Ägyptische
Expedition
der
Franzosen.
Schon lange
vor der franz. Revolution hatte
Leibniz, um
Ludwig XIV. von
Deutschland
[* 2] abzulenken, ihn auf die Nilländer
hingewiesen. Später vertraten Minister Rene Louis d'Argenson und
wohl auch
Choiseul den gleichen
Gedanken.
Argenson hatte auch schon an die Durchstechung der
Suesenge gedacht, doch blieb es
bei
Entwürfen, bis
Kaiser
Joseph II., der
bei dem
Plane der
Teilung der
Türkei
[* 3] zwischen
Österreich
[* 4] und
Rußland sich
Frankreichs
Mitwirkung erkaufen wollte, die Sache am Versailler
Hofe in Anregung brachte.
In der Revolutionszeit lenkte der franz. Konsul Magallon in Kairo [* 5] die Aufmerksamkeit des Direktoriums wiederholt auf diese Frage und Talleyrand unterstützte ihn mit dem «Essai sur les avantages à retirer des colonies nouvelles» vom Juli 1797. Bald nachher vertrat Bonaparte den gleichen Plan, um die verlorenen Kolonien zu ersetzen und die engl. Interessen im Orient, vielleicht in Indien zu gefährden. Das Direktorium nahm seinen Vorschlag an, weil es den ehrgeizigen General aus Rücksichten innerer Politik ans Frankreich entfernen wollte.
Die Expedition
wurde im tiefsten
Geheimnis (Dekret vom vorbereitet.
Talleyrand sollte dem
Sultan
die Expedition
als eine auf Unterwerfung der Mamluken unter seine Herrschaft abzielende darstellen. Am
ging
Bonaparte
mit einem
Teile der etwa 40000 Mann starken Expedition
sarmee in
Toulon
[* 6] in See, andere
Teile liefen von Genua,
[* 7]
Ajaccio und Civitavecchia
aus;
Admiral
Brueys mit 15 Linienschiffen, ebensoviel
Fregatten, 7 Korvetten und über 30 kleinern Kriegsfahrzeugen
führte die Transportflotte (400 Schiffe).
[* 8]
Die
Truppen waren meist der siegreichen ital.
Armee entnommen, ihre
Generale die besten, außerdem befanden sich über 120 Gelehrte,
Künstler und
Techniker im Gefolge des Oberfeldherrn. Ungünstige Witterung und irrige
Annahmen über das Ziel der Expedition
hinderten die engl. Flotte unter Nelson, das Auslaufen der franz.
Schiffe und ihre
Vereinigung zu stören. Zuerst wurde
Malta bis auf das feste Lavaletta nach kurzem
Bombardement 12. Juni genommen
(s.
Hompesch), und der Malteserorden trat tags darauf die
Insel an
Frankreich ab. Dann richtete
Bonaparte, um der engl. Flotte
zu entgehen, den Lauf nach der Südküste
Candias und von dort nach
Alexandria, das sofort nach der Landung, 2. Juli, erstürmt
wurde.
Die Flotte ankerte vor Abukir, das Heer trat den Marsch auf Kairo an. Ihm voraus ging eine arab. Proklamation Bonapartes, die den Einwohnern Achtung ihrer Religion und Sitte zusicherte. Vergebens griffen 5000 Mamluken mit ihrer Hauptmacht unter 23 vereinigten Beis, deren mächtigste Murad und Ibrahim waren, die Franzosen 21. Juli bei Embabeh oder den Pyramiden an. Sie wurden geschlagen; Murad floh nach Oberägypten, Ibrahim in die Syrische Wüste. Bonaparte zog 25. Juli in Kairo ein, folgte mit Lannes' Division dem Ibrahim, erreichte dessen Nachhut 11. Aug. bei Salihieh, ohne sie zum Stehen zu bringen, kehrte nach Kairo zurück und beschäftigte sich nun mit der Organisation des Landes, während er Desaix nach Oberägypten zur Verfolgung Murads entsandte.
