(Alexandreia), eine von
Alexander d. Gr. 331
v. Chr. gegründete und nach ihm benannte Stadt an der
Küste
von Unterägypten, jahrhundertelang eine der glänzendsten Großstädte des
Altertums und als Pflegerin
der
Wissenschaften berühmt. Der
Sage nach hatte dem Eroberer im
Traum ein
Greis die
VerseHomers recitiert:
»Eine der
Inseln liegt in der weit aufwogenden Meerflut
und so die
Lage der zu erbauenden Stadt bestimmt. Sie nahm den sandigen
Streifen zwischen dem
Meer und dem
Strandsee
Mareotis ein und war vom
BaumeisterDeinokrates angelegt. Ihr
Umfang betrug an 19 km. Die vorliegende
InselPharos war
mit dem
Festland durch einen mächtigen, 7 Stadien (1290 m) langen
Damm (Heptastadion) verbunden, welcher den
Hafen in eine westliche (Eunostos) und eine östliche Hälfte (den sogen.
GroßenHafen) teilte. Diese Häfen sind noch die
der jetzigen Stadt Alexandria; das tief und fest begründete Heptastadion ist durch die vom
Meer angeschwemmten
Gerölle und Schuttmassen
zu einer etwa 500 m breiten
Landzunge geworden, die
Kanäle aber, welche die Häfen ehedem verbanden, sind
längst angefüllt.
Auf der Ostspitze der
InselPharos erhob sich, von Sostratos unter
Ptolemäos I. im 3. Jahrh.
v. Chr. erbaut, der berühmte, 160 m
hohe, aus acht
Stockwerken bestehende
Leuchtturm, dessen
Leuchte auf 300 Stadien (50-60 km) den
Schiffen sichtbar war. Das prächtigste
Quartier der Stadt war das sogen. Brucheion oder
Basileia, das den »großen
Hafen« von S. einschloß und
alle zur königlichen
Residenz gehörigen Bauwerke umfaßte. Hier stand das weltberühmte Museion, der
Brennpunkt des geistigen
Lebens für mehrere
Jahrhunderte, mit der großen, angeblich 700,000
Rollen
[* 3] starken
Bibliothek (s. unten, S. 331); weiter nach
der
Küste hin der
Tempel
[* 4] des
Poseidon
[* 5] und das
Theater.
[* 6] Am östlichen Ende des Brucheion ragten die sogen.
Nadeln der Kleopatra
[* 7] empor, zwei schlanke
Obelisken aus dem 16. Jahrh.
v. Chr., von denen der eine seit 1878 in
London,
[* 8] der andre
seit 1880 in
New York sich befindet. Im S. des Brucheions stand das prunkvolle Gymnasion mit 200 m langen
Säulenhallen und ostwärts davon, vor dem Kanoposthor, der große
Hippodrom (die
Rennbahn). Im
SW. der Stadt lag das Serapeion,
nächst dem
Kapitol in
Rom
[* 9] das prachtvollste Gebäude seiner Art in der damals bekannten
Welt (mit einer zweiten wertvollen
Bibliothek von 200,000Rollen), in dessen weiten
Räumen zu Anfang des 4. Jahrh.
n. Chr. ein römischer
Präfekt,
Pompejus, zu
Ehren des
KaisersDiokletian eine imposante
Säule errichtete, die noch heute, gewöhnlich
Pompejussäule
benannt
mitten unter Schutthügeln aufrecht steht, ein riesenhafter
Monolith aus rotem
Granit von 20 m
Höhe und 2½ m
Durchmesser.
Sie gehört zur korinthischen
Ordnung und erreicht mit
Fußgestell und
Knauf
[* 10] eine Gesamthöhe von fast 32 m.
Auf ihr wurden auf
Napoleons I. Befehl die
Namen der beim
Sturm auf die Stadt gebliebenen französischen
Soldaten eingezeichnet,
die an ihrem
Fuß beerdigt liegen. Den
Mittelpunkt der gesamten Stadt bildete der ungeheure Platz, auf
dem sich die beiden über 30 m breiten Hauptstraßen Alexandrias rechtwinkelig schnitten;
Reihen großer Schutthaufen, einzelne
Säulen
[* 11] und zahlreiche
Zisternen deuten noch jetzt den
Lauf dieser Hauptstraßen an. Im W. lag die große (unterirdische) Gräberstadt
(Nekropolis), bis zu dem sogen.
Bade der
Kleopatra sich erstreckend.
DieHunderte der noch immer vorhandenen
Zisternen zeugen noch heute von der
Größe des alten
Alexandrien.
