Tourn.,
Gattung aus der
Familie der
Liliaceen, teils kleine
Kräuter mit kaum über den
Boden vortretender
Achse und
grundständiger
Blattrosette, teils strauch- oder baumartige
Gewächse mit bis 20 m hohem, einfachem oder ein- oder mehrmals
gabelig verzweigtem
Stamme mit endständigen
Blattrosetten. Die dicht gedrängt zweizeilig, meist aber spiralig stehenden
Blätter sind stets dickfleischig, lineal-lanzettlich, glatt, gerunzelt, warzig oder stachlig rauh, oft an den
Rändern stachlig gezahnt, bisweilen gefleckt oder gebändert.
Sie treiben einen oft meterlangen, einfachen oder verzweigten Blütenschaft, an welchem die schön gefärbten, röhrenförmigen
Blüten in
Ähren oder
Trauben oder in aus solchen zusammengesetzten
Rispen stehen. Die dreifächerige
Kapsel enthält
zahlreiche scharfrandige, selbst geflügelte
Samen.
[* 2] Das Markgewebe der
Blätter ist erfüllt mit farb- und geruchlosem
Schleim,
die
Gefäßbündel
[* 3] sind aber von besondern
Schläuchen begleitet, und in diesen findet sich ein gelber, bitterer Saft, welcher
getrocknet die Aloe des
Handels liefert. Von den 200
Arten in wärmern Klimaten der östlichen Erdhälfte
finden sich 170 am
Kap. Vielfach werden auch die Untergattungen Aprica, Haworthia und Gasteria als selbständige
Gattungen
behandelt, und dann bleiben für die
GattungAloë nur etwa 86
Arten übrig, von denen einige, wie Aloë vulgarisDec. und Aloë arborescensHaw., in Südeuropa verwildert sind. Man kultiviert viele
Arten als
Zierpflanzen.
Aloë vulgarisLam. mit meist
nur 60
cm hohem
Stamm, blaßgrünen, weißlich bereiften Blättern mit weißen, braunspitzigen Randstacheln, bis 1 m hohem
Schaft mit reichblütiger
Traube und gelben, grünlichgelb gestreiften
Blüten, ist in Nordostafrika heimisch, ward von hier
nach
Ost- und
Westindien,
[* 4]
Südamerika
[* 5] und Südeuropa verpflanzt und ist vielfach kultiviert und verwildert.
Sie ist bei uns namentlich auf dem Land beliebt, wo ihre hellgrünen
Blätter bei
¶
mit 1-1,75 m hohem,
meist einmal gabelästigem Stamm, bläulich grünen, unterseits weiß gefleckten Blättern mit weißen Stachelzähnen, reichblütiger
Traube und purpurroten, an der Spitze grünlichen Blüten, wächst im Küstengebiet Ostafrikas und am Kap, nicht auf der
InselSokotora, wo vielmehr Aloë PerryiBaker vorkommt. Aloë ferox Mill. (s. Tafel »Kakteen«),
[* 9]
oft 6 m hoch, mit schwarzpurpurnen
Stacheln an den Blättern, verzweigtem Blütenschaft und blaßroten, grünlich gestreiften Blüten, am Kap. Aloë lingua Mill.,
stammlos, mit zweizeiligen, zungenförmigen, glatten Blättern und grünen, am Grund roten Blüten, am Kap.
Diese und andre Arten liefern ebenfalls Aloe und werden als Zierpflanzen kultiviert. Die Aloeblätter enthalten zwar Gespinstfasern,
[* 10] welche an der Westküste Afrikas zu Stricken und Netzen, auf Jamaica zu Webereien benutzt werden; der Aloehanf (s. d.) des Handels
stammt aber nicht von Aloearten ab. Die sogen. 100jährige Aloë ist Agave americana; über die der Bibel
[* 11] s. Aloeholz.
der eingetrocknete bittere Saft, welcher sich in besondern Gefäßen der fleischigen Blätter der Aloearten (s.
Aloe, Pflanzengattung) findet. Man benutzt zur Gewinnung dieses Safts mehrere Aloearten und verfährt in der einfachsten
Weise, indem man die großen, fleischigen Blätter abschneidet, übereinander schichtet und den freiwillig
austretenden bittern Saft eindampft, bis die Masse beim Erkalten erstarrt. Je nach der im einzelnen abweichenden Gewinnungsart
und der angewandten Aloespezies zeigt die Ware verschiedene Beschaffenheit.
Schnell eingedampfter Saft gibt eine undurchsichtige, etwas kristallinische Aloe, welche seit Dioskorides als
leberfarbene Aloe (Aloë hepatica) unterschieden wird. In Deutschland
[* 13] verwendet man hauptsächlich die Kapaloe (Aloe lucida),
eine stark glasglänzende, in kleinen Splittern rötliche bis hell gelbbraune, durchsichtige, im auffallenden Licht
[* 14] fast schwarze,
nicht kristallinische Masse, welche, völlig ausgetrocknet, bei 100° nicht erweicht, überhaupt nicht ohne Zersetzung schmilzt.
Lufttrockne Kapaloe enthält 7-14 Proz. Wasser; bei 100° getrocknet, besitzt sie ein spezifisches Gewicht
von 1,364; sie gibt ein trübhellgelbes Pulver und löst sich von allen Sorten am reichlichsten in Wasser und Alkohol. Barbadosaloe
ist härter, tiefbraun, auf den Bruchflächen nicht glänzend, etwas kantendurchscheinend, kristallinisch. Sokotora-Aloe von
Bombay,
[* 15] Sansibar,
[* 16] ostindische von den Küstenländern des RotenMeers und Aden,
[* 17] ist schön braunrot oder mehr
leberfarbig, sehr kristallinisch, kommt auch weich und selbst flüssig in den Handel.
Die Aloesorten verdanken ihren schwach eigentümlichen Geruch einem sehr geringen Gehalt an ätherischem Öl und schmecken widerlich
bitter. 3 Teile Aloe lösen sich klar in 6 Teilen kochendem Wasser, bei 0° aber scheiden sich allmählich 2 Teile
Aloeharz wieder aus, welches nicht bitter schmeckt und in Alkohol, Äther und Alkalien löslich ist. Die vom Harz befreite braune,
wässerige Lösung reagiert schwach sauer und gibt beim Verdampfen das ExtractumAloës.Alkohol löst Aloe vollständig oder fast
vollständig, und diese Lösung (1 Teil Aloe und 5 Teile Alkohol) ist als Tinctura Aloës offizinell.
Aus der Aloe ist ein kristallisierbarer Bitterstoff, Aloin, abgeschieden worden, welcher die physiologische Wirkung der in erhöhtem
Maß besitzt. Die verschiedenen Aloesorten
liefern aber voneinander abweichende Aloine, die zu einander in naher Beziehung
stehen und vermutlich Derivate des Anthracens sind. Mit Salpetersäure gibt das AloinChrysaminsäure. Man
benutzt Aloe als Abführmittel, welches die Verdauung nicht stört, im Gegenteil etwas anregt und bei längerm Gebrauch keine
Steigerung der Dosis erfordert. Sie befördert aber Neigungen zu Blutungen und ist auch bei Schwangerschaft ausgeschlossen. -
Die Aloe war schon den Alten bekannt, Alexander d. Gr. soll sich um die Hebung
[* 18] der Aloeproduktion bemüht
haben.