Titel
Ali
,
1) Ali.
Ben
Abu Taleb, »erster
Moslem«, vierter
Kalif, der treueste und tapferste
Gefährte des
Propheten, dessen
Neffe und durch seine
Gattin Fatime dessen
Eidam, geb. 602
n. Chr. zu
Mekka, ward nach
Mohammeds
Tod 632 auf Betrieb
Aischas, die er beleidigt, nicht
zum
Kalifen gewählt und bestieg erst nach
Othmans Ermordung 656 als vierter
Kalif
den
Thron,
[* 2] hatte aber verschiedene
Aufstände zu bekämpfen.
Aischa, die intrigante und rachsüchtige
Witwe
Mohammeds, erhob sich,
mit mehreren
Großen im
Bund, angeblich um
Othmans
Tod zu rächen, gegen Ali
, ward aber von diesem 656 in der Kamelschlacht bei
Basra geschlagen und gefangen genommen, jedoch mit
Schonung behandelt. Auch der
Omejjade
Muawija, von
Othman
zum
Statthalter von
Syrien erhoben, verweigerte den
Gehorsam. Es entbrannte ein erbitterter, blutiger
Krieg, der das Land verwüstete.
Da verschworen sich drei Koreischiten, die
Urheber dieses
Kriegs aus dem Weg zu schaffen: Ali
und
Muawija sollten an Einem
Tag
(21. Jan. 661) fallen.
Muawija wurde nur verwundet, Ali
jedoch fiel, als er zum
Gebet in die
Moschee gehen wollte, unter dem Mordstahl
Abd ur Rahmâns in
Kufa. Ali
ragte durch
Tapferkeit,
Tugend und
Frömmigkeit hervor und besaß
Beredsamkeit und reiches
Wissen; von
seinen Anhängern ward er schwärmerisch verehrt, als der
Paraklet angesehen, der dem
Islam erst die wahre
Vollendung verliehen habe, und seine Nachkommen, die Aliden
, die in
Medina lebten, als die einzig berechtigten Nachfolger
des
Propheten betrachtet.
Unter der Herrschaft der
Omejjaden wurde Alis
Partei unterdrückt, sie kam aber wieder empor und erlangte namentlich im
Osten,
in
Iran, Macht unter den
Abbassiden. Die Dynastie der
Fatimiden (s. d.) leitete von ihm ihren Ursprung ab.
Noch werden
Wallfahrten zu seinem
Grabe bei
Kufa gemacht und
Tote in der
Nähe desselben begraben, damit sie selig neben dem Gefeierten
ruhen. Die religiösen Anhänger Alis
, die
Schiiten, welche Ali
selbst göttliche Verehrung zollen und unter seinen Nachkommen
besonders zwölf (die
Imame, davon
Ismail und
Mohammed die bedeutendsten) hochstellen, haben sich namentlich
in
Persien
[* 3] und der
Tatarei ausgebreitet. Die dem Ali zugeschriebenen
Sprüche sind am besten von
Fleischer (Leipz. 1837) herausgegeben;
der
»Divan« oder die vollständige Sammlung seiner lyrischen Gedichte, größten teils religiösen
Inhalts, erschien 1840 zu
Bulak bei
Kairo
[* 4] im
Druck.
2) Pascha von Janina, geb. 1741 zu Tepeleni in Albanien aus einem alten, im 15. Jahrh. zum Schiitismus übergetretenen, zum toskischen Stamm der Liapen gehörigen albanesischen Geschlecht, Sohn eines Paschas von zwei Roßschweifen, der zu Tepeleni eine beschränkte Gerichtsbarkeit ausübte, schwang sich durch Talent und List bis zum Gipfel despotischer Macht empor. Nach dem Tode des Vaters (1754) in Not und Bedrängnis geraten, gewann er in abenteuerlichen und wechselvollen Kämpfen die diesem entrissenen Besitzungen wieder und zog, nachdem er mehrmals gefangen und bestraft worden, schließlich an der Spitze einer geworbenen Klephthenschar in Tepeleni ein. Er ermordete seinen leiblichen Bruder, beschuldigte die Mutter, denselben vergiftet zu haben, und sperrte sie ein.
Seit 1767 im Dienste [* 5] des Paschas von Delvino, ward er wegen der im Kriege gegen Rußland und Österreich [* 6] geleisteten Dienste 1787 vom Sultan zum Pascha von Trikkala in Thessalien ernannt. Bald darauf setzte er sich durch einen kühnen Gewaltstreich (1788) in Besitz der Stadt Janina, gewann das Paschalik daselbst und 1789 auch das von Arta. Die Pforte ließ ihn gewähren, da sie durch auswärtige Kriege und innere Schwierigkeiten in Anspruch genommen war. Ali erweiterte nun seine Herrschaft mehr und mehr, herrschte grausam, aber ¶
mehr
kräftig, unterdrückte die blutigen Fehden unter den Albanesen und behandelte, selbst religiös freisinnig und tolerant, die Christen mild. Mit unerhörten Greueln erzwang er 1803 die Unterwerfung der Sulioten und ließ sich von der Pforte zum Oberstatthalter von Romanien erheben. Er beherrschte Albanien, Epirus, Thessalien und das südliche Makedonien. Seit 1807 war Ali faktisch unabhängig von der Pforte, obwohl er jährlich einen bestimmten Tribut nach Konstantinopel [* 8] schickte.
Der Diwan stand in seinem Sold, und in Albanien war die Laune des Tyrannen alleiniges Gesetz. England, Frankreich und Rußland hatten ihre Generalkonsuln an seinem Hof. [* 9] Sein Heer schätzte man in der Blüte [* 10] seiner Macht (1815-20) auf 100,000 Mann, welche in zahlreichen Kastellen verteilt lagen. Seine Residenz war ein befestigter Palast bei Janina, dessen äußere Höfe immer mit Soldaten angefüllt waren. Die Pforte suchte sich endlich des gefährlichen Emporkömmlings zu entledigen.
Sultan Mahmud ächtete ihn im Juli 1820 als Rebellen und schickte Ismail Pacho Bei mit 5000 Mann auserlesener türkischer Truppen gegen ihn. Ali wurde, nachdem die albanesischen Führer zum großen Teil von ihm abgefallen waren, in Janina eingeschlossen, verteidigte sich aber auf der Burg wie ein Löwe. Der Aufstand der Griechen, durch Alis Gold [* 11] unterstützt, kam ihm zu gute. Indes Churschid Pascha, Ismails Nachfolger, hielt Janina hartnäckig eingeschlossen, und Mangel an Lebensmitteln nötigte Ali endlich, zu kapitulieren. Churschid verlockte ihn durch das Versprechen, für ihn Gnade zu erwirken, sich auf ein Landhaus im See von Janina zu begeben, wo er ihn 5. Febr. ermorden ließ. Ein Tatar brachte seinen Kopf nach Konstantinopel, wo derselbe lange auf der Zinne des Serails ausgestellt war. Man fand in Alis Palast etwa 10 Mill. Fl. bar, eine Summe, groß genug, um damit seine Feinde zu erkaufen, hätte das Gold nicht über ihn so große Herrschaft geübt.