Der
Geist des
Mannes offenbarte sich schon in dem
Knaben und
Jüngling: sein Vorbild war
Achilleus. Wie dieser den
Patroklos, so
liebte er seinen Jugendfreund
Hephästion. Jeder sinnlichen
Ausschweifung feind, brannte Alexander nur vor
Begierde nach
Ruhm; voll
Thatendurst klagte er bei den
Siegen
[* 4] seines
Vaters, daß diese ihm nichts zu thun übriglassen würden. Alexanders Äußeres,
der heftige
Gang,
[* 5] der funkelnde
Blick, das zurückfliegende
Haar,
[* 6] die
Gewalt derStimme, war das eines
Helden. In ritterlichen
Übungen übertraf er alle; schon als
Knabe bändigte er das wilde
RoßBukephalos, das ihm später als
Schlachtroß diente.
Die erste Waffenprobe legte Alexander ab, als er, während
Philipp Byzanz belagerte, die
Mäder bezwang; die
Schlacht bei
Chäroneia
(338) wurde durch seine persönliche
Tapferkeit gewonnen.
Philipp war stolz auf seinen Sohn und erkannte in ihm den Vollender
seiner kühnsten
Pläne und stolzestenHoffnungen.
Später jedoch störten die Verstoßung von Alexanders
MutterOlympias, die
HeiratPhilipps mit einer zweiten Gemahlin,
Kleopatra, und die Zurücksetzungen und Kränkungen, die Alexander selbst
erfuhr, das gute Einvernehmen zwischen
Vater und Sohn. Das Gerücht schrieb dem letztern sogar einen
Anteil an
Philipps Ermordung
zu.
Nur die Spartaner verweigerten den Beitritt. Darauf wandte sich Alexander gegen die barbarischen Nachbarn. Im
Frühling 335 zog er von Amphipolis aus gegen den Hämos (Balkan), überstieg das Gebirge, drang in das Land der Triballer bis
an die Donau, ging angesichts der Feinde über diese auf das nördliche, von den Geten besetzte Ufer und kehrte mit vieler Beute
in sein Lager
[* 12] zurück, worauf Gesandte der Barbarenfürsten Frieden und Freundschaft erbaten. Alexander eilte nun
nach Südwesten gegen die Päonier, Illyrier und Taulantiner und zwang auch diese zum Frieden.
Das Gerücht, Alexander sei im Kampf gegen die Illyrier gefallen, veranlaßte einen neuen Aufstand in Griechenland,
[* 13] namentlich in Theben
und Athen.
[* 14] Aber plötzlich stand Alexander mit 20,000 Mann Fußvolk und 3000 Reitern vor Theben, sein schnelles
Erscheinen hielt die arkadischen Hilfsvölker am Isthmus zurück, die Athener blieben aus, und die Feinde der Thebaner (Orchomenier,
Platäer, Thespier, Phoker etc.) schlossen sich dem König sogleich an. Dennoch wiesen die
Thebaner Alexanders friedliches Anerbieten zurück; Theben wurde daher im Sturm erobert und auf Beschluß
der Bundesgenossen dem Erdboden gleichgemacht, alle Thebaner mit Weib und Kind (30,000 Menschen) in die Sklaverei verkauft; nur
PindarsHaus und Nachkommen wurden verschont. Den übrigen griechischen Staaten ward Amnestie zu teil, den Athenern wurde die
Bestrafung der Schuldigen überlassen. Alexander kehrte im Herbst nach Makedonien zurück und benutzte den Winter
zu Rüstungen
[* 15] zum Kriege gegen Persien. Antipatros wurde mit einem Heer von 13,500 Mann zum Reichsverweser in Makedonien bestellt.
Mit dem Beginn des Frühlings 334 brach Alexander auf; 30,000 Mann Fußvolk und 5000 Reiter setzte die 160 Dreiruderer starke makedonische
Flotte bei Sestos nach Asien über, während Alexander selbst mit seinem Gefolge bei Eläos überfuhr, die Stätte
von Troja
[* 16] besuchte und dort opferte. Dann zog er aus der Ebene von Arisbe nördlich. Am Granikos erwartete den König ein persischer
Heerhaufe von 20,000 Reitern und ebensoviel Fußvolk, meist griechischen Söldnern. Im Monat Thargelion (Mitte Mai
bis Mitte Juni) 334 kam es unweit Priapos (jetzt Karaboa) zur Schlacht.
Noch im Flusse selbst begann das mörderische Reitergefecht, worin Alexander, im dichtesten Gewühl kämpfend, nur durch
seinen FreundKleitos gerettet wurde. Trotz tapfern Widerstands wurden die Perser geschlagen, dann die griechischen Söldner niedergehauen
bis auf 2000, die in Fesseln zu öffentlicher Strafarbeit nach Makedonien abgeführt wurden, weil sie,
dem korinthischen Vertrag zuwider, gegen die Makedonier gedient hatten; nur die Thebaner darunter ließ der selbst im Zorn
menschlich fühlende Sieger frei, weil ihr Haß ein gerechter sei. Um die im Ägeischen Meer kreuzende Perserflotte unschädlich
zu machen, wollte sich Alexander zuvörderst der von stammverwandten Griechen bevölkerten Vor-
und Küstenländer bemächtigen.
Die
meisten Städte unterwarfen sich freiwillig; selbst Sardes, die Hauptstadt Lydiens, ergab sich mit großen Schätzen und
wurde ein Hauptwaffenplatz der Makedonier. Auch Ephesos
[* 17] fiel in Alexanders Hände. In fast allen diesen Städten stellte man
die Volksherrschaft her. Milet wurde erstürmt und die 400 Schiffe
[* 18] starke persische Flotte durch Verschließung
aller asiatischem Landungsplätze genötigt, sich nach Samos zurückzuziehen; seine eigne Flotte löste der König auf und
behielt nur 20 athenische Schiffe zugleich als Pfand für der AthenerTreue.
