Banksland, Prinz Albert- und Victorialand sowie King William-Land die bekanntesten sind. Durch eine Menge von Straßen, Sunden und Kanälen voneinander getrennt, werden sie durch die Davisstraße, die Baffinsbai, den Smithsund und den Kennedykanal von dem wahrscheinlich aus mehreren Inseln bestehenden Grönland geschieden. Das Areal des Archipels wird auf 1,300,000, dasjenige von Grönland auf 2,170,000 qkm geschätzt.
2) Die zweite Inselgruppe ist dem St. Lorenzgolf vorgelagert und besteht aus der Insel Neufundland, an deren Außenseite sich die ihrer Untiefen und Eisberge wegen gefürchtete Bank von Neufundland anlagert, ferner aus der Prinz Edward-Insel, der Insel Cape Breton und der Insel Anticosti, letztere nach Peschel eine uralte Inselbildung.
3) Der dritte Archipel: Westindien oder die Antillen, begreift die Bahama- oder Lukayischen Inseln, die Großen und Kleinen Antillen und die an der Nordküste Südamerikas zerstreut liegenden Inseln, zusammen etwa 4440 QM. groß. Die Bahamainseln sind Bauten riffbildender Korallen, die Kleinen Antillen dagegen repräsentieren eine Reihe vulkanischer Inseln. Unter ihnen sind die wichtigsten: Barbados, Dominica, St. Thomas, letztere besonders als Station der großen Dampferlinien.
Die vier Großen Antillen sind: Cuba, Haïti, Puerto Rico und Jamaica, welche, in westöstlicher Richtung sich erstreckend, mit der Halbinsel Yucatan den Golf von Mexiko vom Karibischen Meer scheiden, während die Bahamainseln und die Kette der Kleinen Antillen das amerikanische Mittelmeer vom Atlantischen Ozean abtrennen. Der Küste Venezuelas vorgelagert sind: Trinidad, Margarita, Curassao u. a. Weiter im S. liegen vor der Mündung des Amazonas die Inseln Marajo und Caviana, gegenüber der Ostspitze des Kontinents Fernando do Noronha.
4) Der südamerikanische Archipel umfaßt das Feuerland (Tierra del Fuego) im S. der Magelhaensstraße, das aus sieben größern und zahlreichen kleinern Inseln besteht, die Patagonischen Inseln, längs der Westküste von Patagonien zwischen dem westlichen Ende der Magelhaensstraße und dem Kap Tres Montes.
5) Die fünfte Inselgruppe liegt vor der Nordwestküste Nordamerikas, und zwar bildet sie zwei Archipele, den von Vancouver oder Quadra und den der vulkanischen Alëuten, die sich von dem westlichen Ende der Halbinsel Alaska in südwestlicher Richtung bis in die Nähe der asiatischen Halbinsel
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Kamtschatka hinziehen und das Beringsmeer von dem Stillen Ozean trennen.
6) Unter der sechsten Gruppe vereinen wir alle die in weiterer Entfernung vom Festland vielfach bereits »ozeanischen« Inseln und die Gruppe der Bermudas, wichtig als nördlichst gelegene Korallenbildungen im Atlantischen Ozean; ferner die Falklandinseln im O. der Magelhaensstraße, die der chilenischen Küste gegenüberliegenden Inseln Juan Fernandez, San Ambrosio und San Felix, die unter dem Äquator liegende vulkanische Gruppe der Galapagos- (oder Schildkröten-) Inseln, endlich die ebenfalls vulkanische Gruppe der Revilla-Gigedoinseln, denen sich nach N. zu noch einige isolierte Inseln (Guadalupeinseln) anschließen, die zu dem kleinen vor Santa Barbara in Kalifornien gelegenen Archipel überführen.
Bodengestaltung.
In seiner vertikalen Gliederung, seinen Reliefverhältnissen, zeigt Amerika, im allgemeinen betrachtet, eine große Einfachheit, welche der mannigfachen Gestaltungsweise der Oberfläche der östlichen Kontinente scharf entgegengesetzt ist. Während in diesen kein Teil dem andern ähnlich ist, begegnen wir dort demselben klar hervortretenden Grundplan im Aufbau der südlichen wie der nördlichen Erdhälfte: ein Hochgebirge, die Kordilleren, das in beiden dem Westrand entlang läuft und sie gewissermaßen verknüpft;
weite Ebenen im O. vorgelagert und vom Atlantischen Ozean durch Gebirge mittlerer Höhe geschieden;
in der Mitte der beiden Erdhälften endlich eine Reihe quer verlaufender Gebirgszüge in Guayana, Venezuela und auf den Großen Antillen, das sind die großen Züge, gleichsam das Gerüst des Westkontinents, deren Wiederkehr im N. und S. die Mannigfaltigkeit der äußern wie innern Gliederung ausschließt, wie wir sie in der Alten Welt finden. Am ausgeprägtesten tritt diese Einfachheit des Bodenreliefs von Amerika im südlichen Teil Nordamerikas hervor.
Die Oberflächengestaltung des Gebiets der Vereinigten Staaten ist bestimmt durch die zwei großen Gebirgsketten, welche dasselbe dem Stillen und dem Atlantischen Meer entlang durchziehen, und durch die vorwiegend flache Beschaffenheit des weiten Landes, welches zwischen diesen gelegen ist. Eine Senkung des nordamerikanischen Kontinents um nur 300 m würde das Eismeer in der Linie der Großen Seen in Verbindung setzen mit dem Golf von Mexiko, und eine Senkung von nicht ganz 200 m mehr würde das ganze Festland in zwei ungleiche, scharf voneinander geschiedene Hälften zerlegen.
Den Kern der größern würden die Kordilleren des Westens bilden, den der kleinern die Alleghanies, namentlich mit ihren südlichen und mittlere Teilen. Faßt man nur diese großen Züge ins Auge, so sind in diesem umfangreichen Gebiet drei große Regionen zu unterscheiden: die Gebirgsmasse der Kordilleren im W., das Kettengebirge des Alleghanysystems im O. und dazwischen das Flach- und Hügelland, welches sie verbindet und gleichsam wie ein weites Thalbecken zwischen die östlich. und westlich umrandenden Gebirge eingesenkt erscheint (Ratzel).
Ähnlich, wenn auch nicht ganz so einfach, zeigt sich die Oberflächengliederung Südamerikas. Auch hier lagern sich ausgedehnte Ebenen und Flachländer zwischen die westlichen Kordilleren und die atlantischen Küstengebirge, und nur dadurch wird das Verhältnis einigermaßen komplizierter, daß diese letztern weniger regelmäßig gestaltet sind als die Kettensysteme der Alleghanies in Nordamerika, und daß die Ebenen des Innern an mehreren Stellen, wie namentlich im nördlichen Brasilien, offen bis an den Atlantischen Ozean herantreten, während jenes nordamerikanische Küstengebirge die Ebenen des Innern scharf gegen den Ozean abschließt.
Charakteristisch für die Oberflächengestaltung Amerikas ist ferner der Umstand, daß die verschiedenen Bodenformen daselbst nicht, wie in der Alten Welt, im allgemeinen von N. nach S., sondern in oft westlicher Richtung nebeneinander liegen. Dadurch aber ist bedingt, daß, wie Ratzel hervorhebt, jene scharfen Sonderungen des Nordens und Südens, welche in der Alten Welt so häufig und überall so fruchtbar an bewegenden und belebenden Kontrasten sind, in Amerika fehlen, wo die Sonderung östlicher von westlichen Gebieten viel mehr in den Vordergrund tritt. Man vergleiche die scharfen Kontraste, wie sie in Klima, Vegetation und Tierwelt in Asien zwischen dem Eismeer und dem Indischen Ozean zusammengedrängt sind, mit den allmählichen. Übergängen, die in Nordamerika unmerklich von einer noch kältern Eismeerküste nach der nicht minder warmen See des Mexikanischen Golfs hinabführen, und man wird die Wirkungen eines so großen Unterschieds der Oberflächengliederung sofort erkennen.
Seinen Hauptcharakterzug erhält das Relief des amerikanischen Kontinents aufgeprägt durch sein Hauptgebirgssystem, die Kordilleren. Dieser ungeheure Längengebirgszug, der längste auf der ganzen Erde, durchzieht Amerika mit wenigen Unterbrechungen vom Kap Froward bis zu den arktischen Küsten. Der gesamte Zug hat eine Länge von fast 15,000 km oder über 130 Breitengraden und bedeckt einen Raum von beinahe 1,633,000 qkm (220,000 QM.). Die Breite der Andes in Südamerika verhält sich zu ihrer Länge wie 1:60, in Nordamerika wie 1:50. Aber die bis auf die neuere Zeit vielfach noch festgehaltene Vorstellung von einem zusammenhängenden meridionalen Hauptgebirge, von einer einzigen großen Kordillere, welche in mehreren nebeneinander streichenden Zügen den ganzen Erdteil in ununterbrochener Geschlossenheit durchziehe, wird durch die neuern Forschungen widerlegt.
Schon im N. der Provinz Choco (im Staat Cauca in der Republik Neugranada) erleidet zwischen dem 7. und 8.° nördl. Br. sowohl die horizontale als die vertikale Konfiguration Amerikas eine schroffe Umwandlung, insofern der Kontinent, der nördlich vom Äquator noch eine Breite von nahezu 2200 km hat, sich plötzlich zu einem schmalen Isthmus von einer durchschnittlichen Breite von etwa 75 km verengert und an die Stelle eines reichgegliederten, gewaltigen Hochgebirges von meridionaler Hauptrichtung und einer mittlern Kammhöhe von 3000 m ein schmales Mittelgebirge von einer Kammhöhe von 500-600 m tritt.
Die umfassenden Untersuchungen behufs Herstellung eines interozeanischen Kanals haben gezeigt, daß die Wasserscheide zwischen beiden Meeren hier an verschiedenen Stellen unter 300 m, ja selbst unter 100 m herabsinkt. Der Kulminationspunkt der Panamabahn liegt nur 80 m über dem Meer. Jene hypsometrischen Untersuchungen haben die wichtige Thatsache ergeben, daß mit der plötzlichen Verengerung des Kontinents auch überall entsprechende Senkungen seiner Oberfläche zusammentreffen und somit Unterbrechungen des Gebirges in seinem Kettenbau andeuten. Die geognostische Thatsache, daß sowohl in der Landenge von Panama als weiter nördlich in den Einschnürungen von Nicaragua und von Tehuantepec die Kettenform der Höhenzüge verschwindet und durch Hügelgruppen von jüngern vulkanischen Gesteinsarten ersetzt ist, scheint in Verbindung mit dem
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Umstand, daß die gegenwärtige Meeresfauna und die Küstenflora bei den Landengen und Gebirgssenken an beiden Ozeanen der Hauptsache nach durch dieselben Arten repräsentiert werden, die Vermutung zu rechtfertigen, daß jene Lücken im Gebirge einst Meerengen waren, welche das zentralamerikanische Festland in mehrere langgestreckte Inseln teilten und sowohl von Südamerika als von Mexiko trennten. Durch spätere vulkanische Durchbrüche trachyt-doleritischer und basaltischer Gesteine mögen dann die ehemaligen Meerengen ausgefüllt worden sein, nachdem die verschiedenen Kordilleren mit ihren granitischen Gesteinen und kristallinischen Schiefern als fertiger Gebirgsbau schon geraume Zeit existiert hatten.
