Absperrung
,
die Verhinderung des freien
Verkehrs zwischen einem
an sich zugänglichen
Ort und den übrigen Ortschaften
des betreffenden
Staats oder
Distrikts. Am häufigsten tritt sie ein bei ansteckenden
Krankheiten sowohl
der
Menschen als der
Tiere. Sie erstreckt sich alsdann entweder auf ganze
Länder, Gegenden, Ortschaften oder nur auf einzelne
Häuser und
Familien, je nach der Verschiedenheit der
Krankheit und der
Intensität ihres Ansteckungsvermögens. So z. B. kann
eine unbedingte und vollkommene Absperrung
bei der
Rinderpest notwendig werden.
Dagegen tritt eine bedingte Sperre bei
Cholera,
Pocken etc. ein. Man unterwirft die
Menschen und andre Gegenstände einer
Quarantäne
oder
Kontumaz, d. h. man sperrt sie so lange ab, bis man durch dazu geeignete
Mittel den Ansteckungsstoff zerstört hat.
Permanente
Absperrung
ganzer
Länder fand z. B. bei der
Pest statt zwischen der Türkei
[* 2] und den österreichisch-ungarischen
Staaten, jedoch gleichfalls nur auf die
oben angegebene bedingte
Weise; Absperrung
einzelner
Häuser und
Familien bei den
Pocken, bei
Syphilis
etc. Die
Krankheiten, welche die Absperrung
vorzugsweise nötig machen, sind: Pest,
gelbes Fieber,
Typhus,
Pocken,
Syphilis,
Wutkrankheit;
bei Tieren: Rinderpest, Tollwut, Lungenseuche des Rindviehs, Milzbrand, Rotz, Schafpocken.
Bei jeder Absperrung
muß
eine doppelte Rücksicht genommen werden; auf der einen Seite darf sich die Verhinderung des
Verkehrs nicht unnötig ausdehnen,
auf der andern muß Sorge getragen werden, daß die einmal für nötig befundenem auch wirklich vollständig durchgeführt
werde.
Kein Gegenstand ist zu unbedeutend zur Beachtung, keinen
Augenblick darf die
Aufsicht nachlassen.
Die
Provence ist 1721 durch ein einziges
Stück Seidenband,
Serbien
[* 3] 1795 durch einen Weiberrock der
Pest überliefert worden.
Es ist also die Veranstaltung zu treffen, daß teils nie und nirgends eine unbemerkte
Verbindung stattfinden kann, teils der
Versuch einer gewaltsamen
Verletzung der Sperre an den überlegenen
Mitteln der Bewachung scheitern muß.
In
Deutschland
[* 4] hat die in neuerer Zeit wiederholt aufgetretene
Rinderpest die Absperrung
gewisser Gegenden veranlaßt, und ein infolge
davon ergangenes norddeutsches Bundesgesetz, jetzt
Reichsgesetz, vom Maßregeln gegen die
Rinderpest betreffend,
nebst
Instruktion vom hat namentlich über die dabei vorzunehmende Absperrung
ausführliche
Vorschriften gegeben.
Dazu kommt das
Reichsgesetz vom betreffend die Abwehr und Unterdrückung von
Viehseuchen, welches genau vorschreibt,
wann und bei welchen
Viehseuchen die Absperrung
des
Stalles oder sonstigen Standorts seuchenkranker oder verdächtiger
Tiere, des
Gehöfts,
des
Orts, der
Weide
[* 5] oder der
Feldmark gegen den
Verkehr mit
Tieren und mit solchen Gegenständen, welche
Träger
[* 6] des Ansteckungsstoffs sein können, Platz greifen soll. Auch können Schlachtviehhöfe oder öffentliche
Schlachthäuser für
die Dauer der Seuchengefahr gegen den
Abtrieb der für die
Seuche empfänglichen
Tiere abgesperrt werden.
Das deutsche
Reichsstrafgesetzbuch (§§ 327
f.) aber bedroht die wissentliche
Verletzung der von der zuständigen
Behörde getroffenen Absperrung
smaßregeln zum
Zweck der Verhütung des Einführens oder Verbreitens einer ansteckenden
Krankheit
oder einer
Viehseuche mit
Gefängnisstrafen. Völkerrechtlich gestattet zwar jeder
Staat unverdächtigen
Fremden den
Eintritt
in seine
Grenzen
[* 7] und den Aufenthalt innerhalb derselben, ebenso ist, allerdings unter
Beobachtung der
Zoll-
und Handelsgesetze,
Verkehr mit
Gütern aus fremden
Ländern und in dieselben gestattet; allein anderseits ist nicht nur die
Zulassung
Fremder und ihrer
Waren
Sache des freien
Willens eines jeden
Staats, sondern in einzelnen
Fällen wird auch die Absperrung
vom
Völkerrecht gebilligt. Im
Krieg namentlich wird jeder
Verkehr zwischen feindlichen Völkern aufgehoben,
teils damit dem Feind nicht so leicht Nachrichten zukommen können, teils um demselben nicht unmittelbaren Vorschub durch
Fortsetzung des
Handels zu leisten. Den ausgedehntesten
Gebrauch von dem
Rechte der Absperrung
hat in alten
Zeiten
Ägypten,
[* 8] dann
China,
[* 9] Japan und in neuerer Zeit
Paraguay
[* 10] unter
Francia gemacht. Über die aus Rücksicht auf den eignen
Handel
und die eigne
Industrie angeordnete Absperrung
vgl.
Prohibitivsystem.