Karien überlieferte ihm die Fürstin Ada; nur Halikarnassos widerstand, bis Memnon, der persische Befehlshaber,
selbst die Stadt anzündete und mit der persischen Flotte nach den griechischen Inseln ging; seinen Plan, von da aus einen Zug
nach
Makedonien zu unternehmen, verhinderte sein Tod. Alexander ging dann landeinwärts nach Phrygien und dessen Hauptstadt Gordion. Hier
hielt er Winterrast. Gegen Pharnabazos, Memnons Nachfolger, welcher Mytilene eroberte und Griechenland bedrohte,
wurde eine neue Flotte geschaffen. Im Frühjahr 333 vereinigten sich alle Truppenabteilungen Alexanders, darunter 4000 Neugeworbene,
in Gordion. Hier war es auch, wo Alexander auf des KönigsMidas alter Burg an dessen Wagen den gordischen Schicksalsknoten mit dem
Schwert zerhieb. Dann unterwarf er Paphlagonien und rückte über den Halys nach Kappadokien gegen die Kilikischen
Thore vor. Das hier aufgestellte persische Heer zog ab, und Alexander erreichte Tarsos, wo er infolge eines kalten Bades im Kydnos erkrankte,
jedoch durch seinen Arzt Philippos gerettet wurde.
Inzwischen hatte der Perserkönig 5-600,000 Mann, darunter 100,000 wohlbewaffnete asiatische Fußsoldaten und
30,000 griechische Söldner, aufgeboten. Alexander zog am Meeresstrand entlang über Mallos und Issos nach der Stadt Myriandros; Dareios
aber, statt in der weiten, der Reiterei günstigen Ebene von Sochoi zu erwarten, ging ihm durch die amanischen Gebirgspässe
entgegen, durch die man Alexanders Anmarsch erwartete, und gelangte so, ohne auf die Makedonier zu stoßen,
in deren Rücken in die enge Ebene von Issos.
Sofort kehrte um und traf einige Meilen südöstlich von Issos, in dem engen, unebenen Thal
[* 19] des Flusses Pinaros, die halbe Million
Asiaten in einen kleinen Raum zusammengepreßt. Den Vorteil des Augenblicks erkennend, griff Alexander sofort an:
er selbst warf sich auf das Zentrum der persischen Schlachtordnung, wo der Großkönig stand, und nach einem hitzigen Handgemenge,
in dem die Umgebung des Dareios meist niedergemacht wurde, ergriff dieser die Flucht, in welche allmählich auch das übrige
Heer mit fortgerissen wurde (November 333). Dareios selbst rettete sich, nachdem er Schlachtwagen, Schild,
[* 20] Mantel undBogen
[* 21] im Stiche gelassen, und floh hinter den Euphrat.
Das ganze persische Lager mit ungeheuern Schätzen ward Alexanders Beute; selbst Dareios' Mutter Sisygambis, seine Gemahlin Stateira
und seine Kinder wurden gefangen. Unbekümmert um die Perser wandte sich gen Süden, um die Küsten zu besetzen und
die Perser vom Meer abzuschneiden, und drang in Phönikien ein, wo die Inselstadt Tyros erst nach siebenmonatlicher Belagerung
in einem allgemeinen Sturm (August 332) fiel. Anfang September zog er von Tyros durch Palästina,
[* 22] wo Jerusalem
[* 23] ihm die Thore öffnete
und Alexander im Tempel
[* 24] Jehovahs ein feierliches Opfer darbrachte, gegen die ägyptische Grenzfestung Gaza, welche
sich zwei Monate tapfer verteidigte;
¶
mehr
Alexander selbst wurde beim Sturm auf die Stadt verwundet. Als Alexander nach siebentägigem Wüstenmarsch bei Pelusion anlangte, übergab
der Satrap Mazakes Ägypten
[* 26] ohne Schwertstreich. Die Bevölkerung,
[* 27] der persischen Herrschaft längst überdrüssig, leistete
nirgends Widerstand, zumal da Alexander als Befreier auftrat und den heimischen Religionskultus, wie in Jerusalem, durch Opfer und
Gebete ehrte, statt ihn, wie die Perser, zu verhöhnen. In Memphis opferte Alexander dem Apis,
[* 28] während in den Vorhöfen der Tempel griechische
Wettkämpfe und Musenspiele stattfanden. Von Memphis fuhr er denNil hinab und legte in der Nähe des westlichsten Nilarms bei
der InselPharos den Grundstein zu seinem größten und dauerndsten Monument, zu der Stadt Alexandreia.
Dann unternahm er einen Zug
nach dem Heiligtum des Ammon
[* 29] in der Libyschen Wüste, wo ihn die Priester als den Sohn des Gottes begrüßten
und ihm verkündeten, daß er die Welt beherrschen werde.
Währenddessen hatte Dareios, nachdem Alexander einen Friedensantrag desselben stolz zurückgewiesen und sich
selbst als Herrn von Asien bezeichnet hatte, die Streitkräfte seines Reichs im Frühjahr 331 in die Ebene von Babylon entboten,
wo sich ein Heer von mehreren Hunderttausend Mann Fußvolk, 40,000 Reitern, 200 Sichelwagen und 15 Elefanten sammelte, mit dem
Dareios den Tigris nach Arbela hinaufmarschierte. Hierhin trat im Frühjahr 331 auch von Memphis aus den
Zug
an, zunächst nach Tyros, dann mit 40,000 Mann und 7000 Pferden nach dem Euphrat, den er bei Thapsakos, und nach dem Tigris, den
er ohne bedeutenden Widerstand bei Bedzabde überschritt.