Statt eines einzigen Hauptgebirges sind daher mehrere Gebirgssysteme anzunehmen, die durch Depressionen und Gebirgslücken getrennt sind, wo statt eines Kettengebirges nur Hügelgruppen auftreten. Immerhin aber ist im Auge zu behalten, daß der Zusammenhang indem großen Rahmen des Kordillerensystems nicht aufgehoben wird durch Unterbrechungen der Kontinuität, wie sie an den Isthmen von Panama und Tehuantepec und am untern Colorado und Rio Grande eintreten.
Durch seine Kordilleren hat Amerika fast überall dieselbe regelmäßige Gestaltung: im W. einen schmalen Küstensaum, dicht daran die steil aufsteigende mächtige Gebirgskette mit den höchsten Erhebungen des Festlands, gegen O. unabsehbare Ebenen;
durch sie bildet sich überall der überschwengliche Wasserreichtum des Kontinents, sie regeln den Gang der Luftströmungen, sind somit die Hauptwasser- und Wetterscheide des Erdteils;
an ihren Gehängen sind die verschiedenen Klimagürtel, die verschiedenen floristischen und faunistischen Zonen übereinander gereiht, auf ihren Plateauhöhen erhalten sich noch die Hauptreste der alten Indianerwelt. (Näheres s. unter Kordilleren.)
Unter den isolierten Gebirgsgruppen Südamerikas ist die Sierra Nevada de Santa Marta (s. d.) an Umfang zwar die kleinste, doch trägt sie die höchsten Gipfel des Kontinents außerhalb des Kordillerensystems und erhebt sich steil und schroff aus den Niederungen des Mündungsgebiets des Magdalenenstroms bis in die Schneeregion. Die Küstenketten von Venezuela hängen mit der Sierra de las Rosas, dem Endglied der östlichen Kette der Andes von Kolumbien, durch 650-800 m hohe Plateaus zusammen und erfüllen das ganze Litorale zwischen dem See von Maracaybo und dem Golf von Paria (s. Venezuela).
Das dritte isolierte Gebirgssystem Südamerikas ist das von Guayana oder die Sierra Parime (s. d.), eine Erhebung von vorwiegend plateauförmigem Charakter, welche sich gleichsam als eine große Gebirgsinsel zwischen dem Meer, dem Orinoko und dem Amazonenstrom ausbreitet. Über einen noch größern Raum breitet sich das vierte isolierte System aus, das Gebirgsland von Brasilien, indem es fast ein Sechstel der Oberfläche des Kontinents einnimmt und das große Dreieck zwischen dem Rio de la Plata, dem Amazonenstrom und dem Atlantischen Ozean fast ganz ausfüllt (s. Brasilien).
Der horizontalen Ausdehnung nach nimmt der gebirgige Teil von Südamerika ungefähr 5,616,000 qkm (102,000 QM.) ein, wovon etwa 1,845,000 auf das System der Andes, 6000 auf die Sierra Nevada de Santa Marta, 55,000 auf die Küstenkette von Venezuela, 936,000 auf die Sierra Parime und 2,774,000 auf das Gebirgssystem von Brasilien kommen. Der ganze übrige Teil Südamerikas besteht fast ausschließlich aus weiten, zusammenhängenden Ebenen. In Nordamerika gibt es hauptsächlich nur ein System von Gebirgen im O. des Kontinents, welches von der westlichen Kette durch unermeßliche, von dem Mexikanischen Golf bis an das Polarmeer sich ausdehnende Ebenen getrennt ist und mit dem Namen der Appalachen oder Alleghanies (s. d.) bezeichnet wird. Es erstreckt sich, größtenteils den Charakter eines typischen Kettengebirges an sich tragend, in mehreren Parallelketten bei einer mittlern Breite von 220-260 km in einer Länge von etwa 1700 km, hat aber nur eine mittlere Kammhöhe von 880 m, während die bedeutendsten Gipfel nur wenig über 2000 m ansteigen.
Die Alleghanies fallen gegen W. und O. sanft und mit breiten Vorstufen ab und werden von zahlreichen Querthälern (z. B. dem des Hudson) durchsetzt. Die nördlichste Fortsetzung derselben (nördlich vom Hudson) sind die Neuenglandgebirge, ein Hochland, welches gegen S. zum Meer, gegen N. zum St. Lorenzstrom und gegen O. zum St. Johnsfluß abfällt und von Bergen und Bergzügen überragt wird. Dazu gehören die Green Mountains in Vermont und die White Mountains in New Hampshire. Außerdem liegt noch ein wenig bekanntes und rauhes Bergland in der Halbinsel Labrador, dessen felsige Gipfel jedoch keine bedeutende Höhe zu erreichen scheinen.
Als ein isoliertes Gebirgssystem östlich von den Andes ist endlich noch dasjenige anzusehen, welches sich in der Gruppe der Großen Antillen zwischen Nord- und Südamerika erhebt, in seinen niedrigsten Teilen aber vom Meer bedeckt ist. In ihrem östlichen Teil, auf Puerto Rico, sowie im östlichen Teil von Haïti erhebt sich die Bergkette nur zu einer mittlern Höhe von 500 m, in ihrem höchsten Teil aber, der Sierra de Lagunillo auf Puerto Rico, bis zu 1120 m, in dem Bergknoten von Cibao (Pik von Yaque) auf Haïti, bis zu 2955 m, während im westlichen Teil in dem nördlichen Zug die Sierra del Cobre auf Cuba bis 2340 m, in dem südlichen in Jamaica in der Kette der Blue Mountains (von 1520-1980 m Durchschnittshöhe) der Coldridge bis zu 2495 m aufsteigt. Die horizontale Ausdehnung des ganzen gebirgigen Teils von Nordamerika kann auf etwa 8,810,000 qkm (160,000 QM.) angeschlagen werden, wovon etwa 8,259,000 qkm auf das System der nordamerikanischen Kordilleren und 551,000 auf das appalachische System kommen würden. Außerdem sind von dem Flächeninhalt des ganzen Nordamerika für die Hochländer von Labrador und für das arktische Hochland noch etwa 1,377,000 qkm (25,000 QM.) zu rechnen.
Bewässerung.
Östlich von der großen Meridionalgebirgskette breitet sich in derselben Richtung durch den ganzen Kontinent ein System von ausgedehnten Ebenen oder flachen Becken aus, welche alle untereinander zusammenhängen und zwischen den kleinern östlichen Gebirgssystemen an mehreren Stellen bis an den Atlantischen Ozean reichen. In diesen weiten Ebenen gelangt das außerordentlich reiche Netz der Ströme und Seen zu der vollen Entwickelung, die den amerikanischen Kontinent in so vorteilhafter Weise vor andern Erdteilen auszeichnet. »Durch diese reiche Bewässerung wird die in jedem Erdteilinnern vorwaltende Neigung zur Wüstenbildung zurückgedrängt, der Waldwuchs und der Ackerbau begünstigt, die junge Kultur gefördert und der Verkehr erleichtert. Was würde Britisch-Amerika ohne seine Ströme sein! Sie allein ermöglichen den Verkehr in den weiten Regionen des Hudsonsbaigebiets und damit das Vordringen einer auf Jagd und Fischfang
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gegründeten Halbkultur bis in die Länder jenseit des Polarkreises.« Die Wasserscheide zwischen den einzelnen von N. nach S. aufeinander folgenden Becken wird durch Erhebungen des Bodens gebildet, zuweilen so unbedeutenden, daß zur Regenzeit die Gewässer des einen Beckens in die des andern überfließen, ja selbst, wie zwischen dem Becken des Amazonenstroms und dem des Orinoko, eine fortwährende Wasserverbindung durch eine Bifurkation stattfindet. Es sind im ganzen fünf solcher Ebenen oder Becken zu nennen und zwar (von N. nach S.): die Nordhälfte der großen Ebene von Nordamerika, die Becken des Mackenzie-, Nelson- und Missinippiflusses umfassend;
die Südhälfte derselben oder das Becken des Mississippi;
das Becken des untern Orinoko und die Ebenen von Venezuela;
das Becken des Amazonenstroms;
die Ebenen des Rio de la Plata und Patagoniens.
Die große Ebene Nordamerikas, östlich von den Rocky Mountains, dehnt sich in ihrem westlichen höhern Teil in der Nähe jenes Gebirges, nur lokal von vereinzelten Bergzügen unterbrochen, vom Golf von Mexiko bis zum Eismeer aus, und die Grenze zwischen ihrem nördlichen und südlichen Teil ist hier lediglich durch die Wasserscheide zwischen den Flüssen bezeichnet, welche auf der einen Seite gegen N. und NO. zum Eismeer und zur Hudsonsbai, auf der andern gegen S. durch den Mississippi zum Golf von Mexiko abfließen.
Diese Wasserscheide liegt ungefähr unter 49° nördl. Br. auf einer sich vom Fuß der Rocky Mountains zwischen dem obern Missouri und dem Saskatschawan gegen O. ungefähr bis zum 99.° westl. L. ausbreitenden Hochebene, welche in der Nähe der Rocky Mountains wahrscheinlich noch eine Meereshöhe von 1600 m besitzt, gegen O. aber in den Landhöhen von Minnesota allmählich absinkt. Weiter östlich sind beide Teile der großen nord amerikanischen Ebene durch eine weite, beckenförmige Einsenkung in dem Plateau, in welchem sie im W. ineinander übergehen, geschieden.
Diese Depression zieht sich mit ihrem Nordrand von dem nördlichen Ufer des Obern Sees gerade nach O. und schließt sich westlich vom St. Johnssee dem Bergland von Labrador an, die Wasserscheide zwischen dem Becken der Kanadischen Seen und des St. Lorenz und dem südlichen Teil der Hudsonsbai bildend. Der Südrand der Depression beginnt ebenfalls an den Ufern des Obern Sees, zieht sich südwärts hart an den Ufern des Michigansees bis zu dessen südlichstem Winkel hin, von da östlich über die Michiganhalbinsel zum südlichsten Punkte des Eriesees, dessen südlichen Gestaden er in geringer Entfernung bis nahe zum 79.° westl. L. folgt, worauf er in östlicher und nordöstlicher Richtung fortzieht, bis er nahe unter 71° westl. L. auf das Gebirge von Neuengland trifft, durch welches hier wie weiter nach N. durch das Bergland von Labrador diese merkwürdige Einsenkung geschlossen wird.
Nahe ihrem südlichen Rand in ihrem tiefsten, stellenweise weit unter den Meeresspiegel hinabreichenden Teil enthält sie die größten Süßwasserseen der Erde, die Kanadischen Seen, die zusammen eine Fläche einnehmen, welche (253,300 qkm) diejenige Großbritanniens übertrifft. Sie liegen in zwei Terrassen übereinander, der Obere See, 186 m, der Michigan- und Huronsee, 180 m, und der Eriesee, 175 m, auf der obern, der Ontariosee, 76 m ü. M., auf der untern.
Alle sind durch schmale Kanäle miteinander verbunden, wovon aber nur der zwischen dem Huron- und Michigansee, die Straße von Michillimakinak, gut schiffbar ist. Der den Obern See mit dem Huron verbindende Kanal hat auf 60 km etwa 10 m Gefälle, in der Mitte aber die Stromschnellen von St. Mary's, welche sich über eine Strecke von etwa 3 km ausdehnen. Die Verbindung zwischen dem Huron- und Eriesee bildet zuerst der Fluß St. Clair, der nur für Boote fahrbar ist, bis zum See St. Clair, darauf der Abfluß desselben, der Detroitfluß.