Unter den aufgetürmten Schuttmassen mögen noch ansehnliche Reste der großen Vorzeit verborgen liegen; mit vielen der alten
Marmor- und Granitwerke hat sich
Rom ausgestattet und nachmals Byzanz, über andre flutet das
Meer. Bei der Besitznahme der
Römer
[* 12] zählte Alexandria nahezu eine
Million Einwohner, und ein seltsames Gemisch von Völkern war hier zusammengedrängt: Griechen
(die
Mehrzahl), Ägypter und zahlreiche
Juden;
daneben Leute aus allen Gegenden der damals bekannten
Welt,
Schwarze und
Weiße,
die der
Handel oder die
Sklaverei hierher führte, endlich als Befehlende
Römer.
Das jetzige Alexandria (arab.
Iskanderieh, s. beifolgenden Stadtplan), Haupthafen und erste Handelsstadt
Ägyptens, ist nächst
Kairo
[* 13] die größte und blühendste Stadt des
Landes, nimmt aber nur etwa ein Drittel von dem
Raum des alten Alexandria ein, nämlich die
frühere
InselPharos und die sie mit dem
Festland verbindende
Landzunge (das alte Heptastadion). Zu beiden
Seiten der letztern liegen die beiden Häfen: westlich der alte oder afrikanische, östlich der neue oder asiatische
Hafen,
beide jetzt allen
Nationen offen stehend, während bis Anfang dieses
Jahrhunderts die fremden christlichen
Schiffe
[* 14] nur in den
nicht hinlänglich sichern neuenHafen einlaufen durften. Alexandria ist keine eigentlich orientalische Stadt,
es bildet ein Gemisch von
Orient und
Occident, wobei jedoch der europäische
Charakter mehr und mehr zur Geltung gelangt.
Die
Straßen des ältern (türkischen) Stadtteils sind ungepflastert, im
Winter daher äußerst schmutzig, fast ungangbar,
die
Häuser entweder aus
Backsteinen und rotemLehm oder aus weißem
Sandstein mit
Mörtel gebaut, zwei, höchstens
drei
Stockwerke hoch, mit flachen Dächern, die
Thüren nach der
Straße zu verschlossen, die
Fenster vergittert. Die mehr in
die
Augen fallenden Gebäude, wie der
Palast des
Chedive, das Zollhaus, das Marinearsenal u. a., sind sämtlich Werke
MehemedAlis.
Das auffälligste Gebäude ist das auf der ehemaligen Pharosinsel (wahrscheinlich an der
Stelle des alten
Leuchtturms) stehende
Kastell, wo sich auch seit 1842 der neue, 55 m hohe
Leuchtturm erhebt, der auf 30 km sichtbar ist. Die
Stadt ist nach der
See- und Landseite hin durch
Befestigungen verteidigt. Die
Mauer, welche sie umschließt
und durch etwa 100
Türme und
Bastionen flankiert wird, ist die nämliche, welche die Araber nach der Zerstörung des alten
Alexandria errichteten. Das immer mehr wachsende und sich ausdehnende
Quartier der
Franken, in dem alljährlich palastartige Neubauten
entstehen, zumal um den Platz
Mehemed Ali (auch Platz der
Konsuln) mit der
¶
Die Juden haben mehrere Synagogen und die Mohammedaner über 30 Moscheen. Einige reiche europäische Kaufleute haben sich in der
Nähe von Alexandria prächtige Landhäuser gebaut und Parke angelegt, und die Oberbeamten des Chedive fangen an,
diesem Beispiel zu folgen. Der fremden Bevölkerung
[* 17] steht eine mindestens dreimal so starke einheimische, zumeist aus türkischen
und arabischen Elementen gemischte gegenüber, die in armseligen, aus Lehm zusammengekneteten Hütten
[* 18] wohnt, und zu der sich
noch Vertreter der verschiedensten afrikanischen Völkerschaften gesellen.
Die Gesamtzahl der Einwohner wird zu (1883) 208,755 angegeben. Davon kommen
auf die europäische Bevölkerung, welche, Handelsgewinn suchend, sich in Alexandria niedergelassen hat, nahezu 60,000, vorherrschend
Italiener, Griechen und Franzosen (nur etwa 1000 Deutsche).
