1) berühmter Troerheld, des Anchises und der Aphrodite Sohn, der seinem Verwandten Priamos seine Dardaner zuführte,
ob seiner Frömmigkeit, Weisheit und Tapferkeit hochgeehrt. Er wird von Diomedes mit schwerem Feldstein an der Hüfte getroffen;
vergebens schirmt ihn Aphrodite, auch sie wird verwundet; aber Apollon trägt ihn in seinen Tempel auf Pergamon
und pflegt ihn. Dem Kampf mit Achilleus entreißt ihn Poseidon, denn der fromme Held und sein Geschlecht soll nach dem Untergang
des den Göttern verhaßten Priamos und dessen Hauses über Troja herrschen. So weit Homer.
Erst spätere Schriftsteller haben die Sage von ihm in verschiedener Weise weiter ausgebildet und sie mit der Gründung von Rom
verknüpft. Namentlich ist dies von Vergil in der Äneide geschehen. Hiernach übergibt Äneas, als er Troja verloren sieht, die
Hausgötter seinem Vater Anchises und verläßt, diesen auf dem Rücken tragend, sein Söhnlein Ascanius führend,
die brennende Stadt; sein Weib Krëusa verliert er. Im Gebirge sammelt er die Flüchtlinge, bemannt mit ihnen 20 Schiffe und
segelt von Antandros ab, zuerst nach Thrakien, wo er Änos und Änea gründet, dann nach Delos und Kreta.
Dort will er sich niederlassen, aber die Pest vertreibt ihn. Bei Aktion feiert er dem Apollo Spiele, in Epirus
begegnet er dem Priamiden Helenos, der ihm seine fernern Schicksale weissagt. Dessen Warnungen folgend, meidet er glücklich
die Scylla und Charybdis und landet in Sizilien am Vorgebirge Drepanum, wo sein Vater stirbt. Von Äolus auf Befehl der feindlichen
Juno durch Sturm nach Karthago verschlagen, wird er von Dido freundlich aufgenommen und gewinnt deren Liebe.
Aber Jupiter gebietet ihm, heimlich zu entfliehen; die Getäuschte gibt sich den Tod. Er gelangt darauf nach Sizilien zu Akestes,
der gleichfalls aus Troja stammt, und feiert dort den Manen seines Vaters zu Ehren Spiele. Nun läßt Äneas die
Frauen und die Greise in dem von ihm erbauten Akesta zurück und wendet sich nach Italien. Bei Cumä führt ihn die Sibylle in
die Unterwelt; nachdem er in Cajeta seine Amme beerdigt, landet er im Gebiet von Laurentum. Der König Latinus bietet ihm seine
Tochter Lavinia zur Gemahlin, aber deren Mutter
mehr
widerstrebt auf Anstiften der Juno und reizt den Turnus, den sie zu ihrem Eidam bestimmt hat, zum Kampf wider die Fremdlinge.
A. findet Zuflucht bei Evander am Palatinischen Berg, und ausgerüstet mit herrlichen Waffen, die ihm Vulkan auf Bitten der Venus
geschmiedet, erlegt er unter den Mauern von Lavinium, am Fluß Numicius den Nebenbuhler und den Etrusker
Mezentius. Nach der Schlacht wurde er nicht mehr gesehen und nachher in einem Hain und Tempel an jenem Fluß als Stammgott (Jupiter
indiges) verehrt. Sein Sohn von der Krëusa, Ascanius (auch Iulus genannt und daher Stammvater des römischen Geschlechts der
Julier), gründete Albalonga; die Herrschaft über dasselbe ging aber nach seinem Tod auf seinen jüngern
Bruder, A. Silvius, den Sohn der Lavinia, über, von dem die nachfolgenden Könige von Albalonga abstammen.
Vgl. Klausen, Äneas und
die Penaten (Hamb. 1839-40, 2 Bde.).
2) der Taktiker, wahrscheinlich Eine Person mit von Stymphalos, dem Feldherrn der Arkadier in der Schlacht
bei Mantineia 362 v. Chr., einer der ältesten Kriegsschriftsteller. Von seinem System der Kriegskunst (betitelt: »Hypomnemata«)
ist neben Fragmenten von den andern nur das Buch »Von der Belagerungskunst« vollständig erhalten und für die
Kenntnis der ältern Kriegskunst sowie in historischer Hinsicht wichtig; herausgegeben von Köchly und
Rüstow (»Griechische Kriegsschriftsteller«, Bd. 1, Leipz.
1853, mit deutscher Übersetzung), von Hercher (Berl. 1870) und Hug (Leipz. 1874).
(grch. Aineias), einer der gefeiertsten Helden der antiken Sagengeschichte, nach Homer der Sohn des Anchises und
der Aphrodite. Er wohnte bei seinem Vater zu Dardanos und nahm nicht von Anfang an am Trojanischen Kriege
teil. Erst als er von Achilleus auf dem Ida bei seinen Rinderherden überfallen war, führte er die Dardaner gegen das griech.
Heer. Äneas erscheint während des Kampfes als ein Liebling der Götter und unter den Helden Trojas als der tapferste nächst
Hektor.