Der Eriesee steht mit dem Ontariosee durch den Niagarastrom in Verbindung, der 45 km lang ist und ungefähr in der Mitte seines Laufs die berühmten Niagarafälle bildet, in denen sich der Fluß von der obern Terrasse 40 m senkrecht herabstürzt. Obwohl äußerst zahlreiche Flüsse sich in diese Seen ergießen, so haben sie doch nur einen Abfluß, durch den St. Lorenz, der dem Ozean nächst dem Amazonenstrom von allen Flüssen der Erde die größte Wassermenge zuführt.
Die Nordhälfte der nordamerikanischen Ebene, die sich im N. der eben bezeichneten Grenzlinie ausbreitet, ist in ihrem südwestlichen Teil am höchsten und sinkt von da an allmählich herab, einerseits gegen O. zum südlichen Teil der Hudsonsbai, anderseits gegen N. zum Eismeer. Die fast nur durch die Richtung der fließenden Gewässer bezeichnete Wasserscheide zieht sich vom Fuß der Rocky Mountains zwischen den Quellen des Saskatschawan- und des Athabascaflusses hin, läuft von dort in nordöstlicher Richtung zum Wollastonsee und darauf nach NNO. zum arktischen Hochland, welches den Winkel zwischen dem nördlichen Teil der Hudsonsbai und dem Arktischen Eismeer ausfüllt.
Die zur Hudsonsbai abfallende Ebene, welche unter 50° nördl. Br. von W. nach O. sich an 2200 km, unter 57° nördl. Br. aber nur etwa noch 740 km weit ausdehnt bei einer größten Breite von nahe an 1480 km, ist im W. eine weite, sandige Prärie, in der Mitte unebenes und felsiges Land voller Seen, im O. niedriges Flachland. Ihre bedeutendsten Flüsse sind der Nelson und der Churchill. Der erstere, in seinem obern Lauf Saskatschewan genannt, entspringt in den Rocky Mountains, fällt in den Winnipegsee, den größten See dieser Ebene, und verläßt diesen unter dem Namen Nelson am Nordwestende, um in die Hudsonsbai zu münden.
Der Churchill oder Missinippi entspringt aus dem Methyesee, nimmt die Gewässer des Deer- und Wollastonsees auf und mündet in dieselbe Bai. Die nördlich zum Eismeer abfallende Ebene, das Becken des Mackenzieflusses, im S. unter 59° nördl. Br. über 750 km breit und von N. nach S. über 1110 km lang, enthält ebenfalls eine große Zahl Seen, worunter der Große Sklaven-, der Große Bären- und der Athabascasee die bedeutendsten sind. Der in seinem südlichen Quellarm, dem Athabasca, aus einem Gebirgssee in den Rocky Mountains entspringende Mackenzie ergießt sich in den Athabascasee, fließt aus diesem unter dem Namen des Sklavenflusses in den Großen Sklavensee und aus diesem endlich als Mackenziefluß gegen NW. in das Nördliche Eismeer.
Die Südhälfte der nordamerikanischen Zentralebene, welche sich zum Mexikanischen Golf hinabsenkt, der Nordhälfte an Größe ungefähr gleich ist und größtenteils aus dem Becken des Mississippi besteht, umfaßt beinahe ein Fünftel des ganzen Flächeninhalts von Nordamerika, und zwar nimmt das Flußgebiet des Mississippi ca. 3,150,000 qkm (57,000 QM.) ein, wird also nur von den Gebieten der beiden südamerikanischen Riesenströme und des Ob, des größten Asiatischen Stroms, übertroffen. Den niedrigsten Teil dieser Ebene bildet das Bett des Mississippi, dessen Quellsee nur 512 m ü. M. liegt. Von den Ufern des Mississippi erhebt sich das Land nach W. und O., nach jener Richtung bei einer
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mittlern Breite von ungefähr 740 km bis an den Fuß der Rocky Mountains, nach dieser bei einer Breite im S. von 220-300, im N. von 590-670 km zu den Alleghanies hin. Bei der Höhe der Basis des Felsengebirges, die stellenweise bis über 1500 m hinausgeht, haben wir es im W. des Mississippi vorwiegend mit Hochebenen zu thun, die bei ihrem sehr allmählichen Abfall erst in unmittelbarer Nähe des Stroms zweifellosen Tieflandscharakter annehmen. Im allgemeinen sind Tiefländer im strengen Sinn des Worts im Innern Nordamerikas nur in zurücktretender Ausdehnung vorhanden; die Ebenen sind vielmehr weitaus vorwiegend Hochebenen von zum Teil bedeutender Erhebung.
Auch eine absolute Flachheit und Ebenheit des Terrains findet man fast nur längs der Flußläufe. Vielmehr herrscht in den Prärien, die den größten Teil namentlich des westlichen Innern einnehmen, eine wellige Bodenform vor, welche die Amerikaner treffend mit einer von der Bewegung des Meers hergenommenen Benennung »rolling« bezeichnen. Im S. der Alleghanyberge hängt die Mississippi-Ebene mit der niedrigen atlantischen Küstenebene zusammen, welche sich auf der Ostseite der Alleghanies bis zum Atlantischen Ozean erstreckt und hier ungefähr 275,300 qkm (5000 QM.) groß ist, während das Land südlich von jenem Gebirgszug mit dem Tiefland der Halbinsel Florida gegen 330,400 qkm (6000 QM.) enthält. Nur dieser atlantische Küstensaum von Long Island bis zur Rio Grande-Mündung sowie das eigentliche Mississippithal bis zur Missourimündung aufwärts repräsentieren ein eigentliches und charakteristisches Tiefland.
Die Ebene des Orinoko (s. d.) zerfällt in zwei Teile, einen nördlichen und einen südlichen. Jener begreift die von der Küste des Atlantischen Ozeans an zwischen dem Orinoko und dem Apure im S. und der Küstenkette im N. und NW. bis zum Fuß der östlichen Andes sich hinziehende Ebene von Venezuela, dieser die Ebenen des Meta und des Guaviare. Ihrem Vegetationscharakter nach sind zu unterscheiden bewaldete und steppenartige Ebenen. Letztere, die Llanos (s. d.), im allgemeinen baumlose, nur an den Flußufern von Gebüsch und Baumwuchs bedeckte, fast vollkommen ebene Flächen, erstrecken sich über die ganze nördliche und den westlichen Teil der südlichen Ebene; bewaldet sind die Strecken zu beiden Seiten des Guaviare bis über den untern Lauf des Rio Meta und zum Rio Arauca.
Die Oberfläche der bewaldeten Ebenen ist hier und da etwas hügelig, vornehmlich zwischen dem Guaviare und dem Rio Negro, wo selbst Felsen an 100 m hoch schroff emporragen. Im Durchschnitt liegen diese mit dichtem Urwald bedeckten Ebenen ungefähr 300 m ü. M. Das Becken des Amazonenstroms, das größte des ganzen westlichen Kontinents, hängt mit der Orinokoebene unmittelbar zusammen, wie denn auch der in den Amazonenstrom fallende Rio Negro durch den Cassiquiare in ununterbrochener Verbindung mit dem Orinoko steht. Es zerfällt in zwei Teile, von denen der eine von O. nach W. gerichtet, der andre südlich von diesem zwischen den Andes und dem Brasilischen Gebirgssystem nach S. bis zum Becken des Parana, 20° südl. Br., sich erstreckt.
Jener wird im N. durch den Südabfall des Berglands von Guayana und durch eine unbedeutende Erdanschwellung unter 2-3° nördl. Br. zwischen dem Guaviare und dem Guainia begrenzt, erstreckt sich westlich bis zur Mündung des Rio Huallaga und den Stromschnellen des Pongo von Manseriche und südlich bis zu den Katarakten, welche die südlichen Nebenflüsse des Amazonenstroms bei ihrem Abfluß aus dem höher gelegenen Land bilden. Seine Ausdehnung beträgt zu beiden Seiten des Amazonenstroms von dessen Mündung bis zum Pongo von Manseriche 2970 km bei einer Breite von 660-1300 km. Diese Ebene, die im W. am Fuß der Andes von Loxa nur ungefähr 380, im N. am Fuß der Berge von Guayana nur etwa 300 m ü. M. liegt, wird ihrer ganzen Länge nach von W. nach O. von dem Amazonenstrom (s. d.), dem größten Strom der Erde, durchflossen.
Der zweite, von N. nach S. gerichtete Teil des Beckens des Amazonenstroms begreift den mittlern und obern Teil der Becken der südwärts vom 10.° südl. Br. zwischen den Andes im W. und dem brasilischen Gebirgssystem im O. laufenden Nebenflüsse des Amazonenstroms und wird im S. durch eine in schräger Richtung von den Andes zum brasilischen Gebirgssystem laufende, kaum merkliche wasserscheidende Schwelle, die sich aus niedriger, sumpfiger Ebene erhebt, gegen die Zuflüsse des La Plata begrenzt, so daß eine ziemlich offene Verbindung zwischen dem Becken des Amazonenstroms und demjenigen des Rio de la Plata bestehen bleibt.
Von N., wo er in den von O. nach W. gerichteten Teil des Amazonenbeckens übergeht und nur etwa 260 m ü. M. liegt, steigt er sanft und stufenartig, wie sich aus den Stromschnellen der Flüsse ergibt, nach S. an, durch den gegen O. weit in die Ebene vordringenden Kordillerenzweig von Cochabamba mehr und mehr eingeengt. Der Hauptstrom dieses Beckens, der Rio Madera (s. d.), übertrifft sowohl an Länge des Laufs (3340 km) und Wasserreichtum als an Ausdehnung seines Gebiets die größten Ströme Europas.
Dieser südliche Teil des Amazonenstrombeckens besteht im O. und SO. durchgängig aus feuchtem Wiesen- und Sumpfland, während die übrigen Teile fast durchgängig von den dichtesten Urwäldern, den sogen. Selvas oder Bosques, bedeckt sind, die von den Flüssen periodisch weithin überschwemmt werden. Die Ebene des Rio de la Plata und von Patagonien wird gegen NO. durch das brasilische Gebirgssystem, gegen W. durch die Andes von Bolivia und Chile begrenzt, während sie sich gegen S. östlich von den Andes bis gegen die Südspitze des Erdteils ausdehnt.
Sie bietet hinsichtlich der Gestalt ihrer Oberfläche große Verschiedenheit dar. Ihre nördliche Region wird größtenteils von einem noch sehr wenig bekannten Landstrich, dem Gran Chaco (s. d.), eingenommen, worunter man die weite, nördlich bis an die bezeichnete Wasserscheide gegen den Amazonenstrom sich ausdehnende Ebene versteht. Andre Teile der Ebenen des Rio de la Plata-Beckens sind die Ebene von Tucuman im W. des Rio Salado, einer der schönsten und fruchtbarsten Landstriche, dann die Pampas (s. d.), in denen weite Grasfluren mit salzreichen, wüsten Strecken wechseln, welch letztere in den heißen Salzsteppen, Las Salinas, besonders entwickelt sind (s. Argentinische Republik).
