Acărus,
s. Milben.
Acarus
3 Wörter, 20 Zeichen
s. Milben.
(Acarina), Ordnung der Spinnentiere [* 3] (Arachnoidea), kleine Tiere mit gedrungenem Körper, an dem nur selten die Grenze zwischen Vorder- und Hinterleib noch angedeutet ist. Die vier Beinpaare enden meist mit zwei Klauen, sind aber häufig auch noch mit Haftapparaten (Saugnäpfen) versehen; die Mundteile sind bei vielen Milben zum Beißen, bei andern zum Stechen und Saugen eingerichtet. Die Augen sind klein oder fehlen gänzlich. Die innere Organisation ist sehr einfach.
Herz und Blutgefäße fehlen stets, Tracheen [* 4] häufig, so daß alsdann die Atmung durch die gesamte Haut [* 5] bewirkt werden muß. Der Darmkanal ist meist mit Blindsäcken versehen, die als Leber gedeutet werden. Nierenartige Organe scheinen ebenfalls nicht immer vorhanden zu sein. Die Geschlechter sind bei den Milben stets getrennt. Bei der Begattung halten sich viele Milbenarten mit Saugnäpfen, die in der Nähe der Geschlechtsöffnungen liegen, aneinander fest. Die Eier [* 6] werden einzeln abgelegt (nur selten findet ein Lebendiggebären statt); die aus ihnen ausschlüpfenden Jungen haben nur drei (höchst selten sogar nur zwei) Beinpaare und machen mehrere Häutungen durch, bei welchen die fehlenden Beine und die äußern Geschlechtsorgane zum Vorschein kommen. Die Lebensweise und Nahrung der ist sehr verschieden; die meisten leben parasitisch an Pflanzen und Tieren und ernähren sich von deren Säften, andre streifen im Wasser oder auf dem Land frei umher und leben vom Raub kleinerer Tiere oder als Schmarotzer. Oft wechselt parasitische und ¶
selbständige Ernährungsweise im Leben desselben Tiers, indem jene dem Larvenzustand, diese dem ausgebildeten Tier eigentümlich ist, und umgekehrt.
Man teilt die sehr zahlreichen Arten der Milben in zehn oder mehr Familien ein, von denen die wichtigsten folgende sind:
1) Laufmilben (Trombididae), mit weichem Körper von lebhaften Farben; atmen durch Tracheen und leben frei an Pflanzen oder auf dem Boden.
2) Gallenmilben (Phytoptidae), erzeugen an Blättern durch Einstich Gallen.
3) Wassermilben (Hydrachnidae), atmen gewöhnlich durch Tracheen und leben meist im Süßwasser, selten im Meer.
4) Zecken (Ixodidae), meist größere Milben mit hartem Hautpanzer, atmen durch Tracheen und leben von Wirbeltierblut (s. Zecken).
5) Gamasiden (Gamasidae), atmen durch Tracheen und schmarotzen auf Insekten [* 8] und Warmblütern.
6) Käsemilben (Tyroglyphidae), ohne Tracheen, leben auf und von Käse, Kartoffeln etc.
7) Krätzmilben [* 9] (Sarcoptidae), gleich der vorigen und folgenden Familie tracheenlos, leben auf oder in der Haut von Warmblütern.
8) Haarbalgmilben (Dermatophili), leben in den Talgdrüsen von Warmblütern. - Besondere Erwähnung verdienen folgende Arten:
Die Haarbalgmilben (Dermatophili Leach) sind lang gestreckt, wurmähnlich, mit langem, quer geringeltem Hinterleib, einem Saugrüssel, zwei Augenpunkten, mit zwei Krallen bewaffneten Stummelbeinen, leben in den Talgdrüsen und Haarbälgen des Menschen und der Tiere. Demodex folliculorum Sim. (s. Tafel »Spinnentiere«) lebt zu je 2-4 in den Mitessern der Haut des Menschen, ohne hier üble Folgen hervorzurufen, dagegen zu 10-15, selbst 200, in den Haarbälgen, den Ausführungsgängen der Talg- und Schweißdrüsen beim Hund und bei der Katze [* 10] und verursacht einen sehr erheblichen Hautausschlag, der zur Abzehrung und zum Tod führen kann. Die Heilung durch Benzin-, Karbolsalbe, Ätzkalilauge gelingt nur in leichtern Fällen. - Die Krätzmilben (Lausmilben, Sarcoptidae Leach) sind mikroskopisch klein, weichhäutig, sehr gedrungen gebaut, oft stark borstenhaarig, ohne Augen und Tracheen, mit verkümmerten oder kurzen, weniggliederigen Beinen, deren Endziel eine gestielte Haftscheibe oder lange Borste trägt; die Mundteile bestehen aus einem Saugkegel mit scheren- oder nadelförmigen Kieferfühlern und seitlich anliegenden Kiefertastern.
