in der deutschen
Mythologie ein weissagender, dämonischerGeist, dann ein kleines, halbteuflisches
Wesen in Menschengestalt, welches den
Besitzer reich machen sollte (auch
Galgenmännlein genannt).
Über das wunderbare Entstehen
desselben vgl.
Schwartz,
Poetische Naturanschauungen, Bd. 2 (Berl.
1879).
Mit dem
NamenAlraun bezeichnete man dann auch die
Wurzel,
[* 2] aus der man den Alraun sollte schneiden können;
oder Alraunwurzel, der puppenbalgähnliche (daher bei Columella planta semihominis), fleischige Wurzelstock
der im klassischen Altertum als Zaubermittel und Amulett gebrauchten Mandragora¶
mehr
(s. d.) officinalisL., als Radix Mandragorae noch unlängst offizinell. Abgebildet ist er schon in der Handschrift des Dioskorides
aus dem Anfange des 6. Jahrh. (in der Hofbibliothek zu Wien).
[* 5] Früher knüpfte sich viel Aberglaube an ihn. Man gab ihm menschliche
(meist männliche) Gestalt und nannte ihn Alraun (Alräunchen, Alruneken), Alraun-, Wurzel-, Wichtel-, Erd-
oder Galgenmännchen (holländ. Pisdiefje, d. i. Harndiebchen). Diese wurden im deutschen Altertum als Hausgötter betrachtet,
an geheimen Orten in Kästchen gehütet, sorglich gepflegt, z. B. prächtig gekleidet und
Sonnabends in Wasser oder Wein gebadet, auch wohl bei Mahlzeiten beteiligt (vgl. Lectisternium), und sollten dem verschwiegenen
Besitzer Reichtum (darum auch Geld- oder Heckmändl), Gesundheit und andere irdische Güter, Glück bei Prozessen,
Fruchtbarkeit der Frauen, Beförderung der Geburten bringen, leisteten auch Orakeldienst.
Die Charlatane des Mittelalters verkauften sie um hohen Preis. Den meisten Wert hatten die unter dem Galgen gefundenen, angeblich
entstanden aus dem Samen
[* 6] eines gehängten Diebes, der noch reiner Junggeselle ist. Der Glaube an die Wirksamkeit
der Alraun ist in manchen Gegenden noch jetzt nicht verschwunden. Obige Abbildung, ein Alraunmännchen in drei Ansichten (a, b,
c), ist einem Dokument von 1575 in Keyßlers «Antiquitates selectae septentrionales
et celticae» (Hannov. 1720) entnommen. In vielen Gegenden, namentlich Nordwestdeutschlands,
trennte man die Erscheinung ganz von der Pflanze und faßte sie wie die Kobolde (s. d.) auf, die als Hunde
[* 7] oder Vögel
[* 8] Glück bringen.