Erst bei Gaugamela, unweit von Arbela, traf er im Herbst 331 auf den Feind. Dort kam es 1. Okt. zur Entscheidungsschlacht.
Schon war ParmenionsFlügel durchbrochen, die Perser standen im makedonischen Lager, da errang Alexander, mit der Phalanx das feindliche
Zentrum durchbrechend, den Sieg. In Arbela, bis wohin Alexander mit der Reiterei den Feind rastlos verfolgte, fielen den Siegern der
königliche Schatz, alles Feldgerät und zum zweitenmal des KönigsWaffen in die Hände. Dareios selbst entkam
mit 8000 Mann nach Ekbatana, während Ariobarzanes mit 25,000 sich nach Persis warf; die übrigen Satrapen zerstreuten sich
oder gingen zu Alexander über.
Dem Perserreich war der Todesstoß gegeben. Babylon ergab sich, Susa wurde mit leichter Mühe genommen.
Mitte Dezember 331 zog von Susa nach blutigen Kämpfen an dem persischen Engpaß und, da dieser uneinnehmbar war, auf mühseligen
Umwegen nach Persepolis und Pasargadä, den alten Stammsitzen des persischen Königsgeschlechts. Unermeßliche Beute fiel dem
siegreichen Heer zu. Um durch ein großartiges Opfer der PerserSchuld gegen Griechenland zu sühnen, schleuderte
Alexander die Brandfackel in die alte Königsburg.
Ende April 330 brach er nach Medien auf. Dort hatte Dareios die Trümmer seines Heers noch einmal gesammelt und beabsichtigte,
eine Schlacht zu wagen. Aber auf die Kunde von Alexanders rascher Annäherung flüchtete er nach dem Nordosten, um
durch die kaspischen Pässe das Oxusgebiet zu erreichen. Auf der Flucht wurde er von dem baktrischen SatrapenBessos, der selbst
nach der Krone strebte, gefesselt und, als in Eilmärschen die Fliehenden kurz vor den KaspischenThoren fast ereilt hatte, ermordet
(Juli 330). Alexander ließ ihn in Persepolis feierlich bestatten.
Nach dem Tode des Dareios sahen die VölkerPersiens in Alexander ihren legitimen Herrn, und die meisten persischen Großen schlossen
sich ihm an. Um so mehr glaubte sich
Alexander verpflichtet, des DareiosTod an seinen Mördern zu rächen, die den Widerstand in den
nordöstlichen Provinzen fortsetzten. Nachdem er Hyrkanien besetzt und bis Zadrakarta am KaspischenMeer
vorgedrungen, brach er nach Baktra auf, wo Bessos Streitkräfte zu fernerm Widerstand gesammelt und den Titel »König Artaxerxes
von Asien« angenommen hatte.
Auf dem Marsch zwang ihn jedoch ein Aufstand in Areia, nach Süden abzulenken, und nachdem er diesen gedämpft und Alexandreia
Areion (Herat) gegründet hatte, beschloß er, um Bessos vom Süden abzuschneiden, erst Drangiana und Arachosien
zu besetzen, was ohne Schwierigkeit gelang. Indessen begann Unzufriedenheit in Alexanders Heer sich zu regen. Denn um die
Verschmelzung des Orients und Occidents anzubahnen, hob Alexander jeden Vorrang der Makedonier vor den Asiaten auf.
Dies sowie der asiatische Prunk, mit dem der König sich umgab, verdroß die alten Krieger. Parmenion riet
von den Neuerungen ab, sein Sohn Philotas tadelte sie offen, selbst der treue Kleitos wurde finster, und Krateros zog sich immer
mehr zurück. Als der König im Herbst 330 sich zu Prophthasia in Drangiana aufhielt, ward eine Verschwörung
entdeckt und Philotas als angeblicher Mitwisser hingerichtet, Parmenion aber in Ekbatana durch Meuchelmord beseitigt. In der
strengsten Winterkälte trat nun den Marsch von Arachosien, wo er auch ein Alexandreia (Kandahar) gegründet, nach Baktrien an;
er überschritt Anfang 329 die hohen, mit tiefem Schnee
[* 30] bedeckten Gebirgspässe des Hindukusch und erreichte
ungehindert Baktrien, das Bessos, durch Alexanders kühnen Marsch erschreckt, ohne Widerstand räumte. Alexander verfolgte ihn über
den Oxus nach Sogdiana, wo die treulosen Genossen des Bessos ihn an Ptolemäos auslieferten. Er ward gegeißelt und in Ketten
nach Baktra gebracht, um dort gerichtet zu werden. Alexander besetzte Marakanda und drang darauf
bis Kyropolis am Jaxartes vor. Da erhob sich in Alexanders RückenSogdiana unter Spitamenes, und mehrere Provinzen folgten;
Alexander geriet in die höchste Gefahr.
Doch wurde das verlorne Kyropolis wiedergenommen, die Skythen durch einen kühnen Zug
in ihr Gebiet zum Frieden bewogen, am nördlichsten
Punkte der Heerfahrt ein neues Alexandreia (Eschate, das »äußerste«)
angelegt, Sogdiana fast ganz verwüstet und entvölkert. Den Winter 329-328 brachte in Zariaspa unweit Baktra zu, wo Bessos
verurteilt und danach verstümmelt und hingerichtet wurde. Dann hielt er längere Zeit in Marakanda glänzend Hof.
