Alexandrin
isches
Zeitalter
nennt man den Zeitraum der griech. Wissenschaft und
Litteratur nach dem
Untergange der
Freiheit und Selbständigkeit
Griechenlands, d. h. von der Zeit
Alexanders d. Gr. an, aber
nicht nach ihm, sondern nach der Stadt
Alexandria in
Ägypten,
[* 2] die unter den Ptolemäern (s. d.) ein Hauptsitz
der gelehrten und litterar. Thätigkeit ward. Es läßt sich in zwei Hauptperioden scheiden:
die erste, die Regierungszeit
der Ptolemäer, das Alexandrin
isches Zeitalter
im engern
Sinne, von 823 bis 30
v. Chr.; die zweite von 30
v. Chr. bis um 640 n. Chr.,
d. h. bis zur arab. Eroberung. Der erste Förderer der Wissenschaft
war
Ptolemäus
Soter, noch mehr leistete darin sein Nachfolger
Ptolemäus Philadelphus. Der
Alexandrinischen Schule gehörten
Griechen, Ägypter,
Juden und später auch
Römer
[* 3] an. Die größte Bedeutung erlangten die
Grammatiker (s. d.), geringere die
Dichter (s.
Griechische Litteratur, 4.
Periode, und Pleias).
Es wurden zwar alle Gattungen der
Poesie gepflegt, die meisten jedoch nur in schwächlicher Nachahmung der frühern Zeit;
einige Selbständigkeit und eine gewisse
Blüte
[* 4] erlangten nur Idyll (bukolische
Poesie), Elegie und
Epigramm. Auch die
Philosophie
zeigt noch eine eigentümliche
Entwicklung; einen besondern Charakter gab der
Alexandrinischen Philosophie die
Berührung mit orient.
Anschauungen. Meistens zeigen die
Philosophen ein Bestreben nach
Vereinigung widerstreitender
Systeme,
weshalb man sie oft als
Eklektiker (s. d.) bezeichnet. Am berühmtesten wurden die alexandrin
ischen
Neuplatoniker (s. d.).
Das eigentliche Charakteristikum des Zeitalters
ist aber die gelehrte, wissenschaftliche Thätigkeit, die den Höhepunkt
aller griech.
Wissenschaft bezeichnet.
Außer
Grammatik und litterar. Kritik erlangten hohe Ausbildung
auch
Medizin, Geographie, Physik, Mathematik und Naturwissenschaften.
Schon im 3. Jahrh.
v. Chr. hatte Euklides hier sein klassisches
Werk über die Geometrie geschrieben. Die Astronomen dieser Schule unterschieden sich gleich anfangs von ihren Vorgängern
dadurch, daß sie alle metaphysischen
Spekulationen beiseite stellten und sich ganz den eigentlichen
Beobachtungen
hingaben. Als Physiker, Mathematiker, Geographen zeichneten sich aus:
Aristyllus und Timocharis, dann
Archimedes zu
Syrakus,
[* 5] Eratosthenes, Aristarch von
Samos,
Ptolemäus u. a.
Gegen acht Jahrhunderte erhielt sich die Alexandrinische Schule in ihren verschiedenen Richtungen auf einer solchen, freilich mit dem Wechsel der Zelten steigenden und sinkenden Höhe, daß sie immer ein Hauptmittelpunkt der Gelehrsamkeit und Litteratur gewesen ist. -
Vgl. Parthey, Das alexandrin
ische Museum (Berl. 1838);
Matter, Historie de l'école de l'Alexandrie (2. Aufl., 2 Bde., Par. 1840-44);
Barthelemy Saint-Hilaire, De l'école d'Alexandrie (ebd. 1845);
Simon, Historie de l'école d'Alexandrie (2 Bde., ebd. 1844-45);
Göll, Das gelehrte Altertum (Lpz. 1870);
Weniger, Das alexandrinische Museum (Berl. 1875);
Aug. Couat, La Poésie Alexandrine sous les trois premiers Ptolémées (Par. 1882);
Susemihl, Geschichte der griech. Litteratur in der Alexandrinerzeit (2 Bde., Lpz. 1891-92).