Agricŏla,
Ackermaus, s. Wühlmaus. ^[= (Arvicola Lacep.), Säugetiergattung aus der Ordnung der Nagetiere und der Familie der Wühlmäuse ...]
Agricola
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Ackermaus, s. Wühlmaus. ^[= (Arvicola Lacep.), Säugetiergattung aus der Ordnung der Nagetiere und der Familie der Wühlmäuse ...]
Gnäus
Julius, röm. Staatsmann und
Feldherr, des Geschichtschreibers
Tacitus Schwiegervater, geb. 39
n. Chr.
zu
Forum
[* 3] Julium
(Fréjus) im narbonensischen
Gallien, that zuerst
Kriegsdienste in
Britannien, war dann
Quästor in
Asien,
[* 4] hierauf
Volkstribun und Prätor in
Rom.
[* 5] Unter
Kaiser Vespasian befehligte er mit Auszeichnung die 20.
Legion in
Britannien,
wurde daher in den Patrizierstand und zum
Statthalter von
Aquitanien erhoben. Nach drei
Jahren wurde er
Konsul und 77-83
Statthalter
in
Britannien.
Dort stellte er die vielfach gestörte
Ruhe her, beseitigte mit
Gerechtigkeit und
Klugheit die
Ursachen der Unzufriedenheit
und gewann die Briten nach und nach für römische
Sitten. In glücklichen
Kämpfen eroberte Agricola
das Land
bis an die schottischen
Gebirge, wurde aber von dem mißtrauischen und neidischen
Kaiser Domitian abberufen und starb 93.
Tacitus
hat ihm in der berühmten
Biographie (deutsch von
Bacmeister, Stuttg. 1871) ein unvergängliches Denkmal gesetzt.
1) Rudolf, eigentlich Roelof Huysmann, einer der berühmtesten deutschen Humanisten, geboren im August 1442 oder 1443 zu Baflo bei Groningen (daher Frisius genannt), vorgebildet in Groningen, studierte in Löwen, [* 6] ging dann nach Paris, [* 7] wo er mit Reuchlin Freundschaft schloß, und hielt sich hierauf sieben Jahre in Italien [* 8] auf. Trotz aller Ehre, die er hier fand, kehrte er Ende 1480 in die Heimat zurück, um Deutschland [* 9] auch in den Wissenschaften die erste Stelle erringen zu helfen. Im J. 1482 war er im Auftrag Groningens zur Erledigung eines Rechtsstreits ein halbes Jahr am Hof [* 10] Maximilians I. in Brüssel. [* 11]
Doch um seine volle Unabhängigkeit zu wahren, lehnte er die Übernahme eines bestimmten
Amtes ab. Erst
Johann von
Dalberg, kurpfälzischem
Kanzler und seit 1482
Bischof von
Worms,
[* 12] seinem
Freund von
Italien her, gelang es, ihn für
den
Kurfürsten
Philipp II. von der
Pfalz zu gewinnen. Seit Frühjahr 1483 lebte er nun in freierer
Stellung
bald in
Heidelberg,
[* 13] bald in
Worms, nach den verschiedensten Seiten hin anregend.
Als er 1485 mit
Dalberg eine zweite
Reise nach
Italien gemacht hatte, starb er bald nach seiner Rückkehr in
Heidelberg. Agricola
ist ausgezeichnet durch den deutsch-nationalen
Zug
seines
Wesens; doch hat er mehr durch persönliches Wirken die klassische
Bildung in
Deutschland gefördert
als durch seine
Schriften.
Insbesondere trug er viel bei zur Beseitigung des barbarischen
Lateins und verbreitete die Kenntnis des
Griechischen.
In den
letzten
Jahren seines
Lebens lernte er noch das
Hebräische; auch in der
Theologie sowie in der
Musik und
Malerei war er
erfahren.
Sein Hauptwerk ist:
»De inventione dialectica«, d. h. über die
Kunst, jeden Gegenstand nach seinen verschiedenen
Beziehungen zu untersuchen und darzustellen. Außerdem verfaßte Agricola
lateinische Übersetzungen griechischer
Werke, z. B. von
Reden des
Demosthenes,
Äschines,
Isokrates, viele
Briefe,
Reden und Gedichte. Sie sind größtenteils gesammelt
von
Alard aus
Amsterdam
[* 14] in »R. Agricolae
lucubrationes aliquot etc.«
(Köln
[* 15] 1539, 2 Bde.).
Vgl. Tresling,
Vita et merita R. Agricolae
(Groning. 1830).
2) Martin, namhafter Gelehrter, insbesondere in der Musik einer der ersten Meister seiner Zeit, wurde um 1486 zu Sorau [* 16] geboren, bekleidete in Magdeburg [* 17] das Amt eines Kantors und Musikdirektors, starb Von seinen zahlreichen Werken in vielen Teilen des Wissens sind vorzüglich die musikalischen, z. B. »Ein kurz deudsch Musica« (Wittenb. 1528),
die »Musica figuralis deudsch« (das. 1529, 2. Bearbeitung 1545),
zu erwähnen, besonders auch deshalb, weil hier mit zuerst an
Stelle der
Tabulatur die moderne Notation erscheint. Agricola
gehörte
zu der »großen Kantorei«
Luthers, wie dieser seine musikalischen
Freunde in der
Ferne, den
Kapellmeister
Walther in
Dresden
[* 18] an der
Spitze, bezeichnete
und sie von der »kleinen Kantorei«, den
Sängern und Spielern, die sich in seinem
Haus zu versammeln pflegten, unterschied.