Die Ebene von Patagonien, welche sich südlich vom Rio Negro zwischen den Andes und dem Atlantischen Ozean ausdehnt und gegen das Innere bis zu etwa 330 m ü. M. ansteigt, hat durchgängig eine felsige, steinige und sterile Oberfläche; nur in den Flußthälern, namentlich des Rio Negro, finden sich kleinere, mit Vegetation bedeckte Strecken (s. Patagonien). Die ungeheuern Ebenen östlich von den Andes zwischen dem Becken des Amazonenstroms und der patagonischen Ebene werden von einem Flußsystem eingenommen, das aus drei Strömen, dem Paraguay, dem Parana und dem
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Uruguay, zusammengesetzt ist, welche, im südwestlichen Teil des brasilischen Gebirgssystems entspringend und einander sehr nahe nach S. abfließend, zuletzt zu einem Strom, dem Rio de la Plata (s. La Plata), vereinigt dem Meer zuströmen. Diese zusammenhängenden niedrigen Ebenen von Südamerika, die sich von Patagonien bis zum Antillenmeer auf der Ostseite der Andes ausbreiten, haben zusammen einen Flächeninhalt von ungefähr 11,343,000 qkm (206,000 QM.), wovon etwa 7,115,000 auf die des Amazonenstroms, 3,310,000 auf die des Rio de la Plata und von Patagonien und 918,000 auf die des Orinoko kommen mögen. Die übrigen kleinern Ebenen, wie die von Guayana, die des Magdalenenstroms und die von Chile, Bolivia, Peru an der Westküste, nehmen zusammen einen Flächenraum von ungefähr 881,000 qkm (16,000 QM.) ein.
Geologische Übersicht.
Von keinem Teil der Erde ist die Kenntnis des geognostischen Baues des Landes ungleicher als von Amerika. Während große Landstriche noch von keines wissenschaftlichen Forschers Fuß betreten wurden, kennen wir viele Teile, namentlich der Vereinigten Staaten von Nordamerika, bis ins Detail. Weisen die tief eingeschnittenen, vorgebirgs- und halbinselreichen Küsten, die zahlreichen selbständigen Fluß- und Gebirgssysteme Europas auf einen sehr verwickelten Bau dieses Kontinents hin, so läßt sich aus der großartigen Einfachheit der Oberflächenverhältnisse Amerikas auf dessen weniger komplizierte geologische Zusammensetzung schließen.
Hier werden, wie Ratzel hervorhebt, die Beziehungen zwischen geologischem Aufbau, Bodengestalt und Umriß greifbar, und in der Aneinanderreihung der aufeinander folgenden Formationen tritt uns die Bildungsgeschichte, das allmähliche Hervor- und Zusammenwachsen namentlich des nordamerikanischen Festlands mit größter Deutlichkeit entgegen. Mit Recht sagt Dana: »Amerika hat die Einfachheit eines einfach entwickelten Resultats, während Europa eine world of complexities ist«.
In den getrennten Gebirgsgliedern des amerikanischen Ostens herrschen die kristallinischen Gesteine meist in Verbindung mit vorjurassischen, überwiegend paläozoischen Bildungen vor; Melaphyre und andre sogen. Trappgebilde sind die Eruptivbildungen dieser Gebiete, alle jüngere vulkanische Thätigkeit ist dem Osten des Festlands fremd. Ganz verschieden ist der Westen desselben gebildet; an der Bildung der Kordilleren nimmt nicht allein kristallinisches, paläozoisches und triassisches Gestein teil, sondern auch jüngere Sekundärbildungen aus der Jura- und insbesondere der Kreide- und Tertiärzeit bedecken große Flächen.
Die vulkanische Thätigkeit setzt sich bis in die gegenwärtige Zeit fort. Porphyreruptionen in der sekundären Zeit, trachytische und basaltische in der Tertiärzeit, mächtige vulkanische Auswurfsmassen und Laven der Jetztzeit nehmen den wesentlichsten Anteil an der Zusammensetzung der Kordilleren; ja, fast alle Hochgipfel des Erdteils, die sämtlich dem Westen angehören, sind Produkte dieser spätern Eruptionsthätigkeit, nicht wenige dieser Hochgipfel noch gegenwärtig thätige Feuerberge.
Die weiten Ebenen, welche die getrennten östlichen Gebirge Südamerikas von den Kordilleren trennen, bestehen aus Tertiär- und Diluvialbildungen, nur im Bereich der Küsten und der großen breiten Stromthäler aus jüngern Alluvionen, während in Nordamerika, wo im O. die paläozoischen Bildungen, im W. die kristallinischen Gebirgsmassen in großartigster Entwickelung auftreten, bloß ein relativ schmaler Strich mit mächtigen Entblößungen zerstückelter Kreide- und Tertiärbildungen den Osten und Westen des Landes, von den Prärien von Texas an bis zum Saskatschawan und vielleicht noch weiter nach N. fortsetzend, trennt. Im S. und N. des Kontinents erheben sich einzelne Gebirgs- und Berginseln, aus ältern kristallinischen und paläozoischen Gesteinen zusammengesetzt, aus den jüngern Ablagerungen der Ebenen, so die Sierren von Cordova und Tucuman aus den Ebenen des La Plata, die Sierra von Solano aus den Ebenen des Japure, die Sierra von San Saba in Texas, die Black Hills und Three Peaks im obern Missourigebiet.
Versuchen wir, uns in großen Zügen ein Bild von dem geologischen Bau und der Entwickelungsgeschichte zunächst Nordamerikas zu entwerfen (vgl. dazu die »Skizze eines idealen Durchschnitts durch Nordamerika« auf der Tafel bei »Geologische Systeme«). In großartiger Entwickelung treten zunächst die Bildungen urältester Sedimentgesteine der azoischen Formationsgruppe, laurentische Gneise und huronische Schiefer, auf. Die erstern sind repräsentiert durch die verschiedensten Gneisvarietäten und umschließen Lager von Granit, Syenit, von Glimmer- und Hornblendeschiefer, von Serpentin, kristallinischen Kalksteinen und Eisenerzen.
Die huronische Schieferformation ist durch Glimmer-, Thon-, Talk- und Chloritschiefer mit Einlagerungen von Itakolumit, Quarzit, Kalkstein und Konglomeraten vertreten. Die Urgesteine treten besonders in drei Hauptzonen auf. Zunächst bilden sie die Basis und gleichsam das Gerippe der beiden Haupterhebungssysteme des Kontinents im W. und O. Der östliche oder atlantische Zug der Urgesteine, welcher die ganze Gebirgsregion der östlichen Staaten beherrscht, zieht sich in der imposanten Hauptkette des appalachischen Systems in einer Länge von etwa 2100 km ununterbrochen, nur hier und da durch enge Querthäler eingekerbt, von dem bergigen Hügelland des nördlichen Georgia durch die beiden Carolinas und die übrigen atlantischen und neuenglischen Staaten.
Als Kern oder als Gerüst des Gebirges treten die Urgesteine weiter in der Kordillerenzone auf. Zwei Hauptzüge heben sich besonders hervor, ein östlicher, der dem Felsengebirge und seinen südlichen Ausläufern entspricht, und ein westlicher, der mit der Sierra Nevada und deren nördlicher Fortsetzung, dem Kaskadengebirge, zusammenfällt. Überall, wo diese Gebirge sich zu wirklichen Hochgebirgsgipfeln erheben, da treten auch jene Urgesteine auf. Zwischen den beiden Hauptzügen liegt ein wahrer Archipel von Gneis- und Granitinseln, welche aus der Decke der das »große Becken« des Kordillerenhochlands überkleidenden Tertiärschichten hervorragen.
Eine Verbindung gewissermaßen zwischen der atlantischen und pazifischen Urgesteinszone bildet die dritte nördliche. Die laurentisch-huronische Gesteinszone der Alleghanies steht mit dieser am untern Lauf des St. Lorenzstroms in fast direktem Zusammenhang. Dieselbe erstreckt sich von hier aus in westlicher Richtung bis über die Quellen des Mississippi und vereinigt sich mit den von N. nach S. streichenden Gneisen der nördlichen Rocky Mountains-Region. Dieser nordischen Urgesteinszone entspricht die Bodenerhebung, welche gegenwärtig die Wasserscheide zwischen dem Mississippisystem und den arktischen Strömen bildet. Die östliche und südliche Hälfte von Labrador, Kanada nördlich vom St. Lorenz, das Innere des britischen Dominiums bis zum Arktischen Meer hin, die Inseln nördlich der Hudsonsbai fallen in den Bereich dieser nördlichen Urgesteinszone. Sie repräsentiert nach den Anschauungen der amerikanischen Geologen den
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ältesten Teil des Festlands, den »Nucleus des Kontinents«, um welchen sich wie um einen Kristallisationskern die jüngern Formationen angelagert haben. Da auch die atlantische Urgesteinszone aller Wahrscheinlichkeit nach als Festland in jenen Zeiten über den Meeresspiegel emporragte, so waren am Schluß des azoischen Zeitalters der Erdgeschichte, beim Beginn also der silurischen Ära, in welcher das erste organische Leben in größerer Mannigfaltigkeit auftrat, die jetzigen Konturen des Ostens von Nordamerika durch zwei Zonen von Festland bereits angedeutet.
Innerhalb der tiefen Bucht, welche die kanadische und atlantische Urgesteinszone umschlossen, dehnte sich während der paläozoischen und teilweise auch während der jüngern geologischen Perioden gewissermaßen als eine nördliche Fortsetzung des Mexikanischen Golfs ein Meer aus, dessen Ufer aber im Lauf der Entwickelung unsers Erdballs immer mehr nach S. zurückgedrängt wurde, während sich das Festland durch allmähliche Hebung in gleichem Maß vergrößerte.
Der Ausdehnung des paläozoischen Meers entspricht die Verbreitung der in ihm zur Ausbildung gelangten silurischen, devonischen und karbonischen Schichtensysteme, welche, über den Meeresspiegel emporgehoben, nun gürtelförmig jene Urgesteinszonen in der genannten Bucht und an den Außenseiten (in Britisch-Amerika) umsäumen (vgl. H. Credner, Die Geognosie und der Mineralreichtum des Alleghanysystems, in »Petermanns Mitteilungen« 1871). Diese paläozoischen Formationen besitzen in Nordamerika eine außerordentliche Verbreitung.
Sie füllen zunächst die ganze Bucht zwischen der kanadischen und atlantischen Urgesteinszone gegen W. bis weit über den Mississippi hinüber aus, ziehen sich sodann westlich vom Obern See zwischen den Rocky Mountains und der britisch-amerikanischen Seezone gegen NW. bis an das Arktische Meer und in einer zweiten Zone von Neubraunschweig und Neuschottland am Westgestade der Hudsonsbai gegen N., wo der Arktische Archipel ebenfalls größtenteils aus Gesteinsmassen der paläozoischen Schichtensysteme aufgebaut zu sein scheint.
Das unterste Glied dieses paläozoischen Schichtensystems, die Silurformation, geht zunächst in einem dem Westabfall der atlantischen und dem Südabfall der kanadischen Urgesteinszone angelagerten Gürtel zu Tage aus, um sich durch Wisconsin und Minnesota nach dem noch wenig erforschten Nordwesten zu wenden. Außerdem treten silurische Areale in dem Flachland zwischen den Alleghanies und dem Mississippi, ferner in Kanada, in den übrigen englischen Besitzungen, in den arktischen Regionen und im Felsengebirge auf. Die Silurformation setzt sich in diesen Distrikten vorwiegend aus Kalksteinen, Sandsteinen und Schiefern zusammen und wird von J. ^[James] Hall und Dana in sieben Hauptgruppen gegliedert.