[* 19] Der Flor der neuen Stadt gründet sich hauptsächlich auf den überseeischen
Export- und Importhandel, welcher hier für ganz Ägypten
[* 20] seinen Sitz hat. Die Hauptgegenstände des Exporthandels
sind gegenwärtig: Baumwolle
[* 21] und Baumwollsamen, Hülsenfrüchte, Ölsamen, Hanf, Indigo,
[* 22] Zucker,
[* 23] Gummi, Opium, Wolle, verschiedene
Droguen etc.;
Hauptgegenstände des Importhandels: europäische Seidenwaren, wollene und baumwollene Stoffe, Leder- und allerlei
Kurzwaren und Luxusgegenstände etc. Die Verkehrsmittel Alexandrias sind so entwickelt wie
nur die irgend eines andern Hafens am Mittelmeer;
Jährlich besuchen über 2000 Schiffe Alexandria. Zwei Telegraphenkabelführen nach Europa.
[* 28] Eine Eisenbahn
führt in östlicher Richtung nach der nahen Sommerfrische Ramle und nach Rosette, eine zweite nach Kairo und Suez, eine dritte
nach El Meks, Mittelpunkt der Arbeiten für die von einem englischen Hause ausgeführten großartigen Hafenanlagen.
Das außerordentlich schnelle Emporkommen Alexandrias unter der jetzigen Regierung ist übrigens großenteils auf Kosten andrer
Plätze bewerkstelligt worden, besonders Rosettes, das in gleichem Verhältnis sank und verarmte.
Der Lebensnerv des heutigen Alexandria ist der Mahmudiehkanal, welcher die Verbindung mit dem Innern unterhält
und zugleich den Zweck hat, die Stadt mit Trinkwasser zu versorgen. Dieses großartige Werk despotischer Willenskraft, 1819 von
Mehemed Ali angelegt und zu Ehren des SultansMahmud benannt, läuft vom alten Hafen zum Nilarm von Rosette in einer Länge von
83,5 km, 30 m breit und 6 m tief. Mit diesem Kanal,
[* 29] an dem anfangs 100,000, später sogar 310,000 Menschen
arbeiteten (20,000 sollen durch Krankheiten und Hunger hingerafft worden sein), steht ein kleinerer von etwa 2728 m Länge, 20 m
Breite
[* 30] und 6 m Tiefe in Verbindung, um beim Anschwellen des Nils das eintretende überflüssige Wasser abzuführen.
An Stelle der Zisternen, von denen es noch über 1000 geben soll, ist seit 1860 eine aus dem Kanal Moharrem Bei (einem Zweig
des Mahmudiehkanals) gespeiste Wasserleitung
[* 31] getreten, deren Wasser in der trocknen Jahreszeit jedoch kaum
brauchbar ist.
Das Klima
[* 32] Alexandrias ist im ganzen gesund, und selbst im Sommer ist die Hitze, durch den Seewind gekühlt,
nicht drückend; selten steigt das Thermometer
[* 33] auf 26° C. Der vorherrschende Wind ist der Nordwind; im Winter regnet es fast
täglich. Alexandria ist der Sitz eines Gouverneurs, eines koptischen Patriarchen, seit 1876 eines internationalen Appellhofs, der
Marine- und Handelsanstalten sowie der Marine- und Militärschulen und der fremden Konsuln. AlleEuropäer
genießen vollkommene Gewerbe- und Steuerfreiheit und Schutz von den ägyptischen Behörden.
Die Garnison besteht aus 2-3000 Mann Kerntruppen. Die Eröffnung desSuezkanals und damit des Konkurrenzhafens Port Said hat
keineswegs, wie man befürchtete, nachteilig auf die Blüte
[* 34] der Stadt gewirkt, die im Gegenteil sich noch
mehr gehoben hat und den seit dem amerikanischen Bürgerkrieg so bedeutend gewordenen ägyptischen Baumwollhandel monopolisiert.
Vgl. Franceschi, Volkswirtschaftliche Studien über Alexandria und das untere Nilthal (Wien
[* 35] 1874).
Geschichte. Was der große Makedonier mit der Gründung Alexandrias gewollt, führten die ihm nachfolgenden Beherrscher Ägyptens
teilweise aus. Die Ptolemäer wählten zur Hauptstadt ihres neuen Reichs, und unter ihrer Regierung hob
es sich zu einer der blühendsten Städte des Altertums empor, groß durch Handel wie keine, als Sitz der Wissenschaften berühmter
als alle, aber auch als Sitz einer durch überschwenglichen Reichtum genährten grenzenlosen Sittenlosigkeit und Üppigkeit
berüchtigt.
Die wissenschaftliche Bedeutung Alexandrias machte es auch zu einem Hauptsitz des Christentums; die heftigsten Kämpfe zwischen
diesem und dem Heidentum und zwischen den christlichen Parteien schädigten die Blüte der Stadt. In diesen Kämpfen ging 389 n. Chr.
mit dem Serapeion auch der Rest der Bibliothek zu Grunde. Vernichtet wurde aber Alexandria als Hauptstadt Ägyptens
und herrschender Handelsplatz durch die Araber, welche unter FührungAmrus die Stadt nach 14monatlicher tapferer Verteidigung
durch griechische Truppen im Dezember 641 eroberten.
