Derartige
Spaltungen mögen auch in der lebenden
Pflanze vor sich gehen und
Kohlehydrat und ätherischesÖl oft aus derselben
Muttersubstanz entstehen. Einige ätherische Ö. finden sich nicht fertig gebildet in der lebenden
Pflanze, sondern entstehen erst
bei der Zerstörung des
Pflanzengewebes aus
Stoffen, welche bis dahin getrennt voneinander waren. So sind
bittere
Mandeln geruchlos; wenn man sie aber mit
Wasser zerreibt, wirkt das in ihnen enthaltene
Emulsin auf das
Amygdalin fermentartig
ein, und letzteres spaltet sich nun in
Bittermandelöl,
Blausäure und
Zucker.
[* 10]
Ähnlich entsteht das ätherischeSenföl erst beim Zerreiben der Senfsamen mit
Wasser. Eigentümliche
ätherische Ö. bilden sich bei der
Gärung frischer oder abgestorbener Pflanzensubstanz
(Fermentöle), reichlich z. B. aus dem im
Herbst abfallenden
Laub, wo sie dann den charakteristischen
Geruch im entblätterten Laubwald bedingen. Im
Tierreich finden sich
nur wenige hierher gehörige
Körper, da die meisten tierischen
Gerüche durch flüchtige,
fette Säuren
hervorgebracht werden. Einige ätherische Ö. hat man auch ohne
Hilfe der
Pflanzen künstlich dargestellt
(Senföl,
Bittermandelöl,
Wintergrünöl).
Man gewinnt die ätherischenÖle aus einigen sehr ölreichen Pflanzenteilen, wie
Bergamott-,
Zitronen-, Orangeschalen, durch
Aufreißen der Öldrüsen derselben an einem
Reibeisen und Auspressen, in derRegel aber durch Erhitzen
der Pflanzensubstanz mit
Wasser oder Wasserdampf in einem Destillationsapparat und Verdichten der Wasserdämpfe, welchen die
Dämpfe des ätherischenÖls
[* 11] beigemengt sind, mittels eines Kühlapparats. Das Destillationsprodukt ist ein meist trübes
Wasser, welches ätherischesÖl gelöst enthält und daher stark nach demselben riecht (aromatisches, ätherisches, abgezogenes
Wasser).
War die Pflanzensubstanz reich an ätherischemÖl, so verflüchtigt sich von
demselben mehr, als in dem
Wasser gelöst bleiben kann, und ein Teil des
Öls schwimmt auf dem letztern. Wenn dagegen die Pflanzensubstanz nur wenig
Öl
enthält, so muß man das erhaltene Destillat mit einer neuen
Menge derselben Pflanzensubstanz abermals destillieren,
um zur Abscheidung von ätherischemÖl zu gelangen. Zur bequemen Trennung des ätherischenÖls vom
Wasser bei der Verarbeitung
großer
Mengen dient die
Florentiner Flasche
[* 12] (s. d.).
ManchePflanzen geben bei der
Destillation
[* 13] überhaupt kein ätherischesÖl, und einige sehr zarte Pflanzengerüche
(Veilchen) werden durch die
Destillation bedeutend modifiziert; in diesen
Fällen muß man sich begnügen, die betreffenden ätherischen
Öle an
Fett zu binden (s.
Parfümerie). In neuerer Zeit hat man
angefangen, aromatische
Vegetabilien mit
Methylchlorür auszuziehen. Man erhält dann eine
Lösung des ätherischen
Öls, von
welchem das sehr flüchtige Lösungsmittel leicht getrennt werden kann.
