(FormicidaeLatr.), Insektenfamilie aus der
Ordnung der
Hautflügler,
[* 2] gesellig lebende
Tiere, von welchen außer
geflügelten Männchen und Weibchen noch ungeflügelte
Arbeiter (verkümmerte Weibchen) zuweilen selbst in doppelter Form
vorkommen. Der
Kopf ist groß, fast dreieckig, deutlich von der
Brust geschieden;
die
Augen sind klein und
rund, bei den Arbeitern bisweilen verkümmert, bei Männchen und Weibchen stehen
oben auf dem
Kopf drei Nebenaugen;
die
Fühler
sind geknickt und geißelförmig, der Oberkiefer ist meist sehr stark, der
Unterkiefer schwach, die
Taster sind fadenförmig;
der
Thorax ist von der Seite her zusammengedrückt und durch einen dünnen, mit einem einfachen oder
doppelten Schüppchen oder
Knötchen versehenen Stiel mit dem
Hinterleib verbunden;
letzterer ist ziemlich eiförmig.
Die Ameisen leben
gesellig in größern und kleinern
Kolonien, die stets aus Männchen, Weibchen und Arbeitsameisen bestehen.
Letztere sind immer
ungeflügelt, die Männchen ihre ganze Lebenszeit, die Weibchen zur Zeit der
Begattung geflügelt. Die
Flügel, besonders die Vorderflügel, sind sehr groß, wenig geädert, fallen leicht ab und werden von den Weibchen nach
der Paarungszeit abgeworfen. Die Männchen sind kleiner als die Weibchen, haben einen kleinern
Kopf, aber größere
Augen.
Bei Männchen und Weibchen ist das Schildchen hinter dem Mittelrücken (Mesothorax) fast dreiseitig,
gewölbt, bei den Arbeitsameisen schmal streifenförmig; auch ist bei jenen der Vorderrücken (Prothorax) sehr klein, oft
zwischen
Kopf und Mesothorax versteckt, beiden Arbeitsameisen dagegen
ist er groß und nimmt
oben einen beträchtlichen Teil
des
Thorax ein. Die Arbeitsameisen haben keine oder selten kaum bemerkbare Nebenaugen und einen größern
Kopf. Arbeitsameisen und Weibchen sind mit einem im
Hinterleib verborgenen vorstreckbaren
Stachel oder statt dessen mit einer
Drüse versehen, aus der
Ameisensäure abgesondert wird, die sie, den
Hinterleib etwas aufwärts richtend, auf eine ziemliche
Entfernung dem Feind entgegenspritzen.
Dieselbe
Feuchtigkeit fließt auch in die kleine Stichwunde, welche der
Stachel macht, und verursacht
Jucken.
An heißen
Tagen im Spätsommer, besonders im
August, zeigt sich oft auf Ameisenhaufen eine außergewöhnliche Regsamkeit,
und die zahlreich vorhandenen geflügelten Männchen und Weibchen erheben sich gegen Sonnenuntergang scharenweise in die
Luft und schweben, einer Rauchwolke gleich, um die
Spitzen derBäume und Gebäude. Bei diesen Ausflügen
geht die
Begattung vor sich.
Die kleinen Männchen sterben sogleich nach der
Begattung, die Weibchen aber fallen zu
Boden und werden von den umherlaufenden
Arbeitsameisen eingefangen, ihrer
Flügel beraubt und in die
Kolonie zurückgebracht, die sie nun nicht mehr verlassen dürfen.
Viele Weibchen, die nicht eingefangen werden und sich auch nicht zur
Kolonie zurückfinden, suchen einen
geeigneten Platz zur Begründung einer neuen
Kolonie in der
Erde, in hohlen
Bäumen oder unter
Steinen. Ein solches einzelnes
befruchtetes Weibchen knickt sich selbst die
Flügel ab oder verliert dieselben beim
Graben eines
Loches und legt imLauf desSommers mehrere
TausendEier.
[* 3] Ob aber die
Gründung einer neuen
Kolonie durch ein einzelnes befruchtetes Weibchen in der That
stattfindet, ist noch nicht sichergestellt, nie findet man eine vereinzelte Ameisenmutter mit
Puppen; auch ist es nicht gelungen,
von einem befruchteten Weibchen in der Gefangenschaft
Arbeiter zu erzielen. Die Entstehung neuer
Nester
bleibt daher noch zu erklären, nur bei einigen
Arten, wie bei
Myrmica ruginodis, wurde die
oben¶
mehr
angegebene Art nachgewiesen. Aus den kleinen, länglichrunden, weißen Eiern schlüpfen nach einigen Tagen kleine, fußlose,
weiße Larven mit hornigen Kiefern, welche von den alten Ameisen gefüttert werden müssen. Anfangs werden nur Eier gelegt, woraus
Arbeitsameisen hervorkommen. Die kleine Made wächst bei reichlicher Nahrung sehr schnell und fertigt nach 14 Tagen ein
längliches, schmutzig weißes oder bräunliches Gespinst, in welchem sie zur gemeißelten Puppe wird (Ameiseneier); andre
Arten spinnen niemals.
Nach 14 Tagen bis 4 Wochen zerbeißen die alten Ameisen die Puppe, und die junge, sehr weiche und zarte Ameise, welche noch einige
Tage gefüttert werden muß, kriecht hervor. Sie erhält bald die gehörige Farbe und Härte und verrichtet
nun alle ihr zukommenden Geschäfte. Bis dahin mußte das vereinzelte Weibchen diese alle selbst verrichten; hat es sich aber
mit Arbeiterinnen umgeben, so legt es nur noch Eier und läßt sich von seinen Nachkommen füttern. Die nach der Begattung
von den Arbeiterinnen eingefangenen und ins Nest zurückgebrachten Weibchen haben insofern ein besseres
Los, als die im Haufen befindlichen Arbeitsameisen die Eier, Maden und Puppen von Anfang an aufs sorgfältigste pflegen.
Die Zahl der Arbeitsameisen vermehrt sich infolge des den ganzen Sommer hindurch fortgesetzten Eierlegens sehr stark, und
erst im Spätsommer werden Eier gelegt, aus welchen geflügelte Männchen und Weibchen entstehen. Alle
zur Bildung der Kolonie nötigen Arbeiten liegen den Geschlechtslosen ob. Sie öffnen am Morgen die verrammelten Zugänge und
schweifen dann entweder, um Nahrung zu suchen, umher, oder tragen Larven und Puppen, um sie derWärme
[* 5] der Sonnenstrahlen auszusetzen
oder vor eindringendem Regen zu schützen, an höhere und tiefere Stellen des Nestes.
Viele Arbeiterinnen sind mit dem weitern Ausbau des Nestes beschäftigt oder stehen auf Wache, bereit, jeden Angriff auf die
Kolonie mit Aufopferung des eignen Lebens abzuwehren. Die auf Nahrung ausgezogenen Ameisen kehren mit gefülltem Vormagen zurück,
um Larven und Weibchen zu füttern, wobei sie ihnen ein Tröpfchen des im Vormagen bereiteten Zuckersaftes
in den Mund spritzen. Auch putzen und reinigen die Arbeiterinnen die Weibchen und Larven und schaffen die Puppenhülsen hinweg.