Die Festungswerke wurden geschleift; der größte Teil der Stadt blieb zwar verschont, erhob sich aber nicht wieder zu
der frühern Größe. Als das Kalifat selbst in Verfall geriet, erklärte sich der StatthalterAchmed 868 für unabhängig und
gründete die Dynastie der Tuluniden, welche aber nach kurzer Dauer (908) Mahadi, dem Fatimiden, Platz machen mußte. Da beide
Dynastien Kairo zur Residenz wählten, kam Alexandria mehr und mehr herab. Im J. 1171 wurde die fatimidische Herrschaft
von Saladin gestürzt, dessen Nachfolger ihrerseits 1250 durch die Mamelucken verdrängt wurden. Unter solchem Herrenwechsel
kam Alexandria durch Belagerung und Plünderung wiederholt in große Bedrängnis. Genuesen und Venezianer, die es zum Hauptstapelplatz
des
¶
mehr
indischen Handels auserkoren, schützten es allein noch vor größerm Verfall, der aber unvermeidlich eintreten mußte, als 1498 der
neue europäisch-indische Handelsweg um Afrika
[* 38] entdeckt wurde. Im J. 1517 nahm die Despotie der Türken die Stelle der Mamelucken
ein. Vom alten Alexandria hatte sich bis zu Edrisis Zeit (12. Jahrh.) immer noch ein großer Teil der alten Monumente
erhalten; ein Schatten von ehedem, war die Stadt gleichwohl noch groß und herrlich. Erst Selim und seine Türken gaben ihr
den letzten Todesstoß.
Was noch stand, wurde geschleift, durch Feuer und Schwert vernichtet und unter Schutt begraben; sogar die unter den Tuluniden
entstandene Stadt der Araber, welche durch ihre sich rechtwinkelig durchschneidenden Gassen einem Schachbrett
glich und zahlreiche Prachtgebäude einschloß, wurde der Erde gleichgemacht. Seitdem war Alexandria nicht viel mehr als ein Haufe
Trümmer, den niedrige arabische Hütten, dann und wann das zierliche Haus eines Franken oder die ummauerte Wohnung eines Türken,
geräumige Gärten oder Anpflanzungen hoher Palmen
[* 39] umgaben. In solchem Zustand befand sich Alexandria, als Bonaparte
mit seiner Expedition in der Nacht vom 1. zum vor Alexandria erschien und es sofort erstürmte.
Drei Jahre, bis Oktober 1801, blieb es in den Händen der Franzosen. Als sie abzogen, hatte Alexandria kaum noch 7000 Einw.,
die in elenden Lehmhütten wohnten. So fand es Mehemed Ali bei seinem Regierungsantritt, der die rühmlichsten Anstrengungen
machte, die Stadt wieder emporzubringen, und so im wesentlichen der Schöpfer des neuen Alexandria ward. Im J. 1882 wurde
die Stadt infolge der Empörung ArabiPaschas arg heimgesucht: 11. Juni war es Schauplatz einer blutigen Verfolgung
der Europäer durch den aufgehetzten Pöbel, und da Arabi Pascha die Stadt besetzen und die Forts armieren ließ, ward es 11. Juli von der
englischen Flotte unter Seymour bombardiert, worauf es von den erbitterten Soldaten und dem Volk in Brand gesteckt und geplündert
wurde, bis die Engländer es 14. Juli besetzten.
Starke Hülfe. Sie hat ihren Namen von Alexander dem Gr., und war eine mächtige Stadt in Egypten, zwischen
zwei Meerbusen am Nil gelegen. Ptolomäus Philadelphus hat daselbst eine zahlreiche Bibliothek von 700,000 Stück Büchern
errichtet, und von dem Hohenpriester Eleazar 70 gelehrte Männer erhalten, welche daselbst das Alte Testament
in die griechische Sprache übersetzt, wofür der König einen goldenen Tisch, 2 goldene Becher und 30 dergleichen Schalen
in den Tempel zu Jerusalem verehrt. Der Evangelist Marcus soll daselbst der erste Bischof gewesen sein.
Stadt im rumän. Kreise
[* 42] Teleorman, an der Vede, unweit der Donau, hat (1890) 12308 E. und war im
Russisch-Türkischen Kriege von 1877 und 1878 mit dem benachbarten Zimnicea ein wichtiger Proviantplatz für die russ.
Armee.
