Acton
(spr. äckt'n), Wohnstadt westlich von London in Middlesex (England), mit (1881) 17,125 Einw.
2 Seiten, 1'135 Wörter, 7'745 Zeichen
Im Meyers Konversations-Lexikon, 1888
(spr. äckt'n), Wohnstadt westlich von London in Middlesex (England), mit (1881) 17,125 Einw.
(spr. äckt'n), 1) Sir John Francis Edward, Premierminister Ferdinands IV. von Neapel, geb. 1. Okt. 1737 zu Besançon, wo sein Vater, ein katholischer Engländer, Arzt war, trat nach vollendeten Studien in französischen, dann in toscanischen Marinedienst und befehligte 1774 als Fregattenkapitän die von Spanien und Toscana gemeinsam unternommene Expedition gegen die Barbaresken. Darauf in neapolitanische Dienste berufen, gewann er die Gunst der Königin Karoline, wurde Marine-, dann Kriegs-, Finanz- und endlich Premierminister. Ehrgeizig und ränkesüchtig, beeiferte er sich der Königin zuliebe, ein despotisches Regiment zu errichten und Neapel in den Krieg gegen die französische Revolution zu verwickeln. Nachdem 18. Dez. 1792 der französische Admiral La Touche durch ein Bombardement Neapels die Anerkennung der Republik und die Neutralität Neapels erzwungen hatte, wandten sich Acton und die Königin entschieden England zu und traten in das engste Verhältnis zu dem englischen Gesandten Hamilton und dessen berüchtigter Gattin. Am 12. Juli 1793 kam die Allianz mit England zu stande, und Acton suchte nun die italienischen Staaten zu einem Bund gegen Frankreich zu vereinigen. Acton wandte alle Kräfte des Staats auf die Vermehrung der Flotte und die Verstärkung des Landheers. Darauf wurde eine sogen. Staatspolizei eingerichtet, die Giunta di stato (1794), die jeden Freisinnigen als des Einverständnisses mit den Franzosen verdächtig verdammte. Acton übte diktatorische Gewalt; der Geheime Staatsrat bestand nur aus ihm, dem König und der Königin. Durch Bonapartes Siege schwer bedroht, schloß Neapel durch Acton zuerst zu Brescia (5. Juni 1796) einen Waffenstillstand, dem der Friede zu Paris (11. Okt. 1796) mit für Neapel günstigen Bedingungen folgte. Aber schon 1798 schloß sich Neapel dem Bündnis Österreichs, Rußlands und Großbritanniens gegen die französische Republik an, und auf Nelsons Rat griff das neapolitanische Heer das französische im Kirchenstaat an. Nach dem unglücklichen Ausgang des Kriegs bewogen Acton und Hamilton den König zur Flucht nach Palermo und begleiteten ihn dahin (31. Dez. 1798). Als die parthenopeische Republik 1799 durch den vom Kardinal Ruffo geleiteten Volksaufstand wieder gestürzt wurde, verwarf der König auf Actons Rat die ausbedungene Amnestie, und in dem nun folgenden Blutbad fielen nicht wenige als Opfer der Privatfeindschaft Actons. Der Friede zu Florenz (28. März 1801) löste Neapels Verbindung mit England und beraubte Acton und seine Genossen des offenen Einflusses. Im J. 1804 auf Verlangen Frankreichs ganz vom Hof entfernt, begab sich Acton nach Sizilien, intrigierte aber im geheimen fort, und auf seinen Rat verletzte Ferdinand IV. den am 21. Sept. 1805 mit Napoleon geschlossenen Neutralitätsvertrag, indem er im November ein Heer von 12,000 Russen und Engländern landen ließ und dem Russen Lacy den Oberbefehl über seine Truppen gab. Acton wurde hierauf zurückgerufen und von neuem an die Spitze der Verwaltung gestellt. Durch den Einmarsch der Franzosen im Februar 1806 abermals gestürzt, starb er allgemein verhaßt 12. Aug. 1811 in Palermo.
2) Sir Ferdinand Richard Edward, ältester Sohn des vorigen, geb. 24. Juli 1801, heiratete 1832 Marie Luise, die Tochter Emmerich Josephs, Herzogs von Dalberg, und nahm dessen Namen an. Er starb 31. Jan. 1837 in Paris. Sein einziger Sohn, Lord John Emeric Edward Dalberg-Acton, geb. 1833, vertrat seit 1859 Carlow in Irland im Parlament und zählt zu den hervorragenden Mitgliedern der antiultramontanen katholischen Partei. In diesem Sinn begründete er 1861 die »Home and Foreign Review«, in der er 1863 mit dem unglücklichen Versuch auftrat, die von ihm wieder an das Licht gezogenen »Matinées royales« als ein Werk Friedrichs II. von Preußen zu erweisen. Während des vatikanischen
Konzils hielt sich Acton zu Rom auf als sorgfältiger Beobachter seines Verlaufs. Er gab 1870 ein »Sendschreiben an einen deutschen Bischof des vatikanischen Konzils« und »Zur Geschichte des vatikanischen Konzils« (Münch. 1871) heraus. Im J. 1869 wurde er auf Gladstones Antrag zum Peer mit dem Titel Baron Acton of Aldenham erhoben und erhielt 1872 von der Münchener philosophischen Fakultät honoris causa die Doktorwürde. Gladstones Schrift über die vatikanischen Dekrete beleuchtete Lord Acton 1874 in einer Reihe von Briefen, welche in der »Times« abgedruckt wurden.
