Algebra
,
ein
Teil der reinen Mathematik, ist die
Lehre
[* 2] von den
Gleichungen (s.
Algebraische Gleichungen).
Früher wurde die
Buchstabenrechnung (s. d.), welche die Anwendung der arithmet.
Operationen auf allgemeine, durch
Buchstaben
ausgedrückte
Größen lehrt, auch mit zur Algebra
gerechnet, wiewohl sie eigentlich nur ein Hilfsmittel derselben ist. Jetzt
braucht man das Wort Algebra
gleichbedeutend mit algebra
ischer
Analysis,
d. i.
Theorie der algebra
ischen Funktionen
(s.
Analysis). Die Algebra
besteht aus zwei Hauptteilen.
In dem ersten werden
Gleichungen für eine
Unbekannte und
Systeme von
Gleichungen für ebensoviel
Unbekannte, als
Gleichungen, aufgelöst
und die Eigenschaften der algebra
ischen Funktionen untersucht. Der zweite Hauptteil, der auch unbestimmte
Analytik oder Diophantische
Analysis genannt wird und die höhere
Arithmetik nahe berührt, handelt von besondern (ganzzahligen oder
wenigstens rationalen)
Auflösungen unbestimmter
Gleichungen. Das Wort Algebra
stammt aus der arab.
Sprache.
[* 3]
Bei den
Arabern bedeutete Al-gebr w'almokâbala,
d. i. Ergänzung und Vergleichung, Transposition sowie
Vereinigung und Kürzung
positiver und negativer
Glieder
[* 4] von
Gleichungen.
Bei den
Italienern des 16. Jahrh. heißt die Algebra
ars minor
und ars major, erstere gewöhnlich Regola della cosa, indem man die
unbekannte Größe, und zwar deren erste Potenz, Cosa,
d. i. Ding, nannte, woraus die bei den alten deutschen Algebra
isten übliche Benennung: Regel
Coß oder die
Coß, entstanden ist.
Das älteste Hauptwerk über Algebra
ist von dem letzten der großen griech.
Mathematiker, Diophantus aus
Alexandria, im 4. Jahrh. n. Chr. verfaßt; von
den ursprünglichen 13
Büchern seines in griech.
Sprache abgefaßten und arithmet.
Aufgaben enthaltenden Werkes sind nur sechs
und ein
Teil des siebenten auf uns gekommen und u. a. von Fermat 1670 (deutsch
von J. O. L.
Schulz, Berl. 1823) herausgegeben. Die Europäer lernten die Algebra
durch die
Araber kennen, besonders durch Mohammed
ibn
Musa, dessen Werk von
Rosen aus dem
Arabischen ins
Englische
[* 5] («The Algebra»
, Lond. 1831) übersetzt
worden ist.
Durch die
Schrift
«Liber Abaci» (1228) des ital.
Kaufmanns
Leonardo
Fibonacci aus Pisa,
[* 6] der den
Orient bereist
und dort sich Kenntnisse der Algebra
erworben hatte, fand diese Wissenschaft zugleich mit der Kenntnis der arab.-ind.
Zahlenschreibung und
Rechnung weitere
Verbreitung in Europa.
[* 7] Erst 1494 erschien wieder ein Werk über Algebra
, die
«Summa de Arithmetica,
Geometria, Proportioni et Proportionalità» des Minoritenmönchs
Luca Pacioli aus
San Sepolcro in
Toscana,
in dem die
Auflösung
¶
0388a Algen [* 9] I Fucoideen oder Melanospermeen: 1. Sargassum vulgare (Beerentang). 2. Laminaria digitata (Blatttang). 3. Laminaria [Alaria] esculenta (Flügeltang). 4. Macrocystis pyrifera Florideen oder Rhodospermeen: 5. Plocamium coccineum (Kammtang). 6. Corallina officinalis (Korallenmoos). 7. Ceramium rubrum (Horntang). 8. Polysiphonia urceolata (Röhrentang). 9. Delesseria sanguinea (Rippentang). 10. Chondrus crispus (Knorpeltang). 11. Schizymenia [Tridaea] edulis (Hauttang). Chlorospermeen: 12. Ulva latissima (Meerlattich). 13. Cladophora glomerata. Characeen: [* 10] 14. Nitella flexilis 15. Chara fragilis (Armleuchter). ¶
0388b Algen II Bacillariaceen : 1. Pleurosigma angulatum. 2. Pinnularia viridis;
a Gürtelband-, b Schalenansicht. 3. Melosira varians;
a Fadenkolonie, b desgl. in Auxosporenbildung begriffen. 4. Auxosporenbildung bei Frustulia saxonica;
a Berührung zweier Mutterzellen, b die beiden Auxosporen noch ohne, c bereits mit Schalen, d Erstlingszelle.