Sie leben auf oder in der Haut warmblütiger Wirbeltiere und erzeugen die Krätze oder Raude. Die Gattung Sarcoptes Latr. umfaßt Tiere mit dickem Hautpanzer, konischen Rückenpapillen, Dornen und Haaren, breitem, kurzem Rüssel, fünfgliederigen Beinen, von denen die beiden vordern überall, das letztere nur beim Männchen gestielte Haftscheiben besitzt, die beiden hintern beim Weibchen in eine lange Borste auslaufen. Die Männchen leben mehr oberflächlich auf der Haut; die Weibchen aber graben Gänge in die Oberhaut, an deren Enden sie sich aufhalten und ihre Eier ablegen.
Alle Arten, die auf Tieren vorkommen, können auf Menschen übergehen und bei diesen Krätze erzeugen. S. scabiei L. (Acarus scabiei Fab., Krätzmilbe des Menschen, s. Tafel »Spinnentiere«),
das Weibchen 0,5 mm lang, lebt auch auf dem Pferde, [* 11] dem neapolitanischen Schaf [* 12] und wahrscheinlich auch auf der Ziege, bohrt sich in die Haut ein und gibt dabei eine scharfe Flüssigkeit von sich, welche die Entstehung eines Bläschens oder Wärzchens veranlaßt. Sie schweift beständig umher und erzeugt viele neue Gänge, das befruchtete Weibchen aber stirbt in den längern Galerien nach dem Ablegen der Eier. S. minor, Weibchen 0,25 mm lang, erzeugt die Raude der Katzen [* 13] und Kaninchen. [* 14] S. squamiferus, ebenso groß, mit dreieckigen Schuppen auf dem Rücken, erzeugt die Raude des Hundes und Schweins.
Die Gattung Dermatodectes Gerl. umfaßt Milben mit länglichrundem Körper, zwei hintern Fortsätzen, gestreckterm Mundkegel mit langer Schere [* 15] der Kieferfühler, ziemlich langen Beinen, an denen das Endglied des dritten weiblichen Beinpaars zwei lange Borsten, das vierte nach der Begattung eine gestielte Haftscheibe trägt, welche das Männchen an sämtlichen Beinpaaren besitzt. Sie leben auf der Haut, graben keine Gänge, stechen aber bis zur Lederhaut und saugen; für den Menschen sind sie meist ohne Gefahr. D. communis Zürn, Weibchen 1 mm lang, auf Schaf, Rind [* 16] und Pferd, [* 17] erzeugt Raude. Die Gattung Symbiotes Gerl. (Dermatophagus Fürst.) hat blasig aufgetriebene, kurzgestielte Saugscheiben und viel dickere, kürzere Scherenkiefer; die hierher gehörigen Milben leben auf den Haustieren, benagen deren Oberhaut und Haare [* 18] und erzeugen auf dem Menschen höchstens einen ganz leichten, schnell vorübergehenden Hautausschlag. S. bovis Zürn, Weibchen 0,5 mm lang, lebt auf Rind und Pferd. - Die Käsemilben (Tyroglyphidae Leach) sind lang gestreckt, mit konischem, langem Rüssel, scherenförmigen Kieferfühlern und ziemlich langen, mit Klauen endenden Beinen.