Die ätherischen
Öle sind bei mittlerer
Temperatur flüssig, meist farblos oder gelb, einige braun oder
rot, wenige grün oder blau
(Kamillenöl); sie sind in
Wasser wenig, in
Alkohol,
Äther,
Chloroform,
Schwefelkohlenstoff und fetten
Ölen leicht löslich. Sie riechen durchdringend und geben den
Geruch der
Pflanze, von welcher sie stammen, oft dann erst ganz
treu wieder, wenn man sie in viel
Alkohol löst und die
Lösung mit
Wasser verdünnt. Sie schmecken brennend,
brechen das
Licht
[* 14] sehr stark, lenken den polarisierten Lichtstrahl ab, machen auf
Papier einen Fettfleck, der an der
Luft allmählich
wieder verschwindet, lösen
Fette,
Harze,
Schwefel,
Phosphor, brennen mit rußender
Flamme,
[* 15] sind meist leichter als
Wasser, sieden meist über 140°, können destilliert werden, wobei sie aber in der
Regel mehr oder weniger ihren
Geruch verändern,
und verflüchtigen sich am leichtesten mit Wasserdämpfen.
Die aldehydhaltigen
Öle liefern an der
LuftSäuren, welche sich kristallinisch ausscheiden
(Zimtsäure aus
Zimtöl,
Benzoesäure
aus
Bittermandelöl). Viele ätherische Ö. sind eminente Ozonträger (s.
Ozon). Sauerstofffreie
Öle erhitzen sich, wenn sie frisch
sind, lebhaft mit
Jod und erleiden eine Art
Verpuffung, während die sauerstoffreichen das
Jod ohne oder
unter geringer Erhitzung lösen. Sauerstofffreie
Öle geben, mit trocknem Nitroprussidkupfer einige
Minuten gekocht, einen
grünen oder blaugrünen
Niederschlag, ohne sich zu färben; sauerstoffhaltige geben aber einen schwarzen, grauen oder braunen
Niederschlag und färben sich selbst dunkler gelb- oder
¶
Öle zeigen in ihrer Zusammensetzung große Mannigfaltigkeit. Neben den Terbenen, welche
fast niemals fehlen und oft die Hauptmasse bilden, finden sich Aldehyde, Phenole, Ketone, zusammengesetzte Äther etc. Über
diese Thatsachen hinaus ist wenig bekannt, was nähere Aufschlüsse über die Bedeutung der ätherischen Öle im Pflanzenleben,
ihre Beziehungen zu andern Körpern etc. geben konnte. Erst einige neuere Arbeiten geben tiefere Einblicke
und zeigen, welchen Atomgruppierungen die Natur bei den ätherischen Ölen den Vorzug gibt.
In den ätherischen Ölen der Betelblätter findet sich eine Substanz, Chavicol, welche ihrer Struktur nach als Paraallylphenol
C6H4.C3H5.OH ^[C6H4.C3H5.OH] aufzufassen ist. Sie ist also abzuleiten von Benzol C6H6 ,
in welchem zwei AtomeH, und zwar das erste und das vierte (Parastellung), durch Allyl C3H5 und
Hydroxyl OH vertreten sind. Diese Struktur ist nun für viele ätherische Ö. charakteristisch.
In den Benzolkern C6H4 des Paraallylphenols treten noch ein, zwei oder drei Hydroxyle ein, die ganz oder
teilweise durch Methyl CH3 oder Methylen CH2 ätherifiziert werden. Neben Chavicol
enthält das Betelöl noch Chavibetol C6H3.C3H5.OH.OCH3 ^[C6H3.C3H5.OH.OCH3], und dieser Körper
ist isomer mit dem Eugenol, dem ätherischen Öl derGewürznelken. Der Unterschied zwischen beiden besteht lediglich darin,
daß eine andre Hydroxylgruppe durch Eintritt von CH3 ätherifiziert ist.
Beide enthalten eine freie Hydroxylgruppe, und wenn man diese ätherifiziert, so erhält man aus Chavibetol
und aus Eugenol einen und denselben Körper. Chavicol ist ein klares Öl von kreosotartigem Geruch, wirkt fünfmal stärker antiseptisch
als Karbolsäure und doppelt so stark wie Eugenol. Man muß annehmen, daß dies bei der Wirkung der Betelblätter auf den Organismus
zur Geltung kommt. Wenn im Chavibetol oder Eugenol des Methyl CH3 durch Methylen ersetzt wird,
dann werden beide Hydroxylgruppen ätherifiziert, und es entsteht Safrol C6H3.C3H5.OCH2O ^[C6H3.C3H5.OCH2O],
der Hauptbestandteil des ätherischen Sassafrasöls, welcher neben Eugenol im ätherischen Öl derBlätter des Sternanisbaums
vorkommt.