1) Kreis im russ. Gouvernement Cherson, hat 9810,6 qkm mit 327199 E. in 1305 bewohnten Orten.
–
2)
Kreisstadt des Kreises Alexandria, 326 km von Cherson, an der Mündung der Beresowka
in den Ingulez und der BahnJelisawetgrad-Charkow (Station Protopopowka, 91 km von Alexandria), hat (1889) 9930 E., in Garnison die 13. und 14. reitende
Artilleriebatterie, Post und Telegraph;
[* 43]
Alexandrien, von den Türken und ArabernIskanderijeh oder Skanderijeh genannt, feste Seestadt an der Mittelmeerküste
Ägyptens, in 30° 2' 4'' nördl. Br. und 48° 58' 30'' östl. L., in 13 m Höhe, 331 v.Chr. von Alexander d. Gr. gegründet
und nach seinem Tode Haupt- und Residenzstadt der Ptolemäer, liegt am nordwestl. Rande des Nildeltas,
an einer von der Natur zu einer großen Schiffs- und Handelsfurt bestimmten Stelle, auf dem niedrigen, sandigen Landstreifen,
der, von SW. gegen NO. gerichtet, den Strandsee Mariut (Mareotis) von dem Mittelmeer trennt. I. Die alte Stadt, 5,1 km lang
und anfangs 1,1 km, in der röm. Kaiserzeit ungefähr 1,7 km breit, war nach
dem Plane des Architekten Dinochares oder Dinokrates sehr regelmäßig gebaut und durch starke Ringmauern geschützt.
Zwei schnurgerade, über 30 m breite und ihrer ganzen Länge nach mit Säulenhallen geschmückte Hauptstraßen und mehrere
andere mit diesen parallel laufende Straßen durchkreuzten die Stadt in rechten Winkeln. Vor ihrer Fronte
lag die InselPharus (s. d.), durch einen künstlichen, 7 Stadien langen Steindamm (Heptastadion)
mit ihr verbunden. Der Damm schied die Haupthäfen der Stadt, den «großen» im NO. und den Hafen «des Eunostos» im SW.; beide
standen durch die Bogen
[* 46] der an beiden Enden des Damms befindlichen Brücken
[* 47] miteinander in Verbindung. Im
S. der Stadt, an dem jetzt versumpften, im Altertume für die größten Schiffe zugänglichen See Mareotis, gab es noch einen
Handelshafen, der «Seehafen» (limnaeus) genannt, und im NW.
an der Mündung des mit jenem See in Verbindung stehenden Drakonkanals, einen künstlichen Hafen namens
Kibotos.
Die meisten öffentlichen Gebäude lagen dem großen Hafen gegenüber, in dem östl., glänzendsten Stadtteile, der «Königsstadt»,
die seit dem 2. Jahrh. n. Chr. Brucheion hieß. Hier
standen die Königspaläste der Ptolemäer mit ihren Garten- und Parkanlagen, das große Theater, das Poseidion und das ins
Meer hineinreichende Timonion, von TriumvirAntonius erbaut; ferner das Kaisareion (Caesareum), endlich
das Emporion, d. h. der Platz mit den Bauten für den Großhandel und die Warenlager. An diese reihten sich die Magazine, in
denen sich die ältere Bibliothek befand; etwa südlich von der Bibliothek stand das Museum.
Außerdem lagen an der großen Hauptstraße (dem Dromos) das Gymnasium mit einer großen Stoa und der
Gerichtshalle, das Mausoleum oder Sema, die Begräbnisstätte Alexanders d. Gr. und der Ptolemäer, aber auch viele andere
Prachtgebäude, Tempel und unzählige Bildsäulen. Im äußersten W. und SW. lag dem alten Hafen gegenüber der Stadtteil Rhakotis.
Hier stand das Sarapeion (Serapeum), benannt nach dem Tempel des Sarapis (s. d.), mit einer reichen Bibliothek,
neben ihm das Stadium, und außerhalb der Ringmauer die weit ausgedehnte Nekropolis. Der nordöstl. Teil der Stadt war das
¶
mehr
Quartier der Juden, denen von den fünf Teilen der Stadt eine Zeit lang zwei gehörten, durch die Ringmauern getrennt von dem
außerhalb dieser gelegenen Stadtteil Hippodromus. (S. Karten: I. Alexandria im 1. Jahrh.
vor und nach Christus; II. Alexandria im 3.-5. Jahrh. nach Christus.) -
Von allen Herrlichkeiten des Altertums hat das jetzige Alexandria nur wenige Spuren aufzuweisen; am berühmtesten ist die sog. Pompejussäule
(s. d.). Einen großen Teil des unterirdischen Raums der Stadt nehmen die weitläufigen, in den Kalkfels
gearbeiteten Cisternen ein, Felsengräber und andere Reste alter Grabstätten bezeichnen die Stelle der alten Nekropolis. Alexandria bildete
von seiner Gründung an die griech. Hauptstadt Ägyptens. Seine Bevölkerung, in der Blütezeit auf 300000 Freie angegeben,
also mit Sklaven und Fremden auf mehr als das Doppelte anzuschlagen, bestand hauptsächlich aus griech.
