derLeibesfrucht, die widerrechtlich herbeigeführte Ausstoßung eines unreifen
Kindes aus dem Mutterleib
oder die widerrechtliche
Tötung eines solchen im Mutterleib.
Schon im
Altertum kannte man die verbrecherische Handlungsweise,
teils
durch mechanische Kunstgriffe, teils durch innere arzneiliche
Mittel (s.
Frühgeburt) den
Fötus im Mutterleib zu töten
oder die
Gebärmutter
[* 3] zu dessen vorzeitiger Ausstoßung zu veranlassen, und noch heute wird sie zuweilen
namentlich von außerehelich Geschwängerten ausgeübt, obschon die
Gesetze harte
Strafe darauf setzen.
Das deutsche
Strafgesetzbuch (§§ 218 ff.) besonders straft die Schwangere, welche ihre
Frucht vorsätzlich abtreibt oder
im Mutterleib tötet, mit
Zuchthaus bis zu 5
Jahren und bei mildernden Umständen mit Gefängnis bis zu 5
Jahren
und nicht unter 6
Monaten.
GleicheStrafe trifft auch denjenigen, welcher mit Einwilligung der Schwangern die
Mittel hierzu bei
ihr angewendet oder ihr beigebracht hat.
Hat der Betreffende dies gegen Entgelt gethan, so steigert sich die
Strafe auf
Zuchthaus
bis zu 10
Jahren.
Wurde aber die Abtreibung ohne
Wissen und
Willen der Schwangern vorgenommen, so tritt Zuchthausstrafe von mindestens 2 bis
zu 15 und, wenn dadurch der
Tod der Schwangern herbeigeführt wurde, Zuchthausstrafe von mindestens 10
Jahren bis auf Lebenszeit
ein. Auch der
Versuch der Abtreibung ist strafbar. In medizinischer Hinsicht ist zu bemerken, daß die Abtreibung, durch
welches
Mittel sie immer versucht werden möge, nie ohne große
Gefahr für die
Mutter selbst stattfinden kann, und daß oft
Siechtum fürs ganze
Leben oder doch chronische
Leiden
[* 4] der
Geschlechtsteile und andre schwere
Folgen nach der Abtreibung zurückbleiben.
In manchen
Ländern besteht die Unsitte, daß selbst verheiratete
Frauen die Abtreibung vornehmen, um einem zu
reichen Kindersegen vorzubeugen.
derLeibesfrucht, die vorsätzliche, rechtswidrige Herbeiführung des Todes einer nachweislich lebenden Leibesfrucht,
entweder durch vorzeitige Herbeiführung ihres Abganges oder noch vor ihrem Abgange durch Tötung im Mutterleibe. Ist die
Tötung zur Rettung der Mutter erforderlich, so ist sie nicht rechtswidrig und deshalb straflos. Ist zwar die Abtreibung bewirkt, aber
das Kind, weil es die zum Fortkommen erforderliche Reife hatte, am Leben geblieben, so liegt nur Versuch
vor. Die Abtreibung ist Tötungsverbrechen; der Embryo soll, und zwar von seiner ersten Entwicklung an, unter den Schutz des Strafrechts
gestellt werden. Objekt des Verbrechens ist also die Leibesfrucht. Als Subjekt kommen in Betracht die Schwangere
selbst und dritte Personen. Die Strafbarkeit des Dritten ist nach deutschem Strafrecht (§§. 218 fg.) verschieden, je nachdem
er mit Einwilligung der Schwangern
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mehr
oder ohne deren Wissen oder Willen handelt. Im erstern Falle ist wieder zu unterscheiden, ob gehandelt wurde gegen Entgelt
oder nicht. Der gegen Entgelt handelnde ist strafbar, wenn er die Mittel zur Abtreibung verschafft, angewendet oder beigebracht hat,
der ohne Entgelt Handelnde, wenn er die Mittel angewendet oder beigebracht hat. In diesen Fällen kommt
der Dritte als Thäter in Betracht. Daneben kann er aber auch strafbar werden, wenn er der Schwangern, welche selbst Thäter
ist, Hilfe leistet oder wenn er sie zu der That angestiftet hat. Dann trifft ihn die Strafe des Gehilfen oder des Anstifters.