3)
Georg, eigentlich
Bauer, der Begründer der neuern
Mineralogie und
Metallurgie, geb. zu
Glauchau,
[* 19] studierte, nachdem er schon 1518-1522
Rektor in
Zwickau
[* 20] gewesen, in
Leipzig
[* 21]
Medizin, ging dann nach
Italien und wurde 1527 praktischer
Arzt zu
Joachimsthal. Aus
Liebe zur Bergwerkskunde durchwanderte er in allen
Richtungen das sächsische
Erzgebirge und legte der
sächsischen
Regierung verschiedene
Projekte zur Verbesserung des
Bergbaus vor; seit 1531 aber nahm er,
vom
Kurfürsten
Moritz mit einer
Pension beschenkt, seinen
Wohnsitz zu
Chemnitz,
[* 22] wo er nachher auch Stadtphysikus und
Bürgermeister
wurde und starb. Agricola
hat als Mineralog den Weg zu einer auf äußere Merkmale gegründeten Unterscheidung
der
Mineralien
[* 23] gebahnt.
Über seine chemischen Untersuchungen der Erdarten kam man bis in die Mitte des 18. Jahrh. nicht hinaus. Ebenso ist der Schöpfer des rationellen deutschen Bergbaus und der erste, welcher von der Theorie zur Praxis mit Glück überging. Seine mineralogischen Schriften erschienen gesammelt unter dem Titel: »De natura fossilium« (Bas. 1657; deutsch von Lehmann, Freiberg [* 24] 1806-13, 4 Bde.).
Vgl. Laube in »Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Deutschen in Böhmen«, [* 25] Bd. 9 (Leipz. 1872).
4) Johann, eigentlich Schnitter, auch nach seinem Geburtsort Eisleben [* 26] Magister Islebius genannt, geb. 1492, studierte und lehrte in Wittenberg, [* 27] wo er sich eng an Luther anschloß, den er 1519 nach Leipzig begleitete. Im J. 1525 richtete er die Kirche zu Frankfurt [* 28] a. M. ein, und 1526-36 war er Prediger und Lehrer zu Eisleben. Im J. 1540 ging er als Hofprediger Joachims II. und Generalsuperintendent der Mark nach Berlin, [* 29] wo er nach einer langen, ausgebreiteten Wirksamkeit starb. In einen heftigen (den sogen. antinomistischen) Streit mit Luther und Melanchthon verwickelte ihn seine Behauptung, daß im Neuen Bunde das Gesetz nicht mehr gepredigt werden dürfe, weil die rechte Buße aus dem Glauben kommen müsse. Er hatte dieselbe schon 1527 gegen Melanchthons Visitationsartikel ausgesprochen, jedoch auf Luthers Zureden ¶
in Torgau
[* 31] fallen lassen, erneuerte sie aber 1535 und wurde zum Widerruf genötigt. Noch größern Anstoß gab er durch das Augsburger Interim
(s. d.). Anderseits war Agricola
ein ausgezeichneter Prediger, trefflicher Liederdichter, tüchtiger akademischer Lehrer und fleißiger
Schriftsteller. Er verfaßte eine noch ungedruckte harmonistische Auslegung der vier Evangelien u. a. Seine Sammlung
von deutschen Sprichwörtern mit Erklärung (zuerst in plattdeutscher Mundart, Magdeb. 1528; dann hochdeutsch 1529) sichert
ihm auch in der deutschen Litteraturgeschichte einen Platz.
Vgl. Kawerau, Johann Agricola
(Berl. 1881);
Latendorf, Agricolas
Sprichwörter
(Schwer. 1862).
5) Johann Friedrich, Musiker und Musikschriftsteller, geb. zu Dobitschen bei Altenburg, [* 32] studierte in Leipzig anfangs die Rechte, machte dann 1738-41 unter Seb. Bach gründliche musikalische Studien, die er in Berlin bei Quantz fortsetzte, wurde 1750 infolge des von ihm komponierten Intermezzo »Il filosofo convinto« zum Hofkomponisten am Potsdamer Theater, [* 33] 1759 nach Grauns Tod zum Direktor der Kapelle Friedrichs II. ernannt und starb Mehr denn als Komponist hat sich Agricola als tüchtiger Orgelspieler und Musiktheoretiker einen Namen gemacht. Sein Hauptwerk ist die Bearbeitung von Tosis »Osservazioni sopra il canto fermo« (»Anleitung zur Singekunst«, Berl. 1757). - Seine Gattin Emilia, geborne Molteni (geb. 1722 zu Modena, gest. 1780 in Berlin), war eine der beliebtesten Sängerinnen an der damals vortrefflichen Italienischen Oper zu Berlin.