Kolonisten, eigentlichen Ägyptern und Juden.
Nach dem TodeAlexanders d. Gr. fiel Alexandria an die Ptolemäer, die es zu ihrer Residenz
und zum Hauptsitze griech. Gelehrsamkeit und Geistesbildung machten. Durch den Handel wuchs die Stadt rasch und hatte den
höchsten Glanz erreicht, als sie 30 v. Chr. den Römern anheimfiel. Im 1. Jahrh. n. Chr. war Alexandria die
zweitgrößte Stadt des RömischenReichs, doch begann von nun an auch ihr Verfall. Schon unter Trajan ward infolge des Aufstandes
der jüd. Bevölkerung ein großer TeilA.s verwüstet, die jüd. Einwohnerschaft vernichtet, und wenn auch Hadrian die Stadt
wieder aufbaute, die verödeten jüd. Quartiere und ein Teil des Rhakotis blieben von den neuen Ringmauern
ausgeschlossen, die Stadt auf drei Fünftel des alten Umfangs beschränkt.
Der Kampf des eindringenden Christentums mit dem Heidentume gab in Alexandria zu blutigen Kämpfen Veranlassung. Die Erstürmung des
Sarapeion, des letzten Sitzes heidn. Theologie und Gelehrsamkeit, 389 durch Theodosius, und seine Verwandlung
in eine Kirche des heil. Arcadius machten dem Heidentume ein Ende. Alexandria war übrigens längst schon der Sitz eines Patriarchen
und ein Hauptsitz christl. Gottesgelahrtheit. Unter der byzant. Herrschaft blieb es zwar die
viertgrößte Handelsstadt des Reichs, aber die Eroberung der Stadt durch die Araber unter Amru im Dez. 641 versetzte
ihrem Handel einen harten Stoß.
Nur der ind. Handel, soweit er den alten Weg über das Rote Meer einschlug, ging über und war ganz in den Händen der Venetianer,
die sich im 14. Jahrh. das Monopol des Handels mit ind. Waren verschafften. Durch die Entdeckung des Seewegs
um das Kap der Guten Hoffnung und mit der Gründung der portug. Macht in Ostindien
[* 49] versiegte auch dieser Verkehr. Die Eroberung
Ägyptens durch die Osmanen 1517 änderte nichts hierin; Alexandria verödete mehr und mehr, so daß es 1777 kaum über 6000 E. zählte.
Selbst der inländische Exporthandel hatte sich nach Rosette und Damiette gewendet, da Alexandria durch Versandung
der alten Kanäle und Versumpfung des Mareotissees nicht mehr in genügender Verbindung mit dem Binnenlande blieb. Die franz.
Eroberung von 1798, wo Bonaparte2. Juli Alexandria erstürmte, das dann bis in den Händen der Franzosen
blieb, lenkte wieder die Aufmerksamkeit Europas
auf die Stadt, und unter Mehemed Ali begann eine neue Ära für Alexandria.
II. Das gegenwärtige Alexandria liegt auf der Stelle des alten, 209 km im Nordwesten von Kairo, mit dem es seit 1855 durch Eisenbahn
verbunden ist. Seitdem Mehemed Ali, der einen Teil des Jahres hier Hof
[* 50] hielt, durch Ausgrabung des 1820 eröffneten
Mahmudijehkanals den Hafen wieder durch eine direkte Wasserstraße mit dem Nil, Kairo und dem ganzen Hinterlande in Verbindung
gesetzt hat, hat sich die Stadt aufs neue zu einem der bedeutendsten und schönsten Hafen- und Handelsplatze des Mittelmeers
[* 51] erhoben, dessen Verkehr fortwährend im Steigen begriffen ^[fehlt: ist].
Die Zahl der Einwohner ist auf (1882) 227 064 gewachsen, darunter 48 672 Fremde verschiedener
Nationalität (von den Eingeborenen Franken genannt), die seit unter gemischten Gerichtshöfen mit einem Appellsenat
in Alexandria stehen. Die beiden alten Hafenbassins, von denen in neuerer Zeit das westliche der
Mittelpunkt des Verkehrs geworden ist, sind noch vorhanden. Gewöhnlich liegen hier 2-300 Handelsschiffe, und zugleich ist
dieser Hafen die Hauptstation der ägypt. Kriegsflotte.