[* 31] Dort tötete
er, vom Wein erhitzt, in einem Streit beim Gelage seinen Lebensretter Kleitos, der ihn durch Widerspruch
gegen das ihm gespendete Lob und durch Vorwürfe über die den Barbaren geschenkte Gunst gereizt hatte. 327 erstürmte er die
Felsenburg des Arimazes, wohin sich der Baktrier Oxyartes zurückgezogen, und eroberte Parätakene, worauf er in Baktra
die Hochzeit mit Roxane, der Tochter des Oxyartes, und in ihr eigentlich die Verschmelzung Asiens und Europas
aufs prächtigste feierte. Stärker als früher traten jetzt in Alexander Züge von orientalischem Despotismus hervor; auch von den
Makedoniern wurde das Niederwerfen (Proskynesis) vor dem Könige gefordert. Kallisthenes, ein Neffe und Schüler des Aristoteles,
der sich dem widersetzte, wurde nebst zwei Edelknaben, denen man eine Verschwörung gegen das Leben des
Königs schuld gegeben, zum Tod verurteilt (327).
Der Wunsch, das mit den Neuerungen unzufriedene Heer durch neue Erfolge an sich zu fesseln, trieb
¶
Daß Alexander dennoch im Kriege gegen die Serben bei Sliwnitza und Pirot glänzende Erfolge erfocht und nur durch die InterventionÖsterreichs
in seinem Siegeslauf gehemmt werden konnte, erregte erst recht den Neid seiner russischen Feinde. Während die russische Regierung
die Aufhebung von AlexandersVertrag mit der Pforte vom durch die Mächte bewirkte und durchsetzte,
daß nicht Alexander, sondern dem Fürsten von Bulgarien das Generalgouvernement von Ostrumelien auf fünf Jahre übertragen wurde,
wühlten und hetzten russische Agenten gegen Alexander besonders im Heer mit solchem Erfolg, daß in der Nacht zum in
Sofia von abtrünnigen Offizieren und Soldaten überfallen, mit brutaler Gewalt zur Abdankung genötigt und nach der russischen
Donaustadt Reni geschafft wurde.
Hier freigelassen, reiste er nach seiner Heimat, erfuhr aber in Lemberg,
[* 34] daß in Bulgarien die Verschwörer verhaftet seien
und die neu eingesetzte Regierung ihn zur Rückkehr einlade. Er begab sich nach Rustschuk, wo er 29. Aug. mit
Begeisterung aufgenommen wurde, ließ sich aber durch die Vorspiegelungen des russischen Konsuls verleiten, einen Versöhnungsversuch
beim Zaren zu machen und 30. Aug. die Wiederübernahme der Herrschaft von der Zustimmung des Zaren abhängig zu machen.
Diese wurde in schroffster Weise abgelehnt, und so zog Alexander zwar 3. Sept. wieder in Sofia ein, aber nur, um 7. Sept. abzudanken
(s. Bulgarien, Bd. 17). Er begab sich nach Darmstadt
[* 35] und lebte hier in völliger Zurückgezogenheit. Die überwiegende Mehrheit
der Bulgaren hätte ihn gern wieder zum Fürsten gehabt, da er sich durch seine tapfere und geschickte
Haltung 1885 und 1886 die Liebe des Volkes erworben hatte; doch hätte er durch Wiederbesteigung des Throns die unversöhnliche
Rache des Zaren nicht nur über sich, sondern auch über Bulgarien heraufbeschworen.
19) Alexander III. Alexandrowitsch, Kaiser von Rußland, bemühte sich, wie er in dem Manifest bei seiner Krönung verkündet
hatte, den Frieden aufrecht zu erhalten und der ungehinderten Entwickelung der Kräfte Rußlands die Bahn
zu ebnen. Er bekämpfte die herrschenden Bestechungen und Betrügereien, entließ deswegen mehrere hochgestellte Beamte und
gab selbst das Beispiel der Einfachheit und Sparsamkeit in seinem Hofhalt, wie er denn auch den Rang der nachgebornen Großfürsten
niedriger stellte und die Apanagen sämtlicher Mitglieder des Kaiserhauses herabsetzte.
Freilich wurden diese Ersparnisse durch erhöhte Ausgaben für die Streitmacht mehr als aufgewogen, indem Alexander trotz seiner
Friedensliebe sich bald zu großen Rüstungen veranlaßt sah. Nachdem er mit den KaisernWilhelm und FranzJoseph im
polnischen SchlosseSkierniewize eine Zusammenkunft gehabt und letzterm in Kremsier einen Besuch
abgestattet hatte, wurde er durch die Ereignisse in Bulgarien (s. oben) wieder gereizt und mißtrauisch. Ohne die Absicht,
direkt mit Gewalt auf der Balkanhalbinsel
[* 40] einzuschreiten, wollte er doch für den Fall, daß sich infolge europäischer Verwickelungen
eine Gelegenheit dazu bot, mit aller Macht sofort entscheidend auftreten können und zog daher einen
großen Teil des russischen Heers an der Westgrenze des Reichs zusammen.
