Ameisen.
Der Aufschwung der biologischen
Studien in den letzten
Jahren veranlaßte auch eine genauere
Untersuchung des Verhältnisses der Ameisen
zu ihren
Gästen, den sogen.
Myrmekophilen. Abgesehen von den als Milchkühen gehaltenen
Blattläusen, den als Sklaven dienenden Individuen andrer Ameisen
arten und den echten
Parasiten, wie Chalciden und den zu den
Fächerflüglern gehörigen, merkwürdigen Stylopiden, finden sich in Ameisen
haufen noch mehr oder weniger zahlreich
andre
Insekten,
[* 2] die nicht auf die eine oder andre
Weise, wie eben erwähnt, mit den in Beziehung stehen und deshalb ganz allgemein
als
»Gäste« bezeichnet werden.
Die Zahl derselben ist eine sehr beträchtliche, mehrere hundert
Arten aus verschiedenen Insektenordnungen umfassende
und
wird sich bei weiterer Untersuchung exotischer Ameisen
staaten noch steigern. Das größte
Kontingent stellen
die
Käfer
[* 3] und hier wieder die Staphylinen. Nicht alle aber spielen die gleiche
Rolle, sondern es lassen sich je nach dem
Verhältnis
zu ihren Wirten auf
Grund der Untersuchung europäischer Ameisen
freunde drei
Gruppen unterscheiden.
Als
Gäste im strengsten
Sinn sind in
Europa
[* 4] nur die Käfergattungen
Claviger, Atemeles und Lomechusa zu
betrachten, welche gleich der eignen
Brut von den Ameisen
gepflegt, geschützt und gefüttert werden und zum Teil hierauf angewiesen
sind; da die Ameisen
diese
Käfer häufig belecken, so spielen diese
Gäste vielleicht eine ähnliche
Rolle wie die
Blattläuse und
statten ihren Dank für ihren Aufenthalt und ihre
Pflege in der
Ausscheidung eines den Ameisen
angenehmen
Stoffes
ab. Die zweite weitaus größte
Gruppe der Ameisen
freunde kann als
Gesinde zusammengefaßt werden.
Die hierher gehörigen
Tiere werden im
Nest von den Ameisen
gleichgültig geduldet und machen sich nützlich, indem sie tote Ameisen sowie
überhaupt tierische und pflanzliche Überreste fressen und dadurch den
Bau rein halten. Zu dem
Gesinde
der Ameisen
sind wahrscheinlich der weitaus größte Teil aller
Fleischfresser und sämtliche pflanzenfressenden Käferarten, die
in Ameisen
nestern hausen, zu rechnen und ferner die bei Ameisen sich findenden
Käfer- und Fliegenlarven sowie Schmetterlingsraupen.
Die dritte Myrmekophilengruppe verdient eher den
Namen Ameisen
feinde; sie rekrutieren sich in
Europa aus
der Käfergattung Myrmedonia, deren
Arten entweder als Wegelagerer einzelne in der
Nähe des
Nestes überfallen, oder, zu den
echten
Parasiten hinüberführend, im Innern der
Nester von den
Eiern,
Larven und
Puppen der Ameisen
leben. Diese
Käfer scheinen durch
einen widrigen
Geruch geschützt zu sein, der die heftig sie angreifenden Ameisen
betäubt.
Vgl. Wasmann, Beiträge zur Lebensweise der Gattungen Atemeles und Lomechusa (Haag [* 5] 1888);