Alembert
(spr. alangbähr), Jean le Rond d', franz. Mathematiker und Philosoph, eins der Häupter der sog. Encyklopädisten, geb. zu Paris, [* 2] war ein natürliches Kind der schönen und geistreichen Frau von Tencin und des Ingenieuroffiziers Destouches, eines Bruders des Lustspieldichters Philippe Néricault Destouches. Das Kind, von den Eltern ausgesetzt, schien so schwach, daß es der Polizeikommissar, der es aufhob, nicht in das Findelhaus schickte, sondern der Sorgfalt einer armen Glaserfrau übergab.
Vier Jahre alt, kam in eine Erziehungsanstalt, in der er bis zu seinem zwölften Jahr verblieb. Dann in das Collège Mazarin
aufgenommen, zeigte er große
Anlagen zur Mathematik. Zuerst studierte er Rechtswissenschaft, dann
Medizin, und
zog durch zwei
mathem.-physik.
Arbeiten die
Aufmerksamkeit auf sich. Die von ihm der
Akademie der Wissenschaften 1739 und 1740 überreichten
beiden
Abhandlungen über die
Bewegung fester Körper in einer Flüssigkeit und über die Integralrechnung
[* 3] erschienen dieser
so bedeutend, daß sie 1741 Alembert
zum Mitgliede erwählte. Hierauf schrieb er den
«Traité de dynamique» (beste Ausg. Par.
1758) und den
«Traité de l'équilibre et du mouvement des fluides» (ebd. 1744 und 1770). Durch seine
«Réflexions sur la cause
génerale des vents» (ebd. 1744 und 1747) gewann er den von der
Akademie in
Berlin
[* 4] ausgesetzten Preis und deren Mitgliedschaft.
Alembert
nahm auch teil an den Untersuchungen, die Newtons
[* 5] Entdeckungen über die
Bewegung der Himmelskörper
vervollständigten.
Bereits 1747 übergab er der Akademie der Wissenschaften eine Auflösung des Problems, welche Störungen die gegenseitigen Anziehungen der Planeten [* 6] in ihrer elliptischen Bewegung um die Sonne [* 7] verursachen; auch schrieb er viele andere Abhandlungen astron. und physik. Inhalts, z. B. über das Vorrücken der Nachtgleichen (deutsch von Seuffert u. d. T. «Untersuchungen über die Präzession der Nachtgleichen und die Nutation der Erdachse nach Newtons System», Nürnb. 1857),
ferner über den
Widerstand flüssiger Körper u. s. w., die sich in seinen «Opuscules
mathematiques» (8 Bde., Par.
1762-80) gesammelt finden. Mit gleicher Liebe umfaßte Alembert
die philos. Wissenschaften. Mit Diderot und
andern Geistesgenossen unternahm er die Herausgabe der «Encyclopédie».
Er selbst verfaßte dafür den mathem.
Teil und die Einleitung, eine auf der Erkenntnislehre
Bacons und Lockes gebaute
Systematik
der Wissenschaft, die stets ein
Muster wissenschaftlicher
Darstellung bleiben wird. Alembert
ward durch die Beteiligung an der «Encyclopédie»,
dem Sammelplatz der gesamten freigeistigen Oppositionslitteratur, in mannigfache
Händel und Verfolgungen
verwickelt, die ihn mit den Jahren immer vorsichtiger, oft sogar doppelzüngig machten.
Die Lebensbeschreibungen der verstorbenen Akademiker («Eloges»),
von ihm als dem ständigen Sekretär
[* 8] der
Akademie verfaßt,
leiden sehr bedenklich unter solchen Zugeständnissen. Trotzdem folgte er weder den Einladungen
Friedrichs II., sich in
Berlin
niederzulassen, noch den Anerbietungen der Kaiserin
Katharina II. von
Rußland, die ihm die Erziehung ihres
Sohnes antrug. Alembert
war
einer der liebenswürdigsten
Menschen. Seine Liebe zu Mademoiselle L'Espinasse (s. d.)
war in einer sittenlosen Zeit eine durchaus
reine. Länger als 40 Jahre lebte er höchst einfach bei seiner Pflegemutter, und er verließ die Wohnung
derselben nur, als seine Gesundheit ihn dazu nötigte. Er starb
Condorcet hat ihm in seinem «Éloge de d'A.» (Par.
1784) ein schönes
Denkmal gesetzt. Eine vollständige Sammlung seiner mathem. Werke ist nicht erschienen. Dagegen sind seine
vermischten
Schriften zusammengestellt in den «Œvres philosophiques, historiques
et littéraires», die Bastien (18 Bde., Par.
1805) herausgab. Vollständiger als diese ist die auch den Briefwechsel
A.s mit
Voltaire und
Friedrich d. Gr. enthaltende
Ausgabe
von Didot (5 Bde., Par. 1821) sowie
die von
Condorcet ( Alembert
,.
Sa vie, ses œvres,
sa philosophie (ebd. 1852). Einige kleinere
Schriften veröffentlichte Zuerst Charles
Henry: »Œvres et correspondances inedites de d'A." (Par. 1887). -
Vgl. Bertrand, Le [* 9] grands écrivains français (Par. 1889). ¶