Titel
Agis
,
Name mehrerer Könige von Sparta:
1) Agis
I., der sagenhafte Stammvater des Königshauses der
Agiaden
(Agiden) oder Eurystheniden, angeblich
ein Sohn des
Eurysthenes. Auf ihn führt die
Tradition die Unterwerfung der
Periöken und
Heloten zurück.
2) Agis
II. (I.), Sohn des
Archidamos,
Bruder des
Agesilaos, regierte 427-397
v. Chr. Nachdem er 427 und 425 die Einfälle der
Peloponnesier in
Attika befehligt hatte, führte
er den
Krieg gegen das mit
Athen
[* 2] verbündete
Argos. Im ersten
Feldzug ließ er sich zu einem ungünstigen
Waffenstillstand verleiten, machte aber diesen Fehler 418 durch seinen
Sieg bei
Mantineia wieder gut. Er nahm 415 den flüchtigen
Alkibiades auf und besetzte auf seinen
Rat 413
Dekeleia in
Attika; da er sich
aber durch den
Athener in den
Hintergrund gedrängt sah, derselbe überdies seine Gemahlin Timäa verführte, so trachtete
er
Alkibiades nach dem
Leben, worauf derselbe zu den Persern ging. Im J. 405 nahm Agis
an der Belagerung von
Athen teil. Er starb
397, ihm folgte sein
Bruder
Agesilaos.
3) Agis
III. (II.), Sohn des
Archidamos III., wurde 338
v. Chr. König, versuchte, während
Alexander d. Gr.
in
Asien
[* 3] vordrang,
Griechenland
[* 4] von der makedonischen Herrschaft zu befreien, unterlag aber und fiel 330 im
Kampf gegen
Antipatros.
4) Agis
IV. (III.) folgte 244
v. Chr. seinem
Vater Eudamidas II. Bei seinem Regierungsantritt war die alte
Verfassung
Spartas ihrer völligen
Auflösung nahe und der kräftige
Geist des
Volks geschwunden. Das alte
Grundgesetz des
Staats, die
Gleichheit
aller
Bürger, war außer Geltung gesetzt, denn die ursprüngliche Zahl von 9000
Spartiaten war auf 700 zusammengeschmolzen,
von denen höchstens 100
Grund und
Boden besaßen und in Prunk und Schwelgerei lebten, während
die übrigen,
durch
Armut und
Schulden niedergedrückt, in träger
Ruhe von der Zukunft Verbesserung ihrer Zustände hofften.
Das
Heer bestand aus
Periöken und
Heloten, und es war völliges Aussterben der Spartiatenfamilien zu befürchten. Unter solchen
traurigen Umständen faßte der selbst die altspartanische
Sitte und Lebensweise annahm, den
Plan einer
Herstellung der Lykurgischen
Staatsverfassung. Von einigen angesehenen Männern, seinem mütterlichen Oheim
Agesilaos und
Lysandros
unterstützt, hatte er dagegen an seinem Mitkönig
Leonidas II., einem durch langen Aufenthalt im
Orient der heimischen
Sitte
ganz entfremdeten Mann, einen heftigen Gegner, der aus
Furcht vor dem
Volk, welches vertrauensvoll auf den jungen
König blickte, zwar nicht offen gegen Agis
aufzutreten wagte, aber die patriotischen Absichten desselben insgeheim
zu verdächtigen suchte.
Agis
eröffnete 242 seine reformatorische Thätigkeit mit einem
Gesetz, durch welches die
Schulden erlassen wurden, und diesem
folgte ein andres, wonach die
Spartiaten durch
Aufnahme der tüchtigsten
Periöken und
Fremden auf die Zahl
von 4500 gebracht und unter diese alle Ländereien
Lakoniens zu gleichen Teilen durch das
Los verteilt werden sollten.
Leonidas
und die
Ephoren, welche diesen
Gesetzen opponierten, wurden abgesetzt und verbannt, und der glückliche Fortgang des Unternehmens
schien völlig gesichert, als der
Eigennutz des
Agesilaos, der
Ephoros geworden war, alles verdarb.
Dieser verzögerte nämlich, um seine großen
Güter nicht hergeben zu müssen, die Ausführung der Ackerverteilung, bis Agis
Sparta
verlassen mußte, um die spartanischen Hilfsvölker dem Achäischen
Bund zuzuführen.
Als er, ohne eine nennenswerte That verrichtet
zu haben, in die
Heimat zurückkehrte, hatten sich in der Zwischenzeit die Verhältnisse für ihn sehr
ungünstig gestaltet; denn während seiner
Abwesenheit hatte
Agesilaos seine Absicht, die
Güterverteilung zu hintertreiben,
sowie andre herrschsüchtige
Pläne offener kundgegeben, so daß ein völliger Umschwung in der
Stimmung des in seinen
Hoffnungen
getäuschten
Volks eintrat.
Leonidas kehrte zurück und bemächtigte sich wieder der
Gewalt. Agis
suchte in einem
Tempel
[* 5]
Schutz, aber treulose
Freunde lockten ihn aus seinem
Asyl und überlieferten ihn dem
Gericht. Von den
Ephoren zur Rechenschaft über seine
Handlungen
aufgefordert, verteidigte er sich mit
Stolz und
Freimut; dennoch wurde er zum
Tod verurteilt und eilig erdrosselt (241). Dasselbe
Schicksal wurde auch der Großmutter
Archidameia und der
Mutter des Agis
, Agesistrata, bereitet. Die tragische
Geschichte des Agis
ist von dramatischen Dichtern öfters bearbeitet worden, am ausgezeichnetsten von
Alfieri.