1) Untersilur: a) Primordialgruppe mit dem Potsdam-Sandstein, b) kanadische Gruppe, c) Trentongruppe mit den Utica- und Hudsonschiefern;
2) Obersilur: d) Niagaragruppe, e) Salinagruppe, f) untere Helderberg- und g) Oriskanygruppe. Von Eruptivgesteinen treten in dem Silur Amerikas Diorite und Melaphyre auf, letztere in Verbindung mit Melaphyrmandelsteinen namentlich auf der Keweenawhalbinsel am Lake Superior, wo sie neben verschiedenen seltenen Mineralien besonders gediegen Silber und Kupfer in bis zu 7-8000 kg schweren Massen umschließen. Auch die reichen Bleiglanzlagerstätten in dem Winkel zwischen Wisconsinfluß und Mississippi gehören der Silurformation an. Beim Eintritt des devonischen Zeitalters hat der Kontinent durch fortschreitende Hebung stark an Ausdehnung gewonnen.
Die in dem entsprechend zurückgedrängten Devonmeer abgelagerten Schichten bestehen in ihren untern Partien vorwiegend aus Kalksteinen und Schiefern, in den obern aus roten Sandsteinen, dem old red sandstone. Landpflanzen und Wirbeltiere (Fische) erscheinen auf der Weltbühne. Devonische Schichten umsäumen die silurischen Zonen der östlichen Vereinigten Staaten und treten außerdem in Kanada, Neuschottland und Neubraunschweig sowie im arktischen Gebiet in der Nachbarschaft der sie unterteufenden Silurformation auf. Der Versteinerungsführung nach wird das Devon Nordamerikas in vier Hauptgruppen (Catskill-, Chemnung- ^[richtig: Chemunggruppe], Hamilton- und Corniferousgruppe) sowie in zahlreiche Unterabteilungen gegliedert. Dem obersten Devon gehören die großartigen unterirdischen Petroleumreservoirs im nördlichen Pennsylvanien an.
Die Steinkohlenformation beginnt mit einer Tiefseebildung, dem an Versteinerungen überaus reichen Kohlen- oder Bergkalk. Derselbe nimmt den größten Teil des Areals zwischen den Alleghanies und dem Mississippi ein und bildet ausgedehnte Landstriche in den Rocky Mountains und in den arktischen Regionen. Die obere produktive Kohlenformation deutet eine Periode der Hebung an, durch welche umfangreiche Strecken des Meeresbodens über den Wasserspiegel erhoben wurden und sich mit einer üppigen Dschangelnvegetation von Schachtelhalmen, Farnen, Sigillarien, Lepidodendren und Koniferen bedeckten, welche das Material zu den für die industrielle Entwickelung Nordamerikas so wichtigen Steinkohlenflözen geliefert haben.
Die flözführende Kohlenformation breitet sich namentlich über sieben große Territorien aus:
1) das ungeheure appalachische Kohlenfeld am Westabfall der Alleghanies, 2) das Illinois-Missouri-Kohlenfeld, 3) dasjenige von Michigan, 4) das des nördlichen Texas, 5) das Kohlenfeld von Rhode-Island, 6) die Kohlenfelder von Neuschottland und Neubraunschweig, 7) das erst neuerdings nachgewiesene Feld zwischen Red Deer River und Athabasca in Britisch-Amerika. Die Dyas- oder permische Formation ist auf den westlichen Teil des Kontinents beschränkt und tritt hier namentlich in Kansas und in Nebraska, in New Mexiko und an verschiedenen Punkten des Ostabfalls des Felsengebirges auf.
Aus Kalksteinen und Mergeln bestehend, lagert die Dyas unmittelbar auf der unproduktiven Kohlenformation, dem Kohlenkalk, ohne daß eine scharfe Grenze zwischen beiden gezogen werden könnte. Die Ablagerung der Schichten ging eben ohne eine wesentliche Veränderung der Niveauverhältnisse, wie sie im O. stattfand, vor sich. Nordamerika östlich des Mississippi war mit der Bildung der Steinkohlenformation im wesentlichen fertig, es wuchs in den folgenden Perioden vornehmlich noch gegen S. und SW. So besitzen denn die Formationen des mesozoischen (sekundären) Zeitalters gegenüber den paläozoischen Schichten eine wesentlich weniger umfassende Verbreitung.
Die Triasformation tritt zunächst in zwei Regionen, am Ostabfall des Alleghanysystems und in den Kordilleren, auf, dort in Form mächtiger roter Sandsteinmassen (new red sandstone) mit eingelagerten Kohlenflözen und Bänken von Diorit (Palissaden bei New York), stellenweise, namentlich im Connecticutthal, reich an Fußabdrücken von Reptilien, riesigen Vögeln (Brontozoum), hier, am Ostabfall der Rocky Mountains, in Form ziegelroter Sandsteine und Mergel und in der
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Sierra Nevada in Form von Kalken mit Resten einer alpin-triassischen Fauna. Die Juraformation ist mit Sicherheit bisher nur am Ostabfall des Felsengebirges, in den Black Hills, Laramie Mountains, nachgewiesen; doch sollen auch die kristallinischen Schiefer, in welchen die goldführenden Gänge Kaliforniens aufsetzen, dieser Formation angehören. Eine ungleich größere Verbreitung erlangt dagegen wieder die Kreideformation, wenn sie auch auf weite Strecken von tertiären und quartären Bildungen überdeckt sind.
Wie die Verteilung der Kreidevorkommen zeigt, bildete das Kreidemeer einen weiten Golf vom jetzigen Mexikanischen Meerbusen bis zur Ohiomündung, während gleichzeitig ein langgestreckter Meeresarm sich östlich des jetzigen Felsengebirges von Texas aus über das obere Missourigebiet wahrscheinlich bis zum Arktischen Meer ausdehnte, so daß das heutige Nordamerika damals in zwei ungleich große Teile, einen westlichen und einen östlichen, zerlegt war. In fast allen in Europa gültigen Unterabteilungen vertreten, bildet die Kreideformation in diesem ganzen Becken des untern Mississippi und am Ostrand des Felsengebirges den Untergrund der Tertiärformation, unter welcher sie in breiten Randzonen hervortritt und namentlich in Texas und weit nach Mexiko hinein zu großartiger Entwickelung gelangt.
Außerdem aber beteiligt sich dieselbe wesentlich am Aufbau des atlantischen Küstenstrichs (New Jersey u. a. O.) sowie der kalifornischen Küstenkordillere bis weit nach Britisch-Columbia und Vancouver Island nach Norden. Die Tertiärformation ist am mächtigsten in der östlichen Hälfte des Kontinents entwickelt, wo sich dieselbe von den atlantischen Staaten, am Ostfuß der Alleghanies als ein breiter Gürtel die ältern Formationen umsäumend, bis zum Mündungsgebiet des Rio Grande hinzieht und im Mississippithal bis gegen die Ohiomündung in das Innere ausdehnt. In ganz ähnlicher Weise bildet sie die den Staaten Arizona, Kalifornien und Oregon Angehörigen Küstenstriche des Pazifischen Ozeans. Sind alle diese Tertiärbildungen an den Umrandungen des Kontinents marinen Ursprungs, so finden wir dagegen im Innern desselben ausgedehnte brackische und Süßwasserablagerungen tertiären Alters. Dieselben nehmen weite Areale am Ostabhang des Felsengebirges nördlich und südlich vom obern Missouri ein und sind namentlich in den Mauvaises Terres am White River außerordentlich reich an Säugetierresten.
Mit dem Emportauchen der in den tertiären Meeren gebildeten Ablagerungen hat der nordamerikanische Kontinent im wesentlichen seine heutige Gestalt erhalten. In die Tertiärperiode fällt gleichzeitig das für die Herausbildung des Reliefs des Kontinents wichtigste Ereignis, die Haupterhebung des Kordillerengebirges. Schon in den frühern Perioden in seinen Anfängen bestehend, wird dieses Gebirge in der Tertiärzeit durch einen von W. wirkenden und durch das allmähliche Zusammenschrumpfen des seiner Eigenwärme mehr und mehr verlustig gehenden Erdballs bedingten seitlichen Druck faltenartig emporgepreßt, um nun unter der modellierenden Thätigkeit der Atmosphärilien allmählich seine jetzige Mannigfaltigkeit der Gestalt und Form zu erlangen.
Während aber die Gewässer durch ihre erodierende und wegführende Thätigkeit das gewaltige Gebirge mehr und mehr abzutragen bestrebt sind, haben bis in die Gegenwart die vulkanischen Kräfte fort und fort neues Gesteinsmaterial in Form von Laven, Aschenmassen und Tuffbildungen aus dem Innern der Erde herausgefördert und zu himmelanstrebenden Gipfeln, zu weiten Decken und Lavaströmen aufgebaut. Sehen wir ab von den vulkanischen Produkten früherer Perioden, wie sie als Granite, Syenite, Diabase, Melaphyre, Porphyre u. a. teils in durchgreifender, teils in bank- und deckenförmiger Zwischenlagerung mit den Sedimentgesteinen jener Perioden verknüpft sind, so konzentriert sich die vulkanische Thätigkeit seit der Tertiärzeit ausschließlich auf den Westen des Kontinents, jenseits von 130° westl. L. Östlich von hier fehlen alle Spuren neuerer vulkanischer Thätigkeit.
Um so reichlicher finden sie sich im W. Zunächst trägt die bogenförmige Reihe der Alëuten 48 thätige Vulkane, darunter als höchster der gegen 2800 m hohe Schischaldin auf Unimak. Dann folgt die Halbinsel Alaska mit fünf Vulkanen, unter denen der Iljaminsk sich zu 3678 m erhebt, und endlich das Vulkangebiet der pazifischen Küste von Nordamerika mit zahlreichen, aber meist noch wenig bekannten Vulkanen, unter ihnen der höchste Gipfel des nördlichen Kontinents, der Eliasberg (5950 m), der Mount Fairweather (4730 m) u. a. Diese Vulkankegel sind begleitet von ausgedehnten Aschenfeldern und Lavadecken, welche z. B. im Thal des Columbia und Snake River fünf Längen- und drei Breitengrade weit zu verfolgen sind.
Über 1000 m mächtige Lavadecken finden sich ferner im Kaskadengebirge am Durchbruch des Columbia River. Als Zeugen noch nicht erloschener vulkanischer Thätigkeit können auch die zu Hunderten vergesellschafteten heißen Quellen, die Schlammvulkane, Solfataren und namentlich die großartigen Geiser des berühmten Geisergebiets am obern Yellowstone betrachtet werden. Unter den posttertiären Ablagerungen besitzt neben den bis in die Jetztzeit hineinreichenden vulkanischen Bildungen das Diluvium die größte Wichtigkeit, welches, aus Sanden, Kiesen, Thon und Lehm mit massenhaften erratischen, aus dem Norden stammenden Blöcken zusammengesetzt, das ganze nördliche Flachland östlich vom Felsengebirge mit einer mächtigen Decke überkleidet und sich an den Gebirgen Neuenglands bis 3000 m Meereshöhe hinaufzieht.
