Agrarier
,
polit. Partei in
Deutschland,
[* 3] die die Interessen der Landwirte im öffentlichen Leben vertritt. Die Agrarier
behaupten,
daß die neuere Gesetzgebung überwiegend dem Geldkapital zu gute gekommen sei, den Grundbesitz und die
Landwirtschaft dagegen
geschädigt habe. Sie traten zuerst bei den Wahlkämpfen 1874, jedoch noch ohne Erfolg hervor. Die in
Berlin
[* 4] 22. bis tagende konstituierende Versammlung
«Deutscher
Steuer- und Wirtschaftsreformer» nahm ein Programm
in neun Punkten an, in dem namentlich gefordert wurde: Beseitigung der Doppelbesteuerung, die in der
Grund-,
Gebäude- und
Gewerbesteuer liege;
Freihandelspolitik;
Staatsbahnsystem und Aufhebung aller Differentialzölle (s. d.);
Ausgabe von Reichspapiergeld unter Beseitigung der Bankvorrechte;
Umgestaltung der Aktiengesetzgebung, der Gewerbeordnung, des Gesetzes über den Unterstützungswohnsitz;
Beschränkungen des Erbrechts und der Verschuldungsform des Grundbesitzes. In polit.
Hinsicht schlossen sich die der konservativen Partei an; die frühere freihändlerische
Richtung wich Ende der siebziger
Jahre schutzzöllnerischen Neigungen. Der Einfluß der Agrarier
machte sich besonders 1879, 1885 und 1887 bei
der Einführung und
Erhöhung der Getreide-, Vieh- und Holzzölle geltend. In letzter Zeit ist der
Bund der Landwirte (s.
Landwirtschaftliche Vereine)
der Mittelpunkt der agrarischen Bestrebungen geworden, die sich neuerdings besonders gegen die Politik der Handelsverträge
und auf Verstaatlichung des Getreidehandels richten.