Titel
Alfred
(angelsächs. Älfrêd
, d. h. gut und freundlich
an
Rat), 1) der
Große, König von
England, jüngster Sohn König Ethelwulfs und Enkel
Egberts, der die sieben
kleinen angelsächsischen
Königreiche vereinigt hatte,
geb. 849 zu
Wantage in
Berkshire, ward als fünfjähriger
Knabe vom
Papst
Lee IV. in
Rom
[* 2] zum König gesalbt. Zwei Jahre später besuchte er mit seinem
Vater
Rom zum zweitenmal. Auf der Rückreise
hielt sich Alfred
an
Karls des
Kahlen
Hof
[* 3] längere Zeit auf, wo er die fortgeschrittenere
Kultur des westfränkischen
Reichs genauer
kennen lernte.
Nach des
Vaters
Tod (860) zeichnete er sich unter der Herrschaft seiner
Brüder in den
Kämpfen gegen die mächtig andringenden
Normannen aus. Als der letzte der ältern
Brüder,
Ethelred, 871 starb, wurde Alfred
zum König von
Wessex gewählt.
Er empfing das Land im allertraurigsten Zustand: die
Normannen drangen von
Northumberland aus bis in das
Herz von
Wessex vor;
der Ackerbau lag danieder, die Hälfte der Dörfer und Städte, der Kirchen und Klöster in Asche.
Zwar schloß Alfred
872 einen
Friedensvertrag mit den
Normannen, diese erneuerten aber trotzdem ihre Einfälle;
Mercia und die benachbarten
Reiche, zuletzt
auch
Wessex (878) gingen an sie verloren, die Eingebornen flohen zu
Tausenden in die
Gebirge oder über das
Meer. Alfred
selbst verbarg
sich in Wildnissen und
Sümpfen, so daß man ihn verloren glaubte, und zahlreiche
Sagen und
Legenden berichten
von seinen Erlebnissen auf der
Flucht und während der
Verbannung.
Sicher ist, daß der König nicht aufhörte, die Vertreibung
der
Dänen im
Auge
[* 4] zu behalten.
In dem schwer zugänglichen Waldgebiet am Zusammenfluß des
Parret und der
Thone verschanzte er sich mit seinen
Gefährten zu
Äthelmy, pflanzte hier sein
Banner auf, sammelte die Edlen und das
Volk von
Somerset und rückte mit seinem
Heer gegen Äthandune
(Eddingdon bei
Westbury), wo er im Mai 878 dem Feind eine entscheidende
Niederlage beibrachte. Nach 14
Tagen nahm er die
Feste;
der Dänenfürst Guthoom, dem Alfred
Ostangeln beließ, nahm das
Christentum an.
Nun begann für
England eine
Zeit des
Friedens.
Aber Alfred
rüstete zugleich zur Abwehr etwaniger neuer
Angriffe. So fand ihn schon die nächste große
Flotte der
Normannen unter
Hastings zum Empfang bereit und kehrte um. Einen neuen
Einfall der
Normannen schlugen Alfred
und sein tapferer Sohn
Eduard
bei
Farnham in
Surrey zurück. Seit dieser Zeit tönten der
Norden
[* 5] und
Westen
Europas wider von Alfreds
Ruhm. Des
Königs erste
Sorge war, die
Wunden zu heilen, welche die lange Kriegsnot dem Wohlstand des
Volks und dessen bürgerlicher
Ordnung geschlagen.
Dabei erst zeigte sich Alfreds
ganze
Größe. Er erneuerte die alte
Einteilung des
Landes und
Volks in
Shires
(Grafschaften) und Hundertschaften, er bereitete die Trennung der
Rechtspflege von der
Verwaltung vor und sorgte für gewissenhafte
Handhabung der erstern; er sammelte die
Gesetze von
Kent,
Mercia und
Wessex, fügte neue hinzu und schuf so ein
Gesetzbuch, das
zum Teil die Grundlage des spätern
common law wurde. Mit gleichem
Eifer sorgte Alfred
für
Hebung
[* 6] des Nationalreichtums.
Der Ackerbau wurde begünstigt, fremde Ansiedler wurden herbeigezogen, Dörfer neu gegründet, London [* 7] aus den Trümmern hergestellt und auf jede Weise gehoben. Ebenso bemüht war der König, Handel und Schiffahrt zu pflegen, und seiner ganz besondern Fürsorge erfreuten sich Kirchen und Klöster. Auch die vaterländische Dichtkunst und die Wissenschaften begünstigte in jeder Weise. Noch als König übersetzte er, durch den Unterricht seines gelehrten Freundes Asser vorbereitet, Orosius' Weltchronik, Bedas Kirchengeschichte, Boetius' Schrift vom Troste der Philosophie, Gregors Pastoralregeln u. a. Auch eine Psalmenübersetzung wurde begonnen. Daneben war ¶
mehr
in der Bau- und Schiffbaukunst, [* 9] in Gold- und Silberarbeit wohl erfahren; er selbst erfand einen Stundenmesser. Eifrig sorgte er für die Erziehung seiner Kinder, namentlich des Thronfolgers Eduard. Alfred starb 28. Okt. 901 an einem unheilbaren Übel, an welchem er seit dem 20. Jahr gelitten. Was den Menschen ehrt und den Fürsten auszeichnet, vereinigte in sich; als Dichter und Gelehrter, als Krieger, als Staatsmann, als Gesetzgeber und als Richter, als Christ und Mensch ist Alfred gleich groß. Hauptquelle für Alfreds Geschichte ist seines Freundes Asser, Bischofs von Sherburne, »Vita Alfredi«, herausgegeben von Wise (Oxf. 1722) und in den »Monumenta historica britannica« (Lond. 1848). Seine Werke wurden gesammelt herausgegeben von Bosworth (Lond. 1858, 2 Bde.).
Vgl. Pauli, König Alfred und seine Stelle in der Geschichte Englands (Berl. 1851);
Weiß, Geschichte Alfreds d. Gr. (Schaffh. 1852);
Hughes, Alfred the Great (Lond. 1878).
2) Alfred Ernst Albert, Herzog von Edinburg [* 10] und zu Sachsen, [* 11] geb. zu Windsor, zweiter Sohn des Prinzen Albert und der Königin Viktoria von Großbritannien [* 12] und Irland, trat nach sorgfältiger Vorbereitung 1858 als Kadett in den Marinedienst, machte auf Kriegsschiffen mehrere Seereisen, wurde 1862 zum König von Griechenland [* 13] erwählt, welche Krone sein Vater aber für ihn ablehnte, und ward 1866 zum Herzog von Edinburg und Grafen von Kent und Ulster erhoben. Er kommandierte 1867 die Fregatte Galatea auf einer Reise nach Australien, [* 14] wo von einem Iren, O'Farrell, ein Attentat gegen ihn verübt und er leicht verwundet wurde, fuhr dann nach Japan, [* 15] China und Indien und vermählte sich in Petersburg [* 16] mit der Großfürstin Maria, einziger Tochter des Kaisers Alexander II. von Rußland, welche ihm vier Kinder gebar. Er ward darauf als Erbe und Nachfolger des Herzogs Ernst II. von Sachsen-Koburg-Gotha anerkannt und vom deutschen Kaiser zum Generalmajor à la suite des 6. thüring. Infanterieregiments Nr. 95, vom russischen Kaiser zum Chef der zweiten Flottenequipage des Schwarzen Meers ernannt und avancierte zum Konteradmiral in der britischen Marine.