Gefälschte Briefe erfüllten ihn mit besonderm Mißtrauen gegen BismarcksPolitik in der bulgarischen Frage, bis sich im November
1887, als Alexander auf seiner Rückreise von Dänemark,
[* 41] wo er im Herbst bei der dänischen Königsfamilie gern
sich aufzuhalten pflegte, eine Gelegenheit bot, ihn über die gegen ihn verübte Betrügerei aufzuklären. Gleichwohl behielt
er sich für sein Verhalten in der orientalischen Frage vollständig freie Hand vor und erwiderte den Besuch, den ihm KaiserWilhelm II. gleich nach seiner Thronbesteigung im Juli 1888 machte, erst im Oktober 1889. In der innern
Politik hielt Alexander unter dem Einfluß seines frühern Lehrers Pobedonoszew an einem starren Absolutismus und an der Begünstigung
des Altrussentums in Religion und Sitte fest, wogegen er die Unterdrückung westeuropäischer Nationalitäten und Religionen
zuließ. Den Nihilismus vermochte auch er nicht zu unterdrücken; die Ausführung eines ähnlichen Attentats,
wie es gegen seinen Vater verübt worden, wurde nur durch einen Zufall verhindert, und Alexander ließ sich in Petersburg
[* 42] nur selten sehen; er hielt
¶
mehr
sich meist streng abgeschlossen in Gatschina auf. Auf der Rückkehr von einer Reise nach dem Kaukasus entging der Zar mit seiner
Familie bei Borki (zwischen Asow und Charkow) auf wunderbare Weise dem Tod, indem der kaiserliche Zug
entgleiste und den
Abhang hinunterstürzte. Der' ungemein herzliche Empfang, der ihm nach seiner Rettung in allen Städten,
besonders in Petersburg, zu teil wurde, erfüllte ihn mit neuem Vertrauen zur Nation.
19) Alexander III., Kaiser von Rußland, feierte in Livadia im engsten Familienkreis
seine silberne Hochzeit. Vorher, im Sommer d. J., war er bei Gelegenheit des Besuchs eines französischen Geschwaders in Kronstadt
[* 50] aus seiner gewohnten Zurückhaltung herausgetreten, hatte an den den Franzosen dargebrachten Huldigungen teilgenommen und seinen
Sympathien für Frankreich so deutlichen Ausdruck gegeben, daß an seiner Zustimmung zu einem russisch-französischen
Bündnis nicht gezweifelt wurde.
Daß er mehr und mehr unter die Herrschaft der Panslawisten geriet, zeigte auch seine immer schroffere Haltung gegen die nicht
russisch-orthodoxe Bevölkerung seines Reiches. Seine früher so scharf ausgesprochene Abneigung gegen die republikanische
Regierungsform hatten seine Ratgeber erfolgreich mit der Vorstellung bekämpft, daß die konstitutionellen
Herrscher in Europa
[* 51] im Grunde genommen auch nur erbliche Präsidenten ihrer Staaten seien und der Präsident der französischen
Republik sich nicht erheblich von ihnen unterscheide.
Ja, unter dem Einfluß dieser Vorspiegelungen, die seinem Selbstgefühl schmeichelten, gab der Zar bei verschiedenen Gelegenheiten
seiner AnsichtAusdruck, daß nur die Autokratie und die Republik wahre Staatsformen, der Konstitutionalismus
aber Lug und Trug sei, und daß er wohl seiner Krone entsagen, nie aber ein konstitutioneller Monarch werden wolle. Gegen
die Nihilisten war sein starrer Absolutismus freilich ohnmächtig, zumal der Notstand in seinem Reiche einen höchst bedenklichen
Umfang annahm. Auch der Eisenbahnunfall, der die kaiserliche Familie bei Borki betraf (s. Bd.
17, S. 21), erwies sich nachträglich als die Wirkung eines nihilistischen Attentats.
§. 1. Ein männlicher Gehülfe. I) Der Große. Dieser war Philippus, Königs in Macedonien,
Sohn und selbst König in Macedonien, welcher viele Könige überwand, die Monarchie der Griechen, und also die dritte, 7 Jahr
hatte, und in allem 12 Jahr regierte.
Wird von Jeremias ein gerüsteter Jüngling,
c. 49, 19. und Von Daniel ein Ziegenbock und Parderthier genannt,
c. 7, 6.
c.
8, 5.
IV) Einer aus hohenpriesterlichem Geschlecht, will dem Petrus und Johannes verbieten, im Namen JEsu zu lehren, A. G. 4, 6 f.
V) Ein gläubiger Jude, welcher den erregten Aufruhr wider Paulus stillen wollte, A. G. 19, 33. 34.
VI) Ein Abtrünniger, welchen Paulus dem Satan übergab,
1 Tim. 1, 20. S. Satan, Dann.
VII) Der Schmid, einer der schlimmsten falschen Apostel, der Paulus viel Böses bewies, 2 Tim, 4, 14.
§. 2. Ob der Vte und der VIIte oder ob der VIte und VIIte einerlei Personen, ist ungewiß. Alexanderer A. G. 6, 9. Juden
von Alexandria, die in Jerusalem eine Synagoge hatten.
derGroße, Sohn Philipps von Macedonien und der Olympias, einer Tochter des Molosserfürsten Neoptolemus
von Epirus, war zu Pella 350 v. Chr. geboren. Leonidas, ein Verwandter von mütterlicher Seite, Lysimachus
und seit 343 Aristoteles waren seine Erzieher und Lehrer. Namentlich von letzterm erhielt er eine umfassende hellenische Bildung.
Große Tapferkeit und Feldherrnblick zeigte er schon in der Schlacht bei Chäronea 338, wo er die Heilige Schar der Thebaner
niederwarf und den Sieg entschied.
Als Philipp zu Anfang Aug. 330 ermordet wurde, ergriff Alexander, kaum 30 J. alt, die Zügel der Regierung, rächte des VatersTod
und nötigte durch schnelles Zugreifen die Griechen (mit Ausnahme der Spartaner), ihm wie bisher seinem Vater die Hegemonie
zuzugestehen und ihn als unumschränkten Oberfeldherrn in dem geplanten Perserkriege anzuerkennen. Durch
einen glänzenden Feldzug im Frühling und Sommer des J. 335 nötigte er auch die VölkerThraziens südlich der Donau und Teile
von Illyrien, seine Herrschaft anzuerkennen. Inzwischen hatten auf das Gerücht von seinem Tode insbesondere die
Thebaner zu
den Waffen gegriffen, und die Athener, von Demosthenes getrieben, beabsichtigten, sich mit ihnen zu vereinigen.
