Alfred
(angelsächs. Alfred
), angelsächs. König
(871-901), jüngerer Sohn des Königs Ethelwulf, geb. 849 zu Wantage in
Berk, folgte seinem ältern
Bruder Ethelred auf dem
engl.
Thron
[* 2] zu einer Zeit, als die Schöpfung seines Großvaters Egbert, die Einigung der angelsächs.
Reiche in Britannien unter
Führung von Wessex, durch die
Angriffe der Dänen vernichtet wurde. Nach kleinern
Kämpfen in den ersten Jahren seiner Regierung erlag Alfred
878 in seinem eigenen Stammreich Wessex einem umfassenden
dän.
Einfall; er mußte fliehen und sich verbergen, sammelte aber
heimlich ein kleines
Heer und eroberte noch in demselben
Jahre das
Verlorene zurück, dazu den südwestl.
Teil des nördlich angrenzenden Mercia. Er begnügte sich, in diesem gesicherten Besitz dem Eroberer einen festen Damm entgegenzustellen, ein Kernland für die künftige Wiedervereinigung der Angelsachsen zu schaffen. Nur im Verteidigungskrieg noch zu den Waffen [* 3] greifend, widmete er nun seine ganze Kraft [* 4] dem Ausbau des Landes im Innern. Über Mercia setzte er ein Glied [* 5] des frühern Herrscherhauses, Ethelstan, dem er seine Tochter zur Ehe gab; er sicherte die Grenzen, [* 6] organisierte den Heeresdienst und schuf eine Flotte zum Schutz der Küste, weshalb er als Vater der engl. Marine gilt. Er sichtete die alten Gesetze von Kent, Wessex und Mercia und vereinigte sie mit neuen zu einer Sammlung, aus der das «common law» erwuchs (Vgl. Turk, The legal code of the Great. Mit Einleitung. Lpz. 1889); durch Kräftigung der Gerichtspflege und Trennung des Richteramtes vom Heerbefehl gab er ihnen neues Ansehen und stärkte so Königsgewalt und staatliche Ordnung.
Ein Förderer religiösen Zinnes und geistiger Interessen, sorgte er für die Bildung seiner Unterthanen; er selbst übersetzte und bearbeitete für sie theol. und geschichtliche Werke aus dem Lateinischen (das er noch im 36. Jahre lernte), wie des Gregorius «Cura pastoralis» und der Boëthius «De consolatione philosophiae», die Kirchengeschichte Bedas und die Geschichte des Orosius, der er Berichte über Reisen an der Nord- und Ostseeküste und eine Beschreibung der slaw. Länder hinzufügte (s. Angelsächsische Litteratur).
Auch suchte er mit fremden Nationen fruchtbringende
Verbindung zu schaffen; in seinem
Auftrag fuhr der
Normanne Ohther von
Norwegen
[* 7] bis ins
Weiße
Meer, Wulfstan von
Schleswig
[* 8]
bis in den
Finnischen
Meerbusen. Alfred
starb Ende Okt. 901. Er war
ein Monarch, der mit weitschauendem
Blick die pünktliche Sorgfalt im einzelnen, mit rastlosem Thatendrang dre weise
Beschränkung
auf das Erreichbare, mit dem praktischen Verstand des Verwalters die
Anmut
einer für seine Zeit hohen Geistesbildung verband.
Sage und
Dichtung haben ihn deshalb zu ihrem
Helden erhoben und seine nur einen
Teil Englands berührende
Wirksamkeit für das ganze Land in
Anspruch genommen. Sein
Beiname «der
Große» geht nicht vor das 16. Jahrh. zurück.
A.s Werke
gab
Giles (mit
Bosworth u. a.) heraus: «The whole works of
King Alfred»
(2 Bde., Lond.
1858).
Hauptquelle sind die zeitgenössischen «Annales rerum gestarum Aelfredi» von seinem Freunde Asser, Bischof von Sherham (hg. von Wise, Oxf. 1722, und in den «Monumenta historica Britannica», Bd. 1, Lond. 1848). -
Vgl. Lappenberg, Geschichte von England, Bd. 1 (Hamb. 1834);
Stubbs, Constitutional history of England, Bd. 1 (Lond. 1874): Winkelmann, Geschichte der Angelsachsen bis zum Tode König A.s (Berl. 1883);
Pauli, König und seine Stellung in der Geschichte Englands (ebd. 1851);
ferner: I. V. Weiß, Geschichte A.s d. Gr. (Schaffh. 1852); Hughes, the Great (Lond. 1878).