Alma
-Tadema
,
Lourens, Genremaler, geb. zu Dronryp in Friesland, erhielt seine Gymnasialbildung zu Leeuwarden, wo er besonders klassische Studien trieb, und widmete sich 1852 nach einem kurzen Aufenthalt in Amsterdam [* 2] und im Haag [* 3] der Malerei auf der Antwerpener Akademie, besonders unter der Leitung von Hendrik Leys, dessen archaisierende Richtung auf die seinige von entscheidendem Einfluß wurde. Er begann eine selbständige Thätigkeit 1861 mit einem historischen Genrebild: die Erziehung der Söhne Klothildens, und der Erfolg, der diesem Erstlingswerk zu teil wurde, veranlaßte ihn in seinen spätern Jahren noch häufig, Motive aus der fränkischen Geschichte zu wählen, wobei er eine umfassende Kenntnis der archäologischen Details bekundete.
Die gleiche Kenntnis bildet auch einen der Hauptvorzüge der ethnographischen Genrebilder aus dem ägyptischen, griechischen und römischen Altertum. Die Reihe derselben begann 1863 mit: wie man sich vor 3000 Jahren in Ägypten [* 4] unterhielt. Es folgten 1864: Fredegunde und Prätextatus, 1865: galloromanische Weiber und Catullus bei Lesbia, 1866: der Eintritt in ein römisches Theater, [* 5] der römische Tanz, Agrippina mit der Asche des Germanicus, 1867-69: die Mumie, Tarquinius Superbus, die Siesta, Phidias am Fries des Parthenon arbeitend und der pyrrhichische Tanz. In diesen Gemälden entwickelte er besonders in der Nachahmung der Stoffe, des Marmors, der Bronzen, Mosaiken, der antiken Originalen ¶
mehr
nachgebildeten Gerätschaften eine große Virtuosität. Wie die alten Niederländer, die van Eyck und ihre Schüler, auf welche ihn Leys geführt hatte, liebt er die hellen, klaren Töne und ein volles, gleichmäßiges Licht, [* 7] ohne mit Schattenwirkungen zu operieren. Auf die Ausbildung der Lufttöne legt er kein Gewicht, sondern begnügt sich mit der einfachen Wiedergabe der Lokaltöne, wodurch bisweilen die Perspektive in seinen Bildern mißlingt. Im J. 1870 siedelte er von Brüssel, [* 8] wo er bis dahin gewohnt hatte, nach London [* 9] über und ließ sich daselbst naturalisieren.
Von jetzt ab malte er fast ausschließlich Bilder aus dem römischen Altertum, unter denen das Fest der
Weinlese (1872), das Bildhaueratelier und das Maleratelier (1874) die
in der treuen Wiedergabe des Stofflichen und in der subtilen malerischen Durchführung gipfelnde Begabung Alma
-Tademas
von der
glänzendsten Seite zeigten, Eine tiefere Empfindung und Erregung in den Köpfen seiner Figuren widerzuspiegeln, ist ihm versagt,
wie z. B. die Rache brütende Fredegunde auf der Morgengabe der Galeswintha (1878) und seine Porträte
[* 10] beweisen.
Auch für lebensgroße Figuren reicht seine mehr auf das Zierliche gerichtete malerische Kraft
[* 11] nicht aus, wie sich aus dem
Bildhauermodell (1876) ergibt. Das Beste leistet in Genrebildern kleinern Umfangs, wie: eine Frage, Willkommen!, die Badewärterin,
der römische Garten.
[* 12] Von den Bildern der letzten Jahre sind außer den genannten noch zu erwähnen: eine
Audienz bei Agrippa, Claudius Imperator und Sappho. Alma-Tadema
ist auch ausgezeichneter Aquarellmaler. - Seine Gattin Laura Alma-Tadema
ist ebenfalls
als Malerin auf dem Gebiet des modernen Genrebilds thätig.