Schnell rückte Alexander, um diese Vereinigung zu hindern, vor Theben, das er eroberte und von Grund aus zerstörte (Sept. 335). Diese
Strenge that ihre Wirkung; jeder WiderstandGriechenlands erlosch.
Alexander ernannte dann den Antipater zu seinem Stellvertreter in Europa und begann den Zug
nach Persien, indem er
im Frühjahr 334 mit 30000 Mann zu Fuß und 5000 Reitern den Hellespont überschritt, Seinen ersten Sieg gewann er am Flusse
Granicus, Mai 334. Die meisten StädteKleinasiens, selbst Sardes, öffneten ihm nun die Thore, nur Milet und Halikarnaß widerstanden
länger. Im Spätjahr 334 und zu Anfang 333 wurden Karien, Lycien, Pamphylien und Phrygien (s. Gordium),
dann (Sommer 333) Kappadocien erobert.
Nur Bithynien und die Küstenstriche des Pontus behielten ihre Unabhängigkeit. Ungehindert zog Alexander nach Cilicien, aber in Tarsus
hemmte eine schwere Krankheit seinen Siegeslauf. Kaum hergestellt, rückte Alexander ostwärts durch die Engpässe Ciliciens
über Issus nach Myriandros. Der Perserkönig Darius Codomannus rückte gleichzeitig mit einem ungeheuern Heere durch das Amanusgebirge
in Cilicien ein und befand sich so gegen sein eigenes und Alexanders Vermuten im Rücken der Macedonier.
Bei Issus, in einem engen, für die Aufstellung der pers. Heeresmassen äußerst ungünstigen Thale kam es
im Nov. 333 zur Schlacht und zur völligen Besiegung der Perser. In die Hand
[* 55] des Siegers fiel das Lager und die Familie des
Darius, die Alexander würdig behandelte. Den König, der gegen den Euphrat floh, verfolgte Alexander nicht,
sondern zog nach Phönizien. Zwei Friedensanträge des Darius wurden abgewiesen. Die Macedonier besetzten
Damaskus, wo sich die von den Persern mitgeführten Schätze befanden, und versicherten sich der Städte längs des Mittelländischen
Meers; Tyrus ward nach siebenmonatigem hartnäckigen Widerstand erst im Aug. 332 erobert.
Siegreich durchzog Alexander darauf Palästina, wo sich ihm alle Städte bis auf Gaza, das erst nach zweimonatiger Belagerung im
Nov. 332 fiel, unterwarfen. Ägypten fiel ihm ohne Schwertstreich zu. Alexander ließ die einheimischen Sitten und Religionsgebräuche
unangetastet und sicherte dadurch seine Herrschaft, richtete überhaupt die Regierung des Landes mit großer Weisheit ein
und gründete Alexandria. Von da zog er durch die Libysche Wüste zu Anfang 331 zum Heiligtume des Zeus
[* 56] (Jupiter) Ammon, dessen Priester ihn nach Art der alten Pharaonen zum «Sohne des Ammon» weihten. Im Frühjahr 331 brach Alexander gegen
Darius auf, der in Assyrien eine neue Streitmacht zusammengebracht hatte. Bei Gaugamela, unweit Arbela, kam es 1. Okt. 331 zur Schlacht.
Trotz der großen Überzahl des feindlichen Heers erfocht Alexander einen vollständigen Sieg. Darius entkam nach
Medien. Alexander rückte nach Süden vor und besetzte Babylon und Susa.
Jetzt galt es, die neue Herrschaft einzurichten. Alexander zog auch Perser zur Verwaltung der eroberten Provinzen bei, nur stellte
er ihnen für Kriegsmacht und Finanzen Macedonier und Griechen zur Seite. Überhaupt strebte er nach einer
Verbindung und Ausgleichung pers. und griech. Wesens, wodurch
freilich auf die Macedonier und Alexander selbst auch die schlimmen Seiten orient. Wesens Einfluß gewannen. Von Susa zog Alexander gegen
Persepolis. Der Paß
[* 57] dahin, die
¶
mehr
«PersischenThore», wurde noch von 40000 Mann unter Ariobarzanes verteidigt. Alexander umging diese auf Bergpfaden und
zog Ende Jan. 330 in Persepolis ein. Dort wurde die Königsburg als Sühne für die Verwüstung Griechenlands durch Xerxes zerstört.
Im April 330 brach Alexander zur Verfolgung des Darius auf, zunächst nach Ekbatana, von da gegen Osten. Auf die
Nachricht, daß den nach Baktrien zu flüchtenden Darius drei Große, darunter der Satrap von Baktrien, Bessus, entthront hätten
und gefangen hielten, beschleunigte er die Verfolgung: allein ehe er ihn erreichte, war Darius von jenen getötet (Juli 330).
Nun durchzog Alexander, um den UsurpatorBessus in seine Gewalt zu bringen, dessen östlichste Provinzen; Hyrkanien,
Aria, Drangiana und Arachosien, dann 329 und 328 auch Baktriana und Sogdiana wehrten sich hartnäckig. Alexander sah sich dort, obschon
ihm in Sogdiana Bessus ausgeliefert wurde (329), längere Zeit zum Niederwerfen von Empörungen des Volks und namentlich zur
Belagerung von Bergfesten des Adels genötigt. Er drang dabei bis an die äußersten Grenzen
[* 59] des Perserreichs
und über den Jaxartes hinaus ins Land der Scythen vor.
Nach der Unterwerfung von Sogdiana vermählte er sich mit der schönen Tochter des baktrischen Fürsten Oxyartes, Roxane,
und that damit zugleich einen erfolgreichen Schritt zur Befestigung seiner Herrschaft in jenen Gegenden.
