Albumin
gehört zu den Eiweißkörpern oder Proteinstoffen (s. d.), die allgemein verbreitet in Lebewesen, im Körper der Tiere wie der Pflanzen vorkommen und überaus bedeutungsvolle Stoffe im Haushalte der organischen Natur sind, von den Pflanzen erzeugt werden und für die Menschen und Tiere unentbehrliche Nahrungsstoffe bilden. Alle Eiweißstoffe haben eine sehr ähnliche, aber komplizierte Zusammensetzung und bestehen aus den fünf Elementen: Kohlenstoff, Wasserstoff, Sauerstoff, Stickstoff und Schwefel, unterscheiden sich aber durch ihr Verhalten in Lösungen.
Die Albumin
sind dadurch gekennzeichnet, daß sie durch reines Wasser allein in Lösung gehalten
werden und beim Erhitzen der Lösung gerinnen.
Andere
Proteinstoffe, die
Globuline (s.d.), bedürfen zu ihrer Lösung der Anwesenheit
von Chloralkalien. Noch andere Eiweißarten bedürfen der basischen
Alkalien zu ihrer Lösung und gerinnen beim Ansäuern
ihrer Lösungen, dazu
gehört das
Casein (s. d.) der
Milch.
Endlich giebt es Eiweißkörper, die sofort
beim Verlassen des tierischen Körpers gerinnen, wie das
Fibrin (s.d.).
Das eigentliche Albumin
findet sich hauptsächlich in dem
Eiweiß der
Eier
[* 2] zu etwa 12 Proz. (Eier-Albumin
) und im Blutserum zu etwa 6 Proz.
(Serum-Albumin
), ferner im
Chylus, in der
Lymphe und in kleiner Menge auch in der
Milch. Dampft man Hühnereiweiß
unter 40° ab und behandelt den trocknen
Rückstand, zur Entfernung von Fett, mit
Äther und schwachem
Alkohol, so erhält man
ein Albumin
, das noch 5 Proz. an
Alkalien und
Salzen hat, die es beim Verbrennen als
Asche hinterläßt. Dieses Albumin
ist eine gelbliche,
leicht zerreibliche
Masse, die im trocknen Zustande bis auf 100° C. erhitzt werden kann, ohne unlöslich zu werden.
Erhitzt man jedoch eine wässerige Lösung der
Masse, so fängt sie an bei 59° sich zu trüben, scheidet bei 61 bis 63°
Flocken ab und gerinnt bei höherer
Temperatur vollständig. Das geronnene (koagulierte) Albumin
ist im reinsten
Zustande weiß, unlöslich in Wasser, aber löslich in ätzenden
Alkalien. Aus dieser Lösung wird es durch alle Säuren,
auch durch
Kohlensäure, wieder gefällt. Wie alle
Eiweißstoffe giebt Albumin
mit Metalloxyden feste
Verbindungen, die
Albuminate.
Man hat in neuester Zeit aus durch wiederholtes
Lösen, Fällen und
Auswaschen gereinigtem Kupferalbuminat
reines aschefreies Eier-Albumin
dargestellt, das zum
Teil ganz andere Eigenschaften besitzt als das aschehaltige. Es ist in der
Siedehitze nicht koagulierbar und scheint die sog. geronnene Modifikation gar nicht liefern
zu können; es wird ferner durch
Alkohol,
Äther,
Tannin u. s. w. nicht gefällt. Es quillt mit kaltem Wasser
auf und löst sich allmählich; durch
Kochen mit Neutralsalzlösungen wird es in die unlösliche Modifikation übergeführt.
Durch Eindampfen seiner Lösung bei 100° verändert sich keine seiner Eigenschaften. Sowohl das Ei-Albumin
als das Serum-Albumin
sind optisch aktiv und links drehend; die Drehkraft des Ei-Albumins
ist schwächer als die des Serum-Albumins. Der
Schwefel, der im A. enthalten ist, giebt bei der freiwilligen
Zersetzung von Albumin
lösungen Veranlassung zur
Bildung von
Schwefelwasserstoff, durch dessen Auftreten der widrige Geruch der faulen Eier bedingt wird, sowie auch das schwarze Anlaufen von blanken silbernen Gerätschaften (z. B. Löffeln) infolge der Bildung von schwarzem Schwefelsilber.
Das der
Pflanzen ist mit dem tierischen nicht ganz identisch, sondern ihm nur ähnlich. Die meisten Pflanzensäfte
halten es in Lösung und scheiden es beim Erhitzen ab. Knetet man z. B. Weizenmehl in einem
Tuche unter Wasser aus und gießt die durchgelaufene Flüssigkeit nach einigen
Stunden Ruhe von der abgesetzten
Stärke
[* 3] ab,
so kann man daraus durch Erhitzen das Albumin
fällen; ebenso enthält der Saft der Kartoffelknollen
reichliche Mengen von Albumin, die beim Aufkochen des Saftes sich abscheiden. Die
Albuminate des Tierkörpers unterliegen einem
beständigen
Verbrauch und müssen, wenn der Körper nicht zu
Grunde gehen soll, durch gleiche
Stoffe in der Nahrung ersetzt
werden. Aus diesem
Grunde sind die
Albuminate zu den wichtigsten Nährstoffen zu zählen. (S. Nahrungsmittel.)
