(franz.), die
Aufschrift irgend einer Sendung, vornehmlich eines
Briefs, bezeichnet die
Person dessen, für welchen
dieselbe bestimmt ist (Adressat). Im politischen
Sinn heißt Adresse eine Zuschrift, worin Bitten,
Beschwerden,
Vorstellungen und
sonstige Kundgebungen enthalten sein können, welche vorzugsweise dazu bestimmt sind, gewisse
Gesinnungen,
Grundsätze und
Ansichten in ostensibler
Weise auszusprechen. Dem
Konstitutionalismus war es vorbehalten, das Adreßwesen auszubilden,
und so hat es denn gegenwärtig in allen Kulturstaaten eine hohe öffentliche Bedeutung erlangt.
Derartige Adressen werden von Versammlungen,
Korporationen und namentlich von parlamentarischen
Körperschaften an die Staatsregierung
oder an eine bestimmte Behörde
oder an ein sonstiges öffentliches
Organ gerichtet. Auch pflegen die
Wähler
nicht selten in
ein erAdresse ihrem Abgeordneten ein Vertrauens- oder
Mißtrauensvotum zu erteilen. Die Adresse ist nichts als ein
Ausdruck
der Beistimmung, der Billigung oder Mißbilligung, des Danks und unterscheidet sich dadurch von der
Petition, welche direkt
etwas fordert. In manchen Verfassungsurkunden ist den
Ständen der
Regierung gegenüber das
Adreßrecht ausdrücklich eingeräumt.
Die
Verfassung des
DeutschenReichs enthält eine solche Bestimmung nicht, doch wird das
Adreßrecht thatsächlich vom
Reichstag
ausgeübt. Nach der
Geschäftsordnung desselben (§§ 67 f.) wird der
Antrag, eine Adresse an den
Kaiser zu richten,
wie ein andrer
Antrag behandelt. Beschließt der
Reichstag, die Vorberatung des vorgelegten Adreßentwurfs einer
Kommission
zu überweisen, so wird diese aus dem
Präsidenten und bei dessen etwaniger Verhinderung dem Vizepräsidenten des
Reichstags
als Vorsitzendem und 21 von den Abteilungen des
Reichstags zu wählenden Mitgliedern gebildet.
Liegt ein
Entwurf zu einer Adresse nicht vor, so ist dieser von einer in gleicher
Weise zusammenzusetzenden
Kommission auszuarbeiten und dem
Reichstag zu unterbreiten.
Soll die Adresse durch eine
Deputation überreicht werden, so bestimmt
der
Reichstag auf
Vorschlag des
Präsidenten die Zahl der Mitglieder, welch letztere alsdann durch das
Los gewählt werden. Der
Präsident ist jedesmal Mitglied und alleiniger Wortführer der Adreßdeputation. Der
Erlaß einer Adresse ist
im parlamentarischen
Leben namentlich zum
Zweck der Beantwortung einer
Thronrede gebräuchlich. - Adressieren, etwas an jemand
richten, überschreiben, hinweisen, empfehlen.
(frz., Aufschrift) bei Postsendungen. In der Adresse müssen Bestimmungsort und Empfänger so genau bezeichnet sein,
daß jeder Ungewißheit vorgebeugt ist. Bei weniger bekannten Orten muß die Lage - nach Land, Provinz, Regierungsbezirk, Kreis
[* 2] oder an einem Flusse - näher angegeben sein, bei Sendungen nach Dörfern die nächste Postanstalt. Ist
ein Brief nach dem Auslande gerichtet, so empfiehlt es sich, in der Adresse die Sprache
[* 3] des Bestimmungslandes oder wenigstens lat.
Schriftzeichen anzuwenden. Briefe nach großen Städten müssen mit genauer Wohnungsangabe - bei Berlin
[* 4] und London
[* 5] auch
mit der Bezeichnung des Postbezirks, z. B. O., East London, LondonSouthwarku. s. w. - versehen sein.
Genau muß der Adressat der Sendung bezeichnet werden (Vorname, Titel, Geschäft). Soll neben dem Adressaten eine zweite Person
zur nähern Bezeichnung benannt werden, so sind folgende Adresse statthaft: an Adresse zu erfragen bei B., an Adresse abzugeben
bei B., an Adresse im Hause des B., an Adresse wohnhaft bei B., an Adresse zu Händen des B., an Adresse abzugeben für B., an Adresse per Adresse B., franz.
Adresse aux soins de B. oder Adresse pour remettre à B., engl. Adresse care
of B. Bei Postsendungen an Gesellschaften, Agenturen, Komitees, Niederlagen, Ausschüsse, Expeditionen u. s. w.
ist der Vertreter oder Vorstand der Gesellschaft namentlich zu bezeichnen. (S. auch Bestellung.) Über die Adressierung postlagernder
Sendungen s. Postlagernd. Auf der Außenseite der Briefumschläge können Name, Stand u. s. w. des Absenders (Adressanten), Firmenbezeichnungen
und Abbildungen enthalten sein, soweit sie im ganzen den sechsten Teil der Rückseite des Briefumschlags
nicht überschreiten.
im politischen Sinne eine Kundgebung von Gesinnungen einer Anzahl von Einzelnen oder einer Korporation. Von
der Petition unterscheidet sie sich dadurch, daß in der Regel keine bestimmt formulierten Wünsche, wenigstens keine
auf die Adressanten selbst direkt bezüglichen, darin enthalten sind. Die gewöhnlichsten Adresse sind die der großen
konstitutionellen Körperschaften (Parlamente, Landtage, Kammern) an das Staatsoberhaupt. Häufig wird die Thronrede durch
eine Adresse jedes der beiden Häuser der Landesvertretung beantwortet. In dieser Adresse pflegt, anschließend
an den Inhalt der Thronrede, entweder eine Zustimmung zu dem in der Thronrede gegebenen Programm der Regierung
oder auch ein Widerspruch gegen einzelne Punkte desselben, unter Umständen sogar ein Tadel des ganzen Regierungssystems,
ausgesprochen zu werden. Bei ganz besondern Veranlassungen macht wohl auch eine parlamentarische Körperschaft noch zu anderer
Zeit von dem Recht der Adresse Gebrauch, wie der Reichstag des Norddeutschen Bundes in seiner letzten Sitzung
vom um den König Wilhelm zu bitten, durch Annahme der deutschen Kaiserkrone das Einigungswerk zu weihen. - In politisch
bewegten Zeiten kommen auch von den außerparlamentarischen Kreisen, besonders von Vereinen und Volksversammlungen, sog. Kollektivadressen,
teils an die Staatsgewalt, teils an die Landesvertretung, häufig vor, worin entweder die
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mehr
Zustimmung zu gewissen Akten derselben oder auch das Gegenteil kundgegeben wird.