und
Alpenbahnen. Verbindungswege zwischen den nördlich und südlichen den
Alpen
[* 2] gelegenen
Ländern waren bereits im
Altertum bekannt, doch galt der Übergang immer für ein überaus gefahrvolles Werk.
GallischeVölker
drangen frühzeitig nach Norditalien, und zwischen ihnen und ihren Stammverwandten jenseit des
Gebirges scheint immer
Verkehr
stattgefunden zu haben; davon zeugt wenigstens die
Sage von einer »heiligen
Straße«, welche von den anwohnenden
Völkerschaften unterhalten und geschützt wurde. Im 3. Jahrh.
v. Chr. führte
Hannibal seinen berühmten Übergang über die
Alpen aus; das kühne Unternehmen ward wie ein
Wunder angestaunt.
NochAlbrecht v.
Haller konnte ausrufen: Ȇber die
Alpen geht kein
Rad!« Es gab nur zwei zur
Not fahrbare
Wege über die Hochalpen, welche die Handelsstädte am
Rhein und in
Schwaben sowie im südöstlichen
Frankreich mit der
Lombardei
verbanden. Der eine, seit 1772 fahrbar, führte über den
Brenner, der andre, erst 1779-82 von
Viktor Amadeus III. angelegt,
über den
Col di Tenda. Die ganze Zentralkette auf 480 km
Länge aber war noch ohne Fahrweg; die
Wagen mußten
auseinander genommen und
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so über das Gebirge geschafft werden. Napoleon I. baute und erweiterte sieben Heer- und Fahrstraßen über die Alpen. Über
den 2010 m hohen Simplonpaß führte er von 1800 bis 1806 mit einem Aufwand von 15 Mill. Mk., um
Genf
[* 8] und Mailand
[* 9] zu verbinden, eine 8,3 m breite, von Brieg
[* 10] im Rhônethal bis Domo d'Ossola am Toce 65 km lange
Kunststraße;
1802 wurde die Straße über den 1860 m hohen Paß des Mont Genèvre erbaut, einer
der niedrigsten Alpenübergänge und seit den Römerzeiten auch von Heeresmassen oftmals überschritten;
weiter führte er
Straßen über den Col de Traversette von MontDauphin nach Saluzzo, über den Col de l'Argentière in einer Paßhöhe von 1995 m
von Gap nach Coni und wandelte die schon erwähnte, zu 1873 m aufsteigende Straße über den Col di Tenda,
welche Nizza
[* 15] und Turin
[* 16] verbindet, fast gänzlich um.
Mit dem SturzNapoleons erlahmte diese Thätigkeit keineswegs, dieselbe wurde vielmehr durch die darauf folgenden politischen
und kommerziellen Umwälzungen aufs lebhafteste angeregt, und die Schweiz
[* 17] wetteiferte mit Österreich
[* 18] in der Herstellung von
Kunststraßen, welche bald Zentral- und Ostpartien der Alpen auf zahlreichen Punkten überbrückten.
Die neueste Zeit hat sich mit diesen Alpenstraßen nicht begnügt. Sie hat den kühnen Gedanken einer
Überschienung des
Gebirges mit Geschick und Glück ausgeführt, und die Eisenbahnen, welche über einige der wichtigsten Übergänge
geführt worden sind, haben für Verkehr und Handel bereits große Bedeutung erlangt. Der Ruhm des Vorgangs gebührt Österreich,
das 1850-54 über den Semmering, über welchen schon seit 1726 eine Kunststraße führte, von Gloggnitz
bis Mürzzuschlag mit 16 Viadukten und 15 Tunnels, deren längster 1385 m mißt und 110 m unter der Paßhöhe (980 m) hinzieht,
eine Eisenbahn erbaute, welche die Verbindung zwischen Wien
[* 20] und Triest herstellt, eins der kühnsten und großartigsten Bauwerke
der Welt.
Doch wird dasselbe noch übertroffen von der 1867 vollendeten Brennerbahn, welche, abweichend von andern
großen Gebirgsbahnen, die Paßhöhe nicht mittels eines Tunnels, sondern im Freien überschreitet und zwar in einer Höhe von 1367 m.
Von Innsbruck
[* 21] nach Bozen
[* 22] führend, zählt sie bei einer Länge von 122,5 km 22 Tunnels (der längste 855 m). Zwischen diese beiden
Bahnen ist seit 1872 die von St. Valentin über Leoben und Villach nach Laibach
[* 23] führende österreichische
KronprinzRudolf-Bahn getreten als ein dritter Übergang über die Österreichischen Alpen.
