Titel
Ägypten.
[* 2] Über
Areal und
Bevölkerung
[* 3] s. Bd. 17, S. 15, doch ist zu bemerken, daß noch ein Teil der ehemaligen
Provinz
Dongola zu Ägypten
gehört, nämlich das Nilthal oberhalb
Wadi Halfa bis zur Ortschaft Akasche. Die
Landwirtschaft
hat aus der von englischen
Ingenieuren geleiteten Stromregulierung des
Nils bereits große Vorteile gezogen, indem das
Wasser
dieses
Flusses infolge derselben viel besser ausgenutzt wird, als es früher der
Fall war. Dieses sowohl als die hohen
Preise
für
Baumwolle,
[* 4] das Herabgehen des
Zinsfußes und eine minder schwere
Besteuerung (Aufhören der
Fronen 1889)
haben die Fellachen in den
Stand gesetzt, einen erheblichen Teil der
Hypotheken abzutragen. Die Baumwollernte betrug 1888-89:
2,722,954
Kantar zu 44,5 kg, die Zuckerernte 1889: 937,934
Kantar (gegen 1,135,416
Kantar im J. 1888).
Tabak
[* 5] darf jetzt
nur noch auf 1500
Feddans zu 4301 qm gebaut werden. Ein- und Ausfuhr während der letzten drei Jahre stellten sich wie folgt
(in ägypt.
Pfund zu 21 Mk. 25
Pf.):
1887 | 1888 | 1889 | |
---|---|---|---|
Wareneinfuhr für den Konsum | 8137054 | 7738343 | 7020961 |
Ausfuhr von ägypt. Produkten | 10876417 | 10418213 | 11953196 |
Einfuhr von Münzen | 3066740 | 2038956 | 1900418 |
Ausfuhr von Münzen | 1898062 | 2642900 | 1963699 |
Durchfuhr | - | 698992 | 749568 |
Den Ländern nach verteilten sich Ein- und Ausfuhr von Waren im J. 1889 wie folgt:
Einfuhr | Ausfuhr | |
---|---|---|
Großbritannien | 2539381 | 7744540 |
Britische Kolonien | 589920 | 26332 |
Frankreich und Algerien | 715700 | 908681 |
Türkei | 1422950 | 320553 |
Österreich-Ungarn | 657687 | 986689 |
Rußland | 353863 | 647376 |
Italien | 216501 | 816077 |
Deutschland | 50664 | 2968 |
Die wichtigsten Artikel der Einfuhr waren 1889 Baumwollenstoffe (1,048,000 Pfd.), Getreide [* 6] u. Mehl [* 7] (750,398 Pfd.), Steinkohle (441,000 Pfd.), Metalle und Metallwaren (517,116 Pfd.), Bauholz (292,000 Pfd.), Kaffee (254,292 Pfd.), Tabak und Zigarren (272,000 Pfd.). Die Ausfuhr bestand fast ausschließlich aus Produkten der Landwirtschaft, als Baumwolle (3,206,202 Kantar im Werte von 8,547,716 Pfd.), Baumwollsamen (2,098,589 Ardeb, Wert 1,453,891 Pfd.), Zucker [* 8] (733,378 Kantar, Wert 496,796 Pfd.), Bohnen (432,084 Ardeb, Wert 326,836 Pfd.) und Weizen (203,716 Ardeb, Wert 165,608 Pfd.). Der Handel mit dem Sudân ist seit wieder gestattet, doch ist die Ausfuhr von Waffen, [* 9] Munition und Getreide verboten (s. Suakin). Die Eisenbahnen hatten 1887 eine Länge von 2012 km, sie beförderten 3,244,112 Personen und hatten bei einer Ausgabe von 587,556 Pfd. eine Einnahme von 1,305,680 Pfd. Postämter gab es 1888: 171; die Telegraphenleitungen hatten 1889 eine Länge von 5841 km.
Die ägyptischen
Finanzen besserten sich von Jahr zu Jahr in dem
Grade, daß trotz erheblicher Steuernachlässe
die
Einnahmen einen immer größern Überschuß über die
Ausgaben lieferten. Die englische
Regierung zog daraus den
Schluß,
daß ihr vorherrschender Einfluß in Ägypten
, welcher von der Anwesenheit einer Besatzungsarmee abhängig sei, aufrecht
erhalten werden müsse. Die
Staatseinnahmen beliefen sich 1889 auf 9,716,000 Pfd., die
Ausgaben auf 9,523,000,
und am
Schlusse des
Jahres befanden sich noch 1,100,000 Pfd. in der Staatskasse.