Safrol bildet eine leicht schmelzbare Kristallmasse, riecht aromatisch und steht in naher Beziehung zur
Piperinsäure, die leicht aus dem Alkaloid des schwarzen Pfeffers, dem Piperin, gewonnen wird. Im Apiol, dem kristallinischen
Bestandteil des ätherischen Petersilienöls, haben wir einen Körper, der hinsichtlich seiner chemischen Konstitution das Methyleugenol
(oder Methylchavibetol) und das Safrol in sich vereinigt. Er ist C6H.C3H5.OCH2O. (OCH3)2 ^[C6H.C3H5.OCH2O.
(OCH3)2]. Das Apiol ist eine farblose Kristallmasse, riecht schwach petersilienartig und schmilzt
bei 30°. - Die Gruppe C3H5 in den genannten ätherischen Ölen kann entweder, wie oben angenommen, Allyl
CH2.CH.CH2 ^[CH2.CH.CH2] oder Propenyl CH.CH2.CH2 ^[CH.CH2.CH2] sein. Das optische Verhalten der
ätherischen Öle¶
mehr
beweist, daß sie in der That Allyl enthalten, wenn man sie aber mit alkoholischem Kali erhitzt, so geht das Allyl in Propenyl
über. Nun finden sich aber auch Propenylphenole in ätherischen Ölen. Der Hauptbestandteil des Anisöls, das Anethol, ist nämlich
der Methyläther des Parapropenylphenols C6H4.C3H5.OCH3 ^[C6H4.C3H5.OCH3], also isomer mit
einem methylierten Chavicol und aus solchem durch Behandeln mit alkoholischem Kali leicht zu erhalten.
Man kann also ohne Schwierigkeit vom Betelöl zum Anisöl gelangen. Dieses Verhalten dürfte auch praktisches Interesse besitzen,
da sich die Propenylderivate wesentlich leichter oxydieren lassen als die Allylderivate. Wenn man z. B.
das leicht zugängliche Safrol durch Behandeln mit alkoholischem Kali in die isomere Propenylverbindung
überführt, so erhält man durch Oxydation leicht den Aldehyd C6H3.CHO.OCH2O ^[C6H3.CHO.OCH2O], das Piperonal,
eine Substanz, die unter dem Namen Heliotropin in der Parfümerie benutzt wird.
Öle (flüchtige Oele, lat. Olea aetherea, fr. essences,
engl. volatile oils). Mit diesem Namen belegt man eine große Zahl stark
riechender, beim Erwärmen flüchtiger Stoffe von ölartigem Aussehen, die jedoch von den eigentlichen oder fetten Ölen sowohl
hinsichtlich ihrer Eigenschaften, als auch ihrer chemischen Zusammensetzung nach vollständig verschieden sind und auch unter
sich keine bestimmt ausgeprägte Gruppe chemischer Verbindungen bilden, sondern meist aus natürlichen
Gemischen verschiedener Kohlenwasserstoffe mit zusammengesetzten Äthern, Aldehyden und organischen Säuren bestehen.
Die im Handel vorkommenden ä. Ö. sind, mit Ausnahme des Bernsteinöls, sämtlich Produkte des Pflanzenreiches und werden
aus verschiedenen Pflanzenteilen durch Destillation mit gespannten Wasserdämpfen gewonnen. Nur einige Öle, wie z. B. Citronenöl,
Pommeranzenöl, kann man auch durch Auspressen der betr. Fruchtschalen
erhalten. Werden die ä. Ö. einer nochmaligen Destillation unterworfen, so nennt man sie rektifizierte Öle. Die Fabrikation
der ä. Ö. hat sich auf gewisse Gegenden konzentriert, doch findet man auch vereinzelt an verschiedenen Orten Fabriken ä. Ö.
