aus farbigem Stein geformt waren (Rosengranit, grüner Serpentin u. s. w.). Bei den aus weißem Gestein (Kalk, Sandstein) und aus Holz gebildeten Figuren erschien die Farbe unerläßlich. Ob eine ausgesprochene Farbenfreudigkeit den Aegyptern eigen war, oder ob nur das Streben nach Naturtreue als Hauptgrund anzusehen ist, will ich unerörtert lassen; jedenfalls dürfte aber letzterer sehr bestimmend gewesen sein. Bei den ägyptischen Flachbildnereiwerken war die Farbe geradezu eine Notwendigkeit, da sonst die Darstellung zu wenig sichtbar gewesen wäre.
Eigentlich kann man hier von einer Malkunst in unserem Sinne nicht reden, derb ausgedrückt, ist es eine Anstreicherarbeit; rein handwerksmäßig. Die altägyptischen Maler genossen auch den Vorteil, daß sie sich nicht zu bemühen hatten, durch Schattengebung den räumlich-körperlichen Eindruck hervorzurufen, dies war durch den halberhabenen Untergrund besorgt. Die einzelnen Teile der Gestalten wurden gleichmäßig - ohne Abtönung - mit der jeweils entsprechenden Farbe überzogen, und eine gewisse Geschicklichkeit lag nur darin, daß die unter den durchsichtigen Gewändern sichtbaren Gliedmaßen auch in gedämpfter, schattenhafter Farbe wiedergegeben wurden, welche von der satten Kraft bei den unbedeckten Gliedern abstach.
Farben. Die Anzahl der verwendeten Farben war ziemlich groß, man kann deren etwa zwölf - einige meinen noch mehr - sicher unterscheiden. Es sind fast durchwegs Erdfarben, - Ockererde, Zinnober, Gyps, Kupfervitriol u. s. w.; für Schwarz Knochenkohle - welche mit Wasser, Eiweiß, Honig und Tragantgummi verrührt und mit Rohrstengeln oder Haarpinseln aufgetragen wurden.
^[Abb.: Fig. 22. Vorführung der Opfertiere.
Flachbild aus dem Grabe des Ma-Nofer. Altes Reich. Berliner Museum. (Nach Photographie von Mertens.)] ¶
Wandgemälde. In der späteren Zeit - vielleicht schon nach 1500 v. Chr. -
kamen auch reine Wandmalereien - ohne halberhabenen Untergrund - aus, die jedoch sich von den anderen nicht unterscheiden. Die Ansicht, daß nur aus Ersparungsgründen auf die flachbildnerische Ausarbeitung des Untergrundes verzichtet wurde, ist wohl zutreffend. Es kam jedenfalls billiger, die Sache blos auf einen aus Nilschlamm bereiteten Bewurf aufzumalen. Daß die Malerei auf glatter Fläche eine Schattengebung erfordert, soll sie den Eindruck des Räumlichkörperlichen machen, wurde den Malern wohl nicht bewußt, sonst hätten sie sich mehr bemüht, diese Aufgabe zu lösen; so begnügten sie sich damit, bestenfalls durch eine schwarze Linie - welche der früheren Vertiefungslinie entsprach - den Umriß eines Teiles hervorzuheben.
Farbensinn. Anerkennenswert ist dagegen der Sinn für die Zusammenstimmung der Farben, welcher sich in den reinen Verzierungen (Ornamente) kundgiebt, deren Muster auch geschmackvoll in der Zeichnung sind. Diese Art Farbensinns ist aber fast bei allen orientalischen Völkern zu finden, und tritt namentlich in den Erzeugnissen der Weberei (Teppiche) zu Tage.
Griechischer Einfluß. Die stammeseigene ägyptische Malerei blieb in dem Banne der Bildnerei, und erst der griechische Einfluß unter der Ptolemäerherrschaft brachte einen Umschwung. Ich bin jedoch der Anschauung, daß die Werke aus dieser Zeit - nach 300 v. Chr. -
wenn auch auf ägyptischem Boden entstanden, nicht mehr der ägyptischen Kunst sondern der griechischen zuzurechnen sind, und sie sollen daher an anderer Stelle besprochen werden.
Gesichtsmasken, Tafelbilder. Hier mag nur folgendes erwähnt sein: Die ägyptische Bestattungsweise wurde auch von den Fremden, die sich dort ansiedelten, angenommen, und die Sitte, die Leichen als «Mumien» in Grabstätten beizusetzen, erhielt sich bis über 400 nach Chr. hinaus. Dagegen war später eine Wandlung insofern eingetreten, als die in der älteren Zeit üblichen Standbilder - an welche der «Ka» gebunden war - zunächst durch bildnerisch geformte Gesichtsmasken und endlich durch bloße auf Holztäfelchen gemalte Bildnisse ersetzt wurden.