Gegen Abend werden Larven und Puppen von ihnen tiefer ins Innere des Nestes gebracht und die Zugänge verrammelt. Wo
zwei Formen von Arbeitern vorhanden sind, tritt eine gewisse Arbeitsteilung ein, indem die großköpfigen, die sogen. Soldaten,
bei den Streifzügen die Ordner und Führer bilden und die Beute zerschroten, um sie für die kleinern Genossen mundrecht zu
machen. Dieses geschäftige Treiben im Nest währt von den ersten Frühlingstagen bis tief in den Herbst
hinein. Um diese Zeit ist die junge Brut ausgeschlüpft, und die Männchen sind tot, so daß das Nest nur Weibchen und Arbeiterinnen
enthält.
Bei Beginn des Winterfrostes ziehen sich alle in den tiefsten Teil des Nestes zurück und fallen hier in Erstarrung. Die meisten
erwachen nicht wieder, viele aber, namentlich die befruchteten Weibchen, überleben den Winter, um im
Frühling das geschäftige Treiben von neuem zu beginnen. Die Glieder
[* 6] eines und desselben Haufens erkennen einander beim Begegnen
auf der Straße oder während des Kampfes zweier Haufen, selbst nach monatelanger Trennung;
sie begrüßen, betasten und streicheln
einander;
sie verständigen sich miteinander über Verrichtungen, welche für eine einzelne zu schwer
sind;
sie gehen einander mit Rat und That an die Hand,
[* 7] reißen wohl auch
nach vorhergegangener Beratung einen angefangenen
Bau wieder ein oder ändern ihn um etc.
Einige Ameisenarten leben in Baumstämmen, in welchen sie Gänge und Hohlräume erzeugen, indem sie die
festern Jahresringe meist als Wandungen stehen lassen. Gewisse kleine Arten minieren in der dicken Borke alter Bäume wenige flache,
unter sich verbundene Kammern. Lasius fuliginosus baut in hohlen BäumenNester aus Holzspänchen, welche mit dem Absonderungsprodukt
gewisser Drüsen zusammengeknetet werden, und die Comehens auf Puerto Rico bauen vielleicht aus ähnlichem
Material große, bienenkorbähnliche Nester zwischen Baumästen und überwölben auch ihre Straßen.
Die meisten Ameisen graben und mauern Erdnester oft unter einem schützenden Stein oder bilden zusammengesetzte Nester in großen,
aus kleinen Holzstückchen zusammengetragenen Haufen. Je größer die Gesellschaft, um so komplizierter ist das Nest, und bisweilen
stehen zahlreiche Nester derselben Art auf einer größern Bodenfläche untereinander in Verbindung, während
anderseits auch unter einem und demselben Stein zwei Arten in dicht benachbarten, aber voneinander getrennten Nestern hausen
können.
Das Bauen und Erhalten der Nester fällt den Arbeitern zu. Während ein Teil der Ameisen mit Graben beschäftigt ist, befördert
der andre die abgelöste Erde heraus. In festem, zusammenhängendem Boden gleicht ein solcher Bau öfters
einem Badeschwamm; die Kammern und Gänge sind nur durch dünne Zwischenwände getrennt, wogegen in lockerm, sandigem Boden letztere
weit dicker hergestellt werden. Von der gemeinsamen Behausung aus führen sie oft durch Abbeißen des GrasesStraßen nach
verschiedenen Richtungen hin, auf denen sich gehende und kommende fort und fort ausweichen; erstere sind gewöhnlich hungrig,
und treffen sie nun auf letztere, die mit eingenommener Nahrung zurückkehren, so halten sie dieselben an und lassen sich
füttern. Eine fremde Ameise, die sich auf eine solche Straße wagt, wird angefallen und erwürgt, während
außerhalb der Straßen fremde Ameisen einander ausweichen.
Ist die Bevölkerung
[* 8] in einem Bau zu groß geworden, so werden neue Kolonien angelegt, deren ein starker Haufe in einem Sommer
drei aussenden kann. Gewöhnlich siedelt sich die Kolonie in der Nähe des Mutterbaus an. Die ersten derartigen Auszüge beginnen
im Juli. Man sieht dann ganze Züge aus dem Mutterhaufen hervorkommen, die aus jungen, an der hellen Farbe
kenntlichen Ameisen bestehen. Voran ziehen die Weibchen. Bisweilen wandert auch eine ganze Gesellschaft aus, um eine neue Wohnung
zu bauen.
Die Ameisen bekunden unter allen Insekten
[* 9] die größte geistige Begabung und stehen in dieser Hinsicht dem
Menschen näher als irgend ein andres Tier. Es gibt Arten, wie Formica fusca, welche noch vollständig den untersten Menschenrassen,
[* 10] den Jagdvölkern entsprechen, in verhältnismäßig wenig zahlreichen Herden leben und nicht leicht gemeinsame Operationen
ausführen. Andre zeigen in ihrer Architektur mehr Kunst, domestizieren Blattläuse und sind den Hirtenvölkern
vergleichbar; ihre Gesellschaften sind zahlreicher, und sie jagen mehr gemeinsam. Endlich gibt es erntende Ameisen, welche den entwickeltsten
Typus darstellen und den ackerbautreibenden Völkern vergleichbar sind. Die Charakterzüge der verschiedenen Arten differieren
sehr stark: manche sind furchtsam, von geringer Initiative, andre sehr kühn, kriegerisch, grausam;
einige Arten verteidigen
sich mutig, andre stellen sich tot, rollen sich zusammen etc.;
manche Ameisen
¶
mehr
halten Sklaven und zwar Individuen einer andern Ameisenart. Die rote Ameise, welche ihre Brut nicht selbst zu versorgen vermag,
zieht in regelmäßigen Kriegsmärschen aus, um sich aus der Behausung der schwarzgrauen Ameise (Formica fusca und F. cunicularia)
durch stürmischen Angriff und harten KampfLarven und Puppen zu erbeuten. Durch die bereits im Bau befindlichen
Sklaven wird dann diese erbeutete Brut wie die einheimische der Herren ernährt und großgezogen.
Aber die Sklavenameisen tragen und nähren auch ihre rötlichen Herren, welche wegen Unvollkommenheit ihrer Freßwerkzeuge
sonst verhungern müßten. Bei manchen Arten fehlen die Arbeiter, und Männchen und Weibchen leben mit den Arbeitern
einer andern Art in demselben Bau. Auch F. sanguinea geht auf solchen Sklavenraub aus, doch arbeiten deren Arbeiter gleich
ihren Sklaven. Hiervon zu unterscheiden sind die Fälle, in welchen gewisse Arten in ihren drei Formen in den Nestern einer andern
Art leben.
Diese sogen. Gastameisen dürften oft nicht im stande sein, in selbständigen
Kolonien zu existieren. Die kleine Stenamma Westwoodii lebt ausschließlich in den Nestern von Formica rufa und benimmt sich
gegen diese ganz so wie etwa Hunde
[* 12] oder Katzen
[* 13] gegen die Menschen. Die kleine Solenopsis fugax dagegen, welche kleine Galerien
in den Mauern der Ameisenhaufen größerer Arten aushöhlt, raubt letztern die Larven, um sie zu fressen.
Öfters geraten Haufen von verschiedenen Arten, ja selbst nahegelegene von derselben Art untereinander in heftige Kriege, welche
jeden Morgen erneuert werden, und wobei viele unterliegen, bis entweder ein abkühlender Regen oder das Auswandern des einen
Haufens der Fehde ein Ende macht. Vorräte schleppen die in die gemeinsame Wohnung nur wenig und bei uns
gar nicht ein, da sie im Winter keiner Nahrung bedürfen.