Fast gleichzeitig mit der Brennerbahn wurde im westlichen Alpengebiet ein nicht minder großartiges Riesenwerk begonnen. Unterstützt
von französischem Geld, unternahm Italien den Bau einer Bahn über den Mont Cenis und vollendete denselben 1871. Die
Bahn erklimmt von Chambéry aus den Col deFréjus bis zu einer Höhe von 1294 m (1600 m unter seiner Gipfelhöhe), durchbohrt
ihn dann in einem 13,45 km langen Tunnel, um jenseits nach Susa zu führen. Diese Bahn wurde sogleich nach
ihrer Vollendung von der größten Wichtigkeit, nicht nur, weil sie die direkteste Verbindung zwischen Frankreich und Italien
herstellt, sondern vor allem als Glied der
[* 24] sogen. Überlandroute, welche von London
[* 25] über Paris
[* 26] und Lyon
[* 27] nach Brindisi zum Anschluß
an die großen Dampferlinien nach Indien, Ostasien und Australien
[* 28] sowie auch an die das Mittelmeer durchschneidenden
kleinern führt.
Großartig wie alle diese Arbeiten aber sind, so werden sie doch sämtlich weit übertroffen durch die 1872 begonnene und 1882 vollendete
Gotthardbahn, ein Bahnnetz, dessen Hauptlinie von Immensee am Zuger See bis Dirinella (italienische Grenze), unweit Pino am Lago Maggiore,
175,7 km lang, die Zentralalpen von N. nach S. durchzieht, zwischen Göschenen und Airolo den St. Gotthardpaß
mittels eines 14,9 km langen Tunnels unterfährt und den Kanton Tessin
[* 29] mit den deutschen Kantonen der Schweiz, also Italien mit Deutschland,
Holland, Belgien
[* 30] und Nordfrankreich auf kürzestem Weg verbindet.
Sie macht Genua
[* 31] zum Transitwelthafen für den Verkehr Mitteleuropas mit den asiatischen Hauptplätzen,
mit den Hafenstädten der europäischen und asiatischen Türkei
[* 32] und den La Plata-Staaten. Während so die Gotthardbahn ihren
Vorgängern eine bedeutende Konkurrenz zu bereiten im stande ist, erwuchs ihr selber eine Konkurrentin in der im September 1884 eröffneten
Arlbergbahn, die 135,8 km lange Linie von Innsbruck nach Bludenz, welche den Arlberg in 1310 m Seehöhe in
einem 10,270 m langen Tunnel durchbricht. Diese Bahn wird für die Schweiz, Südwestdeutschland und Nordfrankreich eine bedeutend
abgekürzte Verbindung herstellen mit den adriatischen Seehäfen Venedig,
[* 33] Triest und Fiume
[* 34] sowie mit Südungarn, Serbien,
[* 35] Rumänien.
Endlich ist noch ein Schienenweg zu erwähnen, der freilich die
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Alpen mehr umgeht, als überschreitet: die sogen. Cornichebahn, welche von Nizza am Meeresufer entlang durch eine Reihe von
Tunnels nach Genua führt.
Die volkswirtschaftliche Bedeutung der über die Alpen führenden Straßen ist mit der Entwickelung des gesamten Verkehrs enorm
gestiegen. Während sie in frühen Zeiten nur dazu dienten, die ungeheuern von der Natur gezogenen Grenzwälle
zu überschreiten, welche jahrhundertelang die germanischen und romanischen Völker trennten, sind sie heute die Schlußglieder
geworden in den großen Verkehrsringen, welche sich um den Erdball legen. Dazu haben sie sich namentlich gestaltet, seitdem
das Mittelmeerbecken sich wiederum durch einen kräftig erblühenden Handel neu belebte und der Verkehr
nach Indien, China
[* 37] und Australien sich mehr und mehr von dem langwierigen Weg um die Südspitze Afrikas abwandte und seine Richtung
über Ägypten
[* 38] nahm.