Die franz. Flotte wurde aber 1. Aug. von Nelson bei Abukir (s. d.) angegriffen und vernichtet. Dadurch ermutigt, erklärte die Pforte an Frankreich 1. Sept. den Krieg, und der Pascha von Syrien, Ahmed Dschezzar («der Schlächter»),
sollte gegen Ägypten [* 9] vorrücken. Bonaparte kam ihm jedoch zuvor. Nachdem durch Desaix' Sieg bei Sediman über Murad, 7. Okt., Oberägypten bis zu den Katarakten erobert worden war, Bonaparte 22. und 23. Okt. einen Aufstand in Kairo niedergeschlagen, Sues besetzt und die Verwaltung des ganzen Landes eingerichtet hatte, rückte er mit 13000 Mann in Syrien ein, nahm 21. Febr. El-Arisch, erstürmte 5. März Jaffa, berannte 17. März Akka (s. d.), mußte aber die Belagerung 20. Mai aufheben und mit schwerem Verluste den Rückmarsch nach Ägypten antreten, obwohl er 16. April beim Berge Tabor ein türk. Entsatzheer geschlagen hatte. Im Juli landete eine türk. Truppe.
Bonaparte eilte aus Kairo herbei und vernichtete sie 25. Juli in entscheidender Schlacht bei Abukir (s. d.). Rücksichten auf die Ereignisse in Frankreich, von denen er durch heimliche Boten unterrichtet war, bewogen ihn Ägypten 22. Aug. zu verlassen. Er übergab den Befehl an Kleber, der, als der Großwesir mit einem mächtigen Heere auf engl. Schiffen herankam und die Pest ausbrach, zu freier Rückkehr nach Frankreich 28. Jan. den Vertrag von El-Arisch schloß. Da jedoch England auf bedingungsloser Unterwerfung bestand, nahm Kleber den Kampf wieder auf und schlug bei Heliopolis den Großwesir bis zur Vernichtung und eroberte auch das verlorene Kairo. Er wurde ¶
mehr
254 jedoch 14. Juni von einem fanatischen Türken ermordet, und das Kommando ging auf den unfähigen Menou über. Eine engl.
Expedition
unter Keith und Abercromby landete bei Abukir (17000 Mann); die Franzosen wurden hier 21. März und schwerer
bei Ramanjeh 9. April geschlagen, worauf eine neue türk. Flotte Verstärkungen
landete, während es dem franz. Admiral unmöglich war, neue Truppen und Vorräte nach Ägypten zu schaffen. Überdies hatte
Menou seine Streitkräfte nutzlos geteilt, so daß Kairo 28. Juni und Alexandria 31. Aug. kapitulierten und die Trümmer des Heers
auf engl. Schiffen vertragsmäßig nach Frankreich übergeführt wurden. So war militärisch die Expedition
gescheitert, die jedoch in wissenschaftlicher Hinsicht unendlich wichtig geworden ist. (S. Ägypten.) Litteratur: Denon, Voyage
dans la Haute et Basse Égypte (mit Atlas,
[* 11] Par. 1802);
Raybaud, Histoire scientifique et militaire de l'expédition
française
en Égypte (9 Bde., ebd. 1830–36);
Letters from the Army of Bonaparte in Egypt (Lond. 1798-99);
Wilson,
History of the British expedition
to Egypt (ebd. 1803): Gourgaud, La campagne d'Égypte (nach Napoleons Diktat; in «Mémoires
pour servir à l'histoire de France sous Napoléon», 8 Bde., Par.
1822–25);
Berthier, Campagne d'Égypte (ebd. 1827);
Reynier, Campagne d'Égypte (ebd. 1827);
Galli, L'armée française en Égypte (ebd. 1883);
Boulay de la Meurthe, Le
[* 12] Directoire et l'expédition
d'Égypte (ebd. 1885).