Alterssich
tigkeit,
Presbyopie, gleichbedeutend mit Weitsichtigkeit oder
Fernsichtigkeit, ist eigentlich das
Sehen
[* 2] im
Alter. Indessen macht sich schon in der Mitte der vierziger Lebensjahre insofern eine Änderung im
Sehen bemerkbar, als mit fortschreitender
Abnahme des
Accommodationsvermögens (s. d.) das
Auge
[* 3] allmählich die Fähigkeit einbüßt,
in der Nähe so deutlich zu sehen wie früher. Während der Fernpunkt seine
Lage behält, rückt der Nahpunkt vom
Auge ab,
um so weiter, je älter der
Mensch wird, und man spricht dann von Alterssich
tigkeit, wenn in einem
Abstande von 20 bis 30 cm,
in dem feine Gegenstände beim
Lesen, Schreiben, Nähen, Zeichnen u. s. w. gehalten werden müssen, nicht mehr scharf
gesehen oder wenigstens nicht mehr anhaltend deutlich erkannt wird. - Alterssichtig
werden alle
Augen, sowohl die normalsichtigen
als auch die übersichtigen und kurzsichtigen; nur ist bei den verschiedenen
Augen der
Grad der Sehstörung und der Zeitpunkt,
zu dem sie eintritt, verschieden.
Menschen mit normalem Sehvermögen werden alterssichtig
zwischen dem 40. und 50. Lebensjahre, Frauen in der Regel früher
als
Männer. Einflüsse, welche die allgemeine Körperkraft beeinträchtigen, bedingen stets ein früheres
Eintreten der Alterssich
tigkeit. Bei übersichtigen
Augen tritt der erwähnte Zeitpunkt früher ein, bei kurzsichtigen später; ja bei stark
kurzsichtigen
Augen, deren Fernpunkt 20-30 cm vom
Auge abliegt, macht sich selbst nach vollständigem
Verlust des
Accommodationsvermögens
niemals ein schlechteres
Sehen in der Nähe bemerklich.
Alterssichtige
Augen muß man beim Nahesehen mit Konvexbrillen
bewaffnen, deren Brechkraft den fehlenden
Teil des
Accommodationsvermögens ersetzt, den Nahpunkt in die erforderliche Nähe rückt und dadurch die
Augen befähigt, ebenso
bequem und anhaltend zu arbeiten wie früher. Diese
Gläser müssen um so stärker sein, je stärker der
Verlust an Accommodationskraft
ist, und müssen, da die Accommodationskraft mit fortschreitenden Lebensjahren sich mehr und mehr vermindert,
von Zeit zu Zeit mit stärkern vertauscht werden.
Die
Stärke
[* 4] der in jedem einzelnen Falle nötigen
Gläser, die jederzeit durch Probieren kontrolliert werden kann, ergiebt
sich aus einer einfachen Formel. Liegt der Nahpunkt 12
Zoll vom
Auge und soll bis auf 8
Zoll herangebracht
werden, so ist erforderlich ein Konvexglas von 24
Zoll
Brennweite, deren optischer Wert 1/24 gleich ist dem
Ausfall an Accommodationskraft
1/8 minus 1/12; oder: wenn der Nahpunkt ⅓ m (3 D
[Abkürzung von Dioptrie, s. d.] absteht und auf 1/5 m (5 D) genähert
werden soll, so muß ein
Glas
[* 5] +2D verwendet werden. Bei
Lähmungen des Accommodationsapparats zeigt sich
auch bei jugendlichen
Personen eine ähnliche oder noch stärkere
Abnahme des
Sehens in der Nähe wie bei Alterssich
tigkeit. In solchen Fällen
sind gleichfalls Konvexgläser zu verwenden.