Die Erzählungen der Alten über seine Geschicke vor, während und nach der Eroberung Trojas sowie über seine spätern Wanderungen
sind sehr verschieden. Aus der Ilias geht hervor, daß die älteste Sage den Äneas nach dem Untergange des Geschlechts des Priamos
über dessen Land und Volk herrschen ließ. Spätere Dichter erzählen vom Auszuge des Äneas aus der Landschaft
Troas nach verschiedenen Gegenden. Stesichorus (um 600 v. Chr.) ist der erste, der den Äneas nach Hesperien gelangen läßt.
Mit der Erweiterung der röm. Macht bekam die Sage, daß Äneas nach Latium gekommen
und Stammvater des röm. Volks geworden sei, allgemeine Geltung und wurde durch die röm. Sagenschreiber
und Dichter, besonders aber durch die Familie der Julier, die sich von Julus, dem Sohne des Äneas, ableiteten, gepflegt. Die
Lokalsagen, nach denen Äneas bald hier bald dort das Ziel seiner Fahrt oder sein Ende gefunden hätte, wurden von
der röm. Sage in Schatten gestellt und mußten sich ihr unterordnen, wobei
dann jene Orte als Stationen in die weite Fahrt von Troja nach den ital. Küsten eingereiht wurden.
Auf diese Weise wird die Fahrt namentlich von Virgil in der Äneis geschildert. Nach seiner Darstellung rettete in der Nacht,
als Troja von den Griechen genommen wurde, aus der brennenden Stadt die Götterbilder seines Hauses und
Vater und Sohn. Seine Gattin Kreusa verlor er auf der Flucht in dem Getümmel. Mit 20 Schiffen segelte er nach Thrazien, wo
er die Stadt Änos gründete; allein ein Wunder erschreckte ihn, und er verließ das Land. Nun wendete er
sich nach Delos.
Mißdeutung des dort erhaltenen Orakels führte ihn nach Kreta; dort ward ihm von den mitgenommenen Göttern geoffenbart, daß
Hesperien das auch von Apollon gemeinte Endziel seiner Fahrt sei. Er gelangte nach dem Vorgebirge Actium, nach Epirus, von da
an den Fuß des Ätnas ins Land der Kyklopen, dann um Sicilien herum nach dem Vorgebirge Drepanum auf der
Westseite der Insel, wo Anchises starb. Ein Sturm verschlug Äneas nach Karthago, wo Dido (s. d.) von leidenschaftlicher Liebe zu
ihm erfüllt ward. Jupiter aber sandte durch Merkur dem den Befehl, nach Italien zu gehen.
Während die von Äneas verlassene Dido ihr Leben freiwillig endigte, segelte er mit seinen Genossen
ab und ward durch Sturm nach Sicilien zum Gastfreunde Acestes verschlagen, wo er dem Anchises zu Ehren Totenspiele feierte.
Nach Erbauung der Stadt Acesta (Segesta) schiffte er nach Italien, wo er bei Cumä die Sibylla aufsuchte, die ihm seine Zukunft
weissagte und ihn zur Unterwelt geleitete. Aus dieser zurückgekehrt, gelangte er nach einer neuen Schiffahrt in den Tiber,
an dessen östl. Ufer er, im Lande des laurentischen Königs Latinus, Latium betrat. Dessen Tochter Lavinia war von dem Schicksal
einem
mehr
Fremd-606 linge bestimmt, aber, namentlich von der Mutter Amata, dem Könige der Rutuler, Turnus, verheißen. Dies veranlaßte
einen Krieg, nach dessen Beendigung sich A. mit Lavinia vermählte. Das Weitere deutet Virgil nur an. Man glaubte, daß A.
im Flusse Numicius verschwunden sei, und identifizierte ihn dann auch mit dem dort waltenden einheimischen
Gott. Nach älterer Sage gründeten Äneas' Söhne oder Enkel Rom; nach spätern Erzählungen erbaute Äneas' Sohn Ascanius Albalonga.
Dessen Nachfolger wurde des Äneas' mit der Lavinia erzeugter Sohn Silvius. Der Sohn des Ascanius, Julus, galt als Ahnherr des
Geschlechts der Julier. –
Vgl. Klausen, und die Penaten (2 Bde., Hamb. und Gotha
1839–40);
Förstemann, Zur Geschichte des Äneasmythus (Magdeb. 1894).
der Taktiker, altgriech. Militärschriftsteller im 4. Jahrh.
v.Chr., wahrscheinlich identisch mit dem arkadischen Strategen Äneas aus Stymphalus, der 360 v.Chr. der Tyrannis des Euphron
zu Sicyon ein Ende machte. Von seinem kriegswissenschaftlichen Werke «Hypomnemata»,
verfaßt zwischen 360 und 356, hat sich nur der Abschnitt über Belagerungskunst erhalten, herausgegeben
mit deutscher Übersetzung von Köchly und Rüstow im ersten Bande der «Griech. Kriegsschriftsteller» (Lpz.
1853), von Hercher (Berl. 1870 u. 1871), von Hug (Lpz. 1874). –
Vgl. Lange, De Aeneae commentario poliorcetico (Berl. 1879);
Ries, De AeneaeTactici commentario poliorcetico (ebd. 1890).