Ägypten
,
[* 2] Geschichte. Der Ministerpräsident Riaz Pascha legte sein Amt nieder, angeblich aus Gesundheitsrücksichten. Er war ein Anhänger der alten Schule, des türkischen Absolutismus, und daher ein entschiedener Gegner der Reformideen, mit denen der ganz unter englischem Einfluß stehende Chedive sich trug. Besonders die durchgreifende Justizreform, die der zum Oberrichter ernannte Engländer Scott durchführen sollte, mißbilligte er durchaus.
Der neue
Ministerpräsident,
Mustafa
Pascha Fehmi, der zugleich das
Innere übernahm, und die übrigen
Minister waren ganz von
den Vertretern
Englands, dem
Generalkonsul
Sir Evelyn
Baring und dem Oberrichter
Scott, abhängig. Die
Frage
der Räumung
Ägyptens durch die
Engländer wurde 1891 wieder einmal von der
Pforte angeregt, jede
Verhandlung darüber jedoch
von dem englischen
Minister
Salisbury rundweg abgelehnt. In seiner
Rede beim
Lord-Mayorsbankett 9. Nov. begründete
Salisbury seine
Haltung damit, daß
England Ägypten
so lange besetzt halten müsse, bis es gegen äußere und innere Feinde
stark genug sei, und es seien daher die anders lautenden
Erklärungen englischer Staatsmänner
(Gladstones und
Morleys, welche
die Räumung
Ägyptens gefordert hatten) beklagenswert;
A. von der Türkei
[* 3] loszureißen, sei
Englands Absicht nicht.
Von einer Räumung des Landes konnte um so weniger die Rede sein, als Tewfik Pascha plötzlich starb. Ihm folgte mit Genehmigung des Sultans sein 17jähriger Sohn Abbas Pascha (s. d.) als Chedive, der natürlich von England noch abhängiger war als sein Vater. Übrigens erwies sich die englische Verwaltung für die Finanzen immer vorteilhafter. Als der neue Chedive 30. Jan. die gesetzgebende Versammlung mit einer Ansprache eröffnete, in welcher er das Werk seines Vaters fortsetzen zu wollen erklärte, konnte er zugleich mitteilen, daß die Patentsteuer aufgehoben und die Salzsteuer um 40 Proz. ermäßigt werden würde.
Zur Förderung der ägyptischen Altertumskunde gründete 1883 der Engländer Sir Erasmus Wilson (gest. 1884) den »Egypt Exploration Fund«. Die von diesem ans Licht [* 4] gebrachten Altertümer werden nach bestimmten Grundsätzen an das Nationalmuseum zu Bulak, das Britische Museum, das Bostoner Museum (Nordamerika) [* 5] und einige andre Museen in England und den Kolonien verteilt. Jährliche Publikationen erstatten über die Arbeiten des »Fund« fortlaufend ausführlichen Bericht.