Aldinen,
1) Druckwerke aus der Offizin der Buchdruckerfamilie Manutius zu Venedig (15. und 16. Jahrh.). -
2) Eine lateinische, sich durch gefällige und elegante Form auszeichnende Schriftgattung, nach demselben Buchdrucker genannt. S. Manutius.
512 Wörter, 3'512 Zeichen
Technologie, Gewerbe und Industrie — Buchdruckerei — Schriftarten
Im Meyers Konversations-Lexikon, 1888
1) Druckwerke aus der Offizin der Buchdruckerfamilie Manutius zu Venedig (15. und 16. Jahrh.). -
2) Eine lateinische, sich durch gefällige und elegante Form auszeichnende Schriftgattung, nach demselben Buchdrucker genannt. S. Manutius.
Im Brockhaus` Konversationslexikon, 1902-1910
nennt man die Drucke, die aus den Offizinen der venet. Buchdruckerfamilie Manutius (s. d.), besonders des Aldus Manutius des Ältern, etwa seit 1489 hervorgegangen und durch innern
Wert wie durch äußere Ausstattung gleichmäßig ausgezeichnet sind. Die erste datierte Aldine ist von 1494. Man zählt unter ihnen 28 erste Ausgaben (editiones principes) griech. und röm. Klassiker; andere enthalten einen aus Manuskripten kritisch berichtigten Text neuerer klassischer, besonders nationaler Schriftsteller, z. B. Dantes, Petrarcas, Boccaccios u. a. Sie zeichnen sich in der Regel durch besondere Korrektheit des Drucks aus; doch stehen die griechischen den lateinischen und italienischen etwas nach. Zugleich machen die Drucke von Aldus dem Ältern in mehrfacher Hinsicht Epoche in der Geschichte der Buchdruckerkunst, indem sich derselbe großes Verdienst um die Verschönerung der Typenarten erwarb. Von griech. Typen, mit welchen vor ihm noch niemand so viel und so schön gedruckt hatte, ließ er nach und nach 9, von den lateinischen 14 Arten fertigen. Er, oder vielmehr der Stempelschneider Francesco aus Bologna, ist der Vater der ital. Kursivtype, deren er sich zu seiner Sammlung von Ausgaben älterer und neuerer Klassiker in Oktav (zuerst im Virgil, 1501) bediente. Selbst von hebr. Schriften besaß er drei verschiedene Arten. Holzschnitte haben seine Oktavausgaben nicht; auch sonst sind sie selten bei ihm, nur die «Hypnerotomachia Poliphili» (1499) macht davon eine bewundernswürdige Ausnahme. Seine Pergamentdrucke sind unübertrefflich schön. Unter seinen Drucken findet sich auch, daß einige Exemplare auf besseres, feineres oder stärkeres Papier abgezogen wurden, zuerst bei den «Epistolae graecae» (1499). Außerdem lieferte er seit 1501 in der Ausgabe des Philostratus einzelne Exemplare auf Großpapier und 1514 die ersten Drucke auf blauem Papier. Nach seinem Tode, 1515, wurde sein Schwiegervater, Andreas Asulanus, Vorstand der Druckerei. Des Aldus Sohn, Paul, besaß denselben Enthusiasmus für die röm. wie sein Vater für die griech. Klassiker. Mit dem Enkel Aldus, der zu Rom 1597 starb, ging die Offizin, die zuletzt ihren alten Vorrang den ital. Nebenbuhlern gegenüber nicht mehr behaupten konnte, ein, nachdem sie während ihrer einhundertjährigen Dauer 908 Drucke (nach Ebert) geliefert hatte. Das Zeichen derselben ist ein Anker, um den sich ein Delphin schlingt, bisweilen mit der Beischrift: Sudavit et alsit. Da die Drucke dieser Offizin, vorzüglich aus der ältern Periode, schon seit früher Zeit mit Eifer gesucht wurden, so fanden die Lyoner Drucker und die Giunti zu Florenz seit 1502 ihren Vorteil durch trügerische und schlechte Nachdrucke. Noch Anfang des 19. Jahrh. wurden die Aldinen oft gesammelt; jetzt hat sich diese Vorliebe sehr verloren. Besonders selten sind die «Horae beatiss. virginis» von 1497, der Virgil von 1501 und die «Rhetores graeci» (2 Bde., 1508 u. 1509). - Vgl. Renouard, Annales de l'imprimerie des Alde (3. Aufl., Par. 1834); Firmin Didot, Alde Manuce et l'Hellénisme à Venise (ebd. 1875); E. Frommann, Aufsätze zur Geschichte des Buchhandels im 16. Jahrh., Heft 2 (Jena 1881).
Ein Verzeichnis aller echten Aldinen lieferte auch Ebert in seinem «Bibliogr. Lexikon», Bd. 1 (Lpz. 1821).