Während man früher diese Ablagerungen als Driftbildungen bezeichnete und annahm, daß sie das Absatzprodukt schmelzender Eisberge seien, welche von N. her über ein jene Gebiete bedeckendes Meer getrieben worden wären, vertreten die amerikanischen Geologen, Dana an der Spitze, gegenwärtig die Ansicht, daß jene Ablagerungen gewissen beweiskräftigen Erscheinungen zufolge die Grundmoränen gewaltiger, von N. aus vordringender Gletscher seien, welche während der Eiszeit jenes ganze Gebiet in einer Mächtigkeit von mehreren Tausend Metern überdeckt und sich, wie aus der Verbreitung ihrer Absätze hervorgeht, bis zu einer Linie von der Mackenziemündung gegen SSO. bis nach Kansas hinein (39° nördl. Br.) und von da über St. Louis bis gegen New York hin über das ganze nördliche Amerika ausgebreitet haben müssen.
Rezenten Ursprungs endlich ist die Halbinsel Florida, entstanden durch Anhäufung von Schwemmgebilden auf einer Basis von Korallenbauten, welch letztere in den Bermudas ihre Nordgrenze im Atlantischen Ozean finden. Der namentlich unter der Gezeitenbewegung sich vollziehenden aufbauenden Thätigkeit des Meers verdanken die weiten, von Lagunen und Sümpfen unterbrochenen Marschlandschaften der atlantischen Staaten der Union ihre Entstehung, während gleichzeitig im Innern durch das allmähliche Zurücktreten stehender Gewässer alluviale Ablagerungen trocken gelegt wurden und die Flüsse nicht nur in ihren
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Thalebenen fruchtbare Alluvionen absetzten, sondern zum Teil auch durch Bildung umfangreicher Deltas an ihren Mündungen dem Meer ausgedehnte Räume abgewannen. Dies gilt namentlich von dem Mississippi, dessen zackenförmig in den Golf von Mexiko vorspringendes Delta einen Flächeninhalt von über 3 Mill. Hektar besitzt. Zu den deltabildenden Flüssen gehören in Nordamerika außerdem der Mackenzie River, der Jukon River, Fraser River, Trinity River und Appalachicola sowie der St. Clair River zwischen dem Huronen- und Eriesee.
Gleichzeitig erleiden zahlreiche Stellen der Küsten des Kontinents durch langsame Hebungen und Senkungen allmähliche Veränderungen. Man hat solche Hebungserscheinungen namentlich an den Nordgestaden des Golfs von Mexiko, an der Küste Kaliforniens, Kolumbiens und Alaskas, auf den Alëuten, in Labrador, Neufundland, Neubraunschweig sowie an den Gestaden des Smithsunds im äußersten Norden beobachtet. Einer säkularen Senkung dagegen unterliegt, wie zahlreiche unterseeische Wälder beweisen, die ganze Ostküste der Vereinigten Staaten von Georgia bis Maine.
Vgl. Hahn, Aufsteigen und Sinken der Küsten (Leipz. 1879).
Von der geologischen Entwickelungsgeschichte Südamerikas läßt sich ein auch nur einigermaßen zuverlässiges Bild noch nicht entwerfen. Wir müssen uns an dieser Stelle darauf beschränken, die Hauptverbreitungsgebiete der einzelnen Formationen anzuführen. Kristallinische Gesteine, und zwar Granit, Gneis, Glimmer-, Hornblende- und andre kristallinische Schiefer, haben ihre Hauptverbreitung in dem brasilischen Gebirgsland, welches sie, nur lokal bedeckt von paläozoischen und jüngern Gesteinsschichten, fast vollständig zusammensetzen.
Diese kristallinischen Gesteine Brasiliens sind durch ihre Ausbeute an Gold berühmt, und die sogen. Campos, Lagerstätten goldreicher Alluvionen sowie von Diamanten und vielen andern wertvollen Edelsteinen (Topas, Turmalin, Euklas, Chrysoberyll), liegen nicht wegen Goldarmut, sondern wegen Mangels an Arbeitskräften gegenwärtig fast unbenutzt. Wenig bekannt ist das weite, auch goldreiche Gebiet des Innern von Brasilien, welches sich ebenfalls mit mächtiger Entwickelung des Itakolumits bis Matogrosso ausdehnt.
Groß ist die Ausdehnung dieser kristallinischen Gesteine im Hochland von Guayana, wo der Granit nebst Itakolumit die dürren Savannen bildet, der dioritische Boden sich mit dichtem Urwald bedeckt. Amerika v. Humboldt schätzt das granitene Terrain der Sierra Parime auf nahezu 1,377,000 qkm. Das Küstengebirge von Venezuela und die Sierra de Santa Marta bestehen ebenfalls vorwiegend aus granitenen Gesteinen, die Hauptinseln des Antillenmeers sind isolierte Erhebungen kristallinischer Gesteine über den Meeresspiegel.
An der Westseite des Kontinents begleitet ein fast ununterbrochener Zug kristallinischen Gebirges die Küste Südamerikas vom Kap Horn, wo sich Granit, überragt von altvulkanischen Kegeln, schroff aus dem Meer erhebt, bis fast zur Landenge von Panama, nur in Peru, Ecuador und Neugranada durch einen Streifen von tertiären und sekundären Bildungen vom Meer getrennt. Und wie an der Küste, so tritt dieses Gestein auch innerhalb und am Ostfuß der Kordilleren von Chile und Bolivia auf, und ebenso bildet es in Ecuador und in den Kordilleren von Choco und Quindiu in Neugranada das vorherrschende Gestein (hier gehören ihm die Gold- und Platinalluvionen an), während seine Ausdehnung an der Nordküste des Isthmus von Panama gering ist.
Über die Verbreitung des kristallinischen Gebirges in Mexiko, des Granits, Syenits, Gneises und andrer Schiefergesteine, an die sich in großer Ausdehnung paläozoische Thonschiefer und Kalke anschließen, sind wir noch wenig unterrichtet. In größerer Ausdehnung zu bedeutenden Höhen ansteigend und goldhaltige Erzgänge führend, kennen wir sie unter der Breite von Oajaca, bei Zacatecas u. a. O.; aber erst von Sonora an beginnt das weite Gebiet des Granits und kristallinischen Schiefergebirges, welches sich von da durch Arizona, Utah, Kalifornien und Oregon nach N. fortsetzt. Goldführende Quarzgänge haben das Material zu den goldreichen Alluvionen in Sonora und der Sierra Nevada von Kalifornien gebildet.
Paläozoische Gesteinsschichten nehmen in Mittel- und Südamerika weit geringere Flächen ein. Im brasilischen Gebirgsland bedecken sie am obern Francisco und am Parana die kristallinischen Gesteinsmassen. Silurische Schichten sind durch d'Orbigny auch von den westlichen Gegenden in der bolivischen Provinz Chiquitos bekannt. In den Kordilleren Südamerikas kennen wir dieselben ebenso wie die Karbonformation von Peru an bis nach Mendoza, aber nur aus dem Hochland von Bolivia, wo sie in großer Ausdehnung auftreten, Genaueres über ihre Versteinerungen und Gliederung ^[richtig: Zwischenüberschrift oder Satzteil streichen]. Am Westrand des Hochlandes von Bolivia entdeckte d'Orbigny das Silur mit seinen Versteinerungen, im O. bei Cochabamba und Chuquisaca devonische Ablagerungen.
Über den devonischen Schichten fand er im O. auch Sandsteine und Kalksteine mit den Spiriferen und Produkten des Kohlenkalks gelagert. Ebenso sind solche Bildungen der Kohlenzeit im Innern der Kordilleren von Peru zwischen Lima und Huancavelica aufgefunden worden; dagegen gehören die geringen Steinkohlenflöze des Magdalenenstromgebiets dem Jura oder der Kreide an. Auf den Falklandinseln finden sich Gesteine, welche der Silur- und der Devonformation angehören.
Triasgebilde, bestehend aus Schichten von Dolomit, bunten Thonen und thonigem Sandstein, beobachtete d'Orbigny bei Luguillos und im Thal Miraflor in Bolivia sowie Crosnier an mehreren Punkten in Peru. Das Auftreten der Juraformation in Amerika ist im S. bisher nur auf wenigen Strecken bekannt und namentlich in Chile bemerkt worden. Von großer Wichtigkeit sind für den Aufbau Mittel- und Südamerikas die den genannten Sedimentärformationen vielfach zwischengelagerten Porphyre.
Die Dioritporphyre Mexikos liegen zwischen paläozoischen Schichten, andre quarzführende dürften der triassischen Zeit angehören; in größter Ausdehnung treten aber die nach Philippis Beobachtungen in Chile der jurassischen Periode angehörigen bunten geschichteten Porphyre auf. Vom Meerbusen von Chiloe bis in die Kordilleren von Cauca hat man sie überall, in dem westlichen Teil des Hochgebirges bis zu seinem Rücken ansteigend, ja in Chile sie ganz zusammensetzend, verfolgt.
Die Bänke des festen Gesteins wie die Tuffe sind so innig mit den sedimentären Bildungen verknüpft, daß man sie vielfach als metamorphische Gesteine aufgefaßt hat. In Mexiko unterscheidet man übrigens den ältern erzreichen von dem jüngern erzfreien Porphyr. Neben diesen Porphyren besitzen auch Melaphyre in Südamerika eine weite Verbreitung, so in Guayana, Brasilien und vor allem in der Provinz Rio Grande do Sul und in Uruguay sowie in Patagonien und Feuerland, wo sie in merkwürdiger Verbindung mit dem ältern Kreidegebirge sich finden und dessen Schieferthone in Thonschiefer umgewandelt haben. Überall verbinden sie sich mit Mandelsteinen und sind an vielen Orten reich
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an Mineralien. Die Kreideformation zieht sich zunächst in einem breiten Streifen, begleitet von tertiären und modernen Ablagerungen, aus Texas südwärts weit nach Mexiko hinein. In Südamerika ist sie aus Venezuela und längs der Kordilleren an zahlreichen Stellen von den Gestaden des Karibischen Meers bis zur Magelhaensstraße bekannt. Namentlich sind hier Versteinerungen des Neokoms von allen Besuchern der Andes gefunden worden. Eine außerordentliche Verbreitung besitzen sodann die marinen Bildungen des mittlern und spätern Tertiärs.
Sie nehmen eine beinahe zusammenhängende Fläche zwischen den Andes und Guayana und dem brasilischen Gebirge vom Karibischen Meerbusen bis zur Magelhaensstraße ein. In den Llanos von Venezuela und im Gebiet des Amazonenstroms sind es meist Sandsteine, Mergelschiefer und Schieferthone, welche nach den von Karsten darin gefundenen Versteinerungen der jüngern Tertiärperiode angehören und an vielen Punkten nicht nur im nördlichen Gebiet von Venezuela, sondern auch am Amazonenstrom bei der Mündung des Iça, bei Tabatinga, Loreto und Pebas Braunkohlenflöze enthalten.
