Äolipile
[* 1] (Aeoli pila,
Äolusball), ein von
Heron von
Alexandria in seiner
Schrift »Pneumatica« oder
»Spiritualia« um 120
v. Chr. beschriebener
Apparat, der älteste, durch welchen mittels der
Kraft
[* 2] des
Dampfes eine kontinuierliche
und noch dazu eine direkt rotierende
Bewegung erzielt wird. Diese Äolipile
(Fig. 1) war eine hohle Metallkugel, die sich
zwischen zwei
Zapfen
[* 3] drehen konnte und eine oder mehrere diametral auslaufende
Röhren
[* 4] hatte. Die
Röhren
waren an ihren
Enden verschlossen, aber nahe denselben mit einer Seitenöffnung versehen, deren
Achse horizontal gerichtet
war, und deren
Ebene mit der Umdrehungsachse des
Apparats zusammenfiel.
Wurde diese Kugel, teilweise mit Wasser gefüllt, über ein Feuer gebracht, so bewirkte die Reaktion des mit Heftigkeit aus den Seitenöffnungen horizontal ausströmenden Dampfes, daß sie mehr oder minder geschwind, je nach der Spannung und Quantität des Dampfes, sich drehte. Die horizontale Drehung kann durch einige Zahnräder sehr leicht in die vertikale umgesetzt und auf ein paar Räder übertragen werden, auf welchen das Gerüst der verschiedenen Teile ruht.
Man erhält dadurch eine höchst einfach konstruierte
Lokomotive,
[* 5] die sich mit ziemlicher
Geschwindigkeit
bewegt. Im
Prinzip stimmt
die Äolipile
mit den Reaktionswasserrädern (s.
Turbine) überein; sie eignet sich jedoch nicht für die
praktische Anwendung, da sie zu schwerfällig werden würde, wenn sie einigermaßen beträchtliche
Quantitäten
Wasser enthalten
sollte. Überdies läßt sich die Dampfkraft nur zum geringsten Teil ausbeuten, wenn sie durch
Reaktion
wirkt.
Ein
Körper nimmt die
lebendige Kraft einer ausströmenden
Flüssigkeit nur dann vollständig durch
Reaktion auf, wenn er sich
in entgegengesetzter
Richtung mit gleicher
Geschwindigkeit bewegt, so daß also dadurch die wirkliche
Geschwindigkeit der
Flüssigkeit
gleich
Null wird.
Nun ist aber die
Geschwindigkeit, mit welcher der
Dampf
[* 6] aus einem
Kessel in die freie
Luft
entströmt, eine ganz ausnehmend große, und kein Bewegungsmechanismus würde auch nur annähernd dieselbe erreichen können.
Daher kommt es, daß der aus der Reaktionsröhre der Äolipile
strömende
Dampf noch den größten Teil seiner lebendigen
Kraft besitzt;
an eine durch Expansionswirkung gewonnene Mehrleistung des
Dampfes läßt sich dabei gar nicht denken.
Äolipile
heißt auch eine
Gebläse- oder Lötrohrlampe, bei welcher ausströmender Spiritusdampf eine lange und heiße
Flamme
[* 7] gibt.
Dieser
Apparat
[* 1]
(Fig. 2) besteht aus einer gewöhnlichen Spirituslampe mit massivem
Docht, über welcher auf einem einfachen
Gestell ein metallenes
Gefäß
[* 8] angebracht ist. Ein Metallrohr geht von der obern Wandung dieses sonst allseitig
geschlossenen
Gefäßes aus und biegt sich so nach der
Flamme hin, daß es dieselbe in horizontaler
Richtung trifft. Füllt
man nun etwas
Spiritus
[* 9] in das
Gefäß und zündet die
Lampe
[* 10] an, so wird der erzeugte Spiritusdampf alsbald mit
großer Heftigkeit ausströmen und einen großen horizontalen Flammenkegel geben, in welchem
Glas
[* 11] schnell erweicht und Schmelzungen,
Glühungen etc. leicht ausgeführt werden können.
[* 1]
^[Abb.: Fig. 1.
Herons Äolipile.]
^[Abb.: Fig. 2. Äolipile
-Gebläselampe.]