Titel
Albanesische
Sprache
[* 2] und Litteratur. Das Albanesische
, die
Sprache der
Albanesen, wird in einer Anzahl von
Mundarten gesprochen, von denen die nördlichen, die sog. gegischen, im großen Ganzen die altertümlichern
sind. Die südlich vom
Flusse Škumbi gesprochenen Mundarten heißen im allgemeinen toskisch; auch das griech.
und ital. Albanesische
trägt im wesentlichen diesen Charakter. Das Albanesische ist ein selbständiger
Zweig des indogerman.
Sprachstamms, und zwar eine jüngere
Phase des alten Illyrischen.
Die Behandlung der alten indogerman. Medialaspiraten, denen im Albanesischen
unaspirierte Medien gegenüberstehen (g, d,
b für gh, dh, bh), verbindet es mit dem Slawolettischen,
Germanischen und
Keltischen, die Verwandlung der einen von den zwei
indogerman. Gutturalreihen in
Spiranten mit dem Slawolettischen. Der ursprüngliche Charakter der
Sprache
ist jedoch stark verändert. Die röm. Herrschaft in Illyrien hat dort zwar nicht vermocht eine
roman.
Sprache zu schaffen, hat aber Wortschatz, Wortbildung und Flexion so stark mit lat. Elementen
durchsetzt, daß das Albanesische
eine zur Hälfte roman. Mischsprache
geworden ist. Die Zahl
der lat.
Lehnwörter beträgt gegen 1500. In späterer Zeit sind slaw. und griech.
Elemente ins Albanesische
eingedrungen, aber nur in den Wortschatz. Die Buntheit des albanes. Lexikons wird durch eine Menge,
besonders im Nordalbanesischen
vorkommender türk.
Lehnwörter noch erhöht. Das Albanesische
besitzt folgende
Laute:
1)
Vokale: a,
e,
i, o,
u,
ü und den unbestimmten
Vokalę (wie im
Rumänischen); alle kommen im Nordalbanesischen
auch nasaliert vor:
2) Liquidae: ein stark gerolltes r und ein nicht gerolltes r, ein dentales l, ein palatales lj und ein gutturales, dem poln. ł ähnliches ł; 3) Nasale: gutturales n, palatales ń, alveolares n und labiales m; 4) Verschlußlaute: gutturales k und g, palatales kj und gj, alveolares t und d, labiales p und b;
5) Spiranten: gutturales und palatales ų, palatales j, cerebrales š und ž, alveolares s und z, interdentales ζ und δ, labiales f und v;
dazu die Affricaten tš und dž, ts und dz.
Die Schreibung ist bei dem
Mangel einer Schriftsprache
mannigfaltig;
die Tosken schreiben meist griechisch, die Gegen meist lateinisch.
Grammatische und lexikalische Litteratur des Albanesischen:
Für Nordalbanien: Blanchus, Dictionarium latino-epiroticum
(Rom
[* 3] 1635);
Lecce, Osservazioni grammaticali nella lingua albanese (ebd. 1716);
Rossi, Vocabolario italiano-epirotico (ebd. 1866);
ders., Vocabolario della lingua epirotica-italiana (ebd. 1875);
Jungg, Elementi grammaticali della lingua albanese (Skutari 1881);
P. W., Grammaire albanaise (Lond. 1887).
Für Südalbanien: von Hahn, [* 4] Albanes. Studien (Jena [* 5] 1854);
Dozon, Manuel de la langue chkipe ou albanaise (Par. 1878);
Kristoforidhis, [griechischer Text] (Konstantinopel [* 6] 1882);
(Sami Bei in Konstantinopel,) Skronjętore e gjuhęsę škjip (Bukarest [* 7] 1886).
Für Griechisch-Albanesisch: Reinhold, Noctes pelasgicae
(Athen
[* 8] 1855). Für
Italisch-Albanesisch: de Rada, Grammatica della lingua albanese (Flor. 1870). In
Bezug
auf sprachwissenschaftliche Behandlung vgl.