Nach Sellow finden sich solche auch bei Portalegre. Im N. erfüllen die tertiären Ablagerungen die tief zwischen die divergierenden Andesketten Neugranadas ins Innere dringenden Buchten. Auch längs der Westküste kennen wir durch Darwin gleichartige Bildungen vom Chonosarchipel, von Chiloe, Coquimbo bis Payta in Peru sowie von den Galapagos. Die südchilenische tertiäre Sandsteinformation ist reich an den trefflichsten steinkohlenähnlichen Braunkohlen und dürfte wohl mit der Zeit für die industrielle Entwickelung des Landes von Wichtigkeit werden.
Weite Verbreitung besitzen endlich die jüngsten Meereskalksteine mit den Resten der dort lebenden Meeresfauna in Westindien, wo der berühmte Kalkstein von Guadeloupe mit seinen fossilen Menschenskeletten in diese jüngste Erdperiode gehört. In zahlreichen Linien sieht man die neuesten Muschelablagerungen längs der Küste Surinams, vor allem aber auf der ganzen Küste Chiles und Perus, die jüngern hier mit den Scherben und Töpfergeschirren der Indianer vermischt.
Mächtige Schuttalluvionen teils von Rollsteinen, teils von eckigen, scharfen Gesteinsstücken, wie in der Wüste Atacama, Sandablagerungen, viele der goldführenden Alluvionen reichen in ihrer Bildungszeit bis zur Gegenwart. Mächtig wirkt die Pflanzenwelt an der Vermehrung des Bodens mit Torfablagerungen von immenser Ausdehnung bilden sich im S., auf dem Festland wie auf den Inseln (Falklandinseln); selbst die Vögel haben teil an der Bodenbildung Südamerikas durch die Guanoablagerung auf einigen Inseln der peruanischen Küste.
In großartigster Weise hat sich endlich die vulkanische Thätigkeit an der Herausbildung des Reliefs Mittel- und Südamerikas beteiligt, indem fast sämtliche Hauptgipfel der Kordilleren vulkanischen Ursprungs sind, derart, daß Amerika v. Humboldt beinahe als Regel aufstellt, daß dort, wo die Kordilleren über die Schneegrenze reichen, vulkanische Gebilde gewiß zu finden sind. Diese tertiären und neuern vulkanischen Bildungen gehören nur dem Westen des Kontinents an. Basalte nehmen von Patagonien an wesentlich teil an der Zusammensetzung der Kordilleren, noch mehr die Trachyte; auch die Laven der ausgebrannten oder noch thätigen Vulkane sind entweder basaltischer oder trachytischer Natur, so daß Trachytdome, Lavaströme, Schlacken und Aschenablagerungen eine weite, wenn auch ungleiche Verbreitung in den Kordilleren Südamerikas besitzen. An dem Boden Mittelamerikas nehmen sie den größten Anteil.
Mit wenigen Ausnahmen sind die Hochgipfel Amerikas Trachytdome, wie der Chimborazo, oder Kegel ausgebrannter oder noch thätiger Vulkane. In Amerika hat man auch die neuesten größern Vulkane in historischer Zeit entstehen sehen, den Jorullo in Mexiko (1759) und den Isalco in San Salvador (1798), die sich durch ihre Auswürflinge seitdem zu einer Höhe von 1270 und 1220 m erhoben haben. Mächtig sind die zerstörenden Wirkungen der vulkanischen Ausbrüche mit ihren Lavaergüssen und ihrem Aschenfall, ja in Ecuador mit Schlammausbrüchen, welche das Land mit dem Verwesungsgeruch verfaulender Fische, die sie mit sich führten, erfüllten.
Mit der gebirgsbildenden und der vulkanischen Thätigkeit stehen die gewaltigen Erdbeben in Verbindung, welche die westlichen Teile des Kontinents so häufig unter furchtbarsten Zerstörungen heimsuchen und gleichzeitig verderbliche Seebeben im Pazifischen Ozean erzeugen. Infolge des Erdbebens von Iquique brach das Meer achtmal in die Stadt ein und erreichte eine Höhe von mehr als 6 m über den gewöhnlichen Stand. Das Erdbeben vom erzeugte an der Küste von Peru eine Erdbebenflut, welche sich vom 13. bis 16. Aug. mit einer Geschwindigkeit von 200-400 Seemeilen über den ganzen Pazifischen Ozean verbreitete.
In Verbindung mit solchen Erdbeben haben sich nicht selten an den Küsten Südamerikas plötzliche Hebungen und Senkungen des Landes zu erkennen gegeben. Überhaupt ist dieser Kontinent, ähnlich wie Skandinavien, ein klassischer Boden für das Studium derartiger Niveauveränderungen, seitdem zuerst durch Pöppig (1826-29) und Ch. Darwin (1832 f.) in klarer und anschaulicher Weise diese Erscheinungen der wissenschaftlichen Welt bekannt gemacht wurden. Lange Strecken der Küsten haben, wie dies rezente Muschelbänke, alte Strandlinien, Terrassen, trocken gelegte alte Meeresbuchten beweisen, in neuerer Zeit Hebungen zum Teil beträchtlichster Art erlitten, so namentlich am Isthmus von Panama, am Mündungsgebiet des Magdalenenstroms, an den Lagunen von Santa Marta, am See von Maracaybo, am Delta des Orinoko, an der brasilischen Küste vom Kap San Roque bis zum La Plata, endlich an der Ostküste Patagoniens bis zur Magelhaensstraße.
Auf der Westseite beginnen die Hebungserscheinungen in dem südlichen Chile und erstrecken sich nach N. bis Callao und Lima, kehren endlich noch einmal am Golf von Guayaquil wieder. Ihre bedeutendste Höhe erreichen unter anderm die Ablagerungen rezenter Muscheln bei Concepcion (188-305 m), namentlich aber bei Valparaiso, wo sie in einer Höhe von 396 m aufgefunden worden sind. Weit seltener sind Senkungen an den Küsten des Kontinents beobachtet, so an der Westküste des Chonosarchipels, bei Callao, unmittelbar angrenzend an das dortige Hebungsgebiet, ferner am La Plata und an der Mündung des Amazonas. Jedoch kann aus den Erscheinungen an den letztgenannten Punkten ein endgültiger Schluß auf wirklich stattfindende Senkung des Litorale noch kaum gezogen werden.
Nutzbare Mineralien.
Der Reichtum Amerikas an edlen Metallen, an Eisen, Kupfer und andern Erzeugnissen des Mineralreichs ist sehr groß. Die Andes Chiles, Perus, Bolivias, Zentralamerikas, Mexikos, die Gebirge Brasiliens, Kaliforniens, Nevadas und der östlichen Staaten der nordamerikanischen Union bergen jene unerschöpflichen Ablagerungen von Gold- und Silbererzen, welche seit der Entdeckung des Weltteils
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eine Totalrevolution im relativen Werte des Geldes, in der Industrie und dem Handel der zivilisierten Völker der Alten Welt hervorgebracht haben. Nach Soetbeers Berechnung lieferte von der gesamten Edelmetallproduktion der Welt (außer China und Japan) von 1493 bis 1875 im Betrag von 9,453,345 kg Gold und 180,511,485 kg Silber Amerika allein 5,263,840 kg Gold und 153,025,500 kg Silber im Gesamtwert von 42,230,8 Mill. Mk. und 1876-82: 487,688 kg Gold im Wert von 1340,7 Mill. Mk. und 14,360,987 kg Silber im Wert von 2584,9 Mill. Mk., so daß sich Amerikas Gesamtproduktion auf 5,751,528 kg Gold und 167,386,487 kg Silber im Gesamtwert von 46,156,4 Mill. Mk. veranschlagen läßt.
Die Hauptproduktionsländer des Goldes sind dem Rang nach: die Vereinigten Staaten von Nordamerika, Neugranada, Brasilien, Bolivia, Mexiko, Chile, Peru;
des Silbers: Peru, die Vereinigten Staaten, Mexiko, Bolivia, Chile.
Gold kommt in den goldreichsten Gegenden, wie Brasilien und Kalifornien, ursprünglich auf Quarzgängen des kristallinischen Schiefergebirges vor, aus deren Zerstörung die goldreichen Konglomerate und Alluvionen hervorgegangen sind; in den atlantischen Staaten Nordamerikas, vor allen in Neuschottland, Virginia, den beiden Carolinas und Georgia, verteilt in der Masse oder auf den Schichtflächen der dortigen Talk-, Quarzit-, Chlorit- und Glimmerschiefer und Itakolumite.
Die Silbererze treten in Gängen, besonders innerhalb des Übergangsgebirges, seiner Thonschiefer, Grauwacken, Kalksteine und des Dioritporphyrs, auf, so in Nevada und New Mexico, ferner zu Guanajuato, wo die Veta Madre wohl einer der mächtigsten Silbererzgänge der Welt ist, zu Zacatecas, Catorce, und wie in Mexiko, so gehören sie auch im silberreichen Bolivia und Peru, wo die berühmten Minen von Pasco im Kalkstein betrieben werden, dem Übergangsgebirge an, in Chile zu Arqueros dem erzführenden Porphyr.
Auch führen vorzüglich die Erzgänge des Dioritporphyrs nicht selten Gold. Platinerze kommen zwar in einigen Alluvionen von Villarica und mit den Diamanten in Matogrosso, Brasilien und auch auf Haïti vor; aber nur die Gold, Edelsteine und Magneteisen führenden Alluvionen von Neugranada, zu Choco und Antioquia, werden ausgebeutet, und bei Antioquia hat man sie selbst noch in Begleitung von gediegenem Gold auf Gängen im Diorit gefunden. Das Kupfer hat eine weite Verbreitung und kommt auf noch mannigfaltigern Lagerstätten vor: auf Gängen im Granit Grönlands und Mexikos, in dem Übergangsgebirge Mexikos, in dioritischen Gesteinen Mexikos und Chiles, im Kupfersandstein Chiles, in größter Mächtigkeit aber im Trapp am Obern See, wo mit dem Kupfer auch gediegenes Silber sich findet.
Große Blöcke gediegenen Kupfers finden sich über den Norden Amerikas bis zum Kupferminenfluß zerstreut; in Kanada liegt im Bette des Ontanagon ein Block von 6-8000 Pfd. Dem Kupferdistrikt am Obern See unmittelbar benachbart, breitet sich südwärts der Eisendistrikt mit Magneteisenlagern im kristallinischen Schiefergebirge aus. Ebenso finden wir in andern Gebieten kristallinischer Gebirge Eisenerze in großer Menge, auch das Steinkohlengebirge ist daran reich.
Die reichsten Zinngruben sind in Peru, reiche, aber wenig benutzte auch in Neugranada und Mexiko. Antimon und Zink kommen in Peru, Chile, Mexiko, Brasilien vor, werden aber noch wenig gewonnen. Bleiglanz in Verbindung mit Galmei bildet die reichen Erze im silurischen Galenakalkstein von Illinois und Wisconsin; Quecksilber wird in den Gruben von Neualmaden in Oberkalifornien, von Zimapan in Mexiko und von Huancavelica in Peru gewonnen. Außer den Edelsteinalluvionen Brasiliens sind die reichen Smaragdgruben in dem Übergangsgebirge der Quindiukette zu erwähnen, die schönen Feueropale von Zimapan etc. Des Steinkohlen- und Salzreichtums, des Guanos, des Erdöls, das sich auch in dem merkwürdigen Asphaltsee auf Trinidad findet, wurde schon oben gedacht.