Die Nahrung der Ameisen besteht aus animalischen und vegetabilischen Stoffen; besonders lieben sie Süßigkeiten, den Honigsaft
mancher Pflanzen, der Blatt- und Schildläuse, süßes Obst, Zucker,
[* 14] Sirup, Honig u. dgl. Sie wissen
diese Gegenstände mit bewunderungswürdigem Scharfsinn aufzufinden und dringen in sorgfältig verwahrte Vorratskammern und
schwache Bienenstöcke ein. Außerdem fressen sie Regenwürmer, Raupen und andre kleinere Tiere (Frösche,
[* 15] Mäuse etc.), welche
man durch sie skelettieren lassen kann, indem man dieselben in durchlöcherte Schachteln legt und diese in einen Ameisenhaufen
gräbt. An größere Äser gehen sie ungern, an Getreide
[* 16] und ähnliche Sämereien bei uns gar nicht. Mit
toten und stinkenden Fischen kann man sie wie mit Petersilie und Kerbel vertreiben. Auch Teer, Thran, Spieköl, Holunderblüten
(frisch und getrocknet) sind den Ameisen zuwider.
Die Ameisen sind erklärte Feinde fast der ganzen übrigen Insektenwelt; lebende wie tote Kerfe schleppen sie
in ihr Nest und fressen sie bis auf die harte Haut
[* 17] oder Schale auf. Nur zu gunsten einiger Arten machen sie eine Ausnahme. So
hegen sie für die Blattläuse (Aphis) eine ganz besondere Freundschaft, indem sie den Honigsaft, den dieselben aus dem Hinterleib
absondern, aufsaugen und, um die Absonderung desselben zu befördern, sie sanft mit den Fühlern streicheln und klopfen (Milchkühe
der Ameisen). Von abgestorbenen Zweigen nehmen sie dieselben behutsam ab, um sie auf saftreiche zu versetzen, und im Spätsommer
bringen sie dieselben unter die Erde an die Wurzeln der Gewächse.
Oft aber entführen sie auch die Blattläuse in ihre Nester, um sie wie Haustiere auszunutzen,
oder umgeben
eine Gesellschaft von Blattläusen mit einem Gehäuse von Erde oder andern Baustoffen, tragen auch ihre Larven in dasselbe oder
setzen eine Blattlausgesellschaft durch einen bedeckten Gang
[* 18] mit ihrem Nest in Verbindung (stallfütternde Ameisen). Eine Anzahl
von Insekten sind längere oder kürzere Zeit auf Ameisenhaufen wie auf eine Pfleg- und Versorgungsanstalt angewiesen.
Gegen 300 Insektenarten leben im unentwickelten Zustand in Ameisenhaufen, wie die Larve des Goldkäfers (Cetonia aurata), oder
finden sich nur gelegentlich und nicht ausschließlich in Ameisenhaufen, wie manche Kurzflügler
[* 19] (Homalota, Tachyporus), während
das Dasein andrer ganz an die Ameisen geknüpft ist, insofern sie ausschließlich in deren Haufen leben (Myrmedonia,
Lomechusa) und von den Ameisen gepflegt und gefüttert werden. Man will beobachtet haben, daß die Ameisen die
Hinterleibsspitze solcher Käfer
[* 20] belecken, und schließt daraus, daß sie denExkrementen derselben nachgehen. Die meisten dieser
sogen. Inquilinen oder Myrmekophilen (»Ameisenfreunde«) beherbergt die Waldameise (Formica rufa) und die
Holzameise (F. fuliginosa). Über die Beziehung mancher dieser Insekten, welche förmlich wie Haustiere von den Ameisen gehalten
werden, zu diesen ist man noch im unklaren. Viele andre Insekten, namentlich die Laufkäfer,
[* 21] sind Ameisenfeinde und halten
sich in der Nähe der Ameisenhaufen auf, um deren Puppen nachzustellen.
Nutzen und Schade der Ameisen mögen sich im allgemeinen, wenigstens in Deutschland,
[* 22] das Gleichgewicht
[* 23] halten. Die Ameisen töten eine
Menge schädlicher Insekten, namentlich Raupen und Käfer, und werden auch medizinisch benutzt. Dagegen richten sie in der Haus-,
Land- und Gartenwirtschaft auch manchen Schaden an, indem sie der Süßigkeit der Speisen und Früchte nachgehen,
in Bienenstöcken nicht nur den Honig, sondern selbst die zarten Bienenpuppen verzehren etc. Von Gärtnern sind die kleinen,
braunen oder schwarzbraunen Ameisen, welche sich zwischen den Wurzeln der Topfpflanzen (besonders gern in Warmhäusern und Lohbeeten)
öfters in außerordentlicher Menge ansiedeln, große Löcher in die Wurzeln fressen und hierdurch sowie
durch ihre ätzende Säure die Wurzeln verderben, sehr gefürchtet.
Weit lästiger sind die in den heißen Ländern. Große, rotgelbe Arten dringen in die Wohnungen ein und beunruhigen die Schlafenden
in den Betten, während eine kleinere, schwarze Art empfindlich beißt. Die am weitesten verbreitete Formica
omnivora wird in Kasan
[* 24] häufig zur Landplage. Die Treiberameisen (Anomma arcens Westwood) an der Westküste von Afrika
[* 25] leben
ohne feste Baue unter Baumwurzeln etc. und ziehen nachts oder bei trüben Tagen auf Beute aus. Sie töten durch ihre Menge selbst
große Tiere, indem sie ihren ersten Angriff vornehmlich auf deren Augen richten.
Wenn sie nachts in die Häuser eindringen, fliehen Ratten, Mäuse, Schaben und selbst die Menschen. Die Zuckerameise (Formica saccharivora)
hat in Westindien
[* 26] ganze Zuckerplantagen vernichtet. Dagegen leben die Eingebornen am Rio Negro
[* 27] einen großen Teil des Jahrs
von Ameisen, die sie zu einem Teig kneten und in Beuteln aufbewahren, und die dornhalsige Ameise (F. spinicollis)
in Amerika
[* 28] verfertigt aus Pflanzenwolle eine Art von Filz, der als Zunder benutzt wird. In China
[* 29] benutzen die Gärtner eine Ameisenart
zum Schutz ihrer Orangerien, um von diesen andre Insekten fern zu halten. Auf Ceylon
[* 30] hat man in den Kaffeeplantagen
eine Schildlaus durch künstlich angesiedelte Ameisen vertilgt
¶
Der Aufschwung der biologischen Studien in den letzten Jahren veranlaßte auch eine genauere
Untersuchung des Verhältnisses der Ameisen zu ihren Gästen, den sogen. Myrmekophilen. Abgesehen von den als Milchkühen gehaltenen
Blattläusen, den als Sklaven dienenden Individuen andrer Ameisenarten und den echten Parasiten, wie Chalciden und den zu den
Fächerflüglern gehörigen, merkwürdigen Stylopiden, finden sich in Ameisenhaufen noch mehr oder weniger zahlreich
andre Insekten, die nicht auf die eine oder andre Weise, wie eben erwähnt, mit den in Beziehung stehen und deshalb ganz allgemein
als »Gäste« bezeichnet werden.