Da, wie schon erwähnt, der religiöse Grund - die Vorstellung vom «Ka» - größte Naturtreue bedingte, so steht zweifellos das Aufkommen der Tafelbilder im engsten Zusammenhang mit der Einführung der vorgeschrittenen griechischen Malweise, die auf ägyptischem Boden dann, entsprechend der gestellten Aufgabe, nach der naturalistischen Richtung hin sich ausbildete. Diese an den Mumien gefundenen Gesichtsbildnisse sind demnach als Zeugnisse für die Entwicklung griechischer Kunstweise unter dem Einflüsse ägyptischer Anschauungen zu betrachten. In den Wüstenstädten, wohin die griechischen Meister mit ihrer Kunst wohl seltener kamen, erhielt sich die Verwendung von bemalten
^[Abb.: Fig. 23. Nach Diktat schreibende Sklaven.
Kalkstein-Flachbild im Museum zu Florenz.] ¶
Gesichtsmasken auch in der vorgenannten Zeit, zu welcher im Nilthale die Tafelbildnisse wohl allgemein gebräuchlich waren.
Aegyptische Kleinkunst, Kunstgewerbe. Wollte man die ägyptische Kunst nur nach den Bauwerken, der Bildnerei und Malerei beurteilen, so würde sie - bei aller Anerkennung der hochentwickelten Arbeitsfertigkeit - im Sinne der «reinen Kunst» allerdings nicht sehr hoch einzuschätzen sein. Günstiger gestaltet sich aber das Urteil, wenn man die ägyptischen Leistungen in der Kleinkunst oder dem Kunstgewerbe in Betracht zieht. Auf diesem Gebiete kommt auch der Gesichtspunkt des «Schönen» zur Geltung, zeigt sich eine reiche Erfindungsgabe und ein fein gebildeter Geschmack. (S. d. Tafel «Kunstgewerbe d. Altertums».) Wenn ich hervorhob, daß die Aegypter nicht dazu gelangten, die Bauformen lebendig und frei zu entwickeln, die Gestaltungsmöglichkeit des Baustoffes zu verwerten, so daß auch ihr Steinbau an den Grundformen des Holzbaues festhielt; wenn sie in der Bildnerei in dem einseitigen Streben nach Naturtreue befangen blieben und in der Malerei über das bloße Bemalen nicht hinauskamen, so bekunden sie in der Kleinkunst eine entschieden höhere Begabung. Ich sehe die Erklärung darin, daß auf diesem Felde die Künstler eine größere Freiheit besaßen, nicht durch strenge, unantastbare Vorschriften, entsprechend den überlieferten Anschauungen in Religion und Sitte, gebunden waren, und wohl auch den Einwirkungen fremder Muster nachgeben konnten.
Bei ihrer außerordentlichen Arbeitsfertigkeit war es ihnen leicht, aller Schwierigkeiten, die im Stoffe lagen, Herr zu werden; wichtiger und anerkennenswerther ist, daß sie in der Kleinkunst auch aus der Natur des Stoffes und dessen Behandlungsweise heraus entsprechende Formen entwickeln lernten. Es lassen sich auch die Fortschritte deutlich verfolgen.
Formen in der Kleinkunst. Zunächst scheint auch die Kleinkunst durch das Bauwesen beeinflußt, indem bauliche Formen - Säulen, Tempelwände u. dgl. -
verwertet, auch die Verzierungen nach Vorbildern aus der Baukunst gestaltet wurden. Daneben wurde die Nachbildung von Naturformen - Tieren und Pflanzen - mit Fleiß und Geschick geübt und in der naturtreuen Wiedergabe eine große Vollendung erzielt. Dann entwickelt sich aber auch die freie selbständige, über bloße Nachahmung hinausgehende Gestaltung von Formen, welche vom Künstler erfunden wurden, der Bestimmung des Gegenstandes entsprechen und dabei gefallsam sind, indem bei der Gliederung und Anordnung der einzelnen Teile nicht nach den einfachen mathematischen Gesetzen, sondern nach jenen höheren des Zusammenstimmens verfahren wird.
Vorbedingungen des Kunstschaffens. Aegypten
hatte in seiner natürlichen Fruchtbarkeit und seiner dichten arbeitsamen Bevölkerung
die Bedingungen für die Entwicklung großen Reichthums und damit auch behaglicher Lebensführung, welche freilich auf den
^[Abb.: Fig. 24. Brustbild eines Königs.
Aus dem alten Reich, etwa 2600 v. Chr. Museum zu Florenz. (Nach Photographie.)]
^[Abb.: Fig. 25. Kopf der Prinzessin Nefert. Von einem Kalksteinstandbild des alten Reiches. Museum zu Giseh.] ¶