Achilleus
(lat.
Achilles), der Sohn des Myrmidonenkönigs
Peleus (daher der Pelide) und der Nereïde
Thetis, der schönste,
schnellste und tapferste unter den griech.
Helden vor
Troja.
[* 2] Seinen Zwist mit dem obersten Führer
Agamemnon und dessen Beilegung
besingt die Homerische Ilias: Als im 10. Jahre des
Krieges in der Heeresversammlung veranlaßt hatte,
daß
Agamemnon dem Priester
Chryses seine Tochter zurückgab, um den Zorn des
Apollon
[* 3] zu besänftigen, nahm der König die Sklavin
des Achilleus
, die
Briseïs, für sich in
Anspruch.
Grollend zog sich Achilleus
vom Kampfe zurück. Erst als die Troer unter
Hektors
Führung in das griech. Lager
[* 4] eindrangen, gestattete Achilleus
seinem Freunde
Patroklos in seiner eigenen Rüstung
[* 5] die
Myrmidonen in den Kampf zu führen. Der
Tod
des
Patroklos durch
Hektor ließ Achilleus
allen Groll vergessen; gerüstet mit den von
Hephaistos
[* 6] kunstreich geschmiedeten Waffen,
[* 7] stürmt er in den Kampf, treibt die Troer hinter die
Mauer der Stadt zurück und tötet
Hektor, giebt den
Leichnam aber nach der
Bestattung des
Patroklos gegen reiches
Lösegeld dem König Priamos zurück. Von der
Vorgeschichte des
Helden teilt die Ilias mit, daß er von seiner
Mutter im väterlichen Hause zu
Phthia
(Thessalien) erzogen, von
Phoinix in der Rede-und Kriegskunst, von dem
Kentauren
Cheiron in der Heilkunde unterrichtet wurde; zur
Teilnahme an dem
Kriege
von
Nestor und Odysseus aufgefordert, führte er seine
Myrmidonen in 50 Schiffen nach
Troas. Erst eine späte Sage erzählt,
daß
Thetis ihren Sohn, um
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107 ihn unsterblich zu machen, ins Feuer oder in das Wasser der Styx getaucht habe, so daß nur die Ferse, an der sie ihn gebalten,
verwundbar blieb (daher sprichwörtlich die Achillesferse). Auch nachhomerisch, aber alt ist die Dichtung, daß Thetis den Achilleus
, um
ihn der Teilnahme an dem Feldzuge zu entziehen, zum König Lykomedes auf die Insel Skyros gebracht habe,
wo er in Weiberkleidern unter den Töchtern des Königs verborgen lebte (eine derselben, Deïdameia, soll ihm den Neoptolemos
geboren haben), bis durch eine List des Odysseus sein Geschlecht entdeckt und er bewogen wurde, sich den Helden anzuschließen.
Des Achilleus
Thaten in den ersten neun Jahren des Krieges waren in den Kyprien (s. Cyklische Dichter) und andern
Epen behandelt. Ein anderes Epos, die Äthiopis, erzählte das Schicksal des Helden nach dem Tode des Hektor; nachdem Achilleus
Penthesileia,
die Königin der Amazonen, und Memnon, den Sohn der Eos,
[* 9] Fürsten der Äthiopen, welche den Troern zu Hilfe
kamen, getötet hat, fällt er selbst durch Paris
[* 10] und Apollon, d. h. der Gott lenkt den von jenem geschossenen Pfeil. Erst
alexandrinische Erfindung läßt Achilleus
im Tempel
[* 11] des thymbräischen Apollon von Paris bei der Vermählung mit Polyrena, der jüngsten
Tochter des Priamos, hinterlistig erschossen werden.
Von dem Kampf um die Leiche des Helden und seiner Bestattung, die mit dem Streite des Äias und Odysseus
um die hinterlassene Rüstung schloß, erzählen Odyssee und Äthiopis; während aber die Odyssee Achilleus
nach seinem
Tod in der Unterwelt weilen läßt, berichtete die Äthiopis und die ganze nachhomerische Dichtung, daß Thetis die
Leiche vom Scheiterhaufen nach der Insel Leuke (vor der Donaumündung) oder in das elysische Gefilde gebracht babe, wo er mit
andern vergötterten Heroen fortleben sollte.
Sicher wurde in histor. Zeit auf jener Insel als Heros verehrt; nicht minder berühmt war seine Kultusstätte am Vorgebirge
Sigeum am Hellespont (Grab des Achilleus
); aber auch in Sparta, Elis und andern Orten wurde er verehrt. Dieser
Kultus besonders dient der Ansicht zur Stütze, daß Achilleus
ursprünglich ein Gott gewesen sei, ein Fluß- oder Sonnengott oder Blitzheros.
–
Vgl. Elard Hugo Meyer, Indogerman.
Mythen. II. Achilleis (Berl. 1887).
Die bildende Kunst der Griechen hat Achilleus
häufig dargestellt; berühmt war eine große Gruppe
des Skopas, die später in einem Neptunustempel im Circus Flaminius zu Rom
[* 12] stand: sie stellte wahrscheinlich die Überführung
des Achilleus
nach Leuke oder der Insel der Seligen dar. Doch ist keine Statue oder Büste erhalten, die mit Sicherheit auf ihn bezogen
werden könnte (z. B. der Achilleus
Borghese im Louvre). Die Beziehung der westl. äginetischen Giebelgruppe in
München
[* 13] (s. Äginetische Kunst) auf den Kampf um die Leiche des Achilleus
wird bestritten; ebenso zweifelhaft ist die Deutung der
schönen Marmorgruppe in Rom, die unter dem Namen des Pasquino bekannt ist. Über die zahlreichen Vasenbilder,
Wandgemälde und Basreliefs, die Scenen aus der Achilleussage
behandeln, vgl. u. a.
Overbeck, Galerie heroischer Bildwerke (1852). Einen ziemlich späten Cyklus von Darstellungen aus Achilleus'
Leben bietet die sog.
Ilische Tafel (s. d.) im Kapitolinischen Museum. Berühmt ist der Kopf des Achilleus
auf einem pompejanischen Wandgemälde (Helbig,
«Wandgemälde Campaniens», Nr. 1309), das die Wegführung der Briseïs darstellt.