Die Zahl derselben ist eine sehr beträchtliche, mehrere hundert Arten aus verschiedenen Insektenordnungen umfassende
und
wird sich bei weiterer Untersuchung exotischer Ameisenstaaten noch steigern. Das größte Kontingent stellen
die Käfer und hier wieder die Staphylinen. Nicht alle aber spielen die gleiche Rolle, sondern es lassen sich je nach dem Verhältnis
zu ihren Wirten auf Grund der Untersuchung europäischer Ameisenfreunde drei Gruppen unterscheiden.
Als Gäste im strengsten Sinn sind in Europa
[* 31] nur die Käfergattungen Claviger, Atemeles und Lomechusa zu
betrachten, welche gleich der eignen Brut von den Ameisen gepflegt, geschützt und gefüttert werden und zum Teil hierauf angewiesen
sind; da die Ameisen diese Käfer häufig belecken, so spielen diese Gäste vielleicht eine ähnliche Rolle wie die Blattläuse und
statten ihren Dank für ihren Aufenthalt und ihre Pflege in der Ausscheidung eines den Ameisen angenehmen Stoffes
ab. Die zweite weitaus größte Gruppe der Ameisenfreunde kann als Gesinde zusammengefaßt werden.
Die hierher gehörigen Tiere werden im Nest von den Ameisen gleichgültig geduldet und machen sich nützlich, indem sie tote Ameisen sowie
überhaupt tierische und pflanzliche Überreste fressen und dadurch den Bau rein halten. Zu dem Gesinde
der Ameisen sind wahrscheinlich der weitaus größte Teil aller Fleischfresser und sämtliche pflanzenfressenden Käferarten, die
in Ameisennestern hausen, zu rechnen und ferner die bei Ameisen sich findenden Käfer- und Fliegenlarven sowie Schmetterlingsraupen.
Die dritte Myrmekophilengruppe verdient eher den Namen Ameisenfeinde; sie rekrutieren sich in Europa aus
der Käfergattung Myrmedonia, deren Arten entweder als Wegelagerer einzelne in der Nähe des Nestes überfallen, oder, zu den
echten Parasiten hinüberführend, im Innern der Nester von den Eiern, Larven und Puppen der Ameisen leben. Diese Käfer scheinen durch
einen widrigen Geruch geschützt zu sein, der die heftig sie angreifenden Ameisen betäubt.
Vgl. Wasmann, Beiträge
zur Lebensweise der Gattungen Atemeles und Lomechusa (Haag
[* 32] 1888);
Nach den Beobachtungen von Wasmann benehmen sich die zu den Staphiliniden gehörenden Käfer Atemeles emarginatus
und Ameisen paradoxus in den Wohnungen der roten Ameisen (Myrmica scabrinodis, ruginodis und rugulosa), mit welchen sie zusammenleben,
durchaus ameisenähnlich. Der Käfer betastet mit lebhaften Fühlerschlägen den Leib, dann den Kopf der Ameise und beleckt
ihre Mundteile. Dann hebt die Ameise den Kopf und läßt aus den weit vorgestreckten Mundteilen einen aus ihrem Vormagen erbrochenen
Honigtropfen treten.
Während der Käfer denselben gierig ableckt, streichelt er die Kopfseiten der Ameise mit raschen Bewegungen der Vorderfüße,
wobei er seine Fühler ebenfalls rasch bewegt. Wunderbarerweise füttern sich die Atemeles gegenseitig
in ganz gleicher Weise, ein Beweis, wie sehr die Käfer die Sitten der Ameise angenommen haben. Anderseits belecken die den Hinterleib
der Käfer, der auf ihrem Rücken sitzt, und ziehen die gelben Haarbüschel an den Leibesseiten der Käfer durch den Mund.
Ganz ähnlich ist das Verhältnis von Lomechusa zu der größern AmeiseFormica sanguinea, von welcher der
Käfer aber abhängiger erscheint. Immerhin sind beide Käfer noch im stande, allein Nahrung zu sich zu nehmen und fressen auch
manchmal gemeinschaftlich mit den Ameisen an Leichen und Puppen. Charakteristisch ist für die ganze Gruppe dieser echten Ameisengäste
das Vorhandensein von Sekretionshaarbüscheln u. auch wahrscheinlich (wenigstens
teilweise) von kolbigen Fühlern, die als Verkehrsorgane dienen. Die Larven der Käfer gehen bei den Ameisen meist zu Grunde, weil
diese sie wie ihre eignen Larven umbetten, was die Käferlarven bei dem Mangel an einem festen Kokon nicht ertragen. Nur die
von den Ameisen übersehenen Käferlarven gelangen zur Entwickelung. Zu der zweiten Kategorie von Ameisengästen,
den indifferent geduldeten, gehört besonders die Käfergattung Dinarda. Sie fressen Ameisenleichen und auch Leichen andrer,
von den Ameisen
¶
mehr
herbeigeschleppter Insekten sowie kokonlose Ameisenpuppen. Bisweilen stellen sich die Ameisen diesen Käfern feindlich gegenüber,
welche sie aber durch den Geruch eines an der Hinterleibspitze ausgeschiedenen weißen Tröpfchens zu beruhigen wissen. Ähnlich
verhalten sich andre Käfer aus den Gattungen Stenus, Thiasophila, Homalota und Hetaerius. Die Larven von Dinarda verhalten
sich wie die Käfer, sind flink und ganz selbständig im Gegensatz zu den unbeholfenen ameisenähnlichen
und von den Ameisen ganz abhängigen Larven von Lomechusa und Atemeles.
Beziehen die Ameisen ein neues Nest, so tragen sie letztere und wahrscheinlich auch die Käfer hinüber, während die Ameisengäste
der zweiten Kategorie den Weg zur neuen Kolonie selbst suchen und auch finden. Neben der dritten Gruppe
typischer Ameisenkäfer, zu denen besonders die Gattung Myrmedonia gehört, unterscheiden Wasmann und Forel noch zufällige
Ameisengäste, die auch noch frei, außerhalb der Ameisenkolonien, leben und durchaus nicht von den Ameisen abhängen.
Sehr wichtig und interessant ist die von Wasmann beobachtete Thatsache, daß, während die Ameisen verschiedener
Kolonien stets einander feindlich gesinnt sind, die Ameisengäste von den Ameisen verschiedener Kolonien und sogar verschiedener
Arten freundlich behandelt werden, vorausgesetzt, daß im Naturzustand die betreffende Käferart bei den betreffenden
verschiedenen Ameisenarten als Gast auftritt. Auch die Blattläuse sind den Ameisen gegenüber international.
Bezüglich der Ameisenähnlichkeit (Mimikry) mancher Ameisengäste, welche bei andern ganz fehlt, kommt
Wasmann zu folgenden Resultaten: Zwischen den echten Ameisengästen und ihren gewöhnlichen, bez.
ursprünglichen Wirtsameisen besteht meist in der Größe und Färbung, oft auch in der Gestalt, eine gewisse Ähnlichkeit.
[* 34] Am vollkommensten ist dieselbe nicht bei den höchsten Ameisengästen (Clavigeriden), sondern bei jenen,
die durch zudringliches, ameisenähnliches Benehmen sich besonders auszeichnen (Lomechusa-Gruppe).