Direkte Steuern ergaben 5,249,000 Pfd. (wovon 4,893,000 Pfd. vom Land), indirekte Steuern 1,872,000 Pfd. (Zölle und Tabak 1,027,000 Pfd.) und die Eisenbahnen 1,302,000 Pfd. Von den Ausgaben kamen 271,000 Pfd. auf die Zivilliste, 4,221,000 Pfd. auf die öffentliche Schuld, 665,000 Pfd. auf den Tribut an die hohe Pforte, 589,000 Pfd. auf Eisenbahnen, 824,000 Pfd. auf Polizei und Kriegsmacht. Für 1890 schätzte man die Einnahmen auf 9,650,000 Pfd., die Ausgaben auf 9,500,000 Pfd.; für 1891 Ein- und Ausgaben bez. auf 9,820,000 und 9,320,000 Pfd. Die öffentliche Schuld belief sich auf 103,426,640 Pfd., wozu noch die als Mukabalah bekannte innere Zwangsanleihe, welche im J. 1930 durch jährliche Raten von je 150,000 Pfd. abgezahlt sein wird, und die Zinsen (194,000 Pfd.) auf die von England angekauften Suezkanalaktien kommen. Eine von England 1889 vorgeschlagene Konvertierung eines Teils der Schuld konnte 1890 durchgeführt werden, nachdem Frankreich seinen Widerspruch gegen diese dem Lande so günstige Maßregel aufgegeben hatte. Jetzt steht die ägyptische Schuld wie folgt:
Garantierte Anleihe vom J. 1885.3 Proz. | 9111100 Pfd. |
Unifizierte Schuld zu 4 Proz. | 55988920 - |
Domanialschuld zu 5 Proz. | 5173440 - |
Daira Sanich und Daira Khassa | 8587480 - |
Anleihe vom J. 1890 zu 3½ Proz. | 29400000 - |
: | 108260940 Pfd. |
¶
mehr
Von der 1890er Anleihe sollen 1,300,000 Pfd. auf Verbesserung der Bewässerung des Landes verwendet werden. Die bewaffnete Macht Ägyptens besteht aus 60 englischen, 447 ägyptischen Offizieren und 10,283 Mann und bildet 12 Bataillone Infanterie, ein Regiment Kavallerie, 6 Batterien und 3 Kamelkompanien. Die englische Okkupationsarmee hat eine Stärke [* 11] von 3300 Mann. Die ägyptische Polizeimacht zählt 6252 Mann. Die Kriegsflotte besteht aus 2 bewaffneten Dampfern und einigen kleinern Fahrzeugen, welche den Zolldienst versehen.
Flora des alten Ägypten.
Die Angaben der alten Schriftsteller über Fauna und Flora des alten Ägypten
haben teils durch die Wandmalereien, in viel ausgiebigerer
Weise aber durch Gräberfunde Bestätigung und Erweiterung gefunden. Die Untersuchung der nicht gebrannten
Ziegel hat namentlich die Kenntnis der kleinen Tiere, Insekten
[* 12] etc. gefördert, viel umfassendere Kenntnis aber als über die
Tierwelt haben uns die Gräberfunde über die Pflanzenwelt geliefert. 136 Pflanzen der altägyptischen Flora sind bis jetzt
mit ziemlicher Sicherheit ermittelt worden und unter diesen 20 Gräser
[* 13] und 4 Riedgräser, von denen Cyperus
Papyrus L. bekanntlich die größte Wichtigkeit besaß.
Von Getreidearten sind die Hirse [* 14] (Panicum italicum L.), verschiedene Weizenarten (Triticum vulgare L., T. turgidum L., T. dicoccum L., T. spelta L.), zwei Gersten (Hordeum vulgare L. und H. hexastichum L.) und Sorghum vulgare Pers. zu erwähnen. Von Palmen [* 15] sind nur vier Arten bekannt geworden, unter ihnen in erster Reihe die Dattelpalme. Guirlanden von Blättern einer Weide [* 16] (Salix Safsaf Forsk.) bilden mit dazwischen gesteckten Blumen einen Hauptschmuck der Mumien.