[* 4]
Das Albumin findet vielfach praktische Verwendung, so z. B. als Gegengift gegen Quecksilberchlorid. Dieses verbindet sich nämlich mit ungeronnener Eiweißlösung zu einem unlöslichen, unschädlichen Gerinnsel (Koagulum). Man kann daher ¶
mehr
in den Magen [* 6] gelangte Sublimatlösung durch Genuß von rohen Eiern unschädlich machen. Ferner benutzt man die Eigenschaft des Albumin, beim Erhitzen zu gerinnen, zum Klären und Schönen von trüben Flüssigkeiten. (S. Abschäumen.) Die Eigenschaft des Albumin, mit Kalk eine sich erhärtende Verbindung einzugehen, wird benutzt, um aus Eiweiß und Kalk einen Kitt zu bereiten. Endlich ist das von Wichtigkeit für den Photographen, der dasselbe zur Bereitung von photogr. Papier sowie zum Überziehen von Glasplatten verwendet, die zur Aufnahme der lichtempfindlichen Substanzen dienen sollen; doch ist das in dieser Hinsicht fast vollständig durch das Kollodium ersetzt.
Eine wichtige Anwendung findet das Albumin zur Befestigung gewisser Farbstoffe in der Zeugdruckerei. Diese, wie z. B. das Ultramarin, werden, in Eiweißlösungen gebracht, auf die Stoffe gedruckt, worauf das Gewebe [* 7] durch Dampf [* 8] erhitzt wird, um das Albumin gerinnen zu machen. Die sich in Berührung mit der Faser und dem Farbstoff abscheidenden Flocken wirken dabei als Kitt, der beide verbindet. Wegen seiner technischen Verwendung wird das Albumin fabrikmäßig in trocknem Zustande dargestellt, und zwar sowohl aus Eiern wie aus Blut. Das Ei-Albumin wird dem Blut-Albumin vorgezogen und im Handel teurer bezahlt als dieses, weil es meist weniger gefärbt und daher zur Applikation empfindlicher Farben mehr geeignet ist; jedoch ist die Herstellungsweise des Blut-Albumins neuerdings so vervollkommnet worden, daß auch sie tadellose Produkte liefert.
Die Fabrikation des Ei-Albumins ist nur dann gewinnbringend, wenn man einen gesicherten Absatz für das Eigelb hat, das seine Verwendung in der Konditorei und der Lederbereitung (Glace, Weißleder) findet; für letztern Zweck wird das Eigelb durch Zusatz antiseptisch wirkender Stoffe konserviert. Das vom Dotter getrennte Eiweiß wird durch ein feines Sieb getrieben oder durch inniges Mischen mit wenig Essigsäure und Terpentinöl geklärt (auf 100 l Eiweiß 250 g verdünnte Essigsäure und ebensoviel Terpentinöl).
Das in die Höhe steigende Terpentinöl nimmt Zellgewebe und sonstige Verunreinigungen mit, das klare Eiweiß kann unter der Ölschicht abgezapft werden. Die Lösung wird am besten auf Porzellantellern in einem stark geheizten und gut ventilierten Raum bei einer 50° C. nicht übersteigenden Temperatur verdampft. Das Albumin löst sich dann leicht in Form von fast farblosen oder schwach gelben Schuppen und Blättchen von den Tellern los. Zur Darstellung von 1 kg Albumin bedarf man etwa 250 Eier.
Die Fabrikation des Blut-Albumins kann nur in Verbindung mit großen Schlächtereien ausgeführt werden, da nur ganz frisches Blut dazu verwendbar ist. Das Blut wird unmittelbar aus der Ader des geschlachteten Tiers in flachen Zinkschüsseln aufgefangen. Jede Schüssel wird sofort, nachdem sie gefüllt ist, an einem vor Erschütterungen geschützten Platze aufgestellt, da nur dann eine Klärung des Blutes möglich ist. Dabei scheidet sich Fibrin als gallertartige, elastische Masse ab, die den roten Farbstoff des Blutes umhüllt; das vorher flüssige Blut bildet nun einen weichen Kuchen, den man zum Abtropfen des farblosen Serums auf Siebe bringt. Das Serum wird, wie das Ei-Albumin, mit Terpentinöl geschönt und verdampft. Von einem Stück Rindvieh erhält man durchschnittlich 18 l Blut, die 4 l Serum geben, und 1 l Serum giebt eine Ausbeute von 100 g A. Die als Nebenprodukte gewonnenen abgetropften Blutkuchen finden Verwendung als Mastfutter für Schweine. [* 9]