Die Mittel zur Abtreibung selbst können sehr verschieden sein: äußere oder innere, gewaltsame
oder nicht gewaltsame, chemische, dynamische, mechanische oder physische. Auch psychische - Erregung von Angst, Furcht, Schrecken
- sind nicht ausgeschlossen. Nur wenige der herkömmlichen Mittel sind als solche nachzuweisen, welche geeignet sind, die
Abtreibung zu bewirken. Es erklärt sich daher, daß in sehr vielen Fällen ein Erfolg nicht erzielt
wird, und es entsteht alsdann die Frage, ob derjenige, welcher mit einem untauglichen Mittel die Abtreibung bewirken will oder sich
an derselben beteiligt, wegen Versuchs der Abtreibung bestraft werden kann, oder ob er straflos bleiben muß, etwa
weil die Gefahr des schädlichen Erfolges von Anfang an ausgeschlossen war. Das Deutsche
[* 8] Reichsgericht
hat ausgesprochen, daß er wegen Versuches bestraft werden müsse, und zwar weil schon die Kundgebung des verbrecherischen
Willens strafbar sei, und es hat diesen Rechtsgrundsatz auch in dem Falle angewendet, wenn eine Frauensperson Abtreibungsversuche
machte, weil sie sich irrtümlich für schwanger hielt. Bis dahin war in Doktrin und Praxis vielfach das
Gegenteil angenommen.
Die Strafe der Abtreibung nach deutschem Gesetz ist für die Schwangere Zuchthaus bis zu fünf Jahren, bei mildernden
Umständen Gefängnis nicht unter sechs Monaten. Die Strafe des Dritten steigt von einem Jahre Zuchthaus bis zu lebenslänglicher
Zuchthausstrafe, je nach der Art und Schuldbarkeit seiner Beteiligung und den Folgen der That für die
Schwangere. Wesentlich in denselben Grenzen
[* 9] halten sich die Strafbestimmungen des Österr. Strafgesetzbuches (§§. 144 fg.).
Der Versuch wird mit Kerker zwischen sechs Monaten und einem Jahr, die Vollendung mit schwerem Kerker zwischen einem und fünf
Jahren bestraft. Der Vater unterliegt der gleichen Strafe mit Verschärfung, und der Dritte der schweren
Kerkerstrafe von einem bis fünf Jahren und, wenn der Mutter Gefahr am Leben oder Nachteil an der Gesundheit zugezogen wird,
der gleichen Strafe, welche dann zwischen 5 u. 10 Jahren zu bemessen ist. Der Österr. Strafgesetzentwurf
folgt wesentlich dem deutschen Recht.
Das ältere, kanonische Recht und das Recht der Peinlichen Gerichtsordnung (Carolina), welches auch schon die Abtreibung als strafbare
That behandelte, machte einen, später als unhaltbar nachgewiesenen Unterschied zwischen belebter und unbelebter Frucht, und
strafte im ersten Falle wie bei Totschlag, im andern mit arbiträrer Strafe. Bei denRömern finden sich
erst im spätern Rechte staatliche Strafandrohungen; der Strafgrund war aber nicht der dem Embryo selbständig zu gewährende
Schutz, wie im neuern Recht, sondern die Besorgnis vor einer weitern Zerrüttung des Familienlebens, welche bei der unter
den röm. Frauen verbreiteten Abneigung gegen die Übernahme der mütterlichen Pflichten gerechtfertigt
schien.
Auch in der heutigen
Gesellschaft fehlt es nicht an Anzeichen dafür, daß ähnliche Abneigungen wie zur röm. Kaiserzeit vorkommen.
Ein solches sind die Ankündigungen von Abortivmitteln, welche unter der Anerbietung von «diskreter
Hilfeleistung in allen Frauenangelegenheiten» (oder ähnlich) in den Inseraten einiger Zeitungen oft versteckt sind, und
es darf als sicher angenommen werden, daß die Ziffer des in Wirklichkeit vorkommenden Verbrechens der Abtreibung diejenige der verurteilten
Personen, welche im DeutschenReiche 258 im J. 1884, d. i. auf 100000 strafmündige Personen 0,80 betrug, noch ganz erheblich
übersteigt. -