Für Deutschland können sie von außerordentlicher Wichtigkeit werden, wenn genügende Tariferleichterungen seinen südlichen
Teilen gestatten, für die Verschiffung ihrer Produkte die Häfen Triest, Venedig und Genua zu wählen, statt,
wie bislang, an die weit langwierigern Routen gebunden zu sein, welche die deutschen Nordseehäfen sowie die nächstgelegenen
Häfen Belgiens, Frankreichs und Englands einzuschlagen haben.
Ausführlicheres über die einzelnen Bahnen enthalten die betreffenden Artikel. S. Karte »Alpen« und die
am Schluß des Registers zu derselben abgedruckte »Übersicht der Hauptalpenübergänge«.
und Alpenbahnen. Der ältere Verkehr in den Alpen suchte sich die gangbarsten Joche auf, hohe unwegsame
Ketten oft auf langen Umwegen umgehend, den Längsthälern folgend, bis endlich ein günstig gelegenes Querthal den Zutritt
zum Hauptkamm des Gebirges und ein niedriges Joch den Übergang über denselben gestattete. Die Alpenpfade
waren rauh, die Überschreitung derselben mit Beschwerde und Gefahr verbunden; aber trotzdem wurden die Alpen vom Altertum bis
auf unsere Zeit immer häufiger überschritten.
Mit der Frequenz der Alpenwege wuchs auch ihre Wegsamkeit. Die Pfade wurden verbreitert und gepflastert,
wilde Bergwasser überbrückt, Felsen durchbohrt, Hospize und Schutzhäuser errichtet. So entstand nach und nach ein weitmaschiges
Netz von Saumwegen zur Vermittelung des militärischen und des Handelsverkehrs zwischen Italien und den Ländern am Außenrande
des Alpenbogens. Die bekanntesten Alpenstraßen des Altertums und Mittelalters waren: der Colle di
Tenda,
Mont-Genèvre, Mont-Cenis, der Kleine und der Große St. Bernhard, der Simplon, St. Gotthard, der übrigens merkwürdigerweise
den Römern unbekannt blieb, der Bernhardin, Splügen, Septimer, Julier mit der Maloja, das Reschenscheideck mit dem Wormserjoch,
der Brenner mit seinen Seitenstraßen durch das Puster-, Ampezzo-, Tagliamento- und Brentathal, der Paß von Saifnitz und
der Predil; auch über den Korntauern, den Radstädter- und Rottenmanner Tauern führten röm. Straßen.
Von diesen Alpenstraßen sind jetzt einzelne, wie der Septimer, der Korntauern und die Sölkerscharte, verödet und kommen,
wie fast alle Saumwege, nur noch für den örtlichen Kleinverkehr in Betracht; andere sind fahrbar gemacht, noch andere überschient
worden. Bis ins 19. Jahrh. war mit Ausnahme des Brenner, der 1772, des Col di Tenda, der 1782, und des Arlberg, der 1786 notdürftig
für den Wagenverkehr hergestellt wurde, keiner dieser Straßenzüge fahrbar; die Wagen mußten am Fuße des Gebirges zerlegt,
stückweise auf Saumtieren hinübergeschleppt und auf der andern Seite wieder zusammengesetzt werden.
Den ersten Anstoß zur Entwicklung des Netzes fahrbarer Alpenstraßen gaben die ital. Feldzüge Napoleons I., der 1800-6 die
Simplonstraße, 1802 die Straße über den Mont-Genevre und 1803-10 die über den Mont-Cenis bauen ließ. Um nicht durch diese
Straßen vom ital. Verkehr abgeschnitten zu werden, bauten nun auch
Österreich und die mittlern und östl. Kantone der Schweiz fahrbare Alpenstraßen, und diese drängten nach und nach die alten
Saumwege in gleicher Weise in den Hintergrund, wie sie selbst jetzt durch die Alpenbahnen zurückgestellt werden.
Für den Bau solcher Alpenstraßen bieten die West- und Mittelalpen gegenüber den Ostalpen den Vorteil,
daß die langen, tief eingeschnittenen Flußthäler meist unmittelbaren Zutritt zum Hauptkamm gestatten, so daß die Überwindung
eines Jochs in der Regel genügt, um quer durch das Gebirge vom Nord- zum Südrand zu gelangen. In den Ostalpen ist hierfür
die Überschreitung mehrerer Pässe notwendig, aber dafür gestattet in ihnen die Niedrigkeit und Zugänglichkeit
der Joche eine weit reichere Entwicklung des Eisenbahnnetzes.