Als Blumen benutzte man, wie namentlich die von Schweinfurth untersuchten wunderbaren Kränze und Guirlanden beweisen, Pfefferminze (Mentha piperita L.), Rosmarin, Jasmin (Jasminum Sambac Ait.?), Chrysanthemum coronarium L., Safflor (Carthamus tinctorius L.), Leontodon coronopifolium Desf., Acacia nilotica Del. und Sesbania aegyptiaca Pers. Die meisten dieser Blumen sind gelb, weil Gelb die Farbe der Trauer war. Es sind indes auch andre Farben vertreten: ein Blauviolett bei einer Kornblume (Centaurea depressa Bieb.) und einem Weidenröschen, weiß bei Nymphaea Lotus L., blau bei N. coerulea Sav. und einem Rittersporn (Delphinium orientale Gray), rot bei Klatschmohn (Papaver Rhoeas L.) und der Malvacee Alcea ficifolia L. Zu Kränzen diente auch der Ölbaum (Olea europaea L.), die Myrte (Myrtus communis L.), die Sellerie (Apium graveolens L.), die Weinrebe, ein Gurkengewächs, Citrullus vulgaris Schrad., und Mimusops Schimperi S. et H. Von Samen [* 17] und Früchten sind außer den genannten Gräsern und Datteln die des Wacholders (Juniperus phoenicea L.), Zapfen [* 18] der Pinie (Pinus Pinea L.) und Feigen (Ficus Sycomorus L. und F. Carica L.) zu erwähnen.
Ferner die schon genannte Mimusops Schimperi, Cordia Myxa, der Granatapfel und der Apfel, dann Wein, Orangen, Gurke (Cucumis Chate L.), Melone (C. Melo L.) und Flaschenkürbis (Lagenaria vulgaris L.). Hier sind auch die Zwiebeln zu erwähnen, von denen vier Arten nachgewiesen wurden. Rizinussamen scheinen zweifelhaft zu sein. Von Unkräutern sind Wolfsmilch (Euphorbia [* 19] helioscopia L.), Vogelknöterich (Polygonum aviculare L.), Ampfer (Rumex dentatus L.), drei Melden (Chenopodium hybridum L., C. murale L., Blitum virgatum L.) und ein Salvei (Salvia spinosa L.) nachgewiesen. Es ist eigentümlich, daß von den im ägyptischen Florengebiet reichlich vertretenen Labiaten nur Reste der genannten drei Arten sich erhalten haben.
Auch Samen der als Unkraut häufig auftretenden Kompositen [* 20] und Umbelliferen [* 21] finden sich nur spärlich; von Kreuzblütlern sind Rettich (Raphanus sativus L.), Hederich (Raphanistrum Lampsana Gärtn.) und Ackersenf (Sinapis arvensis L.), von Papilionaceen Schotenklee (Medicago hispida Wild.) und Steinklee (Melilotus parviflora Del.) vertreten. Die meisten der gefundenen Samen gehören der Familie der Schmetterlingsblütler an, aus welchen neben den oben erwähnten noch Lupine (Lupinus termis Forsk.), Erbse (Pisum arvense L.), Linse [* 22] (Ervum Lens L.) und Bohnen (Vicia Faba L., V. sativa L.) zu nennen sind.
Die Baumwolle dürfte von Gossypium herbaceum L., das Leinen von Linum humile Mill. abstammen. Beide Gespinstpflanzen
werden noch heute in Ägypten
kultiviert. Von Pflanzen, die zu kosmetischen Mitteln benutzt wurden, sind meist durch vergleichende
Sprachwissenschaft nachgewiesen worden der Kalmus (Acorus Calamus L.), der schon genannte Wacholder (Juniperus phoenicea L.),
Zimt (Laurus Cassia L. und L. Cinnamomum Andr.) und eine Winde
[* 23] (Convolvulus Scoparius L.), Lawsonia inermis L.
und Moringa aptera Gärtn. Philologische Gründe machen es wahrscheinlich, daß Früchte von Sesamum indicum Dec. eingeführt worden
sind, wenn auch De Candolle meint, dies sei erst nach der griechischen Eroberung geschehen. Gummi arabikum wurde jedenfalls
schon von den alten Ägyptern benutzt.
Zur Litteratur: V. v. Strauß
[* 24] und Torney, Der altägyptische Götterglaube (Bd.
1, Berl. 1888); Wiedemann, Die Religion der alten Ägypter (Münster
[* 25] 1890); Hirschberg,
[* 26] Ägypten
, geschichtliche Studien eines Augenarztes
(Leipz. 1890).