Lourens, Genremaler, geb. zu Dronryp in
Friesland, erhielt seine Gymnasialbildung zu
Leeuwarden,
wo er besonders klassische
Studien trieb, und widmete sich 1852 nach einem kurzen Aufenthalt inAmsterdam
[* 2] und im
Haag
[* 3] der
Malerei auf der
AntwerpenerAkademie, besonders unter der Leitung von Hendrik
Leys, dessen archaisierende
Richtung
auf die seinige von entscheidendem Einfluß wurde. Er begann eine selbständige Thätigkeit 1861 mit einem historischen Genrebild:
die
Erziehung der
Söhne Klothildens, und der Erfolg, der diesem Erstlingswerk zu teil wurde, veranlaßte
ihn in seinen spätern
Jahren noch häufig,
Motive aus der fränkischen Geschichte zu wählen, wobei er eine umfassende Kenntnis
der archäologischen
Details bekundete.
nachgebildeten Gerätschaften eine große Virtuosität. Wie die alten Niederländer, die van Eyck und ihre Schüler, auf welche
ihn Leys geführt hatte, liebt er die hellen, klaren Töne und ein volles, gleichmäßiges Licht,
[* 7] ohne mit Schattenwirkungen
zu operieren. Auf die Ausbildung der Lufttöne legt er kein Gewicht, sondern begnügt sich mit der einfachen
Wiedergabe der Lokaltöne, wodurch bisweilen die Perspektive in seinen Bildern mißlingt. Im J. 1870 siedelte er von Brüssel,
[* 8] wo er bis dahin gewohnt hatte, nach London
[* 9] über und ließ sich daselbst naturalisieren.
Von jetzt ab malte er fast ausschließlich Bilder aus dem römischen Altertum, unter denen das Fest der
Weinlese (1872), das Bildhaueratelier und das Maleratelier (1874) die
in der treuen Wiedergabe des Stofflichen und in der subtilen malerischen Durchführung gipfelnde Begabung Alma-Tademas von der
glänzendsten Seite zeigten, Eine tiefere Empfindung und Erregung in den Köpfen seiner Figuren widerzuspiegeln, ist ihm versagt,
wie z. B. die Rache brütende Fredegunde auf der Morgengabe der Galeswintha (1878) und seine Porträte
[* 10] beweisen.
Auch für lebensgroße Figuren reicht seine mehr auf das Zierliche gerichtete malerische Kraft
[* 11] nicht aus, wie sich aus dem
Bildhauermodell (1876) ergibt. Das Beste leistet in Genrebildern kleinern Umfangs, wie: eine Frage, Willkommen!, die Badewärterin,
der römische Garten.
[* 12] Von den Bildern der letzten Jahre sind außer den genannten noch zu erwähnen: eine
Audienz bei Agrippa, ClaudiusImperator und Sappho. Alma-Tadema ist auch ausgezeichneter Aquarellmaler. - Seine GattinLauraAlma-Tadema ist ebenfalls
als Malerin auf dem Gebiet des modernen Genrebilds thätig.
Lourens, einer der bedeutendsten, eigentümlichsten Maler der Gegenwart, dessen fast ausschließliches
Fach die Schilderung des öffentlichen und Privatlebens der alten Völker ist, das er mit einer Fülle
von archäologischem Wissen in wunderbar vollendeter Weise behandelt. Geboren zu Dronryp in Friesland als Sohn
eines Notars, fand er, wie viele Künstler, anfangs große Hindernisse gegen seine Neigung zur Kunst. Schon auf dem
Gymnasium zu Leeuwarden fesselte ihn bei der Lektüre der alten Klassiker das Leben der Griechen und Römer in hohem Grad;
er setzte es daher durch, daß er 1852 nach Antwerpen auf die Akademie ging, wo er zwar Schüler von Wappers und Dyckmans
wurde, aber viel mehr von der archaistischen Weise des Leys, in dessen
Atelier er 1859 trat, und von
dem Verkehr mit dem Archäologen de Taye beeinflußt wurde. Er nennt sich daher gern nur einen Schüler von Leys, strebte
aber nicht nach altertümelnder Manier der Darstellung, wie sein Lehrer sie ausgebildet hatte, sondern nach höchster Vollendung
der modernen Technik.
Das erste Werk, das, von ihm selbständig ausgeführt, einen durchschlagenden Erfolg hatte, war 1861 die Erziehung der Söhne
Klothildens, der Gemahlin Chlodwigs, das in den Besitz des Königs der Belgier überging. Da er in dieser Weise eine künstlerische
Individualität dargelegt hatte, trat er Reisen an und besuchte im Lauf der Jahre Köln, London wiederholt,
Italien und Paris. Jenem ersten Werk folgten in den nächsten Jahren: 1862 der ebenfalls sehr gelungene Fortunatus, der Held
des bekannten Volksromans aus dem Anfang des 16. Jahrh.;
1863 das Bild: wie man sich vor 3990 Jahren unterhielt, das durch
seine bis dahin gänzlich unbekannte Darstellung des altägyptischen Lebens das größte Interesse erregte,
zumal da es auch technisch und koloristisch von höchster Bedeutung war;
1864 Fredegunde und Prätextatus, 1865 ein ägyptisches
Spiel und Catullus bei der von ihm gefeierten Lesbia, 1866 der Eingang in ein römisches Theater, 1867 die in Paris ausgestellte
Mumie, die an Farbenpracht sein erstes ägyptisches Bild noch übertrifft und in den Details ein ungemeines
antiquarisches Studium verrät.
Unter den dann fast alle Jahre folgenden sind die interessantern: Phidias bei seiner Arbeit
amFries des Parthenon, Tarquinius Superbus mit den Gesandten seines Sohns Sextus, der römische Kunstliebhaber, der pyrrhichistische
Tanz, ein römisches Interieur (besser: die Genesende), ein römischer Kaiser, d. h. eine sehr krasse
Scene der Ermordung des Caligula, der Kämmerer des Königs Sesostris, das 1872 besonders in Deutschland bewunderte, in Paris
ziemlich kühl aufgenommene Fest der Weinlese im alten Rom, der Tod des erstgebornen Sohns des Pharao, Joseph als Intendant
des Pharao, die Audienz bei Agrippa, der höchst pikante Claudius Imperator, der
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Improvisator, das Bildhaueratelier (1878) und als das neueste (1879 ausgestellt) die freilich
nicht zu seinen Meisterwerken gehörende Morgengabe der Galeswintha. Wie er 1878 auf der Pariser Ausstellung eine höchst
interessante Auswahl seiner Bilder hatte, so auch 1879 in München das genannte Bildhaueratelier, den Spiegel, die Witwe
und das reizende Bildchen: eine Frage. Fast alle diese Bilder malte er mit bewunderungswürdiger Technik
und einem in verschiedener Weise erfreulichen malerischen Eindruck, bald in hellerm Ton, bald in tieferer Färbung, aber
stets mit absoluter Vollendung. 1871 verlegte er seinen Wohnsitz von Brüssel nach London, wo 1874 bei einer Explosion in
der Nähe des Regent-Parks sein in pompejanischem Stil eingerichtetes Haus nebst seinem Atelier, das
zahlreiche Kunstschätze enthielt, großenteils zerstört wurde. - Auch seine Gattin Laura A., eine geborne Engländerin,
malt in ihres Gatten Atelier, aber nicht in seinem Stil. Bis jetzt stellte sie nur einige Genrebilder aus.