Ainu
(d. i. Mensch), weniger richtig Aino, der einheimische Name eines Volks in Hinterasien, das gegenwärtig nur noch die West- und Ostküste der japan. Insel Jesso (dort etwa an 15000 Köpfe stark), das südl. Drittel der Insel Sachalin, die ganze Kette der Kurilen und die Südspitze von Kamtschatka bewohnt und schon in seiner äußern Erscheinung sich als ein von den benachbarten Japanern, von denen sie Yebis genannt werden, und den Tungusen grundverschiedenes Volk zu erkennen giebt.
Nach japan.
Quellen haben die den spätern Eindringlingen nicht ohne harte Kämpfe das Feld geräumt, und ihre Empörungen
gehen
bis in das 9. Jahrh. n.Chr. fort. Sie scheinen durch den japan.
Einfluß in nichts verändert zu sein und gehen nun wohl ihrem Erlöschen entgegen. Die Ainu
lassen ihr schwarzes
Haupthaar wachsen, bis es über die Schultern herabfällt, tragen 12–15 cm lange wirre
Bärte, tätowieren die Lippen und
die
Arme bis an die Ellbogen mit blauen phantastischen
[* 1]
Figuren.
Trotz ihres wilden Aussehens sind sie ein harmloses, unkriegerisches Volk. Sie sind körperlich stark, gut gebaut und ausdauernd. Ihre Gesichtsfarbe ist dunkelbraun. (S. Tafel: Asiatische Völkertypen, [* 1] Fig. 25.) Sie sind ein Jäger- und Fischervolk, das einen großen Teil seines Fanges als Tribut an die Japanesen abgeben muß, leben in Vielweiberei und wohnen im Winter in Erd-, im Sommer in Strohhütten. Ihre Waffen [* 2] bestehen in Speer und Bogen. [* 3] Ihren Götzenbildern werden die ersten Tiere, die sie erlegen, zum Opfer gebracht, doch nur die Haut, [* 4] das Fleisch wird gegessen.
Jeder
Stamm besitzt einen lebenden
Bären, dem göttliche Verehrung und die sorgfältigste Pflege zu teil
wird. Auf
Jesso und den
Kurilen sind die Ainu
Japan,
[* 5] die übrigen
Rußland unterthan. Die Ainu
sprache steht vollkommen vereinzelt.
Ihrem
Baue nach ist sie gleich den ural-altaischen
Sprachen suffigierend. Ein beträchtlicher
Teil des Wortschatzes ist dem
Japanischen entlehnt, doch schließt unsere bisherige Kenntnis des Ainu
die
Annahme eines Verwandtschaftsverhältnisses
dieser beiden
Sprachen aus.
Die Untersuchungen von Chamberlain haben ergeben, daß viele japan. Ortsnamen sich aus der Ainu
sprache
erklären lassen, mithin die Wohnsitze der Ainu
sich früher über die ganze japan. Inselwelt
erstreckt haben müssen. –
Vgl. Bickmore, The Ainos or hairy men (Lond. 1868);
Pfizmaier, Abhandlungen über die Ainosprache (Wien [* 6] 1852);
ders., Vokabularium der Ainosprache (ebd. 1854);
Dobrotworsky, Aino-russ. Wörterbuch (Kasan [* 7] 1854);
Chamberlain, The language, mythology and geographical nomenclature of Japan viewed in the light of Aino studies (Tokio [* 8] 1887);
Batchelor, The Aino of Japan (Lond. 1892);
Koganei, Beiträge zur physiol. Anthropologie der Aino, I. (Tokio 1893);