Indessen hatte Alexander aber mit Widerspenstigkeit und Verschwörungen unter seinem macedon. Adel zu kämpfen. Schon im Herbst 330 wurde
zu Prophthasia in Drangiana eine Verschwörung entdeckt, in welche angeblich der Anführer der macedon. Ritterschaft, Philotas,
verwickelt war. Er wurde hingerichtet und auch sein VaterParmenio getötet. Alexander ließ sich 328 hinreißen,
den Klitus, der ihm am Granicus das Leben gerettet hatte, im Rausche mit einer Lanze zu erstechen, eine That, die er dann
aufs tiefste bereute. Zuletzt kam Anfang 327 zu Baktra die Verschwörung einiger Edelknaben ans Licht,
[* 60] die zum Tode verurteilt
wurden. Auch der Philosoph Kallisthenes fand dabei seinen Untergang.
Als Alexander auch die letzten baktrischen Häuptlinge zum Gehorsam gezwungen hatte, brach er im Frühjahr 327 mit 120000 Mann europ.
und asiat. Truppen gegen Indienauf und bezwang zuerst die Völkerschaften westlich vom Indus. Im Frühling 326 überschritt
er diesen Strom und gelangte in das Reich des Königs Taxilas (eigentlich des Königs von Taxila), der
ihm seine Hauptstadt freiwillig übergab. Von diesem und andern ind. Fürsten unterstützt, überschritt
er dann den Hydaspes, auf dessen anderm Ufer ihm der König Porus gegenüberstand, besiegte diesen im Mai 326 und nahm ihn
gefangen, setzte ihn jedoch in sein Reich wieder ein. Darauf durchzog er das heutige Pandschab, und war
im Begriff zum Ganges vorzudringen, als Ende August das Widerstreben des Heers ihn am Hyphasis zur Rückkehr zwang. Als er den
Hydaspes wieder erreicht und durch die Gründung zweier Städte Maßregeln zur Behauptung der ind. Landschaften getroffen
hatte, fuhr er auf einer dazu erbauten Flotte (im Nov. 326) mit einem Teile des Heers diesen Fluß, dann
den Akesines hinab, während der andere an beiden Ufern folgte. Auch auf diesem Zuge hatte er mehrere Kämpfe mit ind.
Völkerschaften zu bestehen, und wurde bei der Belagerung der Hauptstadt der Maller gefährlich verwundet.
Nach seiner Genesung zog er weiter, gelangte vom Akesines in den Indus, fuhr auf diesem hinab und
kam am Indischen Ocean im
Juli 325 an.
Von hier aus schlug Alexander (Ende Aug. 325) mit einer Hauptkolonne des Heers den Rückweg zu Lande durch Gedrosien (Belutschistan)
ein, wo ein großer Teil der Expedition in der Wüste den Untergang fand. Nearchus hatte den Auftrag, die
Flotte durch den Ocean zurückzuführen. Ein Teil des Heers, den Alexander unter Kraterus durch Arachosien vorausgeschickt hatte, vereinigte
sich mit ihm in Karamanien. Auch Nearchus landete nicht lange nachher dort (Dez. 325), um dann
seinen Weg zur See wieder fortzusetzen.
Nach Persis zurückgekehrt, mußte Alexander strenges Gericht über eine Anzahl verbrecherischer Satrapen halten und
ging nun an die Maßregeln zur dauernden Einrichtung des Reichs auf Grundlage einer Verschmelzung des macedon.-griech. Elements
mit dem orientalischen, namentlich im Heere. In Opis am Tigris kam darüber die Unzufriedenheit des macedon.
Heers zum Ausbruch (Juli 324); dessen Trotz wurde aber gebrochen und die Erneuerung und Ergänzung der Armee des Weltreichs aus
allen Provinzen durchgeführt.
Bald darauf verlor Alexander zu Ekbatana seinen Liebling Hephästion durch den Tod, im Spätsommer 324; derselbe ward in Babylon mit
königl. Pracht bestattet. In dieser Stadt, die Alexander zum Mittelpunkte
seines Reichs zu machen gedachte, zog der König zu Anfang 323 ein. Mit neuen großen Kriegsplänen beschäftigt, erkrankte
er plötzlich nach einem Gastmahle und starb wenige Tage darauf in seinem 32. Lebensjahre (8. oder 11. Juni, vielleicht auch schon
im Mai 323). Sein Leichnam wurde von Ptolemäus, der sich 322 desselben bemächtigt hatte, zu Alexandria
beigesetzt und war noch im 3. Jahrh. n. Chr. dort zu
sehen.
Erst Kaiser Severus vermauerte das Grabmal, und da 272 n. Chr. der ganze umliegende
Stadtteil zerstört wurde und lange Zeit wüste blieb, wurde allmählich die Stelle vergessen. Alexander hatte keinen Erben des
Reichs bestimmt. Nach vielen Wirren erkannten seine Feldherren den blödsinnigen Arrhidäus, einen Sohn Philipps und der Tänzerin
Philinna, und A.s von Roxane nachgeborenen Sohn Alexander als Könige an und teilten sich in die Provinzen. Perdikkas wurde
Reichsverweser und Vormund des Königs.
Alexander ist seinem persönlichen Charakter nach vielleicht der größte und genialste Held des Altertums. Abgesehen
von der Frage, ob es ihm bei längerm Leben gelungen wäre, die Masse der eroberten Länder und unterjochten Völker vom Indus
bis zur Adria in eine geordnete polit. Gesamtheit zu bringen, ist doch gewiß, daß seine flüchtige, meteorähnliche Laufbahn
sowohl durch Aufrüttelung der Völker im allgemeinen als auch durch Gründung griech. Kolonien und Plätze
viele Keime zurückgelassen hat, die später, wenn auch in ganz anderer Weise, ihre welthistor. Entwicklung fanden. Seine Herrschaft
zerfiel nach seinem Tode, aber seine Nachfolger Antigonus, Seleucus, Ptolemäus, Lysimachus u. s. w. (s. Diadochen) stifteten
allmählich in den einzelnen Hauptteilen des großen ReichsStaaten, in denen mehr oder weniger die griech.
