Abrasion
(vgl. Bd. 17) bezeichnet nicht nur die abtragende Thätigkeit, welche das Meer vermöge der Brandungswelle auf das Festland an der Küste ausübt, sondern auch die mechanisch abnutzende Wirkung, welche durch bewegte Luft mit Hilfe fester Gesteinspartikel von einer gewissen Härte auf Steine hervorgerufen wird. Dieselbe Wirkung wird als Erosion [* 2] (s. d., Bd. 17) bezeichnet, wenn ein andres Agens, wie z. B. rinnendes Wasser oder strömendes Eis, [* 3] dabei beteiligt ist.
Das
Phänomen der
Abrasion
läßt sich künstlich nachahmen, so daß man die
Intensität derselben durch Messung bestimmen kann.
Dieselbe ist je nach den
Bedingungen, unter denen das
Experiment vollzogen wird, eine ganz verschiedene
und hängt in erster
Linie von der
Härte und äußern
Beschaffenheit des zum Abradieren verwandten
Materials sowie von der
Stärke
[* 4] des bewegenden Luftzugs ab. Zahlreiche
Versuche, welche man mit Gesteinsmaterial von verschiedener
Natur angestellt hat, haben
als allgemeines
Resultat ergeben, daß die Abrasion
direkt proportional ist der
Menge des
Sandes, welche zum Abradieren
verwandt wird, sowie der
Stärke des
Windes, welcher der
Sand treibt. Im einzelnen gestalten sich die Verhältnisse folgendermaßen:
Ein geglätteter
Stein widersteht der Abrasion
besser als einer mit rauher Oberfläche, ebenso ein trockner besser als einer,
der von
Wasser durchzogen ist.
Die Abrasion
wirkt um so energischer, je senkrechter die der Abrasion ausgesetzte Gesteinsfläche zur
Richtung des abradierenden
Materials
steht; dieselbe nimmt sehr schnell an
Intensität ab, sobald die
Neigung unter 60° beträgt. Sind die Sandkörner durch die
auf ein
Gestein ausgeübte Abrasion
bereits abgerundet, so wirken sie fernerhin nicht mehr so energisch,
als wenn sie ihre eckige Form bewahrt haben. Pulverisierter
Kalk übt keine Abrasion
auf
Quarz aus; bei
Kalk gegen
Kalk oder
Quarz gegen
Quarz ist die
Wirkung die gleiche.
Die größte
Abnutzung wird durch Quarzpulver auf ein Kalkgestein hervorgerufen. Bei gleicher
Härte widerstehen
homogene
Gesteine
[* 5] oder heterogene, aus kleinen Gesteinselementen zusammengesetzte der Abrasion
besser als
klastische Gesteine aus
grobem oder verschiedenartigem
Material. Für jeden festen
Körper kann man den absoluten Wert des
Widerstandes gegen die Abrasion
durch
eine Zahl ausdrücken, wenn man als
Einheit den
Widerstand annimmt, welchen eine Quarzfläche leistet, die senkrecht
zur optischen
Achse steht.
In der
Natur kann man das
Produkt der Abrasion
überall da beobachten, wo die
Bedingungen für die
Wirkung derselben erfüllt sind,
nämlich wo
Sand in genügender
Menge vorhanden ist oder stets von neuem gebildet wird und der
Wind vorherrschend in einer bestimmten
Richtung weht. Bei einer
Geschwindigkeit von weniger als 4 m in der
Sekunde bleiben selbst Sandkörner,
die nur 0,25
mm im
Durchmesser haben, unbeweglich liegen. Um Sandkörner von 0,5
mm
Durchmesser zu transportieren, muß die
Geschwindigkeit
des
Windes 7-8 m in der
Sekunde erreichen.
Mit zunehmender Windstärke setzen sich auch die größern und schwerern Sandkörner in Bewegung und streichen ganz nahe über den Boden hin. Treffen sie auf ein Geröllstück, so abradieren sie die ihnen zugekehrte Seite, die mit der Zeit kleine Rinnen, Streifen, Schrammen oder auch polierte Flächen erkennen läßt, während die andern Seiten gewöhnlich eckig bleiben, doch kommen auch Fälle vor, in denen alle Seiten geglättet sind. Die geglättete Seite ist meistens nach einer bestimmten Himmelsgegend gerichtet, die mit der Richtung des vorherrschenden Windes übereinstimmt. Sehr häufig finden sich derartig geformte Steine, sogen. Dreikanter oder Pyramidalgeschiebe, in ehemalig vergletscherten Gebieten. Ihre Bildung hat jedoch mit den eiszeitlichen Gletschern nichts zu thun; es sind durch den Wind erzeugte Sandschliffe, deren Form durch die Lage, Größe und etwanige Umhüllung des Geröllstückes bedingt wird.