Accent
(lat.), in der
Sprache
[* 3] die Hervorhebung einer bestimmten
Silbe eines Wortes gegen die übrigen durch Verstärkung
[* 4] oder
Erhöhung der
Stimme oder durch beide
Mittel zugleich, während die andern
Silben zwar nicht ohne allen
Ton, aber schwächer
betont sind. Die den Accent
(Hauptton, Hochton) tragende
Silbe nennt man Accent-
oder
Tonsilbe. Der Accent
ist
entweder an eine bestimmte
Silbe des Wortes gebunden, so daß alle Worte der
Sprache auf eine Art betont werden, so im
Deutschen,
wo in der Regel die
Wurzel-(Stamm-)silbe, im Poln., wo immer die vorletzte
Silbe, im
Böhm. und
Ungar., wo
stets
die erste
Silbe den Accent
trägt, auch im Lat., wo in mehrsilbigen Wörtern nach einem bestimmten Princip entweder die
vorletzte oder die drittletzte
Silbe den Hauptton trug; oder der Accent
ist beweglich und an keine bestimmte Wortstelle gebunden,
wie im Sanskrit,
Russ., Litauischen u. a. Gewisse
Sprachen stehen in der Mitte, z. B. das Altgriech., das
zwar die Regel hatte, daß der Accent
nicht über die drittletzte
Silbe zurücktrat, aber innerhalb der drei letzten
Silben freie
Bewegung gestattete.
Man nennt den in dem angegebenen
Sinne auch Wortaccent
und unterscheidet dann von ihm den
Silben- und den Satzaccent.
Unter jenem versteht man die besondere Art der Tonbewegung im ganzen der einzelnen
Silbe, vgl. z. B. die verschiedene Accent
uation
unsers fragenden
«So?" und unsers behauptenden «So!». Am bekanntesten sind von
den verschiedenen
Arten des
Silbenaccents der
Acutus ´, der Gravis ` und der Cirkumflex ^ oder ~, z. B. im Griech.
Nominativ μοῦσα mūsa (die
Muse), aber Genetiv σούσηξ músēs, ἐγένετο
βασιλεύς egéneto basileús
(er wurde König), aber βασιλεὺς ἐγένετο basileùs egéneto. Zu beachten ist, daß auch nicht-haupttonige
Silben in
Bezug auf Silbenbetonung sich verschieden verhalten können, wie die zweite
Silbe unsers «wirklich», wenn man es verwundert
fragend spricht, eine andere
Betonung
[* 5] (musikalisch höhern
Ton) hat, als wenn man es als Bekräftigung
einer Aussage gebraucht.
Der Satzaccent
hebt ein bestimmtes Wort des
Satzes ebenso den übrigen Worten gegenüber hervor, wie der Wortaccent
die eine
Silbe den andern gegenüber. Er ist außerordentlich mannigfaltig, je nach dem
Sinne des
Satzes oder der
Absicht
des Sprechenden, einen Satzteil rednerisch hervorzuheben.
Vgl. z. B. «er ging nicht, sondern ich», «er ging nicht, er flog», «er ging nicht, obwohl ich es ihm befahl».
Vgl. Sievers, Grundzüge der Phonetik (3. Aufl., Lpz. 1885).
Die Werke über die Betonungssysteme der indogerman.
Sprachen verzeichnet
Brugmann, «Grundriß der vergleichenden
Grammatik», 1. Bd.
(Straßb. 1886). - Die meisten
Sprachen bedienen sich überhaupt keiner Accent
zeichen, und die es thun, kennzeichnen in der
Regel nur die Wortbetonung, wobei allerdings öfters, wie im Griech., zugleich auf die Verschiedenheit des
Silbenaccentes
Rücksicht genommen wird.
In den neuern
Sprachen werden die Accent
zeichen oft zu andern Zwecken verwendet,
als um die Accent
silbe zu bezeichnen, so im
Franz. die sog. accents
(aigon ´, grave ` und circonflexe ^), um bestimmte Aussprachsweisen
eines Vokals anzudeuten, oder im
Böhm. und
Ungar., wo der
Akut die Länge des Vokals ausdrückt. In der wissenschaftlichen
Grammatik wird häufig das Zeichen ^ gleichwertig mit ¯ gebraucht, um Vokallänge zu bezeichnen,
z. B. â neben ā.
Über den Versaccent und die accentuierende Metrik s. Metrik.
In der Musik ist der Accent das Mittel, aus einer Gruppe von Tönen den Hauptton hervorzuheben. Der Accent kann dynamisch (d. h. durch einen besondern Stärkegrad des Tons), rhythmisch (durch den besondern Zeitwert) oder harmonisch (durch besondere Wahl der mitklingenden Töne) gegeben werden. In der Instrumentalmusik beruht ein Hauptteil der Vortragskunst auf der richtigen und geschmackvollen Behandlung der Accent. Leicht ist sie bei den einfachen Formen des Tanzes und Marsches, da hier die Accent meist mit den sog. guten Taktteilen zusammenfallen und an denselben regelmäßigen Stellen wiederkehren. In den höhern Formen der Instrumentalmusik setzt dagegen die Beherrschung der Accent eine bedeutende künstlerische Bildung voraus. In der Vokalmusik unterscheidet man prosodische, grammatische oder rhetorische und pathetische Accent. Der prosodische Accent regelt das Verhältnis der Silben im Worte, der grammatische das der Worte im Satze sowohl, als die Form des Satzes selbst, der pathetische Accent bezieht sich auf den Empfindungsgehalt des Satzes. - Näheres vgl. bei Reicha, Art du compositeur dramatique (Par. 1833) und Lobe, Lehrbuch der musikalischen Komposition, 4.Bd. (2. Aufl., bearbeitet von Kretzschmar, Lpz. 1887).