Titel
Alicante.
1) Provinz in Spanien, südlichster Teil des ehemaligen Königreichs Valencia, grenzt an die Provinzen Valencia, Albacete und Murcia sowie an das Mittelmeer, hat 5659,71 qkm, 1877: 411 565, 1887: 433 050 (212 856 männl., 220 194 weibl.) E., d. i. 76 auf 1 qkm, und zerfällt in 14 Bezirke, in denen das dem Catalonischen und der Langue d'oc verwandte Valencianische gesprochen wird. Im S. vom Unterlauf des Segura, sonst nur von Küstenflüssen durchflossen, ist das Land zur Hälfte eben mit teils trockner, salziger Steppe, teils fruchtbaren, künstlich bewässerten Huertas, zur Hälfte besteht es aus nackten, schroff aufsteigenden und vielfach zerrissenen Kalkbergen der Juraformation, die meist von W. nach O. streichen und entweder in längern Ketten auftreten oder als einzelne Bergwälle aus der Ebene emporsteigen. Am höchsten und gebirgigsten ist der nordöstl. Teil von Alicante, wo der Aitana bei Callosa über 1600 m, der Moncabrer in der Sierra Mariola 1386 m, der Mongo südlich von Denia 712 m erreicht. Dieser Berg hängt nur mit den Höhen zusammen, die in den Kaps San Antonio, San Martin und De la Nao steil zum Meer abfallen. Haupterzeugnisse sind: Seide, Wein, Rosinen, Mandeln, Datteln, Esparto (s. d.) und Geflechte aus diesem Gras. - 2) Hauptstadt der Provinz Alicante, Festung und wichtiger Hafen und Handelsplatz, liegt malerisch teils am Abhange des mit dem starken Kastell Sta. Barbara gekrönten Felsbergs (200 m), an dessen Nordabhang ein Teil des berühmten Alicanteweins wächst, teils am Strande in der Ebene und ist Kopfstation der Eisenbahnlinien Madrid-Alicante und Cartagena-Murcia-Alicante.
Die untere Stadt ist ziemlich regelmäßig gebaut, hat breite Straßen, neuere Häuser, geräumige Plätze und hübsche Promenaden; die obere Stadt ist alt und winkelig. Das Ganze ist von starken Festungswerken umgeben und wird durch das den Hafen beherrschende Kastell und die Forts Sta. Ana und San Fernando verteidigt. Alicante ist Sitz eines deutschen Konsuls für die Provinz Alicante nördlich vom Segura, hat (1887) 40 115 E., eine Kollegiatkirche mit sehenswerter Bibliothek und Münzsammlung, zwei Pfarrkirchen, zwei Nonnenklöster, einen bischöfl.
Palast, ein Theater, ein Instituto, eine Gemäldegalerie im Hause des Marquis von Algorfa, eine Schiffahrtsschule, mehrere Kasernen, eine treffliche, von zwei Vorgebirgen eingefaßte Reede mit einem der geräumigsten und sichersten Häfen des Mittelmeers. Außer der Cigarrenfabrik, welche 3000 Frauen beschäftigt, giebt es beträchtliche Baumwollfabriken und Leinwebereien. Alicante ist der Stapelplatz für die Produkte der Provinz: Wein, Öl, Anis, Mandeln, Johannisbrot, Esparto, Blei, Datteln, Süßholz und besitzt regelmäßige Dampfschiffverbindungen mit allen span. Häfen und mit Marseille. Der vorzüglichste Ausfuhrartikel ist der in der Umgegend erbaute Alicantewein (s. d.). Derselbe geht größtenteils nach England. Karl V. begründete den Weinbau, indem er Reben vom Rhein nach Alicante bringen
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402 ließ. - Alicante, das röm. Lucentum, wurde 713 von den Arabern erobert und Lekant oder Alkant genannt. Mit der Umgegend bildete es eine Zeit lang ein eigenes Emirat. Ferdinand III. von Castilien entriß die Stadt den Mauren, die 1304 an Jakob II. von Aragonien abgetreten ward, der sie zum Königreich Valencia schlug. Berühmt ist die Belagerung von Alicante 1709 durch die Franzosen unter Asfeld, bei der der engl. Kommandant der Citadelle, Oberst Richard, mit seinem ganzen Stabe in die Luft gesprengt wurde.
Auch 1812 wurde von den Franzosen belagert. Im Sommer 1873 erklärte sich Alicante anfangs, gleich Cartagena, für unabhängig von der Centralregierung in Madrid, unterwarf sich jedoch bald wieder, wurde deshalb 27. Sept. von zwei aus Cartagena ausgelaufenen Kriegsschiffen der Insurgenten zur Anerkennung des Kantons Cartagena aufgefordert und nach der Weigerung mit 700 Geschossen (darunter viele Petroleumbomben) beschossen, widerstand aber, tapfer verteidigt, und zwang die beschädigten Kriegsschiffe zum Rückzug.