Fahrstraßen und Eisenbahnen vermitteln jetzt fast einzig den Großverkehr der Alpen; von den Saumwegen kommen hierfür nur
noch wenige, wie etwa der Große St. Bernhard, einigermaßen in Betracht. Ein großer Schienengürtel, durch das Rhônethal,
die schweiz., bayr. und österr. Hochebene,
das Westungar. Hügelland und die Poebene gelegt, umzieht in weitem Kreise
[* 39] das Alpengebiet. Der äußere Abschnitt dieses Ringes
wird mit dem innern verbunden im W. durch die Cornichebahn, die die Alpen umgebend längs der Mittelmeerküste von Marseille
[* 40] nach Genua führt und sich durch die Linien Savona-Coni-Turin und Genua-Alessandria an das Bahnnetz der
Poebene anschließt; im O. durch die Linie Triest-Fiume-Agram.
Die Hauptpunkte dieses Ringes werden durch zahlreiche Querstraßen und Bahnen verknüpft, die zum Teil durch Längslinien miteinander
verbunden sind. Die wichtigsten dieser Querübergänge sind: die Straße über den Col di Tenda (1890 m), die bei Mentone von
der Cornichebahn abzweigt und bei Cuneo die Eisenbahn nach Turin erreicht;
die Straßen über den Col della
Maddalena (auch Col de l'Argentière oder Col de Larche genannt, 1995 m) und über den Mont-Genèvre (Eisenbahn
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geplant, 1854 m), die bei Gap an das französische, bei Cuneo resp. Oulx an das oberital. Bahnnetz sich anschließen; die Mont-Cenis-Bahn
(Lyon-Chambéry-Modane-Turin), die durch die Zweiglinie Culoz-Genf mit den schweiz. Bahnen verbunden ist, und die Straße über
den kleinen St. Bernhard, die von Albertville durch das Thal
[* 42] der Isère hinaufsteigt, sich bei Aosta im Thale
der Dora Baltea mit der Straße und dem Saumwege über den Großen St. Bernhard (Martigny-Aosta) verbindet und bei Ivrea das
oberital.
Bahnnetz erreicht. Als Längslinie verbindet die fünf letztgenannten Pässe die Eisenbahn, die von Avignon durch das Thal
der Durance nach Gap und über den Col de la Coix-Haute (1166 m) nach Grenoble führt und dann der Isère
nach, die Mont-Cenis-Linie kreuzend, nach Albertville hinaufsteigt; von hier aus führt eine Poststraße über Mégève (1121
m) nach Sallanches im Thal der Arve, wo sie sich teilt, um einerseits flußabwärts nach Genf,
andererseits flußaufwärts nach Camonix
und über den fahrbaren Paß der Tête-noire nach Martigny im Rhônethal zu gelangen.
Weiter im Osten bis zum Brenner werden die fahrbaren Straßenzüge etwas zahlreicher, während bezüglich der Bahnen ungefähr
das gleiche Verhältnis bestehen bleibt. Vom Genfer See aus führt, die Freiburger Alpen umgehend, die Simplonbahn durch das
Rhônethal hinauf bis Brieg, wo sich an dieselbe die Simplonstraße anschließt, die bei Arona das ital.
Bahnnetz erreicht. Die Fortsetzung der Bahn von Brieg nach Arona ist geplant. Die Gotthardstraße führt vom Vierwaldstätter
See durch Uri
und Tessin
zum Lago Maggiore. In dieselbe münden bei Biasca vom Vorderrheinthal her die Lukmanierstraße und bei
Arbedo die Straße über den Bernhardin; südlich zweigt die Straße über den Monte-Cenere, Bellinzona-Lugano, ab. Die Gotthardbahn
und die Monte-Cenere-Bahn wurden 1882 dem Betrieb übergeben. Am reichsten entwickelt ist das Straßennetz des schweiz. Kantons Graubünden.
Von der Bahnlinie, die vom Züricher und Bodensee her, die östl. Flanke der Glarner Alpen umgebend, im
bündnerischen Rheinthal bis Chur
[* 43] vordringt, zweigen sich drei Querstraßenzüge ab: von Malans führt eine Straße durch das
Prättigau in das Davos und über den Flüelapaß (2390 m) in das Engadin, übersteigt dann den Ofenpaß (2155 m), um ins Münsterthal
zu gelangen, und mündet bei Glurns in die große Straße des Reschenscheideck.