Seit Mitte Mai 1871 sind die zum Schutze des Eunostoshafens entworfenen großen Werke in Angriff genommen. Der neue Außenhafen
(3,5 qkm groß, 10 m tief) ist durch einen 2340 m langen und 8 m hohen Wellenbrecher geschützt, mit
einem 600 und einem 800 m breiten Eingange; der innere Hafen (72 ha groß, mindestens 8,5 m tief) ist ebenfalls durch besondere
Molen gedeckt. Die Einfahrt wird verteidigt durch einige Batterien bei Morabat im Südwesten und durch
das Fort bei dem 1842 erbauten, plumpen Leuchtturme (55 m) auf der Westspitze der alten Pharusinsel, die jetzt durch eine angeschwemmte
Landzunge mit dem Festlande zusammenhängt und auf diese Weise die beiden Häfen scheidet.
In der Nähe dieses Leuchtturms steht der schöne, von Mehemed Ali erbaute Regierungspalast Ras et-Tin und
das Gouvernementsgebäude. Weiterhin das große Marinearsenal mit Docks und allen Vorrichtungen zum Bau und zur Ausbesserung
von Schiffen. Am Eingänge des Arsenals beginnen die Quais (mit den Entrepots und Bazars), die sich bis zu dem an der Stadt
vorbeiführenden, in den Hafen mündenden, für kleine Dampfschiffe befahrbaren Mahmudijehkanale ausdehnen.
Der vor dem Nilthore gelegene Hafen des Kanals bildet den großen Markt (genannt Minut el-Bassal) für die Landeserzeugnisse
aller Art, die auf dem Nil und den Eisenbahnen aus dem Binnenlande hierher befördert und verladen werden. 6 km nordöstlich,
durch eine Eisenbahn mit Alexandria verbunden, liegt Ramleh (im Altertum Nikopolis, später auch Parembole genannt,
woraus der heutige Name entstand), ein wegen seiner gesunden, trocknen Wüstenluft beliebter Sommeraufenthalt des Vicekönigs
und der vornehmen Alexandriner; dort zeigte man noch vor kurzem die Reste des röm. Lagers und eines Tempels. Am Mahmudijehkanale
liegen die Landhäuser der Europäer mit schönen Gartenanlagen. (S. Plan: Alexandria.) Nordöstlich von
Alexandria liegt Abukir (s. d.). Am wurde Alexandria durch das Bombardement der engl. Flotte unter dem AdmiralSeymour schwer geschädigt
(s. Ägypten).
Alexandria bietet ein Gemisch von Orient und Occident, ohne bestimmtes Gepräge. Es zerfällt in zwei wesentlich verschiedene Hälften:
die mohammed. Stadt auf der Landenge zwischen den Häfen mit etwa
¶
mehr
100000 E. und 100 Moscheen, und das Frankenquartier auf dem Festlande und an der Südseite des östl.
Hafens. Jene hat, nach mohammed. Art, enge, unregelmäßige und unreinliche Gassen, regellos
gebaute Häuser mit vergitterten, meist gegen den Hofraum gewendeten Fenstern. Nur die Paläste reicher Türken sind in einem
etwas gefälligern, zwitterartigen Stil (alla franca) gebaut. Die Befestigungen des Platzes, unter Mehemed Ali
nach franz. Plänen erbaut, sind stark, aber zu ausgedehnt, als daß sie von der gegenwärtigen Militärmacht Ägyptens verteidigt
werden könnten.
Das Frankenquartier dehnt sich um den Mehemed-Ali- oder Konsulsplatz (arab. Menschijeh genannt) aus, auf dem sich in der Mitte
der breiten Allee eine bronzene Reiterstatue (11 m) MehemedAlis erhebt, und den Said Pascha durch zwei große Fontänen schmücken
ließ. Hier befinden sich seit 1869 Straßenpflaster, Gas- und Wasserleitungen, sowie die schönsten Häuser der Stadt, in
südeurop. Baustil errichtet, darunter einzelne palastartige Gebäude, meistens den Prinzen oder europ. Kaufleuten
gehörig, sowie verschiedene gute Gasthöfe.
