Ablehnung.
Ist ein Vertragsantrag, eine Schenkung, ein
Auftrag abgelehnt worden, so hat ein späterer
Widerruf der Ablehnung
keine
Wirkung, wenn nicht der Antragende von neuem zustimmt. Soweit jemand zu erwerben fähig ist, darf er
auch einen ihm angesonnenen Erwerb ablehnen, die
Ehefrau ohne Zustimmung ihres Ehemanns, auch wenn sie ohne solche sich nicht
verpflichten und nicht veräußern kann. Die
Gläubiger können eine ihnen nachteilige
Veräußerung ihres Schuldners, aber
nicht die Ablehnung
eines Erwerbs anfechten.
Personen, welche für andere zu handeln verpflichtet sind, wie Bevollmächtigte
und Vormünder, dürfen den ihnen für die von ihnen Vertretenen angetragenen Erwerb nicht willkürlich ablehnen, ohne sich
diesen verantwortlich zu machen.
Die Übernahme einer
Vormundschaft kann aus
Gründen abgelehnt werden, welche im
Bayrischen
Landrecht zum Ermessen der
Obervormundschaft
stehen, in andern
Rechten speciell aufgeführt sind. So kennt das Gemeine
Recht, die
Preuß. Vormundschaftsordnung
von 1875, §. 23, der
Code civil Art. 427 fg., das Sächs.
Bürgerl. Gesetzb. §. 1897, das Österr.
Bürgerl. Gesetzb §. 195 bestimmte
Ablehnung
sgründe. Als solche kommen vor: Die Eigenschaft als Frau (im Sächs.
Bürgerl. Gesetzbuch und im
Weimarischen Gesetz
von 1872 der
Mutter des Mündels versagt), das zurückgelegte sechzigste oder fünfundsechzigste Jahr,
eine größere Zahl unversorgter eigener
Kinder (zumeist fünf, nach einzelnen
Rechten werden
Kinder vorverstorbener
Kinder mitgezählt),
Krankheit oder Gebrechen, entfernter Wohnsitz, Erfordern einer Sicherheitsleistung,
Bestellung eines Mitvormundes,
Führung
mehrerer
Vormundschaften.
Die
Gründe sind nicht durchweg die gleichen; der Gesetzgeber hat Zweckmäßigkeitsrücksichten walten
lassen. Eine Mehrzahl von
Rechten bestimmt, der Ablehnung
sgrund müsse
vor der Verpflichtung geltend gemacht werden, so insbesondere
die
Preuß. Vormundschaftsordn. §. 23, Sächs.
Bürgerl. Gesetzb. §. 1898, u. a. Der Rechtsweg darüber, ob ein solcher
Grund
vorliege, pflegt ausgeschlossen zu sein.
Vgl. z. B. Preuß. Allg.
Landr. II, 18, §. 203. Der Code civil Art. 440, 441 schreibt das Gegenteil vor, aber auch nach ihm muß der Auserwählte vorläufig der Verwaltung sich unterziehen. Im Deutschen Entwurf vgl. zweite Lesung §§. 1666-1668, Motive IV, S. 1073 fg.
Ablehnung
des
Richters oder Rekusation ist im
Civil-,
Straf- oder Verwaltungsprozesse das Verlangen einer Partei,
daß eine
an sich zum
Richter berufene
Person das Richteramt nicht ausübe. Das Verlangen kann entweder auf einen gesetzlichen
Ausschließungsgrund (s.
Ausschließung der Gerichtspersonen) oder auf Besorgnis der
Befangenheit, d. h. auf
Thatsachen gestützt
werden, welche
an sich und allgemein geeignet sind, Mißtrauen gegen die
¶
mehr
Un-Parteilichkeit des Richters zu rechtfertigen. Die Ablehnung
darf auch von dem Richter selbst ausgehen. Der bloß auf persönlicher
Auffassung einer Partei beruhende Verdachtsgrund reicht zur Ablehnung
nicht aus. Die Partei hat die Gründe ihres Ablehnung
sgesuchs
glaubhaft zu machen; der Eid ist als Mittel der Glaubhaftmachung ausgeschlossen, über die Ablehnung
entscheidet
das Gericht, welchem der Abgelehnte angehört, und, wenn dieses durch die Ablehnung
beschlußunfähig wird, das nächsthöhere
Gericht, über die Ablehnung
eines Amtsrichters oder Untersuchungsrichters das Landgericht.
Einer Entscheidung bedarf es aber in letztern Fällen nicht, wenn der abgelehnte Richter selbst die Parteiablehnung
für begründet
erklärt. Bis zur Erledigung des Ablehnung
sgesuchs hat der abgelehnte Richter nur solche Handlungen vorzunehmen,
welche keinen Aufschub gestatten. Mit Rücksicht hierauf ist auch die Anbringung des Gesuchs, soweit dasselbe auf Besorgnis
der Befangenheit gestützt wird, zeitlich beschränkt. Es kann nämlich eine Partei im Civilprozeß einen Richter nicht mehr
ablehnen, wenn sie bei demselben, ohne den ihr bekannten Ablehnung
sgrund geltend zu machen, in eine Verhandlung
sich eingelassen oder Anträge gestellt hat; im Strafprozeß kann sie es in der Hauptverhandlung erster Instanz nur bis zur
Verlesung des Beschlusses über die Eröffnung des Hauptverfahrens, in der Hauptverhandlung über die Berufung und die Revision
nur bis zum Beginne der Berichterstattung. Die bezüglichen Bestimmungen der Deutschen Strafprozeßordnung
(§§. 23-30) und der Deutschen Civilprozeßordnung (§§. 42-48) sind im wesentlichen übereinstimmend mit der Österr. Strafprozeßordnung
(§§. 72-74) und (für den Civilprozeß) mit dem Österr. Gesetz über die innere Gerichtseinrichtung von 1853.
Die gesetzlichen Bestimmungen über die Ablehnung
des Richters finden auf die Ablehnung
des Gerichtsschreibers (s. d.),
sowie im Strafverfahren auf die der Schöffen (s. d.), in beiden Prozessen auf die
der Sachverständigen (s. d.) entsprechende Anwendung. Dieselben Bestimmungen
gelten bezüglich der der Mitglieder des Patentamtes (vgl. Patentgesetz §.14), der Mitglieder des Reichsversicherungsamtes
(Verordnung vom §. 9) und der Schiedsgerichte der Unfallversicherung (Verordnung vom
§. 3) und der Schiedsrichter in bürgerlichen Rechtssachen (Civilprozeßordn. §. 858). Anders gestaltet sich die von Geschworenen
(s. d.).