Von Chur führt südlich die «obere Straße» über die Lenzerheide (1551 m) und den Julier ins Engadin und über die Maloja
nach Chiavenna; die untere Straße zieht sich von Chur rheinwärts bis Reichenau, wendet sich dann südlich ins Thal des Hinterrheins
und erreicht über den Splügen ebenfalls Chiavenna, von wo sich eine Bahn zum Comer See und zur StationLecco des oberital. Bahnnetzes hinunterzieht. Durch die Schynstraße und die Davoserstraße werden diese drei Straßenzüge
miteinander verbunden; von der letztern zweigt bei Alveneu die Albulastraße ab, die über das gleichnamige Joch das Engadin
erreicht und sich über den Berninapaß nach Tirano im Veltlin fortsetzt.
Die westlichste Verkehrsstraße Österreichs wird durch die Arlbergstraße und die 1884 eröffnete Arlbergbahn von Bludenz nach
dem Innthal, und von der Straße über das Reschenscheideck gebildet, die sich bei Spondinig teilt, um einerseits durch das
Etschthal abwärts Bozen an der Brennerbahn, andererseits über das Stilfser JochBormio
und das Veltlin zu
erreichen. Diese Gruppe von Querstraßen wird von drei großen Längsstraßenzügen gekreuzt. Von der Endstation Brieg der
Simplonbahn führt eine Straße durch das Oberwallis und über die Furka ins Urserenthal und über die Oberalp (2052 m) in das
Rheinthal, um sich bei Chur wieder an das Bahnnetz anzuschließen.
Der mittlere Längsstraßenzug wird vom Innthal vorgezeichnet. Im W. lehnt er sich mit der Malojastraße bei Chiavenna an
die Splügenstraße an, führt dann das Engadin abwärts, erreicht bei Finstermünz das tirolische Oberinnthal und bei Landeck
die Arlbergbahn. Von N. aus dem bayr. Oberlande münden in die Straße des Innthals die drei Poststraßen
über den Fernpaß (1250 m) aus dem Lechthale (Füssen-Telfs, Eisenbahn geplant), über das Seefeld (1176 m) aus dem Loisachthale
(Partenkirchen-Zirl) und über den Achenseepaß (925 m) aus dem Weißachthale (Tegernsee-Jenbach). Der südlichste Straßenzug
endlich zweigt bei Colico von der Splügenroute ab und zieht sich durch das Veltlin aufwärts, überschreitet
den Apricapaß (1234 m) und gelangt von dem Val Camonica über die Tonalestraße in das Val diSol und Val diNon und hinaus nach
SanMichele an der Brennerbahn.
Die Grenze zwischen den Rhätischen Alpen und den Tauern wird vom Brenner gebildet, über dessen Joch Straße
und Bahn das Inngebiet mit dem Etschgebiet verbinden. Im N. schließt die Bahn bei Rosenheim, im S. bei Verona
[* 44] an den Schienengürtel
rings um die Alpen, östlich vom Brenner bis zu den Quellen der Mur hindert die gewaltige Bergmauer der Hohen Tauern die unmittelbare
Fahrverbindung quer durch das Alpensystem; erst weiter im Osten gestattet die Zugänglichkeit und geringe
Höhe der Joche wieder die Entwicklung des Straßennetzes, zugleich aber auch eine so reiche Entfaltung des Bahnnetzes, daß
die Fahrstraßen ihre ehemalige Bedeutung großenteils eingebüßt haben.
Die wichtigsten Verkehrswege östlich vom Brenner sind die folgenden: von Salzburg
[* 45] führt die Eisenbahn
durch das Salzachthal und Fritzthal über Eben (856 m) ins Ennsthal, wo bei Radstadt der Straßenzug über den Radstädter
Tauern (1738 m) ins Murthal und über den Katschberg (1641 m) ins Drauthal abzweigt, welches er bei der StationSpittal der Bahnlinie
Marburg-Franzensfeste erreicht; die südl. Fortsetzung dieser Route wird durch die Poststraße gebildet,
die bei Tarvis die Bahn verläßt, um über den Predil (1162 m) durch die Flitscherklause und das Isonzothal Görz
[* 46] zu erreichen.