Hierher gehört die Käsemilbe (Tyroglyphus siro Gerv. u. T. longior Gerv., Acarus domesticus de Geer, s. Tafel »Spinnentiere«),
0,4 mm lang, gestreckt, zweiteilig, farblos, bewohnt alten, harten Käse, den sie in ein feines, aus ihren Exkrementen und Bälgen bestehendes Pulver verwandelt. Die Mehlmilbe (T. farinae Deg.) mit im vordern Teil nicht abgeschnürtem Körper, lebt in feuchtem, verdorbenem Mehl; [* 19] Arten der Gattung Glycyphagus finden sich als weißer Beschlag auf getrockneten süßen Früchten und auf Kartoffeln, myriadenweise in kranken Kartoffeln. - Die Schmarotzer- oder Tiermilben (Gamasina Gerst.), mit ungeteiltem Körper, scherenförmigen Kieferfühlern, freien Kiefertastern, gleichen, haarigen Beinen mit zwei Klauen und Haftscheibe, ohne Augen, leben auf der Körperoberfläche andrer Tiere, ohne sich festzusaugen. Die rotgelbe, 1,1 mm lange Käfermilbe (Gamasus coleoptratorum L.) lebt auf Käfern, besonders Mistkäfern und Totengräbern. Die 1,3 mm lange, gelbe Vogelmilbe (Hühnermilbe, Dermanyssus avium Dug.) schmarotzt auf Stubenvögeln, Hühnern und Tauben, [* 20] geht auch auf den Menschen und erzeugt unerträglich juckende Beulen. - Über die Familie der Zecken (Holzböcke, Ixodidae) s. d. -
Die Wassermilben (Hydrachnidae Sund.), kugelig oder langgestreckt, oft lebhaft gefärbt, ungeteilt, mit zwei oder vier Augen, klauen- oder säbelförmigen Kieferfühlern, kurzem ersten Kiefertasterpaar an der Spitze mit feinen Endhaken oder Borsten, langen, von vorn nach hinten an Länge zunehmenden Schwimmfüßen mit breiten Hüftgliedern, zwei Fußklauen, langen Schwimmborsten, atmen durch Tracheen und leben meist in süßem Wasser am Boden zwischen Pflanzen. Die Larven schmarotzen an Wasserinsekten oder Muscheltieren. - Mehrere Arten der Gattung Phytoptus erzeugen auf Pflanzen gallenartige Mißbildungen, die sich meist durch einen Filz von fleischigen Haaren auf ihrer Oberfläche auszeichnen. Namentlich verursacht P. vitis Land. Traubenmißwachs. Auf der Oberseite des Blattes entstehen eigentümliche Ausbuchtungen, die auf der Unterseite mit weißrötlichem Filz überzogen sind. Ähnliche Mißbildungen wurden früher ¶
für Pilzbildungen (Phyllerium, Erineum) gehalten. - Die Pflanzen- oder Laufmilben (Trombidina Leach), weichhäutig, lebhaft gefärbt, mit meist ungeteiltem Körper, klauen- oder stilettförmigen Kieferfühlern, kurzem, gedrungenem Kiefertasterpaar mit zwei scherenartig sich gegenüberstehenden Endgliedern, an denen das eine klauenförmig ist, langen, plumpen Lauffüßen, meist zwei Augen und Tracheenatmung, laufen auf der Erde und an Pflanzen; die sechsbeinigen Larven leben parasitisch von Pflanzensäften und vom Blut andrer Gliederfüßler.
Die Samtmilbe (Kochenillemilbe, Trombidium holosericeum L.), 2,25 mm lang, fast viereckig, hinten schmäler, samtartig scharlachrot, lebt auf Moos etc. und nährt sich von Räupchen etc.; die Larven leben parasitisch an Weberknechten, Blattläusen etc. Die viel größere Färbermilbe (T. tinctorium Fabr.) dient in Guinea zum Rotfärben. Die Milbenspinne (Tetranychus telearius L.), 1 mm lang, orangegelb, fein behaart, seitlich rostgelb gefleckt, besitzt Spinndrüsen, lebt unter einem mit diesen gefertigten Gespinstüberzug auf der Unterseite der Lindenblätter von deren Saft und überzieht auch die Zweige mit glitzerndem Gespinst.
Auf Gewächshauspflanzen wird eigentümliches Ergrauen und Mattwerden der Unterfläche der Blätter vielleicht durch andre Arten hervorgebracht. Die Herbstgrasmilbe (Leptus autumnalis Ant.), vielleicht die sechsbeinige Jugendform einer Tetranychusart, lebt als rotes Pünktchen an dürrem Gras, Getreidehalmen, Stachelbeerbüschen, bohrt sich gleich der Zecke in die Haut des Menschen und erzeugt heftiges Jucken und Fressen, wird aber durch Benzin oder Tabakslauge leicht beseitigt.
Vgl. Pagenstecher, Beiträge zur Anatomie der Milben (Leipz. 1860);
Gerlach, Krätze und Räude (Berl. 1857);
Fürstenberg, Die Krätzmilben der Menschen und Tiere (Leipz. 1861);
Zürn, Über Milben, welche Hautkrankheiten [* 22] bei Haustieren hervorrufen (Wien [* 23] 1877);
Haller, Die als Parasiten der Wirbellosen (Halle [* 24] 1880).