Mit den Asphaltlagern, wie sie mächtig in der untern Kreide der Quindiukette auftreten, und mit den Steinsalzlagern Neugranadas dürften die sehr uneigentlich Schlammvulkane genannten Salzseen von Turbaco und Zamba südlich von Cartagena, kalte Quellen des Sumpfgases, in Verbindung stehen. Große, aber noch wenig ausgebeutete Vorräte von Schwefel sind in den Kordilleren und in Westindien in der Nähe der Vulkane entdeckt worden. Eine besondere Erwähnung verdient noch der Kryolith von Grönland, der eine eigne Industrie, zuerst in Europa, dann ausschließlich in Nordamerika, hervorgerufen hat und kaum noch an andern Orten vorkommt, sowie das massenhafte Auftreten von Borax in Kalifornien und von Boronatrochalcit ^[richtig: Boronatrocalcit] in den Chilisalpeterlagern Südamerikas.
Lager von natürlichem Alaun und von Natronsalpeter finden sich in Chile (von wo er als Ballast nach Europa verschifft wird) und in den Vereinigten Staaten (Kentucky, Tennessee, Virginia);
Brom (erst neuerlich entdeckt) in großer Menge in Nevada, Ohio und Pennsylvanien;
Glaubersalz und Natron auf den Salzseen an den patagonischen Küsten;
Steinsalz am La Plata, in Brasilien, in den Vereinigten Staaten (New York, Massachusetts, Kentucky, Illinois, Missouri etc.), in Zentralamerika, auf der Mosquitoküste, in Neugranada, Mexiko, Bolivia, Kanada, auf den Bahamainseln und im übrigen Westindien.
Salzquellen sind in verschiedenen Formationen an unzähligen Orten zu finden.
Klima.
Der tiefgreifende Einfluß, welchen die Verteilung von Wasser und Land, die Gestaltung und Gliederung der Festländer auf die klimatischen Verhältnisse der letztern ausüben, tritt auf dem amerikanischen Kontinent in dem Gegensatz zwischen dessen Süd- und Nordhälfte äußerst scharf hervor. Südamerika hat unter allen Kontinenten die gleichmäßigsten Temperaturverhältnisse. Es verdankt dies seiner geographischen Lage, der Abwesenheit allseitiger Gebirgsbarrieren sowie dem Umstand, daß sich der Kontinent polwärts immer mehr verschmälert und dadurch dem ausgleichenden, die Extreme mildernden Einfluß des Meers unter Breiten sich öffnet, wo die Temperaturdifferenzen auf kompaktern Festländern schon bedeutend werden.
Gerade umgekehrt verbreitert sich Nordamerika rasch gegen den Pol hin und leidet deshalb auf weite Strecken unter der Exzessivität, dem schroffen Gegensatz von heißen Sommern und kalten Wintern, wie solche das Kontinental- oder Landklima charakterisieren. Der östlichen Erdfeste gegenüber erscheint namentlich Nordamerika ungünstiger gestellt, indem die Verschmälerung des Landes in den warmen Regionen und wiederum die massige Ausbreitung in den kalten Regionen eine Verminderung der allgemeinen Wärme bedingen. Während Nordamerika sich mit sibirischer Breite um den Polarkreis lagert, entbehrt es an seinem Südrand der wärmesammelnden afrikanischen, arabischen, indischen Landmassen, welche in der Alten Welt die Wirkung der großen nördlichen Erstreckung und Ausbreitung ausgleichen. Bei Vergleichen zwischen den
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Temperaturverhältnissen Amerikas mit Europa-Asien pflegt man meist die einander gegenüberliegenden Küsten heranzuziehen und die geringere Wärme der Ostküste Nordamerikas gegenüber der Westküste Europas, das Zurückstehen z. B. der Temperatur von St. John's um 7,3° C. gegen das um mehr als einen Breitengrad nördlicher gelegene Paris hervorzuheben. Richtiger aber als die einander gegenüberliegenden und unter durchaus verschiedenen Einflüssen stehenden Gebiete vergleicht man die einander entsprechenden Teile der beiden Erdfesten.
Dann zeigen sich europäische Anklänge auf der West- und ostasiatische auf der Ostküste Nordamerikas. Es ergibt sich, daß auf beiden Kontinentalräumen die Wärme am geringsten im Innern derselben ist, daß sie gegen die Küsten und zwar weit rascher gegen die West- als gegen die Ostküsten zunimmt, daß ferner Nordwestamerika immer noch kühler ist als Nordwesteuropa, Nordostasien wärmer als Nordostamerika, daß endlich die Wärmeabnahme gegen N. in Nordamerika eine bedeutend raschere ist als in Europa-Asien. In ähnlicher Weise zeigt die Westküste Südafrikas ebenso klimatische Homologien mit der Westküste Südamerikas, wie sie die entsprechenden Ostküsten zeigen. Die Ursachen dieser Erscheinung liegen in dem ungleichen Charakter der Meeresströmungen, welche die betreffenden Küsten bespülen, in der Konfiguration der Festlandsräume, in erster Linie aber in den Einwirkungen der atmosphärischen Strömungen, welche jene Gebiete beherrschen.
Durch sämtliche Klimazonen unsers Planeten, mit Ausschluß allein der südlichen kalten Zone, sich hindurch erstreckend, zerfällt in eine Anzahl natürlicher klimatischer Provinzen. Von ihnen gehören vier der Nordhälfte des Kontinents an. Die Provinz des Polarklimas umfaßt Grönland, den Arktischen Archipel, Labrador, die Hudsonsbailänder und Alaska. Nach S. reicht diese Provinz bis zu der Jahresisotherme von 0°, die infolge des Einflusses, welchen das den größten Teil des Jahrs unter einer Eisdecke starrende Polarmeer, die warmen Strömungen der West-, die kalten der Ostküste ausüben, im W. unter 60° nördl. Br. verläuft, sich aber gegen O. bis unter 50° nördl. Br. herabsenkt.
Kalte Winter und kalte Sommer und demzufolge äußerst niedrige Jahrestemperaturen charakterisieren dieses Polarklima. Nur im W., in Alaska und am obern Mackenzie, macht sich der Einfluß des Kontinentalklimas geltend; die Sommer sind wärmer, und dem entsprechend reicht die polare Waldgrenze hier über den Polarkreis hinaus, während sie in den Hudsonsbailändern unter den 60. Parallelkreis hinabgeht. Nördliche Winde herrschen fast über dem ganzen Gebiet vor.
Über die Menge und Verteilung der Niederschläge ist wenig bekannt. In dem gemäßigten Teil Nordamerikas, welcher von der Isotherme von 0° bis zu der von 20° reicht und den Hauptstamm des Kontinents umfaßt, lassen sich drei Längszonen unterscheiden. Der ersten, östlichen, gehört das Gebiet von der atlantischen Küste bis etwa 100° westl. L. v. Gr. an. Die Wärme nimmt von N. her rasch zu. An der Küste wechseln strenge kontinentale Winter mit kühlen ozeanischen Sommern, im Innern werden die Sommer heißer.
Schroffe Wechsel der Temperaturen stellen sich ein, wobei namentlich die rauhen Nordwinde (nortes) bis zum Golf von Mexiko, ja bis Havana und Veracruz strengen Frost und Trockenheit bringen. Die Winde treten mit deutlicher Periodizität, monsunartig auf. An der Küste wechseln winterliche Nordwest- mit sommerlichen Südwestwinden, jenseit des Mississippi Nordwest- u. Nordwinde (im Winter) mit Südostwinden (im Sommer). Die Niederschläge nehmen in den atlantischen Staaten von N. nach S. zu, sie sind am bedeutendsten am Golf von Mexiko und verringern sich von da nach N. gegen das Ohiothal langsam, schnell dagegen in westlicher Richtung vom Mississippi.
Fast das ganze Gebiet gehört der Waldregion an, nur jenseit des Mississippi beginnt mit der Verminderung der Niederschläge bald das Präriegebiet. In der zweiten Zone gewinnt der Steppencharakter gegen die Abhänge der Rocky Mountains immer mehr die Oberhand, bis sich schließlich in den Hochbecken des Westens echte Wüsten einstellen. Die Temperaturen werden immer exzessiver als im O., die Niederschläge verringern sich mehr und mehr, da die Ketten der Sierra Nevada und der Rocky Mountains der über sie gleitenden Luft die Feuchtigkeit mehr oder weniger vollständig entziehen.
Die dritte Zone umfaßt das pazifische Küstengebiet von Alaska bis gegen 30° nördl. Br. nach S. Das Klima hat vielfache Ähnlichkeit mit demjenigen Westeuropas. Die kühle Meeresströmung, welche der Küste Oberkaliforniens entlang verläuft, verzögert die sommerliche Wärme, so daß das Wärmemaximum erst im September eintritt. Die Niederschläge sind im N. außerordentlich bedeutend, und zwar fallen sie vorwiegend auf den Herbst. Von 40° nördl. Br. an herrschen subtropische Winterregen bei trocknen Sommern vor. Letzterer Umstand sowie die geringen Temperaturschwankungen begünstigen den kalifornischen Weinbau.
In Mexiko, dem tropischen Mittelamerika und in Westindien folgen in vertikaler Richtung einander alle klimatischen Regionen bis zu der des ewigen Schnees. Die Regenzeiten stellen sich mit dem höchsten Sonnenstand ein, doch erhalten die östlichen Gehänge durch passatische Steigungsregen das ganze Jahr hindurch reiche Niederschläge; sie sind deshalb von oft undurchdringlichen Wäldern bedeckt, während die Westgehänge durch Abwechselung von Wald und Savannen einen parkähnlichen Charakter besitzen. In Südamerika bilden die Andes eine scharf markierte klimatische Scheide. Im O. derselben erstreckt sich das Tropengebiet bis gegen das nördliche Argentinien.
In der Wärmeverteilung zeigen sich nur geringfügige Schwankungen. Die Regenzeiten fallen mit den Zenithalständen der Sonne zusammen. Ausgedehnte, den passatischen Anwehungen offenliegende Gebiete erhalten aber auch außerhalb der eigentlichen Regenzeit reichliche Niederschläge. Dies gilt namentlich von dem weiten Becken des Amazonas, das dadurch zur Urwaldregion par excellence (»Hyläa«) wird. Nördlich und südlich vom Amazonasthal hemmen die Gebirge Brasiliens und Guayanas den Lauf der Passate, die deshalb als trockne Winde die Hinterlande jener Gebirge bestreichen und den Savannen- und Steppencharakter dieser Gebiete zur Folge haben.
Das südlichste Brasilien, Argentinien und Patagonien fallen in das Gebiet der gemäßigten Zone. Der Südostpassat beherrscht diese durch heftige Luftbewegungen ausgezeichneten Landstriche, unterbrochen zeitweise nur von dem gefürchteten, stürmisch auftretenden Pampero, einem kalten Südwestwind, oder dem Sondo, einem heißen, aus den überhitzten Steppen des Innern herwehenden Nordwind. Das pazifische Litorale Südamerikas zergliedert sich in vier klimatische Provinzen. Im N. bis gegen 4° südl. Br., bis zum Golf von Guayaquil hin, nimmt es in seinem klimatischen Verhalten teil an dem Tropengebiet Mittel- und Südamerikas. Von der genannten Breite aber gegen S. bis etwa unter 30° südl. Br. dehnt sich ein regenarmes, in der Atacama sogar fast regenloses