(Seeanemonen, Seerosen, Seenelken, hierzu die Tafel »Aktinien«),
Unterordnung der Korallpolypen (s. d.), Tiere
mit weichem Körper, der sich durch Wasseraufnahme enorm ausdehnen kann, bei Reizung sich jedoch rasch
bis fast zur Unkenntlichkeit zusammenzieht. Gewöhnlich sind sie mit ihrer breiten Sohle auf dem Meeresgrund angewachsen,
vermögen sich jedoch langsam fortzubewegen oder schwimmen wohl gar frei umher. Meist leben sie einzeln, nur sehr wenige
bilden Kolonien. Alle sind Zwitter; die Eier entwickeln sich im Körper des Muttertiers, aus dessen Mund auch
die Larven ins Meer gelangen und sich nach kurzem Umherschwärmen festsetzen.
Die meisten Aktinien sind äußerst gefräßig und saugen vornehmlich Muscheln sowie kleinere Fische und Krebse aus. In England werden
sie häufig wegen ihrer Farbenpracht in besondern Zimmeraquarien gehalten; ihr zähes Leben, das selbst
bei mangelnder Zirkulation des Wassers nicht leicht erlischt, erleichtert dies ungemein. Es ist ein Fall bekannt, daß eine
Aktinie über 60 Jahre alt geworden ist. Von den zahlreichen Arten sind bemerkenswert: Sagartia parasitica und Adamsia palliata,
welche sich beide in nahe Beziehung zu gewissen Einsiedlerkrebsen (s. d.) stellen.
Sie lassen sich nämlich von diesen auf die leeren Schneckenschalen, welche von den Krebsen als Wohnungen
benutzt werden, verpflanzen und bleiben dort, solange der Krebs bleibt. So gewinnen sie selbst den Vorteil leichterer Ernährung,
da sie von den Krebsen umhergetragen werden, und dienen ihrerseits durch ihre Nesselorgane jenen zum Schutz. Dies ist einer
der seltsamsten Fälle von Kommensalismus (s. d.). Beifolgende Tafel enthält die Abbildungen von Sagartia,
Tealia, Actinoloba, Bunodes und Anthea.
Vgl. Lewes, Naturstudien am
Seestrand (deutsch, Leipz. 1859);
Gosse, British sea anemones
(Lond. 1860);
Hertwig, Die Aktinien (Jena 1879);
Andres, Le Attinie del golfo di Napoli (Leipz. 1884).
Klipprosen, Seerosen, Meer- oder Seeanemonen (Actiniaria), die höchstentwickelte Unterordnung der sechsstrahligen
Korallenpolypen (s. Hexaktinien).
Es sind meist Einzeltiere von relativ ansehnlicher Größe, welche keine festen Skelettstücke
besitzen und durch die Fähigkeit des Ortswechsels und die Beweglichkeit ihrer Körperteile, wie durch
ihr entwickeltes Empfindungsvermögen eine höhere Stellung ihren festsitzenden Verwandten
0299a Ägypten (Karte)
mehr
gegenüber einnehmen. Die Körpergestalt ist meist die eines kurzen, cylindrischen Sackes, der mit breiter Sohlenfläche
auf seiner Unterlage angeheftet ist, und dessen freies Ende auf seiner Mitte die von zahlreichen Tentakeln umstellte Mundöffnung
trägt. Dieser Körper ist beträchtlicher Ausdehnung und Zusammenziehung fähig und die Tentakelscheibe kann nach innen vollständig
eingestülpt werden; die mit einer Haftsohle versehenen Arten bedienen sich derselben wie die Schnecken
zum Kriechen, während andere in den Schlamm versenkt und von einer Schleimhülse umgeben sind.
Einige leben als Parasiten auf den von Einsiedlerkrebsen (s. d.) bewohnten Schneckenschalen,
wobei der passive Ortswechsel ihnen günstigere Ernährungsbedingungen bietet; ja sogar schwimmende Aktinien giebt
es, welche durch Luftblasen, die sie mit der zusammengerollten Fußscheibe festhalten, sich schwebend umhertreiben lassen.
Die Aktinien werden wegen ihrer Farbenpracht, welche mit den schönsten Blumen wetteifert, und wegen der Leichtigkeit ihrer Erhaltung
in der Gefangenschaft, wo sie viele Jahre andauern und sich auch fortpflanzen, gern in Seeaquarien aufgenommen.
Bei ihrer Gefräßigkeit läßt sich an ihnen leicht die Wirkung jener mikroskopischen Giftwaffen, der Nesselkapseln, die
für alle Polypentiere charakteristisch sind, beobachten, indem die in den Bereich der nesselnden Fangarme einer Aktinie gelangenden
Tiere schon bei leiser Berührung oft wie gelähmt hängen bleiben und rasch von den in immer größerer
Zahl sie umschlingenden Tentakeln herangezogen werden, um endlich in der weiten Mundöffnung zu verschwinden.
Die Nahrung besteht aus sehr verschiedenen Tieren, namentlich Krebsen und Fischen; die Gefangenen lassen sich auch leicht mit
rohem Fleisch füttern; sie bewältigen oft erstaunlich große Bissen. Ihre Vermehrung ist teils eine ungeschlechtliche durch
Längsteilung oder Abschnürung kleiner Teile der Fußscheibe, welche sich zu neuen Tieren ergänzen, teils
eine geschlechtliche durch Eier, welche bei manchen als schwimmende Larven aus dem Munde der Mutter ausschwärmen, bei andern
ihre Entwicklung im mütterlichen Körper durchlaufen und denselben erst als ausgebildete Tiere verlassen. Eine Sonderstellung
nehmen die stockbildenden und durch Knospung sich vermehrenden Arten der Gattung Zoanthus ein. Von den
bekanntern Aktinien sind einige auf der Tafel: Meerwasser-Aquarium (S. 774) abgebildeten
Fig. 3 die grüne Seerose, Anthea cereus
Ellis, mit braunem Körper und grünen Tentakeln;
in
Fig. 6 die gelbgestreifte Actinia effoctaL. oder Sagartia parasitica
Couch, die, wie die Adamsien, auf den Gehäusen der Einsiedlerkrebse oft zu mehrern sitzt, so daß die
Schale völlig von ihnen bedeckt wird.
Fig. 17 stellt die dickarmige Seerose der Ostsee, Tealia crassicornis Müll., mit rötlichem
Leibe und weißen Tentakeln dar,
Fig. 5 die schöne Actinoloba dianthus Ellis, Seenelke genannt, weil ihre feingefransten
Tentakel den Blumenblättern einer Nelke gleichen. -
Vgl. Gosse, British sea anemones (Lond. 1860);
Hertwig,
Die Aktinien (Jena 1879);
Andres, Le Attinie del golfo di Napoli (Lpz. 1881).