Äthiopische
Sprache
[* 3] und Litteratur. Die äthiopische Sprache
, auch
Geezsprache genannt, zur südlichen
Gruppe der semitischen
Sprachen gehörig, ist nahe mit dem
Arabischen, am nächsten mit der
Sprache der himjaritischen
Inschriften Südarabiens verwandt,
von wo aus sie in vorgeschichtlicher Zeit nach
Abessinien gelangte. Hier wurde sie die herrschende
Sprache, begann aber
vom 14. Jahrh. ab durch die Einführung des jüngern amharischen
Dialekts als Hofsprache
zu schwinden und lebt jetzt nur noch
als
Kirchensprache fort.
Sie ist für die vergleichende Erforschung der semitischen Sprachen durch die Bewahrung mancher altertümlicher Wörter und Formen von großer Bedeutung; doch enthält sie auch viele Neubildungen und fremde Elemente, z. B. die griechischen Monatsnamen. Die Schrift stammt von der himjaritischen ab, die ihrerseits auf die phönikische oder das sogen. semitische Uralphabet zurückgeht, läuft aber von links nach rechts wie die europäischen Alphabete und ist eine reine Silbenschrift. Unter den ältern Kennern des Äthiopischen ist Ludolf (17. Jahrh.), unter den neuern Dillmann (s. d.) hervorzuheben, der unter anderm eine Grammatik, ein Wörterbuch und eine Chrestomathie des Äthiopischen lieferte.
Vgl. König, Schrift, Aussprache und allgemeine Formenlehre des Äthiopischen (Leipz. 1877).
Die ziemlich reiche äthiopische
Litteratur gehört ausschließlich der christlichen Zeit an, deren Beginn in das 4. Jahrh.
fällt; ihre beiden ältesten, sicher datierbaren
Denkmäler sind zwei in
Axum gefundene
Inschriften aus
dem 5. oder 6. Jahrh.
Schon sehr früh wurde die ganze
Bibel
[* 4] ins
Äthiopische übersetzt. Von dieser Übersetzung wurde das
Neue Testament neuerdings von
Platt herausgegeben (Lond. 1830); eine Gesamtausgabe des Alten
Testaments hat
Dillmann begonnen
(Leipz. 1855 ff.), der auch das
»Buch
Henoch«, die
»Ascensio Isaiae vatis«, das
»Buch der
Jubiläen« und andre
äthiopische
Texte, zum Teil mit Übersetzung, herausgegeben hat.
Diese und andre theologische Werke, darunter noch der »Hirt des Hermas« (äthiop. u. lat. von d'Abbadie, Leipz. 1860),
die
»Apokalypse des
Esra«, die
Schrift »Synaxar« (Sammlung), welche hauptsächlich
Biographien der abessinischen
Heiligen enthält, u. a., sind teils als alte Übersetzungen apokryphischer
Schriften, deren griechische
Originale nicht mehr erhalten sind, teils für die Geschichte des
Christentums in
Abessinien von
Interesse. Die nichttheologische
Litteratur in äthiopischer
Sprache ist unbedeutend. Am wichtigsten sind die erst teilweise herausgegebenen
Chroniken: »Keber
za Negeste« (eine Geschichte des einst mächtigen
Reichs von
Axum) und »Tarek Negushti« u. a. Die
äthiopische
Übersetzung eines alten medizinischen Werks, des
»Physiologus«, gab
Hommel (Leipz. 1877),
das
»Äthiopische Briefbuch«
Prätorius (das. 1869) äthiopisch
und deutsch heraus. Die meisten äthiopischen
Handschriften befinden sich zu
Paris,
[* 5]
Oxford
[* 6] (Katalog von
Dillmann, 1877),
London
[* 7]
(Katalog von
Wright, 1858),
Petersburg,
[* 8]
Rom,
[* 9]
Frankfurt
[* 10] a. M. (durch
Rüppell)
und
Tübingen
[* 11] (durch
Krapf).