Bopp,
Über das Albanesische
(Berl. 1855);
Camarda, Saggio di grammatologia comparata sulla lingua albanese (Livorno [* 9] 1864; Appendice, Prato 1866);
Miklosich, Albanische Forschungen (Bd. 1–3, Wien [* 10] 1870–71);
Schuchardt, Albanisches und Romanisches (in der «Zeitschrift für vergleichende Sprachforschung», Bd. 20, Berl. 1871);
Gustav
Meyer, Die
Stellung des Albanesischen
im
Kreise
[* 11] der indogerman.
Sprachen (in den «Beiträgen zur
Kunde der indogerman.
Sprachen», Bd. 8, Gött.
1883); ders.,
Albanes.
Studien (Bd. 1–3,
Wien 1883–92); ders., Der Einfluß des Latein auf die albanes. Formenlehre (in
den «Miscellanea di filologia e linguistica», Flor.
1886); ders., Die lat. Elemente im Albanesischen
(in Gröbers «Grundriß
der roman.
Philologie», Bd. 1, Straßb.
1888); ders., Kurzgefaßte albanes.
Grammatik (Lpz. 1888); ders., Etymolog. Wörterbuch der albanes.
Sprache (Straßb. 1891;
mit vollständigem Litteraturverzeichnis).
Die Albanesen besitzen wesentlich nur eine aus Märchen, Volksliedern, Sprichwörtern bestehende Volkslitteratur. Märchensammlungen finden sich in den Werken von Hahn und Dozon, sowie in der [griechischer Text] von E. Mitkos (Alexandria 1878); deutsch von Hahn, Griech. und albanes. Märchen (Lpz. 1864), und von G. Meyer im «Archiv für Litteraturgeschichte», Bd. 12 (1883), französisch von Dozon, Contes albanais (Par. 1881). Volkslieder sind aus Albanien von Hahn, Dozon und Mitkos, aus Griechenland [* 12] von Reinhold, aus Italien [* 13] von de Rada (Rapsodie di un poema albanese, Flor. 1866) und Vigo (Canti popolari siciliani, Catania 1870–74) gesammelt. Anfänge einer eigentlichen Litteratur giebt es nur in Italien. Sehr thätig war der in San Demetrio Corone lebende Gerolamo de Rada, der in einem Cyklus epischer Gedichte die Heldenzeit des Skanderbeg feierte (Poesie albanesi, 6 Hefte, Corigliano-Calabro 1872–84) und als Herausgeber der eingegangenen ¶
mehr
Zeitschrift «Fiamuri Arberit» («Die
Fahne Albaniens») für die Sache seines Volks zu wirken bestrebt war. (Vgl. Dora d'Istria, Gli scrittori albanesi dell' Italia
meridionale, Palermo
[* 15] 1867, und G. Stier, Die Albanesen in Italien und ihre Litteratur, in der «Allgemeinen Monatsschrift für
Wissenschaft und Litteratur», Braunschw. 1853.) Kaum zur albanes. Litteratur
können gerechnet werden die Erbauungsschriften der röm. Propaganda; sie sind im Dialekt von
Skutari, häufig mit mangelhafter Kenntnis der Sprache, abgefaßt (schon 1664 Bellarmins «Dottrina cristiana), zuletzt 1881 »Die
Nachfolge Christi"). Um eine albanes. Schriftsprache
sind neuerdings bemüht: Konstantin Kristoforidhis aus Elbasan, der das
Neue und Teile des Alten Testaments in den gegischen und toskischen Dialekt übersetzt hat, und die in Konstantinopel
gegründete, wegen der Schikanen der türk. Regierung 1885 nach Bukarest verlegte albanes. Litteraturgesellschaft, die Schulbücher
und Volksschriften herstellt. Ihre Leiter sind die in Konstantinopel lebenden Brüder Naum und Sami Bei, von denen ersterer auch
ein ländliches Gedicht (Bageti e bnjkjesija, Bukarest 1886) schrieb. -
Vgl. G. Meyer, über Sprache und Litteratur der Albanesen, in den «Essays und Studien zur Sprachgeschichte und Volkskunde» (Berl. 1885).