Einen Hauptfabrikations und Handelsplatz für diesen Artikel bildet Leipzig mit seinen Vororten; vereinzelte
Fabriken sind in Aken, Zerbst, Lützen, Cölleda, Rudolstadt, Dresden u. s. w.; die meisten
derselben fabrizieren sehr viele Öle und handeln mit sämtlichen Sorten von ä. O., andere handeln nur mit gewissen Ölen,
die sie selbst fabrizieren, wie z. B. die in Lützen, Cölleda.
Auch in Berlin, Hamburg, Altona, Prag, Brunn und Wien ist dieser Industriezweig vertreten. Italien, namentlich
Sicilien, liefert hauptsächlich Citronenöl, Pommeranzenöl und Bergamottenöl, das südliche Frankreich Neroliöl, Petitgränöl,
Lavendelöl und Thymianöl, Algier vorzugsweise Geraniumöl, die Türkei Rosenöl und Geraniumöl, England liefert Pfefferminzöl
und Lavendelöl, Nordamerika Pfefferminzöl und Wintergrünöl, Rußland Anisöl.
Aus Ostindien und China werden die Gewürzöle importiert, namentlich Cassia- und Zimmtöl, Nelkenöl,
Macisöl, Cardamomöl u. s. w., doch fabriziert man dieselben auch schon seit langer Zeit
in dem außerhalb des Zollvereins liegenden Hamburg. Seitdem jedoch die zur Ölfabrikation bestimmten Gewürzezollfrei eingehen,
werden diese Öle auch im Zollverein, allerdings unter Kontrole von Steuerbeamten, fabriziert; hierbei
müssen die nach der Destillation zurückbleibenden, vom Öle befreiten Gewürze vernichtet werden. - Die gangbarsten ä. Ö.
sind außer den bereits genannten: Kümmelöl, Fenchelöl, Angelikaöl, Wermutöl, Zedernholzöl, Kalmusöl, Wachholderöl, Bittermandelöl,
Senföl, Sternanisöl, Rosmarinöl, Zitronellöl und Terpentinöl. Verwendung finden die ä. Ö. in der Medizin und Likörfabrikation,
ferner zur Herstellung feiner Parfümerien, wie Eau de Cologne und anderer Riechwässer, zum Parfümieren
von Seifen, Pomaden,
¶
mehr
Haarölen, einige werden auch in der Conditorei verwendet, die billigen, wie Terpentinöl, in der Lackfabrikation. - Die allgemeinen
Eigenschaften der ä. Ö. lassen sich dahin zusammenfassen, daß sie sämtlich einen starken, mehr oder weniger angenehmen
Geruch besitzen, sich leicht entzünden lassen, mit stark rußender Flamme brennen, auf Papier einen in
der Hitze wieder verschwindenden Fettfleck machen, in Wasser sich nur in sehr geringer Menge lösen, aber leicht löslich
in starkem Alkohol und in Äther sind.
Die meisten sind leichter, einige auch schwerer als Wasser; sie besitzen ein starkes Lichtbrechungsvermögen und drehen die
Ebene des polarisierten Lichtes, einige nach rechts, andere nach links in verschiedener Stärke. Der Siedepunkt
der ä. Ö. ist sehr verschieden, liegt aber durchgängig ziemlich hoch (zwischen 160 und 260° C.); mit den Wasserdämpfen
verflüchtigen sie sich jedoch schon bei viel niedrigerer Temperatur. Wie ihr Geruch beweist, sind sie auch schon bei gewöhnlicher
Temperatur etwas flüchtig.
Einige erstarren leicht zu weißen kristallinischen Massen (z. B. Rosenöl, Anisöl), während andere gar
nicht erstarren. Viele ä. Ö. sondern sich mit der Zeit und beim Stehen an kalten Orten in einen starren, kristallinischen
Teil, Stearopten genannt, und in einen flüssig bleibenden Eläopten. Hinsichtlich ihrer chemischen Zusammensetzung teilt
man die ä. Ö. zuweilen in sauerstoffhaltige und sauerstofffreie ein, letztere werden auch Terebene
genannt, erstere sind meist Gemenge der letzteren mit anderen chemischen Verbindungen. Es gibt ferner auch schwefelhaltige
ä. Ö.; wie z. B. Senföl, Knoblauchöl. - Was die Aufbewahrung der ä. Ö. anlangt, so müssen dieselben in sehr gut verschlossenen,
möglichst vollgefüllten Flaschen an einem dunkelen und kühlen Orte aufbewahrt werden. Durch Einwirkung
von Luft und Licht verändern sie sich leicht, nehmen einen fremdartigen Geruch an und verharzen schließlich. Die Versendung
geschieht gewöhnlich in Glasgefäßen oder in Flaschen von Weißblech; die sicilianer Öle kommen in kupfernen Gefäßen
(Ramieren), die Öle aus China in Bleiflaschen. - Wegen ihres meist sehr hohen Preises sind die ä. Ö.