Kultur wirksam und heimisch geworden ist. (Hierzu eine Karte: Alexanders d. Gr. Reich und Eroberungszüge.)
Obwohl Alexander verbot, daß außer Apelles, dem Steinschneider Pyrgoteles und Lysippus ihn jemand bildlich darstelle, ist er doch
durch die Kunst vielfach verherrlicht worden. Berühmt waren ein Gemälde des Apelles zu Ephesus und die
zahlreichen plastischen
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Die neuere Kunst wählte oft A.s Thaten zum Gegenstande, am bekanntesten ist Thorwaldsens (s. d.) Relief
«Alexanderzug»; ferner die Gemälde von Ch. Lebrun (Paris,
[* 65] Louvre),
«A.sTod» von Piloty (Berlin,
[* 66] Nationalgalerie). Die Litteratur
über Alexander ist sehr umfangreich. Zunächst wurden A.s Leben und Thaten von einigen seiner Begleiter, wie Kallisthenes, Anaximenes,
Klitarch, Onesikritus, Marsyas,
[* 67] Chares, in pomphaftem Stil, oft voll Übertreibungen und Märchen, der Grundlage
der Alexandersage (s. d.), erzählt, andere, namentlich Ptolemäus Lagi und Aristobul, gaben zuverlässige Berichte, wenn auch
nur über das Militärische und Geographische, nicht über das Politische und Psychologische. Auf Klitarch beruht im wesentlichen
die Erzählung der Geschichte A.s bei Diodor, Trogus Pompejus (bei Justin), Curtius Rufus, mehrfach auch bei Plutarch; auf
Ptolemäus und Aristobul die DarstellungArrians, der daneben eine alexandrinische Kompilation benutzt zu haben scheint. Arrianus
(s.d.) ist somit für uns die Hauptquelle. Die Reste der gleichzeitigen Geschichtschreiber A.s sind von K. Müller in der AusgabeArrians von Dübner (Par. 1877) gesammelt.
Neuere Bearbeitungen: J. G. Droysen, Geschichte A.s d. Gr. (4. Aufl., Gotha
[* 68] 1892);
Flathe, Geschichte Macedoniens, Bd. 1 (Lpz.
1832);
Grote, Geschichte Griechenlands, deutsch von Meißner, Bd. 6 (2. Aufl.,
Berl. 1882);
Hertzberg, Die asiat. Feldzüge A.s d. Gr. (2. Aufl., Halle
[* 69] 1875);
ferner: Rüstow und Köchly, Geschichte des
griech. Kriegswesens (Aarau
[* 70] 1852);
Schäfer, Demosthenes und seine Zeit, Bd. 3 (2.
Aufl., Lpz. 1887);
Kaerst, Forschungen zur Geschichte A.s d. Gr. (Stuttg. 1887);
Alexander 1. (109–119?) soll als Märtyrer gestorben sein.
A.II. (1061–73), vorher Anselmo di Baggio aus Mailand,
[* 72] ein eifriger Förderer der cluniacensischen Reform, der geistige
Urheber der sog. Pataria (s. d.) in Oberitalien,
[* 73] Bischof von Lucca,
[* 74] war der erste ohne Einmischung des DeutschenKaisers durch das Kardinalskollegium gewählte Papst, erhielt in Honorius II. (s. d.)
einen Gegenpapst. Als letzterer aber auf der vom Erzbischof Anno von Köln
[* 75] 1062 berufenen Kirchenversammlung als unrechtmäßig
verworfen wurde, ward Alexander vom Reich und nach hartem Kampf, in dem er mit Hilfe Gottfrieds (s. d.) von Lothringen und Tuscien
siegte, auch in Oberitalien anerkannt.
Die Beschlüsse über Kirchenwesen, Investitur und Cölibat sowie alle Schritte zur Demütigung des KaisersHeinrich IV. (s. d.),
die im Namen dieses Papstes geschahen, ferner sein thatkräftiges Eingreifen in die Angelegenheiten Dänemarks, Englands, Frankreichs,
Ober- und Unteritaliens, gingen jedoch seit 1065 vom Kardinal Hildebrand (dem nachherigen Gregor VII.),
seinem Kanzler und Nachfolger, aus. Er starb –
Alexander III. (1159–81), vorher OrlandoBandinelli aus Siena, Lehrer des Kirchenrechts in Bologna, seit 1150 Kanzler Eugens III.
und Hadrians IV., war ein energischer, geistesgewandter und auch erfolgreicher Vertreter der Oberherrschaft
des Papsttums über jede weltliche Macht, die er jedoch trotz der Unterstützung des byzant. Kaisers und Wilhelms II. von
Sicilien gegen KaiserFriedrich I. Nicht vollständig durchzuführen vermochte. Gegen den von Friedrich I. begünstigten Gegenpapst
Victor IV. verband er sich mit den lombard. Städten, mußte aber nach deren Niederlage 1161 nach Frankreich
fliehen. Trotzdem wurde er von Frankreich, Sicilien, England und Spanien
[* 76] anerkannt, triumphierte auch über den zweiten Gegenpapst,
Paschalis III., den ihm der kaiserl. Kanzler Rainald von Dassel nach dem Tode Victors gegenübergestellt hatte, und kehrte
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