Albanien
,
ein mehr ethnographischer als geographischer
Begriff, welcher das ganz oder hauptsächlich von
Albanesen (s. d.)
bewohnte Land, d. h. die türkischen
Wilajets
Skutari,
Janina und Teile von Kossowo und
Saloniki,
[* 2] bezeichnet.
Albanesen aber
wohnen nördlich bis an die
Grenze
Montenegros, bis
Novibazar und an
Nisch heran, südwärts bis etwa zum 40. Breitengrad (mit
Griechen gemischt längs der
Küste bis 39° 12') und von der
Küste des Adriatischen
Meers östlich bis
Bitolia, Üskub und
Leskowatz. Außerdem hat man sich gewöhnt, in Albanien
auch den griechischen
Süden und
Osten von
Epirus einzurechnen.
Über die physikalische
Geographie des türkischen Albanien
vgl.
Türkisches Reich, mit
Karte.
Geschichte. Im
Altertum hieß Albanien
Illyrien, und seine Bewohner, welche
Indogermanen waren und Illyrier hießen, während der
Name
Albanesen
(Albani) auf einen kleinen
Gau beschränkt blieb, waren als wild und kriegerisch gefürchtet.
Von der
Küste her drang griechische
Kultur ein, wie noch zahlreiche Trümmer bezeugen. Unter König
Pyrrhos spielte das Land
kurze Zeit in der Geschichte eine
Rolle, dann ward es, in viele kleinere Gemeinwesen zersplittert, von
Makedonien abhängig.
Um 200
v. Chr. begann die Unterwerfung des
Landes durch die
Römer.
[* 3]
Zahlreiche Pflanzstädte erhoben sich an den
Küsten;
Apollonia (jetzt Polina) ward der Sitz der
Wissenschaften,
Dyrrhachium durch
Handel groß und reich.
In den
Gebirgen aber erhielten sich die alte
Sprache
[* 4] und das alte
Volk. In der
Völkerwanderung
verschwand auch in Albanien
die römische Herrschaft. Völlige Barbarei führten die im 7., 8. und 9. Jahrh.
eindringenden slawischen Völkerscharen zurück, unter deren Herrschaft ein großer Teil der
Bevölkerung
[* 5] namentlich im
Norden
[* 6] slawisiert wurde. Um 870 ward
Ochrida (das alte Lychnidos) die
Residenz eines Bulgarenfürsten.
Erst nach dem Sturz der Slawenherrschaft (1018) nahmen die Reste der alten Bevölkerung wieder Besitz vom Land. Mit dem byzantinischen Reich lag das unruhige und räuberische Volk fast fortwährend in Krieg. Dann folgten langwierige Kämpfe mit den Türken. Schon um 1380 stritten die Albanesen mit den Slawen und Ungarn [* 7] vereinigt für das Evangelium gegen den Islam; in der furchtbaren Schlacht bei Kossova (1389) verblutete der Kern des albanesischen Heers. Viele albanesische Stämme wanderten in die verheerten, menschenleeren Gegenden Attikas, Thessaliens und des Peloponnes aus und gründeten zahlreiche albanesische Pflanzstädte, die später den Türken unter Bajesid und Murad tapfern Widerstand leisteten.
Die Glanzzeit der albanesischen Geschichte damaliger
Zeiten knüpft sich an den
Namen
Skanderbegs, welcher kühne
Fürst 25 Jahre
lang (von 1443 bis 1467) mit ebensoviel Heldenmut wie
Glück gegen die ganze Macht der
Türken kämpfte,
während sein Schwiegervater Acatina Topia den
Süden Albaniens
schirmte. Selbst nach
Skanderbegs
Tod wehrten sich die
Albanesen
noch geraume Zeit gegen die
Türken; ihre
Verteidigung von
Skutari ist berühmt und ihre letzte, größte Waffenthat
jener
Periode.
Durch den 1478 zwischen den
Türken und
Venezianern geschlossenen
Frieden ward Albanien
türkische
Provinz, doch konnte das Land nie
völlig beruhigt werden. Seit der Mitte des 17. Jahrh. griff der
Islam in dem bisher christlichen Albanien
mehr und mehr um sich.