häufig Verfälschungen ausgesetzt, die nicht so leicht zu entdecken sind, weil man hierzu meistenteils andere billigere
ä. Ö. verwendet.
Die Verfälschung mit fetten Ölen oder mit Alkohol kommt jetzt nicht mehr so häufig vor, weil diese leichter zu entdecken
sind. Um eine Beimengung von Alkohol (Spiritus) zu entdecken, kann man verschieden verfahren. Grössere Mengen von diesem lassen
sich durch Schütteln gleicher Volumina von ä. Ö. und Wasser in einer graduierten Glasröhre nachweisen; nachdem sich beide
Flüssigkeiten wieder gesondert haben, wird das Volumen des Wassers durch die Aufnahme des Alkohols zugenommen
haben.
Man kann auch das betreffende Öl in einer kleinen Glasretorte in einem Sandbade kurze Zeit erhitzen, der Alkohol destilliert,
mit nur wenig Öl gemengt, zuerst über und läßt sich an seinen Eigenschaften und Reaktionen leicht erkennen. Die vielfach
empfohlene Methode mit Fuchsin paßt nicht für alle Öle, da manche Öle,
die ganz frei von Alkohol sind,
das Fuchsin ebenfalls lösen und sich dadurch rot färben. Fette Öle lassen sich in ä. Ö. leicht daran erkennen, daß sie
nicht flüchtig sind, daher auf Papier einen auch beim Erhitzen nicht verschwindenden Fettfleck verursachen.
Teilweise verharzte Öle hinterlassen allerdings auch einen bleibenden Fettfleck, der jedoch meist nur
an dem Rande durchscheinend ist und auch durch Aufgießen von Weingeist verschwindet, was bei Vorhandensein von fettem Öl
nicht der Fall ist. Daher kann man auch durch Auflösen des zu prüfenden Öles in 90procentigem Alkohol die Gegenwart von
fettem Öl finden, da sich dieses hierbei nicht löst. Eine Ausnahme hiervon macht nur das Ricinusöl,
welches in Alkohol leicht löslich ist und daher auf diese Weise nicht erkannt werden kann.
Zur Erkennung einer Verfälschung mit Terpentinöl bedient man sich häufig des Jods, besser jedoch des Nitroprussidkupfers,
welches beim Kochen mit den betreffenden Ölen in einem Reagensgläschen seine Farbe behält, sowie sie
mit Terpentinöl oder einem diesem ähnlichen Öle verfälscht sind, während wenn die Öle rein sind, das Nitroprussidkupfer
dunkel schiefergrau oder schwarz wird und das Öl sich mehr oder weniger dunkel färbt. Zur Ausführung dieser, sowie der
Jodprobe, gehört jedoch schon eine gewisse Übung, um sich vor Irrtümern zu bewahren; in den Händen
Geübter gibt jedoch die Nitroprussidkupferprobe sehr gute Resultate (vergleiche ferner die einzelnen Öle). - Zoll: S. Tarif
im Anh. Nr. 5 a; 5 b Rosmarin- u. Wachholderöl; Nr. 5 i Terpentinöl.