Zwischen den regelmäßigen Ameisenfeinden und deren gewöhnlichen, bez. ursprünglichen
Wirtsameisen herrscht in Größe und Färbung, meist auch in der Gestalt eine mehr oder minder täuschende Ähnlichkeit; bei
den häufigsten Arten ist diese Ähnlichkeit am vollkommensten. Lebt dieselbe Käferart bei mehreren, an
Größe und Färbung bedeutend verschiedenen Ameisenarten, so stimmt sie mit jener überein, gegen die sie des Schutzes am
meisten bedarf. Zwischen den indifferent geduldeten Ameisengästen und ihren Wirtsameisen findet sich gewöhnlich keine Ähnlichkeit,
nur bei solchen, die häufig die mißtrauische Aufmerksamkeit der Ameisen erregen, tritt eine Ähnlichkeit in der
Färbung auf. Die Larven von Atemeles und Lomechusa ahmen in Gestalt, Haltung und Benehmen die Ameisenlarven nach.
Schon von frühern Forschern ist festgestellt worden, daß die Amazonenameise (Polyergus) unfähig ist, selbst zu fressen;
sie leckt wohl gelegentlich Wasser oder Honig, wenn sie zufällig mit dem Kopfe hineingerät, aber niemals
sucht sie neben ihr liegende Nahrung auf und verhungert, wenn nicht ein Sklave kommt und sie füttert. Ihr Nahrungsbedürfnis
treibt sie nicht zum Fressen an, sondern nur zur Anbettelung von andern Ameisen. Sie vermag die Beziehung, die zwischen
dem Nahrungsbedürfnis und der Stillung desselben durch eigne Nahrungssuche und Nahrungsaufnahme obwaltet,
nicht zu erkennen. Forel hatte bereits gezeigt, daß eine sehr kleine Ameise, Solenopsis fugax, in den Wandungen der Nester größerer
Arten gräbt
und deren Brut gelegentlich raubt und verzehrt. Die Existenz solcher zusammengesetzter Nester, in welchen thatsächlich
zwei feindliche Arten hausen, ohne daß ein Zusammenwohnen in gleichen Räumen stattfindet, ist von Wasmann
bestätigt worden.
Der Hochzeitsflug der Ameisen kommt nicht allen Arten zu, sondern findet sich in seiner typischen
Form nur bei gewissen Arten, da das Flugvermögen bei den verschiedenen Arten sehr verschieden ist. Vielfach besitzt sogar
das eine oder andre Geschlecht nicht einmal Flügel, so daß die Angabe, die Geschlechtstiere der Ameisen seien geflügelt, nicht
allgemein gültig ist. Bleiben die Männchen flügellos, wie bei Anergates,Formicoxenus, Ponera punctatissima
var. androgyna, so wird hierdurch strengste Inzucht bewirkt, und dieser Zustand dürfte vielleicht als letzte Folge durch Schwund
des männlichen Geschlechts überhaupt zu regelmäßiger Parthenogenese führen (Tomognathus).
Für das weibliche Geschlecht erscheint der Weg zum allmählichen Verlust des Flugvermögens betreten bei solchen Ameisenarten,
deren Weibchen zwar Flügel besitzen, aber so schlecht fliegen, daß sie zu einem eigentlichen Hochzeitsflug,
bei welchem die Begattung in der Luft stattfindet, unfähig sind. Bei Plagiolepsis pygmaea beobachtete Emery, daß die Begattung
auf der Spitze von Gräsern stattfand; die Weibchen flogen von da eine kurze Strecke, um
bald auf die Erde zu fallen und
sich dann der Flügel zu entledigen.
Bei Formicagagates, welche Art sich durch großen Umfang ihres Abdomens auszeichnet, ist im Gegensatze zu den Gattungsgenossen
das Flugvermögen ebenfalls sehr reduziert; die Begattung erfolgt auch hier an Gräsern und Sträuchern; beim Abflug von denselben
bewegten sich die Weibchen in stark absteigender Richtung und erreichten bald den Boden. Bei Liometopum
sind die Flügel der Weibchen äußerst labil und fallen bei jeder unsanften Berührung außerordentlich leicht ab. Ein flügelloser
Zustand der Weibchen bei Ameisen ist bis jetzt mit Sicherheit nur bekannt von Dorylus, bei welchen Arten die zeitlebens flügellosen
Weibchen sogar blind sind, aber es ist sehr wahrscheinlich und z. B.
für Anochetus Ghilianii von Emery fast mit Bestimmtheit nachgewiesen, daß bei vielen Arten, besonders unter den vielfach
noch nicht mit genügender Sicherheit bekannten exotischen Formen, die geflügelten Weibchen durch flügellose, arbeiterähnliche
Weibchen ersetzt sind.
Die die Erhaltung oder den Schwund des Flugvermögens der Ameisen bedingenden Faktoren sind jedenfalls sehr verschiedener
Art. Bei solchen Arten, deren Nester zahlreich, aber verhältnismäßig schwach bevölkert sind, bietet der typische Hochzeitsflug
Gelegenheit zur Kreuzung zwischen verschiedenen Stämmen (Exogamie). Zugleich dient das Flugvermögen in diesen Fällen zur Verbreitung
der Art durch die fliegenden befruchteten Weibchen. Sind dagegen die Staaten weit voneinander entfernt
oder sehr verborgen und zerstreut, so kann es schwer werden, daß die Geschlechter sich treffen, und zur Sicherstellung der
Befruchtung
[* 35] wird die Inzucht durch Begattung in unmittelbarer Nähe des Nestes vorteilhaft. Außerdem weist Emery auf andre Einflüsse
hin: Vorteil der Vergrößerung des Hinterleibes des Weibchens zur Vergrößerung ihrer Fruchtbarkeit,
Vervielfältigung der Nester durch Koloniebildung, parasitische oder unterirdische Lebensweise etc.
Vielfach sind in den Kolonien der Ameisen auch thatsächliche Zwischenformen zwischen Weibchen und verkümmerten Weibchen, d. h.
Arbeitern, gefunden worden. Die verschiedenartigen Ähnlichkeiten und Unähnlichkeiten dieser Mitteltiere mit den reinen Formen
beider Kasten gestatten eine Unterscheidung in mehrere Gruppen. So können die Individuen in Körpergröße
und Hinterleibsentwickelung den eigentlichen Weibchen angehören, dabei jedoch die Brustbildung der Arbeiterin besitzen,
oder sie sind umgekehrt in Körpergröße und Hinterleibsbildung echte Arbeiterinnen, in der Brustbildung dagegen Weibchen,
doch auch in diesem Fall stets ungeflügelt.
Andre Individuen nähern sich nur in der Körpergröße und dem etwas schmälern Thorax den Arbeiterinnen,
sind aber im übrigen geflügelte Weibchen. Anatomisch betrachtet finden sich Zwischenformen, die nur durch stärkere Entwickelung
der Eierstöcke von den gewöhnlichen Arbeiterinnen abweichen, und umgekehrt solche, die in der Nichtausbildung der Geschlechtsorgane
völlig Arbeiterameisen sind, in der Körpergröße aber sich den Weibchen nähern. Endlich gibt es auch
Individuen, die allmähliche und allseitige Übergänge zwischen Weibchen und Arbeiterin bilden. Bekannt ist, daß auch echte
Arbeiterinnen der Ameisen manchmal parthenogenetisch Eier legen, aus denen sich dann, wie im gleichen Fall bei den Bienen, nur Männchen
entwickeln. Wasman konnte bei Formicasanguinea und ihrer Hilfsameise F. fusea nachweisen, daß künstliche
¶
mehr
Temperaturerhöhung eine Steigerung dieser parthenogenetischen Eiablage hervorrief. Bei Auflage erwärmter Glasplatten auf
die obere Glasscheibe der Beobachtungsnester fing nach ca. 14 Tagen die überwiegende Mehrzahl der Arbeiter, besonders von F.sanguinea, an, Eier zu legen; die Eiablage erfolgte sehr mühsam, zur völligen Entwickelung gelangte keins der Eier, da teils
diese, teils die aus ihnen hervorgegangenen Larven von den Ameisen selbst wieder aufgezehrt wurden.