Auch drängten sich die
Albanesen bald zum türkischen
Kriegsdienst und bildeten, zumal nachdem die
Janitscharen
zu
Haustruppen herabgesunken waren, den
Kern der türkischen
Armee. Die tapfersten türkischen
Heerführer waren meist
Albanesen.
Auch zu den höhern Zivilstellen des
Reichs gelangten
Albanesen immer häufiger. Als 1770 die
Russen den
Aufstand der Griechen
gegen die
Türken anfachten, sandten die letztern gegen das unglückliche Nachbarvolk die
Albanesen, welche
ihrem uralten
Haß gegen die Griechen und ihrer Mordlust vollen
Lauf ließen.
Ali, der
Fürst von Tepelen, begann um diese Zeit
seine merkwürdige Laufbahn. Nach und nach brachte er ganz Albanien
unter seine Herrschaft.
Als er sich aber, um als vollkommener
Despot herrschen zu können, durch
Mord und
Verrat seiner albanesischen
Freunde zu entledigen trachtete,
traten diese auf die Seite der
Türken, und so ward seine Macht (1822) schnell wieder gebrochen.
Alis 40jähriger, fast ununterbrochener Kampf zur Befestigung seiner Herrschaft hatte das ohnehin so kriegerische Volk indes so sehr an das wilde Kriegsleben gewöhnt, daß, als nach des Despoten Sturz die griechische Revolution ausbrach, es die neue Gelegenheit zu Raub und Plünderung mit Eifer ergriff. Die mohammedanischen Albanesen traten auf die Seite der Türken, die christlichen, besonders die in den südlichen Gebirgen wohnenden Armatolen und Klephthen (namentlich die Sulioten), auf die der Griechen. In diesem langen Kampf mit ihren mohammedanischen Brüdern gingen die christlichen Albanesen größtenteils zu Grunde.
Nach der Schlacht bei Navarino und der Anerkennung der griechischen Unabhängigkeit wendete sich die wilde Thatenlust der Albanesen gegen die Türken. Unter Arslan Bei und Mustafa, Pascha von Skutari, erhoben sie die Fahne des Aufstands. Der Pascha von Bagdad, Daud, ward mit in den Bund gezogen, und Mehemed Ali schürte von Kairo [* 8] aus das Feuer mit Gold. [* 9] Das Reich sollte von allen Seiten angegriffen werden. Da erschien Reschid Pascha, nachdem er in Adrianopel mit Rußland Frieden geschlossen, 1829 mit dem ganzen türkischen Heer. Verrat bahnte ihm den Weg zum Ziel; er lud die Häuptlinge der Albanesen nach Monastir zu gütlicher Ausgleichung der Streitpunkte, indem er für sicheres Geleit sein Ehrenwort verpfändet hatte, und die Arglosen gingen in die Falle. 400 Häuptlinge kamen mit starkem Gefolge, wurden aber bei den ihnen zu Ehren veranstalteten Festen niedergemacht, worauf rasch und leicht die Unterwerfung des Landes folgte.
Ein abermaliger
Aufstand der mohammedanischen
Bevölkerung wütete seit 1843 in Albanien
infolge der angeordneten Truppenaushebung.
Derselbe breitete sich rasch über die Gebirgsgegenden von
Rumelien bis nach der Bulgarei aus.
Omer Pascha aber schlug die
Albanesen zunächst bei Kaplanly und unterwarf durch das
Treffen von
Kalkandelen und die
Eroberung von
Prischtina
die ganze
Provinz. Ein neuer
Aufstand im
Sommer 1847 wurde bald unterdrückt. Im J. 1879 widersetzten sich die nördlichen
Stämme
der
Albanesen den durch den
Berliner
[* 10]
Frieden festgesetzten Abtretungen von Teilen Albaniens
an
Serbien
[* 11] und
Montenegro
[* 12] und empörten
sich, um sie zu hindern, sogar gegen die türkische
Regierung, wurden aber 1880 und 1881 von
Derwisch Pascha
zur Unterwerfung gezwungen.
Vgl.
Gopcevic
^[Gopčević], Oberalbanien
und seine
Liga (Leipz. 1881), und die Litteratur bei
Albanesen.