Abwesenheit
(Absentia), das Gegenteil von Anwesenheit an einem bestimmten
Ort, insbesondere am
Wohnort. Im juristischen
Sinn ist derjenige abwesend, welcher sich nicht an dem
Ort befindet, wo ein rechtliches
Interesse seine
Thätigkeit erheischt, und daher nicht für dasselbe wirken kann, z. B. eine
Person, die auf ergangene
Vorladung nicht zur
festgesetzten Zeit an Gerichtsstelle erscheint. Der so Abwesende muß die Rechtsnachteile, welche sich
aus der Nichtwahrnehmung seiner
Interessen durch die Abwesenheit
ergeben, über sich ergehen lassen. Dies kann unbillig erscheinen,
wenn die Abwesenheit
eine unverschuldete war. Deshalb gewährt in solchem
Fall das
Recht
»Wiedereinsetzung in den vorigen
Stand« (s. d.).
Auch gelten z. B. in der
Lehre
[* 2] von der
Verjährung für den Abwesenden mildere
Grundsätze, indem gegen
den in einer andern
Provinz (Obergerichtssprengel) Wohnenden
(inter absentes) zur Ersetzung eine längere
¶
mehr
Besitzzeit des Ersitzenden nötig ist als gegenüber demjenigen, welcher in derselben Provinz seinen Wohnsitz hat (inter praesentes).
Um Verlusten infolge der Abwesenheit
vorzubeugen, ist ferner das Institut einer besondern Vormundschaft für Abwesenheit
, das der Abwesenhei
tsvormundschaft
(cura absentis), angeordnet. Der Staat läßt dem Abwesenden vormundschaftlichen Schutz angedeihen; er bestellt für die
Güter des Abwesenden, der nicht selbst eine hinlängliche Verwaltung derselben angeordnet hat, einen Kurator, welcher für
die Bewachung und Erhaltung des Vermögens Sorge zu tragen und dabei für jeden verschuldeten Schaden einzustehen hat.
Diese Vormundschaft endigt, wenn der Abwesende zurückkehrt oder zur Verwaltung seines Vermögens Auftrag gibt, wenn sein Tod bewiesen oder er für tot erklärt wird (s. Verschollenheit). In staatsrechtlicher Beziehung ist zu bemerken, daß nach den Gesetzen verschiedener Länder durch die bloße während einer bestimmten Zeit fortgesetzte von dem Heimatstaat das Unterthanenrecht in diesem verlorengeht. In Deutschland [* 4] galt dies früher nur in einzelnen Staaten, wie in Preußen, [* 5] Sachsen, [* 6] Mecklenburg, [* 7] Oldenburg, [* 8] während in andern noch die förmliche Entlassung aus dem Unterthanenverband, wie in Schleswig-Holstein, [* 9] Kurhessen, Braunschweig, [* 10] oder doch die dauernde Niederlassung außerhalb des Staatsgebiets, so daß daraus auf den Willen, nicht zurückzukehren (animus non revertendi), geschlossen werden konnte, hinzukommen mußte, wie in Hannover, [* 11] Sachsen, Koburg-Gotha, Hessen-Homburg.
Durch das nunmehrige deutsche Reichsgesetz, betreffend die Erwerbung und den Verlust der Bundes- und Staatsangehörigkeit,
vom ist bestimmt, daß die Staatsangehörigkeit in einem Bundesstaat und damit die Bundesangehörigkeit einfach durch
zehnjährige Abwesenheit
vom Heimatstaat und Aufenthalt im Ausland, d. h. außerhalb des Bundesgebiets, verloren geht, was jedoch dadurch
zu vermeiden ist, daß man sich in die Matrikel eines Bundeskonsulats eintragen läßt. Über die Folgen
der Abwesenheit
auf ergangene richterliche Ladung im bürgerlichen und Strafprozeß s. Ungehorsam.