Cyanophyceen: 5. Rivularia pisum (Bachfaden). 6. Oscillaria viridis (Schwingfaden);
a Gruppe von Fäden b einzelner Faden, [* 12] stärker vergr. 7. Nostoc commune (Zitteralge);
a Kolonie in natürl. Gr., b einzelne Fäden vergr. Phaeophyceen oder Melanospermeen: 8. Sphacelaria cirrhosa (Brandspitzentang);
a in natürl. Gr., b Zweigstück vergr., c Sporangium. 9. Fucus vesiculosus (Blasentang);
a Thallusstück, wenig verklein., b–e weibliche, f–h männliche Geschlechtsorgane.
Chlorophyceen oder Chlorospermeen: 10. Vaucheria sessilis; a junges Individuum aus der Spore auskeimend, b c Schwärmsporenentwicklung, d Oogonium und Antheridium, Befruchtung. [* 13] 11. Volvox globator (Kugeltierchen). 12. Spirogyra longata (Schraubenalge); a steril, b zwei Fäden in Konjugation. 13. Cosmarium botrytis. 14. Acetabularia mediterranea. 15. Oedogonium ciliatum; a Schwärmspore, b Ausschlüpfen einer solchen, c Dauersporenbildung. Characeen: 16. Chara fragilis (Armleuchter); a Blattstück mit Sporenknospe S und Antheridium A, b Antheridienschildchen mit Spermatozoidenschläuchen, c Spermatozoid, d Zweig in naturl. Gr. Rhodophyceen oder Rhodospermeen: 17. Ceramium echionotum (Horntang). 18. Polysiphonia violacea (Röhrentang); a in natürl. Gr., b Zweig mit Antheridien, c Cystocarpium. ¶
mehr
von Gleichungen dritten Grades als unmöglich bezeichnet wird. Aber schon 1505 fand Scipio Ferro in Bologna die Auflösung einer
kubischen, Ludovico Ferrari bald darauf die einer biquadratischen Gleichung; Cardanus aus Mailand
[* 15] machte 1545 diese Auflösungen
bekannt. In Deutschland
[* 16] wurde die der Italiener schon im Anfange des 16. Jahrh. sorgfältig studiert. Einer
ihrer ersten Bearbeiter war Christian Rudolf aus Jauer,
[* 17] dessen Werk, die erste algebra
ische Schrift in Deutschland, 1524 gedruckt
und 1571 von Stifel neu herausgegeben wurde.
Andere Bearbeiter sind Scheybl in Tübingen,
[* 18] Recorde in England, Peletarius in Frankreich, Stevin aus Brügge Größere Fortschritte
verdankt die Algebra
dem Franzosen Vieta, geb. 1540, gest. 1603, dessen
Werke von Schooten in Leiden
[* 19] 1646 herausgegeben wurden. Vieta bediente sich der Buchstaben und Formeln in weiterm Umfang; er
bezeichnete die bekannten Größen durch die Konsonanten, die unbekannten durch die Vokale des großen lat. Alphabets, wofür
Dcscartes die ersten und die letzten Buchstaben des kleinen Alphabets genommen hat.
Fermat und Descartes erwarben sich besonderes Verdienst dadurch, daß sie die Algebra auf die Geometrie anwandten, die Linien nach ihren Gleichungen ordneten und so die moderne analytische Geometrie begründeten. Descartes' «Géometrie» (1637) förderte den ersten Teil der Algebra, während Fermats Entdeckungen auf dem Gebiete der Diophantischen Analysis zu den glänzendsten Leistungen aller Zeiten gehören. Wichtige Beiträge zur Algebra gaben Newton in seiner «Arithmetica universalis», Tschirnhausen, Cotes, Moivre, später Euler, Bezout, Lagrange, Vandermonde, dann besonders Gauß, und in neuerer Zeit Abel, Galois, Kronecker, Hermite, Riemann, Weierstraß.