In der Frage nach dem Gehörvermögen der Ameisen hat Wasman eine bemerkenswerte Beobachtung gemacht. Bei einem Beobachtungsnest
Lubbockscher Methode, dessen obere Scheibe zersprungen war, hatte er denSprung mit Siegellack verklebt; fuhr er mit einer Stahlnadel
leise über den trocken gewordenen Lack hin, so erhoben die Ameisen allgemein und plötzlich ihre Fühler und
bewegten sie lebhaft hin und her. Kontrollversuche lassen vermuten, daß nur der leise schrillende Ton, der durch die Nadelspitze
auf dem Lack verursacht wurde, der Grund jener Erregung gewesen sei, und daß somit den Ameisen auch ein Gehörvermögen
zukommt. Vermutungsweise werden als Gehörorgane die von Hicks entdeckten flaschenförmigen Organe in den Fühlern und die champagnerpropfartigen
OrganeForels angesehen.
Über die Art und Weise, in welcher die Anlage neuer Kolonien durch befruchtete Weibchen stattfindet, ist man immer noch nicht
genügend orientiert. Nur für wenige Arten liegen sichere Beobachtungen vor, z. B. für unsre große Holzameise,
Camponotos ligniperda. Hier begibt sich das Weibchen, nachdem es sich, sobald es zur Erde gekommen, seiner Flügel entledigt
hat, unter einen geeigneten Stein und legt eine beschränkte Anzahl, etwa 10-12, befruchtete Eier, aus welchen weibliche Larven
kommen, welche es nicht allzu reichlich füttert, so daß dieser erste Satz in kurzer Zeit Arbeiterinnen
der kleinsten Form liefert; sie sind die ersten Gehilfinnen der Mutter und nehmen dieser, die nun wieder mit dem Eierlegen
fortfährt, die Arbeit ab. Die Anlage eines neuen Staates gleicht also hier völlig der andrer gesellig lebender Hautflügler,
z. B. Hummeln u. Wespen.
Das Sammeln und Eintragen von Samenkörnern in Vorratskammern, welches zwar bei deutschen Arten nicht vorkommt, aber schon
bei südeuropäischen Arten sich vielfach findet, scheint nicht an eine bestimmte Zeit gebunden; für Italien
[* 37] wenigstens hat
Emery den Nachweis erbracht, daß es keine eigentliche Erntezeit gibt, sondern die Ameisen sammeln,
solange es Samen
[* 38] zu sammeln gibt; je wärmer das Klima,
[* 39] desto früher fangen sie an, und desto später im Herbst hören sie
auf.
Die Nester der Ameisen werden von Forel je nach dem Material und vom architektonischen Standpunkt aus ohne Berücksichtigung der
Verwandtschaft der Baumeister in mehrere Gruppen geteilt; nach dem Material unterscheidet er aus reiner Erde
verfertigte, in Holz
[* 40] ausgemeißelte und aus Papiermasse etc. hergestellte Nester. Der Architektur nach finden wir neben einfachen
Nestern zusammengesetzte oder in abnormer Weise angelegte Nester. Die aus reiner Erde verfertigten sind entweder in die Erde gegraben
oder unter Steinen gelegen, oder sie sind zusammengesetzte Bauten, bei welchen dem in der Erde gelegenen
Tiefbau oberhalb der Erde befindliche Haufen oder Kuppeln entsprechen.
Die in Holz gemeißelten Wohnstätten befinden sich entweder in dem eigentlichen Holze selbst oder in der Rinde; entweder wird
hierbei, je nach den einzelnen Arten, frisches oder totes Holz angegriffen. In
faulenden, zum Teil in Holzerde
übergehenden Baumstümpfen finden sich Nester, die eine Vereinigung von gegrabenen Erd- und gemeißelten Holznestern darstellen.
Die Ameisen, welche ihre Nester aus papier- oder leinwandartiger, von den Tieren künstlich bereiteter Masse herstellen, sind bei
uns nur durch Lasius fuliginosus vertreten, die Baumholz zu einer homogenen Masse verarbeitet; in den
wärmern Ländern jedoch finden sich zahlreiche Arten, die teils mineralische, teils pflanzliche und selbst tierische Stoffe
verarbeiten. Unter den in abnormer Art angelegten Nestern versteht ForelNester, die sich in Mauern, Felsen, Gebäuden finden
oder aus ungewöhnlichen Substanzen bestehen.
Die mannigfachen Beziehungen, in welchen die in der Natur eine bedeutende Macht bildenden Ameisen zu den übrigen
Insekten stehen, hat Emery in vier Gruppen geteilt und hierfür bestimmte Bezeichnungen eingeführt. Nur relativ wenige Insekten
fressen die erwachsenen Ameisen (Myrmekophagie); hierher gehören Quedius brevis, Myrmedoxia, Crabro curvitarsis;
die Larven und Puppen haben mehr Feinde. Umgekehrt sind die Ameisen die Feinde fast aller Insekten, und Emery
unterscheidet eine Reihe von Schutzmitteln, durch welche die Insekten sich vor den Ameisen zu sichern wissen (Myrmetospalie).
Durch die Flucht vermögen sich besonders sprungfähige und fliegende Insekten zu retten; Käfer sind vielfach durch ihre harten
Panzer geschützt, behaarte Raupen durch ihren Pelz und besonders durch die weit vorstehenden langen Borsten,
kleinere Insekten häufig durch Absonderung stark riechender Sekrete, u. sehr kleine Insekten werden bekanntlich von den Ameisen nicht
gesehen. Die Inquilinen der Ameisen teilt Emery in zwei Gruppen; unter Myrmekophilie versteht er das Verhältnis derjenigen Insekten
zu den Ameisen, welche zwar die Gesellschaft der Ameisen suchen, aber von ihnen weder gepflegt noch gefüttert werden
(die »unechten Gäste« nach Wasman), während er unter Myrmekoxenie die Lebensweise der echten Ameisengäste, wie Lomecchusa,Atemeles,Claviger, begreift.
[Goldgrabende Ameisen.] Wohl keine naturhistorische Sage des Altertums hat mehr Federn in Bewegung gesetzt, als die zuerst von
Herodot erzählte, dann von Strabon, Arrian, Älian, Plinius und zahlreichen andern alten Schriftstellern
wiederholte Sage von den beinahe hundsgroßen Ameisen Indiens, die bei ihren Erdbauten Haufen von Goldkörnern aus der Erde schaffen
und diejenigen, welche sie derselben zu berauben kämen, mit gefährlicher Schnelligkeit verfolgen sollten.