Dieser europ. Stadtteil enthält auch ein Theater, 4 kath., 3 prot. und 3 griech. Kirchen, eine kopt., eine maronitische Kirche
und 3 Synagogen. Alexandria hat seit 1890 ein aus fremden und einheimischen Elementen zusammengesetztes Municipium von 28 Mitgliedern,
in dem die Griechen in der Mehrzahl sind, ist Sitz des Marineministeriums und Appellationsgerichts, eines
kath. Patriarchen, eines Gouverneurs, einer Polizeipräfektur, der Direction générale des Ports et des Phares, der Marine-
und Handelsanstalten des Vicekönigs, der Marine- und Militärschulen, der Intendanz für das Quarantänewesen, hat ein Paßbureau
und eine Zollstation. Alexandria hat ferner ein Collège der Lazaristen, ein ital.
Lyceum, eine deutsche Schule, eine der schott. Kirche, eine der Griechen, eine der apostolischen Armenier, eine der Juden und 6 Mädchenschulen, 8 Freimaurerlogen,
eine öffentliche Bibliothek und ein ital. Theater, sowie 5 europ. Hospitäler, ägypt. Lazarette für
Eingeborene, hauptsächlich aber für die Land- und Seetruppen. So bedeutend der Seehandel A.s ist, verdankt
es doch seine jetzige kommerzielle Große hauptsächlich der Ausfuhr von ägypt. Landeserzeugnissen, sowie der Einfuhr
von europ., für Ägypten bestimmten Waren.
Daneben besteht, seitdem die engl. Überlandpost den Weg über Ägypten nach Indien eingeschlagen, ein lebhafter Durchgangsverkehr
von Passagieren, Post- und Eilgütern, der zum Teil die ägypt. Eisenbahnen nach dem RotenMeere benutzt,
doch ist derselbe, seitdem die größern Schiffe nach Eröffnung des Sueskanals, ohne Alexandria zu berühren, direkt über Port-Saïd
gehen, sichtlich im Abnehmen. Der Großhandel ist ganz in den Händen der Europäer; den Kleinvertrieb besorgen in erster Linie
die Griechen, dann auch Eingeborene. Unter den Europäern sind die Griechen und Italiener am stärksten
vertreten, denen sich einige wenige Engländer und Franzosen anschließen. Die deutschen Handlungshäuser arbeiten in Ein-
und Ausfuhrartikeln.
Die Ausfuhr und deren Wert in ägypt. Pfund (= 20,74 M.) betrugen 1888: Getreide
[* 53] 1 192 640 q
(Quintal) zu 6 794 158 Pfd., Baumwollsamen 4 145 442 hl zu 1 308 124 Pfd.,
Mehl
[* 54] 59 518 q, Mais 356 768 hl, Reis 64 294 hl, Bohnen 1 291 682 hl, Linsen 42924 hl, Zucker 415 990 q, Melasse 147 887 q, Zwiebeln
aus ganz Ägypten 224000 q zu 71 414 Pfd., lebende Wachteln 1 235 831 Stück zu 13 437 Pfd., Schafwolle 13489 q.
Die Einfuhr:
Baumwollene Stoffe und Garne 133 033 q und 3 399 404 m, zusammen für 1 359 595 Pfd., Schuhwaren 750 619 Paar
für 1 005 094 Pfd., Jutesäcke 32 119 q für 63000 Pfd., Bier für 64 273 Pfd. St., Alkohol für 62 870 ägypt.
Pfd., Olivenöl für 74 934 Pfd. St., Seife 27 996 q für 64 441 ägypt.
Pfd., Blättertabak 26 034 q für 224 548 Pfd., Cigarren 731 q für 15 456 Pfd.,
Bauholz für 291 541 Pfd., Rohseide für 119000 Pfd., Eisen- und Stahlwaren für 76 742 Pfd., Kohlen 415 994 t.
Von den 28 hier vertretenen Versicherungsgesellschaften dienen 11 der Seeversicherung. Generalkonsulate haben
in Alexandria: Brasilien,
[* 55] Dänemark
[* 56] und Griechenland;
[* 57]
Der Dampfschiffahrtsverkehr steht, außer dem Englands, in engstem Zusammenhange mit den Postlinien. Solche unterhalten die
Messageries Maritimes von Marseille nach Alexandria (4½ Tage), Peiraieus, Saloniki,
[* 68] Konstantinopel, Smyrna;
VonAlexandria führenEisenbahnlinien nach Rosette, der SommerfrischeRamleh, nach Kairo und Sues und El-Meks, dem Mittelpunkte der Arbeiten
für die von einem engl. Hause ausgeführten großartigen Hafenanlagen. Die ausländischen Postämter,
ein österreichisches, italienisches, französisches, griechisches, haben seit kurzem bis auf das französische
dem ägyptischen weichen müssen. Alexandria ist Landungsstelle von fünf Kabeln der Eastern Telegraph Company; davon geben zwei nach
La Valetta auf Malta,
¶