Im Brockhaus` Konversationslexikon, 1902-1910
(pr. äckt'n), Stadt in der engl. Grafschaft Middlesex, jetzt eigentlich ein westl. Vorort Londons, an der Eisenbahn London-Bath, hat (1891) 24 207, als Gemeinde 30 916 E.
(spr. äckt'n), alte engl. Familie, die im Beginn des 14. Jhdts. auf Aldenham-Hall in Shropshire saß. Edward Acton wurde 1644 als treuer Anhänger Karls I. zum Baronet erhoben. Sir John Francis Edward Acton, seit 1791 sechster Baronet, geb. 1736 zu Besançon, hat sich als Premierminister Ferdinands IV. von Neapel eine traurige Berühmtheit erworben. Zuerst in toscan. Flottendienst, that er sich 1775 bei einer Expedition gegen Algier hervor und wurde 1779 zur Neuordnung der neapolit. Flotte berufen. Als Günstling und Werkzeug der ehrgeizigen Königin Karoline Marie stieg er schnell vom Marineminister zum Kriegsminister, Oberbefehlshaber zu Land und See, Finanz- und schließlich Premierminister empor. Flotte und Heer wurden vergrößert, aber diese Politik des Ehrgeizes diente in keiner Weise dem Lande, wo die drückende Steuerlast allgemeine Unzufriedenheit erregte. Zur Seite stand ihm dabei der engl. Gesandte und dessen abenteuerliche Gemahlin Lady Hamilton (s. d.). 1793 kam es zu einer Verbindung mit Österreich und England gegen Frankreich. Aber die Berufung fremder Offiziere in das sicil. Heer führte 1798 zu einer Erhebung der untern Klassen, und nach den Erfolgen der Franzosen in Oberitalien floh Acton mit dem König und der Königin nach Palermo. Nach Wiedereinsetzung Ferdinands I. im Juni 1799 begann Acton ein Schreckensregiment. 1804 wurde er auf Frankreichs Drängen, aber unter Erhebung in den Fürstenstand, entfernt, kehrte jedoch zurück, bis der Einmarsch der Franzosen 1800 ihn mit der königl. Familie nach Sicilien trieb, wo er, allgemein gehaßt, 12. Aug. 1811 zu Palermo starb. - Sein ältester Sohn, Sir Ferdinand Richard Edward, nahm von seinem Schwiegervater, dem Herzog von Dalberg, den Familienzunamen Dalberg an. Dessen Sohn, Sir John Emeric Edward Dalberg-Acton, der achte Baronet, geb. 10. Jan. 1834 zu Neapel, wurde in dem kath. Kolleg zu Oscott erzogen und dann in München durch Döllinger herangebildet. Er trat als gemäßigt Liberaler ins Unterhaus, wurde 1809 auf Veranlassung Gladstones zum Lord von Aldenham erhoben und ging in demselben Jahre nach Rom, wo er während der Dauer des Vatikanischen Konzils verblieb und als Gegner des Unfehlbarkeitsdogmas thätig war. Die Mitteilungen über die Konzilverhandlungen in der «Allgemeinen Zeitung» sollen zum Teil von ihm stammen; sie erregten ebenso Aufsehen, wie sein «Sendschreiben an einen deutschen Bischof des Vatikanischen Konzils» (Nördl., Sept. 1870), gegen welche Erzbischof Ketteler von Mainz schrieb, und später seine Schrift «Zur Geschichte des Vatikanischen Konzils» (Münch. 1871). In den Meinungskampf, den Gladstones Pamphlet über die Vatikanischen Beschlüsse hervorrief (1874), griff er in mehrern Zuschriften an die «Times» von seinem Standpunkt aus
124 ein. Acton besitzt eine gründliche Kenntnis deutscher Wissenschaft; dies beweisen seine Aufsätze in der «English Historical Review» über die neuere deutsche Geschichtswissenschaft (deutsch von Imelmann, Berl. 1887) und über «Döllingers historical work» (1890). Er wurde 1895 Professor in Cambridge.