Abortīvkur,
Bezeichnung für jedes Heilverfahren, durch das eine
Krankheit in ihren ersten Anfängen geheilt, ihre
Weiterentwicklung abgeschnitten (coupiert) wird, im Gegensatz zur exspektativen Methode, die den Verlauf einer
Krankheit durch
keinerlei eingreifende
Mittel zu unterbrechen sucht. Solange man wähnte, jede
Krankheit beruhe auf einem
Bestreben der Natur, einen schädlichen
Stoff aus dem Körper zu entfernen, solange wollte man auch nichts von Abortivkur
wissen,
weil man glaubte, der schädliche
Stoff müsse auf irgend eine
Weise doch entfernt werden.
Dem entsprechend war die sog. Ableitungskur in Anwendung, bei welcher man die Krankheit auf das Organ zu leiten suchte, in welchem der Krankheitsstoff auf die ungefährlichste Weise seinen Ausweg nehmen könnte. (S. Ableitung.) Jetzt weiß man, daß sehr viele Krankheiten einen ganz örtlichen Ursprung haben, und daß die Gesamterkrankung des Organismus meist erst eine Folge der örtlichen Störung, also die rasche Beseitigung der letztern das beste Mittel gegen die Krankheit ist.
Man unterscheidet örtliche und allgemeine Abortivkur
Beispiele für die erstere sind Unterdrückung eines eben beginnenden
Hautausschlags
durch Kälte, die energische Anwendung von
Eis
[* 3] auf einen beginnenden
Schwär, das
Ätzen vergifteter Wunden, wobei das
Gift zerstört und seine Weiterverbreitung gehemmt wird, die Behandlung einer beginnenden Schleimhautentzündung mit
Adstringentien. Zu der allgemeinen Abortivkur
gehört die Herstellung eines starken Schweißes, wenn nach einer Erkältung
eine
Krankheit auszubrechen droht, Darreichung von
Chinin bei ausbrechendendem
Wechselfieber, Anwendung eines Abführmittels
bei beginnendem
Typhus u. a. m.