Hunderte von gelehrten Abhandlungen haben sich mit der Deutung dieser Sage beschäftigt, von der Wilson
nachgewiesen hat, daß sie wirklich indischen Ursprunges ist, und ein französischer Forscher, Vercontre, sucht nunmehr zum
Jubiläum der EntdeckungAmerikas den Beweis zu führen, daß die Inder diese Sage aus Amerika haben müssen, weil dort wirklich
eine goldgrabende Ameise vorkommt, und daß daraus der Beweis eines Verkehrs mit jenem Weltteil in grauer
Vorzeit zu führen sei. Es ist die durch McCook genau beschriebene Ernteameise von Texas und Colorado(Pogonomyrmex occidentalis),
welche nicht nur große Magazine von eingeernteten Sämereien anlegt, sondern auch sonst sehr merkwürdige Instinkte entwickelt,
namentlich ihren Hügel mit einer Mosaik kleiner Steine panzert und das einzige, sorgsam mit Steinen ausgelegte
Thor abends pünktlich schließt. McCook erwähnt, daß man am Platte River unter den zu diesem Steinmantel benutzten Brocken
Goldkörner bemerkt habe, und
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mehr
Vercontre fügt hinzu, daß in den Gegenden Colorados und Neumexikos, welche goldführende Quarzschichten enthalten, die Ameisenbauten
so reich an Goldkörnern wären, daß die Indianer auszögen, um sich derselben zu bemächtigen, und die Ameisenbauten als
Goldgruben ausbeuteten. Diese Nachrichten müßten aber im Altertum nach Europa gelangt sein, weil man in der
Alten Welt keine Ameisenart kenne, welche diesen Instinkt für glänzende Steine entwickle.
Es ist McCook und, wie es scheint, auch Vercontre unbekannt geblieben, daß Alexander v. Humboldt schon im September 1803 diese
Vorliebe gewisser amerikanischer Ameisen für glänzende Steine beobachtet hat. Auf dem Wege von Valladolid nach dem Jorullovulkan
hatte er nach den Einschlüssen von Obsidiankörnern und glasigem Feldspat in den vulkanischen Steinen
gesucht, aber nur wenige finden können, da sie im ganzen selten schienen. »Um so mehr war ich verwundert«, erzählt Humboldt
im »Kosmos« (Bd. 4, S. 638),
»als ich zwischen Capulo und Patzcuaro, vorzüglich bei Yurisapundaro, alle Ameisenhaufen mit
schön glänzenden Körnern von Obsidian und Sanidin erfüllt fand.« Später bemerkte Jules Marcou, daß die der Hochplateaus
in den Felsengebirgen beim FortDefiance ebenfalls die glänzendsten Steine bis zur Größe eines Maiskorns zusammensuchen und
nach ihrem Bau schleppen, und er fand oft darin die schönsten klaren Granaten
[* 42] und Quarzkristalle. Die
Mühe, welche sie anwenden, mit vereinten Kräften schwere Steinbrocken, viel größer, als sie selbst sind, auf ihren Bau
zu schaffen, hat McCook genau beschrieben und abgebildet.
Es ist daher nicht mehr zu bezweifeln, daß es goldgrabende Ameisen wirklich gibt, aber wahrscheinlich ist derselbe
Instinkt auch bei altweltlichen Arten beobachtet worden, da wir ja auch in wärmern Ländern Ernteameisen
wie in Amerika haben, von denen unsre Naturforscher erst vor einigen Jahrzehnten Kundschaft brachten, während die Bibel
[* 43] und
andre Schriften des Altertums oft von ihnen sprechen. Wie sich aber aus derartigen Beobachtungen die Sage von den großen Goldsammlern
Indiens entwickeln konnte, hat Friedrich Schiern mit ziemlicher Wahrscheinkeit (Anmerkung des Editors: richtig:
Wahrscheinlichkeit) feststellen können, ohne zu wissen, daß es wirklich goldsammelnde Ameisen gibt. Im altindischen
Epos »Mahâbhârata« wird erzählt, daß die Völker des Nordens einem der Pandusöhne, dem König Judhischtira, Tribut brachten,
darunter Ameisengold (païpilika),
so genannt, weil es von Ameisen (pipilika) ausgegraben werde. Unter den
Stämmen aber, die diesen Tribut brachten, waren auch die »behaarten und gehörnten Kanka« aufgeführt,
die man sehr sicher als einen Stamm des östlichen Tibet feststellen kann. Einigen Panditen (gelehrten Brahminen), welche die
Engländer ausgesandt haben, um die reichen Goldgräbereien im OstenTibets zu studieren, verdankt man nun
die Nachricht, daß am Thok-Jalung, einem den Montblanc an Höhe übertreffenden Berg der Himalajakette, in Felle gekleidete
tibetanische Goldgräber in Erdlöchern wohnen und besonders im Winter graben, weil dann ihre Schächte ungestützt halten,
und sich zu ihrem Schutz gegen räuberische Überfälle einer besondern Art großer Hunde bedienen.
Auf diese in Felle gekleideten tibetanischen Goldgräber und ihre Hunde lassen sich nun aber ziemlich ungezwungen
die von Megasthenes und Nearchos, dem FreundAlexanders d. Gr., nach Europa gebrachten Nachrichten beziehen, welche die Alten
so oft wiederholt haben. Plinius erzählt (XI, 36), ohne Zweifel auf Grund
der Nachrichten des Megasthenes: »Im Norden
[* 44] Indiens, im Lande der Darder (der heutigen Dardu), tragen die indischen Ameisen Gold
[* 45] aus ihren Erdhöhlen. IhreFarbe ist die der Katzen,
ihre Größe die ägyptischer Wölfe. Das von ihnen zur Winterzeit ausgegrabene Gold stehlen in der Sommerhitze die Inder, weil
die Ameisen sich dann vor derGlut verkriechen. Allein durch den Geruch benachrichtigt, eilen sie hervor und
zerreißen die Räuber häufig, obwohl diese auf schnellen Kamelen fliehen. So schnell und wild macht sie die Liebe zum Gold.«
Plinius setzt hinzu, daß im Herkulestempel von Erythrä (Kleinasien) ein paar Hörner dieser goldgrabenden Ameisen als Wunder gezeigt
würden, und ähnlich hatte Nearchos wenigstens die pantherfleckigen Felle dieser »Ameisen« als Wahrzeichen mit
nach Makedonien gebracht, so daß man annehmen kann, sie trugen Pantherfelle am Leibe und auf dem Kopfe (wie die im »Mahâbhârata«
erwähnten tibetanischen Kanka und so viele andre Naturvölker) die Haut mit den Hörnern eines Tieres, vielleicht des Yak.
Schon Wilford glaubte einen Zusammenhang des hindostanischen Namens der Ameise(tschinti) mit dem des indischen
Jagdleoparden(tschita) als Ursache der Sage von den pantherfleckigen Fellen der Goldameisen ansehen zu dürfen, aber erst die
wirkliche Auffindung goldgrabender Ameisen, die es auch in Indien geben mag, lehrt uns die aus vielen Elementen zusammengesetzte
Sage verstehen. Schiern meint, daß außerdem das ungemein affenartige Gesicht
[* 46] dieser tibetanischen Goldgräber, ihre Gewohnheit,
mit eng an den Leib gezogenen Beinen zu schlafen, und ihre seltsame Art, sich mit Grinsen und Herausstrecken der Zunge gegenseitig
zu begrüßen, dazu beigetragen haben möge, sie als Tiere zu schildern.