Ein zweiter Straßenzug führt von Steyr an der Enns (bis Grünburg Bahn) durch das Thal des Steyrflusses, gelangt über den
Pyhrnpaß (945 m) ins Thal der Enns, über den Rottenmanner Tauern (1265 m) nach Judenburg im Murthal und
über den Obdachersattel ins Lavantthal, wo er bei Wolfsberg die Bahn wieder erreicht; als Fortsetzung dieses Wegs mag die
Poststraße über den Loibl (1370 m) gelten, die von Klagenfurt
[* 47] über die Karawanken ins Thal der Save führt. Die
dritte Verkehrsstraße wird von einer Eisenbahn gebildet, die im Zickzack die Alpen durchschneidend, bei St. Valentin einerseits
und bei Amstetten andererseits von der Linie Wien-Salzburg südlich ins Ennsthal abzweigt, wo sie das Gesäuse, den wildschönen
Durchbruch der Enns durch die Österreichischen Kalkalpen berührt; bei Selzthal wendet sie sich nach SO.
und erreicht durch das Palten- und Liesingthal St. Michael an der Mur,
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durch deren Thal sie ansteigt, um von Scheifling aus über den Sattel von Neumarkt (888 m) das Glanthal und sich gabelnd einerseits
Villach an der Drau, andererseits Klagenfurt zu erreichen. Von Villach aus führt die Pontebbabahn über Tarvis, wo die Linie
durch das Savethal nach Laibach abzweigt, dann über Pontafel und das ital.
Pontebba und durch das Fellathal nach Udine, wo sie sich an die Linie Venedig-Triest anschließt. Die vierte Verkehrslinie
ist die Semmeringbahn von Wien nach Graz,
[* 49] Laibach und Triest. Durch die Zweigbahn von Bruck an der Mur nach St. Michael stehen
die beiden Bahnsysteme in unmittelbarer Verbindung. - Als Längslinie ist zu verzeichnen im N. der Hohen
Tauernkette die Eisenbahn, die bei Wörgl von der Linie Rosenheim-Innsbruck abzweigt, über Kitzbühel und Hochfilzen (969
m) ins Unter-Pinzgau und Pongau führt und mit der Salzburger Linie vereinigt Radstadt erreicht, dann das Ennsthal hinabführt
und bei Selzthal in die Bahn durch das Gesäuse einmündet.
Bei Toblach mündet in sie von S. her aus dem Ampezzothal die prächtige Strada d'Allemagna. Neben diesen
Hauptverkehrswegen der Ostalpen bestehen in dem überall zugänglichen, von tiefen Flußthälern durchfurchten Gebiete noch
eine Menge von Straßen von kaum geringerer Bedeutung, und namentlich von der Semmeringbahn aus steigen mehrere Zweigbahnen
durch die westlich sich öffnenden Seitenthäler hinauf, während nach O. die Linien Graz-Steinamanger,
Pragerhof-Kanizsa und Steinbrücken-Agram das Verkehrsnetz der Ostalpen mit dem ungar. Bahnsystem verknüpfen.
Zahlreicher sind die Fahrstraßen und Eisenbahnen in den nördl. und südl.
Alpenvorländern, so in der schweiz. und bayr. Hochebene, im
niederösterr. Hügellande und der Poebene, wo fast jedes größere Flußthal eine Poststraße oder einen Schienenweg besitzt,
die bis zum Alpenrande führen.
Folgendes ist eine Übersicht aller fahrbaren Pässe über die Hauptwasserscheide der Alpen in ihrer Reihenfolge von West
nach Ost: Col di Tenda (1890 m), Col de Larche (1995 m), Mont-Genèvre (1854 m), Mont-Cenis (2084 m, der Tunnel der Mout-Cenis-Bahn
geht in 1295 m Höhe unter dem Col de Frejus [2528 m] durch), Kleiner St. Bernhard (2157 m), Simplon (2010
m), St. Gotthard (2114 m, Eisenbahntunnel in 1154 m Höhe), Lukmanier (1917 m), Bernhardin (2063 m), Splügen (2117 m), Maloja
(1811 m), Berninapaß (2330 m), Ofenpaß (2155 m), Reschenscheideck (1495 m), Brenner (1302 m, überschient), Radstädter Tauern
(1738 m), Rottenmanner Tauern (1265 m), Schoberpaß (849 m, überschient), Prebichl (1227 m, Eisenbahntunnel), Seeberg (1254
m), Niederalpel (1220 m), Hühnerreith (1144 m), Semmering (980 m, Eisenbahntunnel in 897 m Höhe).