Öle, eine Reihe stark riechender, flüchtiger, bei gewöhnlicher Temperatur meist flüssiger organischer
Substanzen, die sich größtenteils im Pflanzenreich fertig gebildet vorfinden und zwar hauptsächlich
in den Blüten, Samen und Fruchtschalen der stark riechenden Pflanzen. Sie sind meist sehr leicht beweglich im Gegensatz zu
den fetten Ölen, mit Wasser wenig, mit Alkohol und Äther leicht mischbar, brennen lebhaft mit rußender Flamme und sind chemisch
ziemlich indifferent. Einzelne Ö., wie Terpentinöl und Citronenöl, waren schon den Alten bekannt, besonders
aber wurden sie aus zahlreichen Pflanzen von den Alchimisten dargestellt, die in ihnen die wirksamen Bestandteile der Pflanzen
(ihre Quintessenz) vermuteten.
Die Ö. fehlen fast in keiner Pflanze, kommen jedoch nur in einer beschränkten Anzahl in großen Mengen vor.
Entweder finden sie sich im Zellsaft gelöst oder in besondern Zellen und Gefäßen, den Öldrüsen und Olgängen, aufgespeichert.
Manche Ö. erhält man durch Fermentwirkung, Einwirkung von Säuren oder trockne Destillation auf andern Pflanzenprodukten,
wie das Bittermandelöl. Mehrere der hierher gehörenden Substanzen hat man auch auf künstlichem Wege erhalten.
Die Darstellung der Ö. geschieht entweder aus frischen, sehr vielfach aber auch aus getrockneten Pflanzen.
Im erstern Falle ist sie an den Ort des Wachstums der Pflanzen gebunden, wo dann häufig zu diesem Zweck Massenkulturen dieser
Pflanzen ausgeführt werden, wenn sie nicht durch klimatische Verhältnisse in reichlicher Menge wild wachsen;
im andern Falle wird die Abscheidung der Öle in eigenen Fabriken vorgenommen, in denen die aus allen Ländern und allen Weltteilen
zusammengebrachten Pflanzenteile verarbeitet werden. Bei der Herstellung kommen folgende Methoden in Betracht:
1) Auspressen der frischen Pflanzenteile. In den äußern Schichten der Schalen der Orangen, Citronen und anderer Früchte
findet sich das Öl in großen Drüsen; diese Früchte werden auf einer Art Reibeisen abgeraspelt, aus der so erhaltenen Masse
fließt durch das Pressen das Öl mit dem Safte ab und wird von letzterm auf mechan. Wege getrennt.
2) Destillation der frischen Pflanzenteile, angewandt z. B. bei der Gewinnung des Rosenöls.
Die frischen Blüten oder sonstigen Pflanzenteile werden mit Wasser so lange destilliert, als das Übergehende noch riecht.
Je nach dem Gehalt der Pflanzen scheidet sich aus dem Destillat mehr oder weniger Öl ab, oder es bleibt auch alles gelöst;
nach Abscheidung des Öls unterwirft man das wohlriechende Wasser einer zweiten Destillation, wobei das
darin noch enthaltene Öl mit den ersten Anteilen der Wasserdämpfe übergeht. Man erhält so wieder einen Anteil Öl nebst
wohlriechendem Wasser, letzteres wird wieder der gleichen Behandlung unterworfen u. s. w.
3) Destillation trockner Pflanzenteile. Die auf diese Weise zu verarbeitenden Substanzen, Samen, Kräuter, Holz,
[* 25] Wurzeln, werden
zunächst durch Zerquetschen, Zerschneiden, Raspeln, Mahlen auf geeignete Weise vorbereitet und dann entweder
unter Zusatz von Wasser oder ohne Wasser in Destillationsapparaten durch direkt einströmenden Dampf
[* 26] erhitzt, wobei die Öe
mit den Wasserdämpfen sich verflüchtigen und mit diesen gemeinsam verdichtet werden. Nachdem das Öl vom Wasser mittels
der Florentiner Flasche
[* 27] (s. d.) getrennt ist, wird das noch
mit Öl gesättigte Wasser entweder sofort in den Destillationsapparat zurückgeleitet oder in einem besondern Apparat der
Rektifikation, wie bei der Destillation frischer Pflanzenteile, unterworfen.
