(engl. Absenteeism, v. absent, abwesend), in Irland die regelmäßige und dauernde Abwesenheit der dortigen
großen Grundbesitzer von ihren Gütern, in der man einen Hauptgrund der Verarmung und Verwilderung des
irischen Volks erblickt hat, insofern dadurch dem Lande die großen Geldsummen entzogen würden, welche die Grundherren auswärts
verzehren. Unstreitig wirkt der in moralischer und sozialer Beziehung nachteilig, indem ein großer Teil der besitzenden
Klasse dem Land entfremdet wird, letzteres damit als dem Ausland tributär erscheint und sich unter diesen
Umständen leicht schmarotzende Zwischenglieder zwischen Grundherrn und Pachter einschieben, welche letztern aussaugen. Als
Mittel gegen den Absentismus schlug man vor die gezwungene Residenz der Grundherren auf ihrem Besitztum und die Erhebung von Absenzgeldern
als einer besondern Steuer, doch sind dieselben ebensowenig empfehlenswert wie zureichend. Vgl. Irland.
(engl. Absenteeism, spr. -tiism,
von absent, abwesend), ein zunächst in Bezug auf irische Verhältnisse gebildetes Wort, das die regelmäßige Abwesenheit
der dortigen großen Grundbesitzer, meist engl. Lords, von ihren Gütern bezeichnet. Der Absentismus ist von den größten Nachteilen
begleitet. Die Wirtschaft wird regelmäßig nur dann allen Anforderungen eines zweckmäßigen Betriebes entsprechen, wenn,
selbst im Falle der Zuhilfenahme von Verwaltern und Pächtern, der Eigentümer sich nicht ganz von seinem
Besitztum fern hält, sondern dasselbe wenigstens einer allgemeinen obern Aufsicht unterstellt.
Vor allem macht der den Großgrundbesitzern die Wahrnehmung der ihnen vom socialwirtschaftlichen Standpunkt zuzuweisenden
socialen und polit. Pflichten unmöglich. Die Vermittelung zwischen den Grundherren und den Pächtern
bleibt fremden Agenten überlassen, die für Land und Volk kein Herz haben und deren Teilnahme nur dahin geht, für ihren Herrn
soviel als möglich herauszupressen (Folterrenten) und daneben sich selbst zu bereichern. Man hat zur Beseitigung des irischen
Absentismus gezwungenen Aufenthalt der Grundherren oder auch Belastung der Abwesenden (Absentees)
mit einer besondern Steuer (Absenzgelder) vorgeschlagen.
Ersteres würde einen harten Eingriff in die persönliche Freiheit bedeuten, die Steuer müßte, um wirksam zu sein, eine unverhältnismäßige
Höhe erreichen. Die Güterverkäufe auf Grund des «Encumbered Estates Act» (1849) haben den Zweck, die Bildung einer ansässigen
Klasse kleiner und mittlerer Grundbesitzer zu erleichtern, nicht erreicht, vielmehr die Zahl der
auswärtigen Besitzer noch vermehrt, da die Käufer ganz überwiegend Engländer und Schotten waren.
Die in der neuesten Zeit stattfindende agrarische Bewegung und die mit derselben verbundenen verbrecherischen Ausschreitungen
können natürlich das Übel nur verschlimmern. Überhaupt ist der Absentismus Irlands nicht ein vereinzeltes Übel,
sondern eine Folge des unglücklichen Gesamtzustandes, der nur durch noch tiefer einschneidende wirtschaftliche und sociale
Reformen gebessert werden kann, als sie bisher durchgeführt wurden. (S. Irland und Grundeigentum.)
Auch in Frankreich, mehr noch in Italien, Spanien und Portugal ist der Absentismus ein verbreitetes Übel. In den Gebieten des österr.
und deutschen Latifundienbesitzes
fehlt es nicht ganz an ähnlichen Mißständen. Von den Gütern mit über 100 ha Fläche,
die «das Handbuch des Grundbesitzes im Deutschen Reich» für die sieben östl. Provinzen Preußens nachweist, sind (einschließlich
der Domänen) 43,5 Proz. von ihren Eigentümern nicht bewohnt (24,1 Proz.
verpachtet, 24,5 Proz. verwaltet).
Indessen bewohnen doch von allen Eigentümern von 100-1000 ha nur 14 Proz. und von den Eigentümern
großer Herrschaften (über 1000 ha) - unter Ausschluß der jurist. Personen (Staat, Gemeinde u. s. w.) - nur 18,5 Proz. nicht
wenigstens eins ihrer Güter. Die überwiegende Mehrzahl der dortigen Großgrundbesitzer sind selbstwirtschaftende Landwirte;
von einer Verallgemeinerung des Absentismus kann in Deutschland selbst im Gebiete des vorherrschenden Großbesitzes
nicht die Rede sein. -
Vgl. Conrad, Agrarstatist.
Untersuchungen in «Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik. Neue
Folge», Bd. 16 (Jena 1888); von Miaskowski, Das Erbrecht und die Grundeigentumsverteilung im Deutschen Reiche (Schriften des Vereins
für Socialpolitik, XX und XXV, Lpz. 1882, 1884).