Alcibiades
(Alkibiades), athen. Staatsmann und Feldherr, Sohn des Klinias und der Dinomache, geb.
um 451
v. Chr. zu
Athen,
[* 2] verlor seinen
Vater in der
Schlacht bei
Koronea 447, und ward im Hause des
Perikles, seines Verwandten,
erzogen. Er zeigte hohe Begabung, aber auch unbegrenzte Selbstsucht, Leichtfertigkeit und Übermut.
Sokrates
gewann großen aber nicht nachhaltigen Einfluß auf ihn. Anfangs wahrscheinlich ein Gegner des
Kleon (s. d.), trat er nach
dessen
Tode (422), als der
Aristokrat
Nicias 421 zwischen den Athenern und Spartanern einen Frieden auf 50 Jahre zu stande gebracht
hatte, eifersüchtig auf dessen Ansehen, an die
Spitze der radikal demokratischen und Kriegspartei und
bewog die
Athener, sich im
Frühjahr 420 mit den
Argivern, Eliern und Mantineern zu verbünden. Dem
Bunde machten die Spartaner 418 durch
den
Sieg bei Mantinea, an der auch Alcibiades
teilnahm, ein Ende. Auf des Alcibiades.
¶
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Betreiben unternahmen sodann die Athener 415 den Zug
nach Sicilien (s. Griechenland,
[* 4] Geschichte) und ernannten Alcibiades
nebst Nicias und
Lamachus zum Oberbefehlshaber. Aber während der Rüstungen
[* 5] geschah es, daß in der Nacht zum 11. Mai alle Hermensäulen
Athens verstümmelt wurden. Alcibiades'
Feinde schoben den Verdacht der That auf ihn, doch wurde er nicht wegen
dieses Frevels, an dem er unschuldig war, angeklagt, sondern wegen Entweihung Eleusinischer Mysterien. Alcibiades
verlangte vergebens
sofortige Untersuchung vor Abgang der Flotte; erst als diese wenige Wochen fort war, rief das Volk Alcibiades
zurück, damit er sich
verantworte. In Sicilien hatte Alcibiades
indes bereits einige nennenswerte Erfolge erzielt, die Städte Naxos und
Catana gewonnen, andere Orte waren im Begriff, sich den Athenern zu übergeben.
Dennoch folgte Alcibiades
dem Befehle zur Rückkehr, entfloh aber auf dem Rückwege in Thurii und begab sich nach Argos. Als ihn in
Athen das Volk zum Tode verurteilte, beschloß er sich an seinen Landsleuten zu rächen; er ging nach Sparta
(Ende 415) und wußte sich namentlich durch strenge Beobachtung der Landessitte bald zum Lieblinge des Volks zu machen. Durch
ihn wurden die Lacedämonier bestimmt, den Syrakusiern Hilfe zu senden und sich in Attika selbst 413 durch die Besetzung von
Dekelea einen Stützpunkt für ihre Kriegsoperationen zu verschaffen.
Auch veranlaßte Alcibiades
Sparta, nach dem unglücklichen Ausgange der athen. Unternehmung auf Sicilien (Sommer 413), sich mit dem
pers. Satrapen Tissaphernes zu verbinden und zunächst Chios zu unterstützen, um dies von Athen loszureißen. Er selbst brachte
im Frühling 419 Ionien gegen die Athener in Aufstand. Als aber dann die von Mißtrauen und Eifersucht gegen
ihn erfüllten Vornehmen Spartas, an ihrer Spitze König Agis II., dessen Gemahlin er verführt hatte, ihn umzubringen gedachten,
rettete sich Alcibiades
, zur rechten Zeit gewarnt, im Okt. 412 zu Tissaphernes.
An den Spartanern Rache zu nehmen und mit Athen sich zu versöhnen, war von jetzt an sein Bemühen. Dem
Tissaphernes stellte er vor, wie es dem Interesse der Perser entgegen sei, die Athener ganz zu entkräften, und ließ zugleich
den oligarchischen Befehlshabern der athen. Macht auf Samos eröffnen, daß er bereit sei, sie mit Tissaphernes zu befreunden,
wenn sie die Demokratie in Athen stürzen und eine oligarchische Regierung einführen wollten. Als es ihm
nicht gelang, Tissaphernes zu einem Bündnisse mit den Athenern zu bewegen, ließen die oligarchischen Verschwörer den Alcibiades
fallen,
setzten es aber durch, daß April 411 zu Athen die oligarchische Regierung der «Vierhundert» eingesetzt wurde.
Indessen erklärte sich das Heer in Samos gegen die Abschaffung der alten Verfassung, wählte sich neue
demokratische Strategen, rief Alcibiades
zu sich und stellte ihn an deren Spitze. Im Okt. 411 verhalf er durch seine rechtzeitige Hilfe
den Athenern zum Seesiege bei Abydos. Als Führer des athen. Heers schlug Alcibiades
dann 410 die Spartaner und
Perser bei Kyzikos, nahm 409 Perinth, Chalecdon, Byzanz u. s. w., gab den Athenern die Herrschaft des Meers wieder und kehrte
im Juni 408 im Triumphe nach Athen zurück, wo bereits Juni 411 die Herrschaft der Oligarchen gestürzt und an ihre Stelle die
gemäßigte Demokratie getreten war.
Unter dem Schutze seiner Truppen konnte auch der lange entbehrte Festzug nach Eleusis wieder stattfinden,
ohne daß die Spartaner von Dekelea aus einen Angriff wagten. Diese Glanzzeit war indes nur von kurzer Dauer.
Von den Oligarchen
wie von den Radikalen gefürchtet und gehaßt, ging von dem Volke zum unumschränkten Oberfeldherrn ernannt, im Herbst
mit hundert Schiffen nach Asien.
[* 6] Gegenüber dem neuen spartan. Feldherrn Lysander gelang es ihm nicht Erfolge zu erringen,
und während Alcibiades
selbst sich zu Thrasybulus begab, der Phocäa belagerte, ließ sich sein Unterfeldherr Antiochus gegen ausdrücklichen
Befehl (407) in ein Gefecht bei Notion vor Ephesus verwickeln, das ihm das Leben und den Athenern einige
Schiffe
[* 7] kostete. Alcibiades
wurde abgesetzt und zog sich nach der Propontis zurück.
Vergebens bot er dann noch vor der verhängnisvollen Schlacht bei Ägos-Potamos (405) den athen. Feldherren Rat und Hilfe an.
Nach dem Falle von Athen ging er im Frühling 404 zu dem Satrapen Pharnabazus und beabsichtigte, Artaxerxes
II. durch Enthüllung der Pläne seines Bruders Cyrus für sich zu gewinnen. Vielleicht auf Betreiben der sog. Dreißig Tyrannen
von Athen und wahrscheinlich durch Cyrus dazu ermächtigt, forderte Lysander von Pharnabazus Alcibiades'
Ermordung. Dieser ließ dann
seinen Gastfreund auf der Reise nach Susa in dem phrygischen Städtchen Melissa mit Pfeilen erschießen
(Ende 404 v. Chr.). - Biographien des Alcibiades
schrieben Cornelius Nepos und Plutarch.
Vgl. Bischer, und Lysander (Basel [* 8] 1845);
Hertzberg, der Staatsmann und Feldherr (Halle [* 9] 1853);
Fokke, Rettungen des Alcibiades
(2 Tle., Emden
[* 10] 1883-86).
Über bildliche Darstellungen des Alcibiades
vgl. Helbig in Bd. 38 der «Annali»
des Archäologischen Instituts (Rom
[* 11] 1866).