4) Extraktion. Die trocknen Pflanzenteile werden in geeigneten Apparaten mit flüchtigen Lösungsmitteln, wie Äther, Petroleumäther,
Schwefelkohlenstoff, ausgezogen, das Extrakt in Destillierapparaten gelinde erwärmt, wobei das Lösungsmittel
verdunstet, während das ätherische Öl, gemengt mit Fett, Harz und dergleichen Substanzen, zurückbleibt und durch Destillation
mit Wasser gereinigt wird.
Manche Pflanzendüfte sind so subtiler Beschaffenheit, daß sie sich nur fixieren lassen, indem man sie auf einen andern
Körper, der sie festzuhalten vermag, überträgt. Hierzu eignet sich nichts so gut wie vollkommen frisches,
gut geläutertes Fett, das man schmelzt und bei möglichst niedriger Temperatur mit den Pflanzenteilen maceriert. Das so mit
Wohlgeruch beladene Fett dient entweder zur Herstellung von Pomaden, oder es wird mit feinem Alkohol geschüttelt, an den
es das Riechende abgiebt. Einzelne Riechstoffe widerstehen dieser Behandlung: sie lassen sich aber auf
kaltes Fett übertragen, indem man die Blüten zwischen mit weichem Fett bestrichene Glastafeln legt, wobei der Geruch vom Fett
aufgenommen wird. (S. Enfleurage.)
Die meisten Ö. sind bei gewöhnlicher Temperatur flüssig, manche scheiden aber bei niedriger Temperatur feste krystallinische
Substanzen aus, die man nach Berzelius als Stearoptene (auch Kampfer) bezeichnet, während der flüssige
Teil Eläopten genannt wird. Im reinen Zustande sind die A. Ö. meist farblos, manche aber gelb bis braun, selten grün oder
blau gefärbt. Neben einem starken, oft sehr angenehmen Geruch besitzen sie einen brennenden, scharfen Geschmack. Sie sind
zumeist leichter als Wasser, lösen Fette und Harze auf, sieden bei einer Temperatur von über 100°,
verflüchtigen sich aber schon bei gewöhnlicher Temperatur ziemlich schnell und erzeugen daher auf Papier und Tuchstoffen
keinen bleibenden Ölfleck.
¶
Von einem gleichartigen chem. oder physik. Verhalten kann daher keine Rede sein, von ihren nähern
Eigenschaften wird aus diesem Grunde bei den einzelnen Ölen in besondern Artikeln gehandelt.
An der Luft absorbieren die meisten A. Ö. Sauerstoff, wobei die nicht zur Klasse der Terpene gehörenden sich in
nichtflüchtige harzartige Produkte verwandeln. Die Anwendung der O. ist eine sehr mannigfaltige. Vorzugsweise benutzt man
sie in der Parfümerie zur Darstellung wohlriechender Seifen, Öle, Pomaden, Esprits, Wässer u. dgl.; ferner zu Liqueuren (Kümmel,
Anis u. s. w.), zum Würzen von Speisen; auch als Heilmittel werden einige benutzt, und die billigen dienen
als Lösungsmittel für Harze zur Firnisbereitung.
Infolge ihres oft hohen Preises sind viele Ö. Verfälschungen ausgesetzt, und wohl auf keinem Gebiete der chem. Industrie
wird diese Fälschung so offenkundig, so systematisch betrieben wie auf diesem, da die chem.
Analyse nur sehr unvollkommene Mittel zur Unterscheidung und Erkennung der echten A. Ö. darbietet. Gewisse
Zusätze, wie fette Öle, Alkohol, Chloroform, sind allerdings leicht nachzuweisen, allein diese bilden die Ausnahme; die Regel
ist die Fälschung mit andern wohlfeilen Ö. (Terpentinöl, Citronenöl, Eukalyptusöl), die sich oft weder durch Reaktionen
noch durch ihre Zusammensetzung von den derVerfälschung unterworfenen unterscheiden, und bei denen man
einzig und allein auf den Geruch angewiesen ist, der sich zwar durch Übung sehr schulen läßt, aber dennoch Täuschungen
unterworfen ist. –
Vgl. Husemann-Hilger, Die Pflanzenstoffe (2. Aufl., Berl. 1848);