(Formicidae), eine Familie der stacheltragenden Hautflügler (s. d.), deren Mitglieder sämtlich zu größern
oder kleinern Staaten vereinigt leben. Die große Masse eines solchen Staates besteht aus Arbeiterinnen, die in verschiedenen
Formen vorhanden sein können; in viel geringerer Anzahl finden sich Weibchen und Männchen, letztere
in ausgebildetem Zustande nur zu bestimmten Zeiten. Bei einzelnen, namentlich tropischen Arten, giebt es außerdem sog. Soldaten,
Arbeiter mit stark vergrößertem Kopf und namentlich großen Oberkiefern. Der Kopf der
¶
mehr
Ameisen trägt die geknieten Fühler und die meist sehr kräftig entwickelten Mundteile. Die Flügel haben ein nur
wenig entwickeltes Geäder, finden sich nur bei Männchen (aber nicht aller Arten) und Weibchen und fallen bei den letztern
nach dem Hochzeitsfluge ab. Da den Arbeiterinnen und Soldaten mit den Flügeln auch die Muskulatur zu deren
Bewegung fehlt, sind bei ihnen Mittel- und Hinterbrust sehr schwächlich gebaut. Der erste oder die beiden ersten Hinterleibsringe
sind vom übrigen Hinterleib abgeschnürt und bilden einen dünnen Stiel, der ein- oder zweimal knotig angeschwollen und
im erstern Falle meist in eine nach oben gerichtete Schuppe ausgezogen ist. Die Weibchen und Arbeiterinnen
besitzen wie die übrigen stacheltragenden Hautflügler am Hinterleibsende eine Giftdrüse; ein Giftstachel findet sich bei
einzelnen Gruppen, ist aber bei der Gruppe der eigentlichen Ameisen verkümmert. Bei diesen ist die Giftdrüse um so stärker entwickelt,
und ihre Absonderung wird entweder in die mit den Oberkiefern erzeugten Wunden gespritzt oder dem Feinde
entgegengeschleudert.
Das einen Staat bildende Volk bewohnt ein oder mehrere Nester, die je nach der Art in die Erde eingegraben, in Holz eingemeißelt
oder aus den verschiedensten Stoffen, als Erde, Pflanzenstoffen oder einer von den Arbeiterinnen bereiteten papierartigen
Masse aufgebaut sein können und aus einem Gewirr von Gängen und Höhlungen bestehen. Das Nest kann einen
oder mehrere Ausgänge haben, die bei manchen Arten nach Bedürfnis geöffnet und geschlossen werden. Sehr mannigfaltig ist
die Nahrung der Ameisen. Sie fressen das Fleisch kleinerer Tiere, die sie tot auffinden oder selbst töten, namentlich das anderer
Insekten, benagen süße Früchte n. s. w. Einige in wärmern Ländern einheimische Arten scheinen ausschließlich
Pflanzenfresser zu sein und sich von Körnern oder Blättern zu nähren.
Eine ganz besondere Vorliebe haben die Ameisen für süße Säfte, wie sie von Pflanzen abgeschieden oder von Blatt- und Schildläusen
aus dem After entleert werden. Blattlauskolonien werden daher gern von Ameisen besucht und unter Umständen
tapfer verteidigt, die an Wurzeln lebenden Blattlausarten auch wohl in die Nester geschleppt. Die Blattläuse werden von den
Ameisen durch Streicheln mit den Fühlern zur Abscheidung ihres süßen Saftes veranlaßt: Melkkühe der Ameisen Unsere einheimischen
Ameisen brauchen, da sie einen Winterschlaf halten, im Winter keine Nahrung; dagegen tragen in
wärmern Ländern lebende Arten Vorräte ein, um sich über die ungünstige Jahreszeit hinwegzuhelfen.
Aus den Eiern der Ameisen gehen plumpe, weiße, madenartige Larven hervor, die von den Arbeiterinnen sorgfältig gepflegt,
an die ihnen am besten zusagenden Stellen des Nestes getragen und mit einer aus dem Mund abgeschiedenen
Flüssigkeit gefüttert werden. Sind sie erwachsen, so spinnen sie sich in der Regel einen Cocon und verpuppen sich in ihm.
Diese von einem Gespinst umgebenen Puppen und nicht die wirklichen Eier sind die sog. Ameiseneier (s. o.). Aus den Puppen schlüpfen
während des größten Teils des Jahres nur Arbeiterinnen aus, zu einer bestimmten Zeit aber, bei den
deutschen Arten meist im Spätsommer, auch Männchen und Weibchen. Diese schwärmen bis auf wenige Weibchen, die schon vorher
befruchtet wurden und von den Arbeiterinnen zurückgehalten werden, aus, um sich in der Luft zu begatten. Die meisten von
ihnen gehen zu Grunde, nur wenige Weibchen können, nachdem sie sich ihrer Flügel entledigt haben, ein
neues Nest gründen.
Im
Streit um eine Nahrungsquelle und aus andern Gründen führen die Ameisen unter sich wütende Kriege. Manche dringen auch in
die Nester fremder Arten ein, rauben dort die Puppen, schleppen sie in ihr eigenes Nest und lassen die auskriechenden
Arbeiterinnen als Sklaven für sich arbeiten. Während die Ameisen im allgemeinen jeden fremden Eindringling in ihre
Nester wütend abwehren, dulden sie doch eine Anzahl anderer Tiere, namentlich kleine Käfer und Asseln, in diesen. Diese Tiere,
die als Ameisenfreunde oder Myrmekophilen bezeichnet werden, mögen teils den Ameisen angenehme süße Säfte
abscheiden, teils allerlei Unrat und Ungeziefer wegräumen.
Auch giebt es Pflanzen (s. Ameisenpflanzen), die den in hohlen Stengelteilen Obdach und in Form besonderer Ausscheidungen Nahrung
bieten, wofür sie von den Ameisen gegen ihre Feinde beschützt werden. Die Ameisen besitzen eine große Intelligenz;
sie verständigen sich mittels ihrer Fühler. Sie bauen Wege, Brücken
[* 48] und Gewölbe
[* 49] und sind äußerst
erfinderisch, wenn es gilt zu einem vorgesetzten Zwecke zu gelangen. Ihre Häufigkeit auf Gewächsen, Sträuchern und Bäumen
zeigt dem Gartenwirte, daß die Pflanzen krank oder von schädlichen Insekten bewohnt sind. Höchst lästig sind die in Häusern
und Vorratskammern, wo sie oft kaum zu vertilgen sind. In heißen Ländern können sie so überhand nehmen, daß der Mensch
ihnen weichen muß. Früher benutzte man sie zur Bereitung der Ameisensäure (s. d.). Große Verdienste um die Beobachtung des
Haushalts der Ameisen erwarb sich J. P. Huber von Genf,
[* 50] dessen «Recherches sur les moeurs des fourmis» (Par. 1810)
noch heute klassisch sind. Seither haben besonders Forel durch Beobachtungen und Sir John Lubbock durch sinnreiche Versuche
unsere Kenntnisse von den europäischen Ameisen wesentlich bereichert. -
Vgl. Lubbock, Ameisen, Bienen und Wespen (Lpz. 1883);
Marshall,
Leben und Treiben der Ameisen (ebd. 1889);
Wasmann, Die Nester und Kolonien der Ameisen (Münst.
1891).
(S. Honigameise,
[* 51] Roßameise, Waldameise und Wanderameise.) - In der griech. Mythologie spielen die Ameisen, wie
die Sagen von Myrmer (s. d.) und Myrmidon lehren, eine gewisse Rolle. Herodot fabelt sogar von einer Wüste im nördl. Indien,
worin von der Größe zwischen Fuchs
[* 52] und Hase
[* 53] hausten, die goldhaltigen Sand zu Tage förderten, was von
Ktesias auf die goldhütenden Greife (s. d.) übertragen worden ist. (S.
auch Arimaspen.)